Robin Ticciati — Ein neuer Stern am Dirigentenhimmel


  • Zugegeben, bis 2013 hatte ich den Namen noch nie gehört, doch bereits 2006 wurde auf ihn bei Tamino als aussichtsreichen Jungdirigenten verwiesen. Die Prognose behielt wohl recht: Der kaum dreißigjährige Robin Ticciati, geboren 1983 in London, hat sich mittlerweile etabliert.


    Seit 2009 leitet er das Scottish Chamber Orchestra, seit 2010 ist er Erster Gastdirigent der Bamber Symphoniker. 2014 soll er Vladimir Jurowski als Musikdirektor der Glyndebourne Opera nachfolgen. 2011 wurde er mit dem ECHO Klassik-Preis als bester Nachwuchsdirigent des Jahres ausgezeichnet. Im selben Jahr verlieh man ihm den "Award for Exceptional Youn Talent".


    Angefangen hat Ticciati als Geiger, Pianist und Schlagzeuger, bevor er sich mit 15 Jahren dem Dirigieren zuwandte. Zu dieser Zeit war er noch Mitglied des National Youth Orchestra of Great Britain. Gefördert wurde er von Sir Colin Davis und Sir Simon Rattle.


    2005 stand er als jüngster Dirigent der Geschichte am Pult der Mailänder Scala. 2006 dirigierte er Mozarts Il sogno di Scipione bei den Salzburger Festspielen.


    Zwischen 2006 und 2009 war er Chefdirigent des Gävle Symfoniorkester in Schweden, von 2007 bis 2009 zudem Musikdirektor von "Glyndebourne on Tour".


    Als Gastdirigent stand er bisher u. a. vor dem dem London Symphony Orchestra, dem Royal Liverpool Philharmonic Orchestra, dem Concertgebouworkest Amsterdam, dem Los Angeles Philharmonic, dem Orchestra of the Age of Enlightenment, dem Mahler Chamber Orchestra, dem Gewandhausorchester Leipzig, dem Rotterdams Philharmonisch Orkest, der Accademia Nazionale di Santa Cecilia sowie der Sächsischen Staatskapelle Dresden.


    Selbst gehört habe ich von ihm bis dato Mitschnitte von Sibelius' 2. Symphonie (LA Philharmonic), Schumanns 1. Symphonie (Bamberger Symphoniker) und Elgars Enigma-Variationen (London SO). Das klang jedenfalls vielversprechend.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe mit ihm nur diese eine Aufnahme mit Werken von Brahms (1. Serenade, Haydn-Variationen, 3 ungarische Tänze), eingespielt mit den Bamberger Sinfonikern. Die Serenade jedenfalls - soviel weiß ich vom einmaligen Anhören der Aufnahme noch - wurde straff und frisch dargeboten, ohne, dass es zu trägen Längen kam.


    Ansonsten habe ich mit diesem Dirigenten noch nicht beschäftigt.




    Grüße,
    Garaguly

  • 22b5b3b0334d4500edf03be1a111fda9.jpg


    Robin Ticciati aus London, 31, ist einer der kommenden Dirigenten. Das war mir bereits vor anderthalb Jahren klar. Jetzt ist auch die Berliner Morgenpost zu dieser Auffassung gelangt. Grund dafür war sein gelungenes Debüt in Berlin am 28. September 2014. Er dirigierte das Deutsche Symphonie-Orchester Berlin. Auf dem Programm standen Brittens Cello-Symphonie, Bruckners Vierte und als Zugabe Kabalewskijs Etüde für Violoncello. Solist war Steven Isserlis.


    Ich zitiere aus der Konzertkritik von Felix Stephan:


    Zitat

    "Es ist ein lebendiger Bruckner. Ein Bruckner voller mutiger Tempobrüche, voller gewagter Stimmungsumschwünge. Ticciati breitet Landschaften erlesener musikalischer Schönheit aus. Bevölkert von hauchzarten Streicher-Pianissimi, offensiven Solo-Kantilenen und naturgewaltig brausenden Tutti."


    Übrigens gab es in letzter Zeit auch einige Neuerscheinungen unter diesem Dirigenten beim Label Linn:




    Ein kompletter Schumann-Zyklus und mehrere Werke von Berlioz.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Ich werde es am 19. 3. 2015 in Köln erleben, lieber Joseph, am Namenstag deines alter Ego, wenn er mit seinem Scottish Chamber Orchestra erst die Coriolan-Ouvertüre gibt, dann mit Renaud Cappucon das Violinkonzert von Lindberg (2006) und sich nach der Pause mit seinem Orchester an Schuberts große C-dur-Symphonie wagt. Ich werde selbstverständlich danach wieder über das Konzert berichten.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Lieber Willi,


    das klingt wunderbar. Dir schon viel Spaß, ich beneide Dich beinahe ein wenig darum. ;)


    Was der junge Mann bereits alles dirigiert — und das immer auf hohem Niveau —, ist angesichts seines Alters mehr als erstaunlich. Ich habe da z. B. Mitschnitte von der 2. Symphonie von Sibelius aus Los Angeles und Cleveland, von der 2. Symphonie von Brahms mit den Bamberger Symphonikern, von der "Eroica" mit dem Scottish Chamber Orchestra, Schumanns 1. Symphonie mit den Bambergern und die 2. Symphonie mit den Schotten sowie die Enigma-Variationen von Elgar mit dem London Symphony Orchestra. Es muss noch mehr sein. Wenn jetzt noch Schubert dazu kommt, dann kann man nur gratulieren.


    Der Bruckner war übrigens sehr gelungen, ich muss dem Rezensenten zustimmen. Ich hörte mir vorhin den Mitschnitt an. Ticciati kann den Spannungsbogen von Anfang bis Ende aufrechterhalten. Bei einem 69 Minuten langen Werk nicht unbedingt selbstverständlich. Ich glaube, da steht uns noch so manche Überraschung in der Zukunft bevor. Ich tippe ja darauf, dass Ticciati in absehbarer Zeit Chefdirigent eines der großen Londoner Orchester wird.


    Liebe Grüße
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Deine Ausführungen, lieber Joseph, erhöhen meine Vorfreude. Ich habe die Neunte Schubert schon seit langer Zeit nicht mehr live errlebt.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Zwar schon eine etwas ältere Meldung, aber dennoch interessant:


    Zitat

    Das aktuelle Regietheater deutscher Ausprägung fordert immer wieder neue Opfer. Nach zwei Aufführungen hat sich Robin Ticciati entschlossen, das Dirigat des Don Giovanni am Opernhaus Zürich zurück zu legen, die weiteren Termine übernimmt jetzt Fabio Luisi. Die Inszenierung von Sebastian Baumgarten ist beim Publikum auf große Ablehnung gestoßen (Fotogalerie hier). Intendant Andreas Homoki äußerte sich irritiert, warum Ticciati diese Entscheidung nicht bereits während der sechswöchigen Probenphase getroffen hätte, welche er mitunter skeptisch, aber immer konstruktiv begleitet hätte.


    Quelle: http://meingesamtkunstwerk.blo…igt-aus-don-giovanni.html


    Zitat

    Was Intendant Homoki nicht versteht, liegt auf der Hand: Ticciati hatte es nach zwei Vorstellungen satt, vom aufgebrachten Publikum mit der Musik in den Sog der Ablehnung gerissen zu werden.


    So schrieb der Rezensent von ‘Oper aktuell’: « Der Dirigent wurde beim Schlussapplaus in den Strudel der Ablehnung mit hineingerissen, einer Ablehnung der Inszenierung von Sebastian Baumgarten, die mit schon beinahe einhelliger Vehemenz erfolgte. Selbst der Beifall für die zum Teil außerordentlich guten Sängerleistungen blieb ungewohnt kurz. »


    Quelle: http://www.pizzicato.lu/oper-z…n-giovanni-zu-dirigieren/


    Das zeigt doch mal sehr schön, dass auch junge Dirigenten sich nicht für jeden Unsinn missbrauchen lassen müssen. Bravo! :hail:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

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    – Luís de Camões

  • Für 12. Januar angekündigt:



    Ticciatis Einspielung von Dvořáks Symphonie Nr. 9 "Aus der Neuen Welt" und der "Amerikanischen Suite" mit den Bamberger Symphonikern.

