Bernhard Molique - Streichquartette und andere Kammermusik

  • Bis vor sehr kurzem kannte ich Bernhard Molique noch nicht. Eine kurze Rcherche hat ergeben, dass er sich als Komponist eines Oboenkonzerts noch eine gewisse Halbbekanntheit erhalten hat, ansonsten ist sein Werk heute so gut wie vergessen. Aus diesem Grunde bin ich auch nur über eine jpc-Sonderaktion dazu gekommen, mir diese Werke zu bestellen (wie ich anderswo sehen konnte, dürfte das bei anderen ähnlich gewesen sein ;) ).



    Die Überraschung war dafür umso positiver! Zwar sind die Werke für ihre Zeit äußerst konservativ - und damit meine ich, dass sie noch viel konservativer sind als vergleichbare Werke Spohrs oder Onslows - aber das hat auch gewisse Vorzüge. Der größte Vorzug ist, dass Molique in seinen Streichquartetten vollkommen auf gewisse Unarten verzichtet, auf die man in Streichquartetten des Biedermeiers sonst so trifft, z.B. auf primgeigenlastige Girlanden (für mich ein absoluter Schrecken!!!). Ganz im Gegenteil: die Werke sind sehr streng geabeitet und die Instrumente praktisch gleichberechtigt. Die Werke kommen auch direkter daher als die Streichquartette Spohrs oder Onslows und haben tendenziell auch griffigere Themen. Ganz besonders gelungen sind die beiden Streichquartette in Moll (a-Moll und f-Moll). Hier fehlt eigentlich nicht viel, um vorne bei den "Großen" mitspielen zu können. Für Kammermusikfreunde, die alte eingetretene Pfade (kurz) verlassen wollen, eine potentiell lohnende Anschaffung.

  • Ursprünglich hat mich die Aussage im PR- Text vom Kauf abgeschreckt , die da lautete:
    "Auch wenn er bei vielen seiner Zeitgenossen und Kollegen als "trockener Gesell" oder "Spießbürger" galt, so war Bernhard Molique doch auch einer der größten zeitgenössischen Violinisten."
    Sowas ist nicht sehr einladend, vor allem dann nicht, wenn der so Beschriebene für den Klassik- Durchschnittshörer ein unbeschriebenes Blatt ist. Aber es waren eher persönliche Antipathien, die hier zum Tragen kamen, Die Aussage über den "trockenen Gesell" stammt von Robert Schumann, über den Molique seinerseits schrieb "Der Schumann ist ein langweiliger Kerl", die Aussage über den Spiessbürger Molique finden wird bei Mendelssohn, der ein einen "dicken Weinbürger" nannte, aber dessen Orchester positiv bewertete. Der Geiger Joseph Joachim schrieb indes, er habe den würdigen alten Schwaben sehr lieb gewonnen.
    Beeinflusst wurde Molique übrigens durch Louis Spohr, der ihn als 14 Jähriger ein wenig unterrichtete, weil er von dem Talent des Jungen beeindruckt war. Mir persönlich stehen die Kammermusikwerke Moliques näher als jene von Spohr, sie sind meines Erachtens nach eingängiger und origineller....

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Streichquartette haben mir auch sehr gefallen. Hoffentlich werden opp. 42 und 44 auch noch eingespielt. Auch das Klavierquartett op. 71 tät mich interessieren.


    Gruß enkidu2

    Nach Schlaganfall zurück im Leben.

  • Bernhard Molique gilt ja als "akademischer Langweiler", aber wie meine Vorredner sehe auch ich das etwas differenzierter und offensichtlich ja auch die Mannheimer, die sich sonst sicher nicht so ins Zeug legen würden.
    Habe gerade heute morgen op. 16 gehört, also das 1. Quartett und auch mir gefällt diese Musik deutlich besser als z.B. die von Spohr, die zudem in der Marco Polo Serie auch unter der unzulänglichen Darbietung durch das New Budapest Quartett leidet (dessen Primarius ich nicht gut hören kann).
    Natürlich werden hier keine Höhen wie in "Der Tod und das Mädchen", Mendelssohns op. 80 oder Beethovens op. 132 erklommen, aber das muß ja auch nicht sein. Sorgfältig gearbeitet mit ansprechenden melodischen Einfällen sind sie auf jeden Fall.


    cpo hat inzwischen auch nachgelegt und die op. 42 und 44 eingespielt. Warum sie allerdings die Folgen 1-3 schon vorab im wahrsten Sinne des Wortes "verramscht" haben (meiner Erinnerung nach sogar teils für 2,99) , so dass jemand, der erst jetzt auf diesen Komponisten aufmerksam wird, sie nicht mehr nachkaufen kann, bleibt ein Rätsel. Was ist das für eine Repertoirepolitik? :thumbdown: So begrenzt kann doch der Lagerraum in Georgsmarienhütte nicht sein, da gibt es doch genügend leerstehende Scheunen. :D Zum Glück habe ich sie alle.

