Johann Baptist Vanhal - die Kammermusik

  • Und hier präsentiere ich nun den 3. Thread zum Thema Johann Baptist Vanhals. Er ist für die Kammermusik reserviert.
    Vermutlich wird sich mancher ein wenig dafür interessieren, weil die Mitwirkung an einem der berühmtesten (privaten) Streichqartette den Komponisten begehrenswerter erscheinen lässt.
    Dennoch ist nicht uninteressant, was herauskommt, wenn man Legenden mit Hilfe zeitgenössischer Berichte näher kommt.
    Der irische Sänger Michael Kelly beschreibt einen Kammermusikabend in Wien , bei dem auch Paisiello anwesend war, der gerade in Wien weilte folgendermaßen:


    Zitat

    "Die Spieler waren leidlich gut. Keiner glänzte auf seinem Instrument, aber da war sehr wohl tiefes Wissen um die Musik bei ihnen vorhanden, was, wenn ich sagen darf, jeder zugeben wird, wenn ich Ihre Namen nenne:


    1. Geige - Joseph Haydn
    2. Geige - Baron Dittersdorf
    Cello - Vanhall
    Bratsche - Mozart


    Der Abend wurde - laut Kelly - sehr vergnüglich - und es gab ein üppiges Abendessen....
    Wie man aber dem Bericht entnehmen kann waren die berühmten Herren allesamt keine "Virtuosen"
    Ob sie vor den strengen Ohren der Taminoianer Gnade gefunden hatten ist eine der ungelösten Fragen der Menscheit.



    Beginnen wir nun aber mit der ersten Vorstellung einer CD mit Quartetten von Vanhal.
    Die Sechs Quartette concertante op. 7 waren für Streichtrio und Oboe (oder Flöte als Alternative) geschrieben und waren schon zu Lebzeiten durch zahlreiche Drucke bei verschiedenen Verlegern bekannt


    Es ist noch kein Jahr her, da erschien die abgebildete CD mit 3 späten Streichquartetten von Vanhal. Diese Ersteinspielung mit dem Carmesina-Quartett (auf Originalinstrumenten) ist eine willkommene Bereicherung des nicht allzu üppigen Angebots von Vanhals Kammermusik - und mehr als das - sie ist ein muss für alle Kammermusikfreund, die "Wiener Klassik" sammeln.

    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Es tut sich was in Sachen Vanhal. Noch diesen Monat erscheint bei cpo die links abgebildete CD mit 4 Streichquartetten von ihm. Vermutlich werden die obligaten Klangbeispiele erst ab Erscheinungsdatum verfügbar sein.
    Ob man es als Vorteil sieht, dass einige der Werke (op.33) sich mit solchen der weiter oben gezeigten Mitbewerber-CD überschneiden (weil man Interpretationsvergleiche machen kann) oder als Manko - das wird jeder für sich entscheiden müssen. Notwendig wäre es indes nicht gewesen, angesichts der Tatsache, dass es von Vanhal mindestens 60 in Druck erschienen Streichquartette gibt, und geschätzte 30 weitere die handschriftlich vorliegen...

    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Jan Baptist Vanhal hat offensichtlich ähnlich viele - vielleicht sogar mehr - Streichquartette geschrieben wie Joseph Haydn. Ein Enthusiast listet im Internet 78 Werke, davon 12 Gruppen unter je einer Opus-Nummer sowie sechs Werke ohne op.
    Die beiden oben gezeigten CDs sind auch in meiner Sammlung und ich kann der Bewertung des Rezensenten im Klassik-heute zur CD des Lotus String Quartetts nur zustimmen:


    klassik-heute. com 11 / 2014: »Diese Streichquartette können sich selbst neben Haydns Beiträgen, der dieses Genre ja maßgeblich begründet hatte, sehen und hören lassen. Würde man diese vier Quartette ohne Vorwissen zu hören bekommen, könnte man sie leicht für unbekannte Werke Haydns halten, so sicher ist die handwerkliche Ausführung, so phantasievoll die Erfindung, so tief ist übrigens auch die Empfindung. Drei Meisterwerke.«


    Ob das auf das gesamte Quartettschaffen zutrifft, wird man wohl erst beurteilen können, wenn mehr Aufnahmen vorliegen. Ich finde es schade, dass bei der großen Zahl an Werken die einzig derzeit verfügbaren Aufnahmen gleich 2 Quartette doppeln. Es gibt zwar noch zwei weitere mit tschechischen Quartetten (Kubik und Stamitz), die aber schwierig aufzutreiben sind und im Falle des Stamitz Quartetts auch wieder drei Werke bringen, die auch auf der Lotus CD drauf sind.

  • Ich habe diesen Thread zum Anlass genommen, in die abgebildete CD hineinzuhören. Zuerst konnte ich sie nicht finden - dann aber sah ich sie - noch originalverpackt in einem der Fächer für ungehörte CDs liegen. Lugra zeigt ganz richtig auf, wie viele Streichquartette Vanhals noch nicht auf CD veröffentlicht wurden, einige sind noch nicht einmal gedruckt. Die Bestimmung der Anzahl ist vor allem deshalb schwierig, weil das Streichquartett unter diesem Namen erst seine ersten Schritte machte, so lief das hier als erstes gehörte Werk Streichquartett in c-moll op 1 Nr 4 ursprünglich unter "Quatuor Concertant"(1769), in einer zwei Jahre später entstandenen Abschrift indes als "Divertimento". Es war indes ebenso viersätzig wie die Werke Haydns, und kann daher als Streichquartett eingeordnet werden.
    Eine gewisse stilistische Nähe zu Haydn ist sicher gegeben, wobei natürlich der damals übliche Zeitgeschmack eine nicht unwesentliche Rolle spielt. Das Werk ist sicher auf einer Stufe mit jenen von Haydn, indes fehlt vielleicht ein wenig der immer wieder so gern zitierte "Haydnsche Humor". Interessant, die Pizzicati im 2. Satz.

    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Substantieller Zuwachs an Vanhal Streichquartetten ist im Anmarsch, das kanadische Eybler Quartet bringt eine Aufnahme mit op. 6. Hoffentlich nicht nur als download. Nach meinen Unterlagen wurde op. 6 um 1772 komponiert also ca. zeitgleich mit Haydns op. 20.


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  • Inzwischen ist die oben gezeigte CD bei mir eingetroffen, ich hatte Sie direkt beim Label in USA bestellt. Op. 6 wurde 1771 veröffentlicht, also ca. zeitgleich mit op. 17 von Haydn. Die Werke sind alle dreisätzig, schnell-langsam-schnell und alle in Dur-Tonarten komponiert. Sie dauern zwischen 10 und 14 min. Die ersten beiden fand ich schon mal ziemlich ansprechend wie auch das Spiel der Eyblers auf historischen Instrumenten. Inzwischen gibt es vom gleichen Ensemble auch Beethovens op. 16, auch das gefällt mir.

  • lutgra Ich habe mir mal das Portfolio des Eybler Quartettes angeschaut. Es gibt Aufnahmen mit Streichquartetten von Joseph Leopold von Eybler (??), offensichtlich der Namensgeber des Ensembles, aber was kann man angeeigneter Stelle zu diesen Quartetten sagen?

  • Hier kann man hineinhören

    Vanhal ist wirklich großartig. Andernfalls hätte Mozart wahrscheinlich nicht mit ihm Quartett gespielt.

    Zwei wochen lieferzeit)

    http://www.classicalwcrb.org/p…six-quartets-op-6#stream/

    (nach unten scrollen)


    Die Aufnahme kann icht verlinkt werden, aber jpc meldet sie unter der unten angegebenen Bestell-Nr. als lieferbar.

    (Vollpreis 18,99)


    8662168


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Noch eine Bemerkung zu Vanhal.

    Die Deutsche Wikipedia nennt dezidiert nur EIN Streichquartett, nämlich op 4 Nr 1 (Opus 4 muß also aus mehreren Streichquarteten bestehen.

    Die in meinem Besitz befindliche CD mit 3 Streichquartetten op 1 Nr 1-3 ist bereits gestrichen (oben im Thread zu finden)

    Eine weitere ist (siehe Eröffnungsbeitrag vom 12.2. 2013) noch lieferbar, sie enthät die Streichquartett op 33 Nr 2 und 3 - das "Foofmeister Quartett Nr 2 hot offenbar keine Opuszahl (?)

    WIKIPEDIA auf deutsch sprucht von "über 100 Quartette" - was sich offenbar nicht nur auf Streichquartette bezieht, ers gibt welche für Oboe und andere Instrumente. Die französische WIKIPEDIA (meist die verlässlichste Quelle in Sachen Klassik) nennt hier 54 Quartette - was sich vermutlich auf die reinen Streichquartette bezieht.

    Es ist schade, daß es so viles nicht gibt - aandrerseits aber verständlich

    Einerseits ist der potentielle Bestan an interessierten Käufern überschaubar (das Tamono Klassikforum ist hier der schlagende Beweis !!) - andrerseits ist es bei solch alten Werken oft schwierig an die (oft nur handschriftlich überlieferten) Werke heranzukommen.....

    Es ist eine undankbare Aufgabe, die keinerlei Profit abwirft . So gesehen ,üßen wir dankbar sein was independent Labels in dieser Hinsicht alles leisten...


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • von Joseph Leopold von Eybler (??), offensichtlich der Namensgeber des Ensembles, aber was kann man angeeigneter Stelle zu diesen Quartetten sagen?

    Ich kenne diese Quartette noch nicht, aber einige sind bei Youtube verfügbar.

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  • Joseph Leopold von Eybler (??)

    Joseph Eybler (1765-1846) war mit Mozart befreundet und wurde nach dessen Ableben von seiner Witwe mit der Komplettierung des Requiems beauftragt. Die führte er letztendlich nicht zu Ende, so dass Franz Süßmayr zum Zuge kam. Eybler schrieb laut meinen Recherchen nur 6 Streichquartette op. 1, 1-3 und op. 10, 1-3. op.1 scheint um 1887 herum komponiert worden zu sein, also kurz nach den Mozart'schen Haydn-Quartetten und dessen op. 51. Zwei habe ich inzwischen gestreamt, stilistisch liegen sie IMO irgendwo dazwischen. Sehr ansprechend. Das Eybler Quartett spielt übrigens mit 1. und 2. Geige an den Aussenpositionen und Viola und Cello in der Mitte. Zunehmend finde ich diese Anordnung überzeugend.


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