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    – Luís de Camões

  • Ich habe seinen Glyndebourn-Rosenkavalier im Fernsehen verfolgt und war überrascht über die Qualität des Orchesters, vor allem die Dichte und Durchsichtigkeit der Partitur. Ein Könner!

    Canada is the US running by the Swiss (Richard Ford)

  • Übrigens gab es in letzter Zeit auch einige Neuerscheinungen unter diesem Dirigenten beim Label Linn

    ... wobei noch eigens darauf hingewiesen werden sollte, dass es diese Aufnahmen bei Linn auch zum Download in Studioqualität gibt. Wer Musik über einen Digital Streamer hört, wird begeistert sein.

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  • Den ROSENKAVALIER, der sich als eines meiner liebsten Stücke behauptet, habe ich mir auch angesehen und angehört. Wunderbar. Leider bekomme ich ihn nicht von meiner TV-Festplatte herunter, denn ich würde mir die Aufnahme gern aufheben. Also muss er dort bleiben. Er ist allerdings nichts für Traditionalisten. Die Marschallin ist für einen Moment nackt in der Dusche. Man muss sich darauf einlassen, was einen der unbekümmerte Dirigent leicht macht, als müsst's so sein. ;) So viel Charme, so viel Witz, so viel Erotik hat er aus der Musik herausgeholt. Ich fühlte mich oft an den jungen Kleiber erinnert, der auch so ein Händchen für diese Partitur hatte wie jetzt Ticciati - und auch so schön unverstellt und unverklemmt gewesen ist. Dabei ist er noch so jung. Aber er hat diesen hinreißenden Elan, diese Unerschrockenheit. Er traut sich was zu. Mir scheint, die Musiker fliegen ihm zu und haben gar kein Problem damit, dass sie seine Väter und Großväter sein könnten. Auch deshalb kommt wohl so viel heraus bei ihm. Ich ärgere mich noch immer, dass ich sein Berliner Debüt wegen Abwesenheit nicht wahrnehmen konnte. :( Das sind Ereignisse, die es nur einmal gibt. Nun hoffe ich auf ein zweites Mal, das auch schön sein kann. Ich beobachte bei ihm auch eine Hinwendung zu Berlioz, die mit sehr sympathisch ist. Zumindest gibt es schon drei CDs. :)

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Müssen sich die Berliner Philharmoniker nicht demnächst für einen Rattle-Nachfolger entscheiden? Wie fändet ihr es, wenn sie diesen jungen Herrn hier in Betracht zögen?


    Grüße
    Garaguly


    P.S. Zumindest die Locken blieben den Berlinern dann erhalten :D:D

  • Müssen sich die Berliner Philharmoniker nicht demnächst für einen Rattle-Nachfolger entscheiden? Wie fändet ihr es, wenn sie diesen jungen Herrn hier in Betracht zögen?


    Den Robin Ticciati würde ich sofort engagieren, wenn ich etwas zu sagen hätte!


    Aber es wird wohl auf Dudamel hinaus laufen in Berlin. Der hat auch reichlich Locken. ;)


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Mir fiele die Wahl da leicht (nichts gegen Dudamel an sich, aber Ticciati ist mehr mein Typ). Vielleicht spricht auch dagegen, dass Ticciati damit der zweite Engländer in Folge wäre (nicht dass mich das irgendwie stören würden). Aber lassen wir uns mal überraschen ...

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Den Robin Ticciati würde ich sofort engagieren, wenn ich etwas zu sagen hätte!


    Aber es wird wohl auf Dudamel hinaus laufen in Berlin. Der hat auch reichlich Locken. ;)

    Mir fiele die Wahl da leicht (nichts gegen Dudamel an sich, aber Ticciati ist mehr mein Typ).

    Um was geht es hier eigentlich? Noch um die dirigentischen Fähigkeiten? 8-)

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • Großartige Neuigkeiten für Berlin und das Deutsche Symphonie-Orchester, das von einem Dirigenten wie Ticciati nur weiter profitieren kann!


    Offenbar beabsichtigt Ticciati sogar nach Berlin zu ziehen. Mindestens für fünf Jahre will er sich ab 2017 ans DSO Berlin binden.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Darauf freue auch ich mich über die Maßen. :) Alles, was ich bisher von ihm hörte, hat mich überzeugt - auch sein rasanter ROSENKAVALIER aus Glyndebourne. Und Bruckners 4.
    Hier der Berliner Mitschnitt - denn leider wird der kurze Videoausschnitt aus dem Finale in der eingestellten Meldung über seine Berufung an der entscheidenden Stelle "zerredet":



    Berlin geht also spannenden Zeiten entgegen. Petrenko bei den Philharmonikern, der junge Jurowski beim RSO und nun Ticciati beim DSO. Was will man mehr.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Großartige Neuigkeiten für Berlin und das Deutsche Symphonie-Orchester, das von einem Dirigenten wie Ticciati nur weiter profitieren kann!


    Berlin geht also spannenden Zeiten entgegen. Petrenko bei den Philharmonikern, der junge Jurowski beim RSO und nun Ticciati beim DSO. Was will man mehr.


    Wirklich eine ganz großartige Entscheidung!
    Das Orchester und das Publikum werden davon profitieren.
    Es wird noch spannender in Berlin!


    Man darf ja nicht vergessen, wer weiter da bleibt: Barenboim, Ivan Fischer, Runnicles!


    In der englischen Presse wird durchweg ausführlich über die Berufung Ticciatis nach Berlin berichtet und dass er nun Chef von einem Orchester wird, das zuvor Ferenc Fricsay, Lorin Maazel, Riccardo Chailly , Vladimir Ashkenazy, Kent Nagano, Ingo Metzmacher und Tugan Sokhiev geleitet haben.


    Er wird in verschiedenen Zeitungen mit folgendem Ausspruch zitiert:


    ‘It is a great honour and a pleasure for me to assume artistic responsibility for the Deutsches Symphonie-Orchester Berlin starting in September 2017. The first time I had the opportunity to work with the musicians of this top ensemble last year, I was immediately fascinated by the flexibility of their playing, the richness of their sound and the high level of dedication of each individual.’


    Ich freue mich schon jetzt auf Konzerte des Orchesters mit diesem wunderbaren Dirigenten, von dem wohl noch eine Menge zu erwarten ist!


    Caruso41

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    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Das Fragezeichen in der Überschrift kann nun wohl getrost wegfallen!


    Seit vier Jahren ist Robin Ticciati jetzt Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters.

    Vier ganz spannende und ausgesprochen erfolgreiche Spielzeiten haben gezeigt, dass die Zusammenarbeit wirklich für beide Seiten inspirierend ist.

    In diesem Monat hat Ticciati seinen Vertrag bis 2027 verlängert.

    Für Publikum und Orchester ist das gleichermaßen Grund zu großer Freude!


    Zitat von DER TAGESSPIEGEL

    Interview mit dem Dirigenten Robin Ticciati :

    „Wir wollen mehr Menschen erreichen“

    Es wird einen Kampf um die Kultur geben: Der Chefdirigent des Deutschen Symphonie-Orchesters Robin Ticciati sieht in der Krise auch eine Chance.


    Frederik Hanssen

    https://www.tagesspiegel.de/ku…n-erreichen/26203354.html


    Caruso41

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    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Inzwischen hat Robin Ticciati auch schon Aufnahmen mit dem Deutschen Symphonie-Orchester herausgebracht:


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    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Soviel man hört, der wohl interessanteste Dirigent, den die deutsche Hauptstadt derzeit zu bieten hat. Unaufgeregt und auch für entlegeneres Repertoire offen. So hat das musikalische Berlin auch nach Sir Simons Abgang noch "seinen" Engländer. :thumbup:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Joseph II!

    Soviel man hört, der wohl interessanteste Dirigent, den die deutsche Hauptstadt derzeit zu bieten hat.

    Einen Engländer hat Berlin sowieso: Sir Donald Runnicles!


    Aber mein Punkt ist eigentlich ein ganz anderer: Ich halte nichts von dem hier im Forum so beliebten Aufstellen von Bestenlisten und will deshalb fragen:

    Wem hilft es, wenn man den Dirigenten Robin Ticciati über Vladimir Jurowski und Kirill Petrenko, Christoph Eschenbach, Daniel Barenboim, Donald Runnicles oder Ainārs Rubiķis stellt? Worauf gründet eine solche Taxonomie?

    Man muss mich nicht überzeugen, dass Robin Ticciati ein großartiger Musiker ist, sein Orchester singen, leuchten und glühen lassen kann, spannende Programme zusammenstellt. große Meisterwerk in einer bestechenden Interpretation aufführt, ... und so weiter! Aber lassen sich für die anderen Dirigenten, die "die deutsche Hauptstadt derzeit zu bieten hat", nicht auch starke Qualitäten identifizieren?


    Herzliche Grüße

    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Soviel man hört, der wohl interessanteste Dirigent, den die deutsche Hauptstadt derzeit zu bieten hat.


    Man muss mich nicht überzeugen, dass Robin Ticciati ein großartiger Musiker ist, sein Orchester singen, leuchten und glühen lassen kann, spannende Programme zusammenstellt. große Meisterwerk in einer bestechenden Interpretation aufführt, ... und so weiter! Aber lassen sich für die anderen Dirigenten, die "die deutsche Hauptstadt derzeit zu bieten hat", nicht auch starke Qualitäten identifizieren?

    Die Feststellung von Joseph II. teile ich. Nach meiner eigenen Beobachtung hat Ticciati in jüngster Vergangenheit die interessantesten Konzertprogramme geboten. Dass er sich im Berlioz-Gedenkjahr 2019 für diesen Komponisten derart in die Bresche geworfen hat, werde ich ihm ewig danken. Allein die halbszenische Aufführung von "L'efance du Christ" in der Philharmonie war ein wirklich bedeutendes Ereignis - nicht nur für mich. Wann hat man das schon mal gehört? Schließlich setzte er auch Debussys „Le martyre de Saint Sébastien“ aufs Programm und koppelte diese Darbietung mit einer von Claudio Abbado erarbeiteten "Parsifal"-Suite. Es sollte deutlich werden, wie nahe sich Wagner und Debussy sind. Überhaupt ist er den Franzosen sehr zugetan. Das hat keiner seiner Kollegen so zu bieten. Darauf wollte ja wohl auch Joseph hinaus. Leider bilden die CD-Veröffentlichungen das nur teilweise ab. Berlioz hätte es schon auch sein dürfen. Aber der bleibt wohl ein großer Unbekannter hierzulande. Dass Ticciati ein ausgesprochener Sympathieträger ist, muss ich nicht herausstellen. Seine Auftritte sind diskret und bescheiden. Und etwas schwebend. Er lässt stets der Musik den Vortritt.

    Einen Engländer hat Berlin sowieso: Sir Donald Runnicles!

    Den finde ich nun wirklich etwas überschätzt. Mich hat er nie wirklich überzeugen können. Eschenbach, von dem ich mir sehr viel versprochen hatte, ist mir durch spannende Angeboten nicht sonderlich aufgefallen. Da sind viele sichere Bänke unterwegs. Und Petrenko muss in Berlin ja erst noch liefern. Und Barenboim kennen wir in Berlin ja nun zur Genüge. Er ist bereits gefühlte fünfzig Jahre im Amt.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

    Einmal editiert, zuletzt von Rheingold1876 ()

  • Soviel man hört, der wohl interessanteste Dirigent, den die deutsche Hauptstadt derzeit zu bieten hat.

    Was ist an diesem Satz zu beanstanden? Die alten Herrschaften Eschenbach und Barenboim sind Auslaufmodelle, Jurowski konnte bis jetzt wenig überzeugen, diskographisch ist mir nichts Nennenswertes bekannt, Sir Donalds Charisma ist überschaubar, dirigentisch solide, aber kein Überflieger, K. Petrenko muss auch erst mal ankommen, mir ist er manchmal zu sehr ein Draufhauer. Ticciati hat mich dagegen musikalisch in den Live-Konzerten mit dem DSO sehr überzeugt, es macht Freude ihm nicht nur zuzuhören, sondern auch zuzusehen, und diese Freude scheint auch Ticicati selber dem Orchester weiter zu vermitteln. Dabei ist er sehr sensibel mit einem hohen Anspruch an sich selbst, daran kann man auch scheitern, das wünsche ich ihm nicht. Zurzeit ist es aus den bekannten Gründen nicht einfach, sich weiter zu profilieren. Berlin verfügt mit ihm jedenfalls über ein Juwel am Konzerthimmel. Ich hoffe, dass er weiter gut von sich reden machen kann.

    :hello:

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Als Schotte würde Sir Donald wohl widersprechen, Engländer zu sein. ;)

    Meinen Eindruck, dass Ticciati derzeit in Berlin besonders angesagt ist, scheinen ja auch einige hier im Forum zu teilen. Damit soll nichts gegen die übrigen genannten Berliner Chefdirigenten gesagt sein, die alle ihre Meriten haben (oder hatten).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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    So 04.07.2021 | 22:00 - 22:55


    Eine Alpensinfonie

    Robin Ticciati dirgiert eine philosphische Bergtour - mit Reinhold Messner

    Richard Strauss beschreibt in seiner Alpensinfonie eine Wanderung in eine Berglandschaft. Diesen musikalischen Gipfelsturm hat Robin Ticciati zusammen mit dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin im Berliner Tempodrom aufgenommen. Dazu gibt Bergsteiger-Legende Reinhold Messner ganz persönliche Einblicke in die Erfahrungswelten der Berge. Ein alpines Erlebnis der besonderen Art.


    Video online von 04.07.21 bis 02.09.21

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Mit dieser Produktion der "Alpensinfonie" ist der RBB seinem Motto "Bloß nicht langweilen" treu geblieben. Ich war gespannt, dann aber genervt, denn es wurde ständig in die Musik hineingesprochen. Auch wenn Reinhold Messner etwas zu sagen hatte, schien mir das Format missglückt, und ich schaltete noch vor dem Ende ab. Während Messner die Berge tatsächlich von oben gesehen hat und bewegend darüber zu sprechen weiß, vermittelt die Musik von Strauss, der auch ein tüchtigen Wanderer war, für mich ehr die Vorstellung von dem, was dort droben tatsächlich geschieht. Realität und Projektion sollten in der TV-Produktion wohl absichtlich zusammentreffen. Der Preis aber war es, dass die Musik zerredet wurde. :( Mich wundert, dass sich der von mir sehr geschätzte Ticciati auf diesen Mumpitz eingelassen hat.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Als ausgesprochener Bergfreund und Fan der der Dresdener Staatskapelle gewidmeten Alpensinfonie habe ich mich auch hinreißen lassen, etwas länger am TV zu sitzen, trotz parallel laufender Aufnahme. Ich schließe mich Rheingold an, was die bereits befürchtete Quatscherei von Messner betrifft. Es wurde von einer philosophischen Bergtour gesprochen, und da muß ich gestehen, daß Messner meine Vorurteile gegen philosophische Bewertungen nicht ausräumen konnte. Sein belangloses Gefasele ging mir voll auf die Nerven, teilweise wurde die Musik unterbrochen, nur um Messner reden zu lassen, teilweise sprach er in die Musik hinein. Furchtbar.

    Das Orchester, dem man anderswo im Forum nur Mittelmäßigkeit bescheinigte, fand ich dagegen als sehr spielfreudig, sauber spielend, die Tonwiedergabe war exzellent. Ich habe manches Neues gehört, was ich auf meinen CD´s bisher nicht mitbekommen hatte, was sicher daran liegt, daß das Auge manche musikalische Passagen unterstützte, indem die melodieführenden Instrumente gezeigt wurden. Das ist zwar bei jeder Übertragung so, aber gestern fand ich die Ton- und Bildregie besonders angepaßt. Auch Ticciati konnte die Freude am Bergwandern gut rüberbringen, auch die Tempi lagen im Rahmen dessen, was ich erwartet und erhofft hatte.

    Anstelle der Messner-Beiträge wären kurze Einblendungen der jeweils laufenden 17 "Kapitel" für Anfänger angepaßter gewesen. Schade. Ich habs schon gelöscht.

    Insgesamt wurde ich erinnert an eine Kolumne aus meiner Heimatzeitung zur EM. Man schrieb, daß die Deutschen ihr Land würdig vertreten haben, sie waren fair, anständig, haben gegen Rassismus befehlsgemäß Flagge gezeigt, nur der Fußball hat gestört. Hier hieß der Fußball Messner.


    La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

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