  • Endiku2 schrieb in Beitrag Nr 3 vom 31. 3. 2013


    Zitat

    Hoffentlich werden opp. 42 und 44 auch noch eingespielt.


    Na zumindestens dieser Wunsch hat sich erfüllt.
    Lutgras Beitrag verdanke ich es übrigens, daß ich die Folge 4 (sie wird eigenartigerweise nicht als solche bezeichnet) der Streichquartette von Molique nicht verpasse - ich hätte sie sonst beinahe übersehen.
    Die Bezeichnung "Langweiler" dürfte sich eher auf zwischenmenschlicher Ebene abgespielt haben, denn auf musikalischer. Ferner ist die Achse Robert Schumann / Felix Mendelssohn Bartholdy auffällig.
    Die Aussage Moliques: "Der Schumann ist ein langweiliger Kerl" wird indes gern überlesen, da Schumann so berühmt ist, daß er bei vielen als sacrosanct gilt.
    Ich kann mir Schumann durchaus als langweilig vorstellen: Ein Mann der mit seiner Frau ein "Ehetagebuch" führt, ein Mann der über Joseph Haydn schreibt: "Er ist wie ein gewohnter Hausfreund, der immer gern empfangen wird; tieferes Interesse hat er für die Jetztzeit nicht mehr." ..........


    Geniessen wir also Moliques Streichquartette, ungeachtet dessen, was dereinst über ihn geschrieben wurde......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zitat

    Was ist das für eine Repertoirepolitik?


    Das ist in der Tat unglücklich, zumal für Sammler, die ggf. die komplette Serie haben möchten, denn es ist zu erwarten, dass alle vier CDs zu einem späteren Zeitpunkt als nochmals günstigere Box veröffentlicht werden. Ich würde (werde) mich daher vor einem Kauf von Vol. 4 als Einzelausgabe eher hüten.


    Gesichert habe ich nur die Vol. 2 & 3, die mir aus der Erinnerung heraus durchaus zugesagt haben. Sehr ordentliche, gefällige Musik. Wenig innovativ aber gut gemacht und absolut hörenswert, wenn sicher andererseits auch nicht überlebenswichtig, selbst für quartettophile.


    Viele Grüße
    Frank

  • denn es ist zu erwarten, dass alle vier CDs zu einem späteren Zeitpunkt als nochmals günstigere Box veröffentlicht werden.


    Da wäre ich mir nicht so sicher, auf die Wiederveröffentlichung der 4 CDs mit den 8 Streichquartetten von Ernst Toch wartet die Fangemeinde schon sehr lange. Du kannst Sie derzeit nur gebraucht für ca. € 70 mühselig zusammenkaufen.
    Gruß
    lutgra

  • Da wäre ich mir nicht so sicher, auf die Wiederveröffentlichung der 4 CDs mit den 8 Streichquartetten von Ernst Toch wartet die Fangemeinde schon sehr lange.


    Die habe ich noch im Abverkauf erwischt.
    Die SQ 1-6 sind bei CPO demnach nicht aufgenommen worden?


    Viele Grüße
    Frank

  • Dem Booklet entnehmen wir, daß die Streichquartette op 42 und op 44 in London entstanden sind. Ich beziehe mich nun in weiterer Folge dieses Beitrags auf das Streichquartett op 42 aus dem Jahre 1851, welches überaus melodisch, und alles andere als langweilig ist.
    Laut booklet gibt es hier Anspielungen auf Mendelssohns Streichquartett op 44 Nr 2 (erster Satz) - ich konnte das bislang nicht verifizieren, werde mich aber bei Gelegenheit (wann wird das wohl sein ?) damit befassen.
    Revolutionäres wird man bei Molique wohl vergelblich suchen, auch keine dramatischen ausgeprägten Kontaste in Dynamik oder Tempi. dafür aber findet man gekonnt gemachte hörenswerte Musik in traditionellem Stil.


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Alfred_Schmidt

    Hat den Titel des Themas von „Bernhard Molique - Streichquartette“ zu „Bernhard Molique - Streichquartette und andere Kammermusik“ geändert.
  • Im Zusammenhang mit den Abverkauf der hier gezeigten CD mit den Streichquartetten op 42 und op 44 um 2.99 Euro bin ich wieder auf diesen Thread gestossen.

    Die drei anderen Cds dieser Serie sind bereits vergriffen. Ganz erschreckt habe nachgesehen ob ich die eine oder andere vielleicht übersehen hatte - aber nein . sie sind alle in meiner Sammlung. Denn auch wenn man begeistert isst, und fix vorhat, etwas Bestimmtes zu kaufen, so läuft einem oft die Zeit davon....

    Ein kleines Häufchen Moliquebegeisterter hat diese Aufnahme ja eindrücklich empfohlen. Obs was genutzt hat, das wissen wir nicht........


    Da ein anderer Anbieter 2019 zwei CD mit anderen Kammermusikwerken Moliques herausgebracht hat wurde der Threadtitel von mir erweitert.


    mfg aus Wien

    Alfred


    clck 2400 (!!!)

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !