Wo die Lerche singt - Operette von Franz Lehar

  • Premiere heute vor 95 Jahren:


    1. Februar 1918:
    An der Königlichen Oper in Budapest erfolgt die Uraufführung der Operette
    A Pacsirta (Wo die Lerche singt)
    von Franz Lehár.
    (1. Fassung als »A pacsirta«, ungarisch);
    (2. Fassung: U.A. 27.3.1918 in Wien (deutsch)
    Libretto:
    Alfred Maria Willner, Heinz Reichert nach einem Entwurf von Ferenc Martos nach Charlotte Birch-Pfeiffer
    Werkstruktur: 4 Bilder



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Hier noch ein Hinweis auf die Verfilmung des Stoffes mit Martha Eggert aus dem Jahr 1936:



    Wo die Lerche singt (1936)
    Musikfilm, Deutschland/Schweiz/Ungarn
    Länge: 97 Minuten


    Erstauffuehrung: 30.10.1936
    Darsteller:
    Martha Eggerth, Alfred Neugebauer, Hans Söhnker, Fritz Imhoff, Rudolf Carl, Lucie Englisch
    Regie: Carl Lamac
    Drehbuch: Geza von Cziffra
    Kamera: Werner Brandes, Hans Imber
    Musik: Franz Grothe, Paul Hühn, Franz Lehár


    Operettenverfilmung um eine verarmte Komteß, die ein Wirtshaus eröffnet, und einen scheinbar mittellosen Lebemann, der sich als Tankwart versucht. Am Ende der dünnen, aber melodienreichen Handlung können alle Schwierigkeiten beseitigt werden.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)


  • Wo die Lerche singt: Ja, wo singt sie denn? Franz Lehárs Lerche singt in Ungarn. Denn dort spielt seine Operette, die am 1. Februar 1918 in Budapest uraufgeführt wurde. Da war der Erste Weltkrieg noch nicht vorbei. Dieser Krieg war übrigens der Grund dafür, warum die Operette nicht in Russland spielt, wie ursprünglich vorgesehen. Lehár hatte die Arbeit daran noch vor dem Krieg begonnen. Mit dessen Ausbruch aber wurde Russland zum Feind und schickte sich nicht mehr als Handlungsort für eine ehr idyllisch Geschichte, wie sie dem Komponisten vorschwebte. Mit der Zeit ist aber auch der ungarische Lack ab, seit von der Donau ein scharfer Wind von rechts herauf weht mitten ins alte Europa hinein. Puszta, Piroschka und Paprika sind etwas in Verruf geraten als Versatzstücke für gute Unterhaltung, die diese Operette bietet. Sie beschört das gesunde Landleben, wo man "fast in jeder Viertelstund" zunimmt "ein halbes Pfund". Das kam angeblich gut an im Krieg, der eine fürchterliche Hungersnot über die Menschen brachte. Zynisch ist es auch.


    Margit, die "Lerche" und Enkelin des alten Bauern Török, der nach eigenem Bekunden so zugelegt hat, kehrt nach allerlei Irrungen und Wirrungen in der sündigen Großstadt Budapest, wo sie zeitweise mit dem Maler Sandor zusammenlebt, an die Stätte ihrer Unschuld zurück – aufs Land, wo die Lerche singt. Martha Eggerth sitzt in dem gleichnamigen Spielfilm, der 1936 gedreht wurde, blond, versonnen und fröhlich im Gras, kein anderer Mensch unter der Sonne konnte glücklicher sein (Harald hatte schon darauf aufmerksam gemacht). Das blieb nicht der einzige Spielfilm. 1956 schlüpfte Renate Holm, ebenfalls blond, in die Rolle der hübschen Bauernenkelin. In der Kunst ist die Lerche als solche auch sehr umtriebig. Sie kommt in allen abendländischen Sprachen vor. Bei den Brüdern Grimm heißt sie – wie im Niederdeutschen – noch Löweneckerchen. In den "Lustigen Weibern" von Windsor lauscht ihr Fenton im Hain. Opitz, Uhland und Lessing haben sie besungen. "Nachträumend in den Duft" steigen gleich zwei Lerchen in den "Vier letzten Liedern" von Strauss. Der beliebte Vogel, der in ganz Europa heimisch ist, flattert durch alle möglichen Schlager und Lieder. Bei Shakespeare aber ist es die Nachtigall "und nicht die Lerche". Ornithologen haben herausgefunden, dass Lerchen nur dann singen, wenn sie sich nach oben erheben. Deshalb gelten sie als Sinnbild für die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Ob schwere oder leichte Gedanken, bei Lehár kommt einem manches in den Sinn. Nicht alles will man zu Ende denken.



