Es ist ja grundsätzlich so, dass wir hier zum größten Teil, zumindest scheint es mir so zu sein, die großen bekannten Orchester und Dirigenten ventilieren. Mir aber ist eine andere Seite unseres Kulturbetriebes genau so wichtig: Die kleinen, unbekannten, ja die Amateure. Der gegebene Anlass war gestern ein Konzert eines regionalen Amateurorchesters mit einem Projektchor und drei bezahlten Solisten in einer Kirche bei uns im Ort. Die Requiems (ist das der korrekte Plural) von Chilcott und Fauré. Das war nicht perfekt, natürlich nicht. Aber es war von einer großen Würde getragen und von Stolz. Handwerklich können sie nicht an die großen Profis heranreichen, aber die MÜhe, die sie sich geben, ist vielleicht sogar größer. Da ist keinerlei Routine zu spüren.
Und auch bei Tonträger sehe ich das sehr wohl ähnlich. Ich habe einige Symphonien, wo meine Lieblingsaufnahme die eines kleinen unbekannten Orchesters ist. So z.B. die Orgelsymphonie auf einer CD, die in keiner Liste irgendwo zu finden ist. Auch hier erlebe ich oft eine Spielfreude, eine Frische und Begeisterung, die über manche Rauheit bei der Aufführung hinwegtröstet.
Zu meiner persönlichen Begeisterung kommt natürlicha auch noch der Aspekt, dass man solche Aufführungen wie gestern bei uns auf jeden Fall unterstützen sollte. Gestern war die Kirche gut gefüllt, aber ich habe in Aachen die 7. von Bruckner von einem Nachwuchsorchester in einer halbleeren Halle gehört. Eine Schande für die jungen Musiker, die sich dermaßen MÜhe gegeben haben. Und auch da war es so, dass die Trompete schon mal ein paar Töne spielte, die nicht von Bruckner waren, aber man sah den Gesichtern der Musiker an, wie sie alles gaben, wie sie ganz bei der Sache waren und wirklich versuchten, dem großen Werk gerecht zu werden. - Das habe ich bei Profis schon ganz anders gesehen, wo man zum zigsten Male irgendwas runternudelte.
Also bitte: Haltet Augen und Ohren auf und sucht die kleinen Schätze bei Euch in der NÄhe!
Tschö
Klaus
Hört Euch die Kleinen an!
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Glückwunsch, lieber Klaus 2, für diesen Beitrag. Ich habe die gleichen Erfahrungen in meinem Umfeld gemacht. Diese Amateur-Konzerte sind oftmals von großer Freude getragen, machen nicht nur den Ausführenden, sondern ebenso den Zuhörenden Spaß. Da hört man doch gerne mal über Kickser oder schräge Töne hinweg. Wobei in der Regel die meisten Zuhörer dem Familien- und Freundeskreis der Musiker entstammen - zumindest war das (mir auch erklärlich) in meinen letzten Kirchenbesuchen der Fall. Trotzdem - oder gerade deshalb - kann ich mich noch heute über einen jungen, damals 12jährigen Pianisten wundern (und freuen), der einige herrliche Bach-Inventionen spielte. Zwei Jahre ist das jetzt her; wie ich höre, bemühen sich die Eltern um einen Platz bei Folkwang in Essen. Der Bursche hätte es verdient...
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Lieber Klaus, lieber musikwanderer,
auch ich bin der gleichen Ansicht. Bei Amateuren spürt man häufig weit mehr das Herzblut, das in der Wiedergabe steckt. Ich kann dasselbe für Amateurtheater sagen, in dem ich über eine Reihe von Jahren beteiligt war. Hier wurde viel Zeit und Ehrgeiz investiert. Manchmal dauerte es ein Jahr oder mehr, um ein neues Stück herauszubringen. Da betrachtet man Theater und Film auch weit kritischer. Man erlebt es immer wieder, wie dort manches routinemäßig und - manchmal hat man den Eindruck - auch lustlos abgespult wird. Natürlich ist es meist so, dass der Zuhörer-/Zuschauerkreis sich auf die Familien und den Bekanntenkreis beschränkt, aber wir haben es auch später erlebt, dass sich dieser Kreis ständig erweiterte. In einem Fall hatten wir den "Fischbecker Wandteppich" von Manfred Hausmann einstudiert und die Nonnen von Fischbeck, wo dieses Drama spielt, zur Vorstellung eingeladen. Im Gespräch danach gaben diese an, dass es die beste Vorstellung gewesen wäre, die sie jemals gesehen hätten und luden uns nach Fischbeck ein.
Ein sehr gutes Beispiel für Musik ist die Westdeutsche Philharmonie unter Dirk Joeres, ein örtliches Orchester, das außerhalb der näheren Umgebung wohl den wenigsten bekannt sein dürfte, und dessen Weiterbestehen leider zur Zeit auf der Kippe steht.
Die spielen so gut, dass unser Haus mit 920 Plätzen immer ausverkauft ist und manchmal keine Karten mehr zu bekommen sind. Für ein Konzert habe ich im vorigen Jahr auch keine Karten mehr bekommen, obwohl ich gleich nach Erhalt des Programms bestellt hatte.
Es muss also nicht immer Kaviar sein, auch wenn dieser eben einen Namen hat!Liebe Grüße
Gerhard -
Das ist für mich so ein Beispiel. (Ich hoffe jetzt, dass nicht herauskommt, dass das ein großes bekanntes Orchester ist). Ich spüre da genau diese Freude am Spiel, diese Begeisterung, etwas richtig Großes zu leisten. Es ist eine meiner Lieblingsaufnahmen der 4. und dass es sie bei JPC gar nicht gibt, sagt ja etwas aus. -
(Ich hoffe jetzt, dass nicht herauskommt, dass das ein großes bekanntes Orchester ist).
Hallo Klaus,
doch, dem ist so, zumindest teilweise..
Ich war schon stutzig, als ich den Namen des Orchesters las, denn das "Orchester des Gasteigs" sind die Münchner Philharmoniker.
Eine kurze Recherche führte mich dann zur Homepage der Plattenfirma und dort las ich dann, daß sich das Gasteig-Orchester München aus den Mitgleidern der A-Orchester Münchens, also zumindest M.Ph., So des Bayer. Rdfs. und Bayer. Staatsorchester, zusammensetzt.
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Nicht, dass ich es bereute, hingegangen zu sein. Aber es zeigte sich doch, dass die Kleinen sich wohl auch ordentlich verheben können. Und genau das ist im Eurogress geschehen. Bruckners 4. war der Höhepunkt des Abends - und das hat nicht geklappt. Das Hauptproblem lag wohl einfach darin, dass das Horn eine sehr wichtige Stellung im Werk hat, regelrechte Solostellen. Und denen war der Hornist einfach nicht gewachsen. Er näherte sich den Tönen mehr so seitlich, fügte auch mal einen Kiekser ein. Es war nie so ganz falsch, aber auch selten mal ganz richtig. Das hat mir die Freude am Zuhören doch ziemlich versaut. (Meine Frau, ungeübte Hörerin, fand es gut). Immer wenn alle zusammen spielten, war es sehr akzeptabel, ja teilweise begeisternd, denn wie oben ja mehrfach erwähnt, ist Spielfreude als Kritierium nicht zu verachten. Es war also wirklich nur die Auswahl eines Stückes, das ein Instrument besonders hervorhebt.
Den Anfang machte übrigens das Vorspiel zu Lohengrin und das hat mich wirklich (!) zu Tränen gerührt, allein schon dafür hat sich der Eintritt von nur 15 Euro sicherlich gelohnt.
Sehr schade fand ich, dass der Saal in einer mit klassischen Konzerten wahrlich nicht gesegneten Stadt (am Wochenende eigentlich nie eine Symphonie!) nur gut zur Hälfte gefüllt war. Meines Erachtens eine Schande für Aachen.
Tschö
Klaus