    Die neueste Aufnahme der Operette "Wo die Lerche" singt ist bei cpo zu haben, dem Label, dass sich um diesen Komponisten, den auch Puccini hoch verehrte, besonders stark verschrieben hat. Der Katalog ist voll von Lehár, nicht nur mit Operetten. Es wurden auch Lieder und viele Orchesterwerke eingespielt – erstaunlich, wie vielseitig und fleißig dieser Lehár gewesen ist. Die "Lerchen"-Produktion stammt vom Lehár Festival Bad Ischl im Salzkammergut. Lehár besaß in der exklusiven kaiserlichen Sommerfrische eine prachtvolle Villa, in der er 1948 auch starb.



    Im fernen Berlin fällt es mir nicht leicht, an Hand des akustisch gelungenen Mitschnitts mit gesprochenen Dialogen, die neu bearbeitet wurden, einen Zugang zu dem Stück zu finden. Es fehlt mir die Bühne. Ein buntes Foto der gut gelaunten Mitwirkenden auf der Rückseite des Booklet ist zu wenig. Wenn denn wenigsten noch der Text abgedruckt worden wäre. Der Soundtrack allein gibt nicht genug her, zumal sich die sängerischen Leistungen durchaus in Grenzen halten. Für die Bühne war die Produktion gewiss ereignisreich und überaus unterhaltsam, für die CD hätte es etwas mehr sein dürfen – und müssen. Aber das ist nicht nur das Problem dieser Aufnahme, die auf jeden Fall dokumentarischen Wert besitzt für jede Franz-Lehár-Sammlung. Sieglinde Feldhofer singt die Margit, Jevgenij Tauntsov den Maler. Der wohl genährte alter Bauer Török Pál ist Gerhard Ernst. Der Chor des Festivals wurde von Georg Smola einstudiert, am Pult des flott aufspielenden Franz-Lehár-Orchesters steht Marius Burkert.


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Hallo Rheingold,


    ein sehr schöner, poetischer Bericht. Von dieser Operette habe ich bisher nur 4 Mitschnitte von Einzeltiteln. Eine Gesamtaufnahme habe ich mir bisher nicht "einverleibt", weil es vor dieser cpo Aufnahme bisher nur ein sog. "Historisches Tondokument" gab, und von solchen habe ich die Nase (genauer: die Ohren) voll. Ich werde mir gelegentlich die cpo Aufnahme mal anschaffen. Bisher war ich von den meisten weniger bekannten Operetten Lehárs eher enttäuscht, aber ich möchte ja von den bekannten Komponisten möglichst viele Werke sammeln.


    Der Soundtrack allein gibt nicht genug her, zumal sich die sängerischen Leistungen durchaus in Grenzen halten. Für die Bühne war die Produktion gewiss ereignisreich und überaus unterhaltsam, für die CD hätte es etwas mehr sein dürfen – und müssen.


    Für mich ist es gerade umgekehrt. Wenn eine Operettenmusik die Bühne oder gar die Ausstattung braucht, um wirksam zu sein, dann ist für meine Ohren die Musik nicht gut genug. Daher bin ich bei den guten Operetten meistens mit dem Soundtrack zufrieden - natürlich ist es schöner, sie auch noch auf der Bühne zu erleben.


    :) Uwe

  • Im fernen Berlin fällt es mir nicht leicht, an Hand des akustisch gelungenen Mitschnitts mit gesprochenen Dialogen, die neu bearbeitet wurden, einen Zugang zu dem Stück zu finden.


    Ich habe mir nun auch die CD zugelegt und kann nun verstehen, warum Rheingold keinen Zugang zu dem Stück findet. Dramaturgisch gesehen ist das Stück ein Rückfall in die längst überkommenen Alt-Wiener Besserungsstücke. Bauernmädchen verliebt sich in einen Maler aus der Großstadt und kehrt reumütig aufs Land und zu ihrem ehemaligen Verlobten zurück, nachdem sie merkt, dass sie nicht in die Stadt und deren feine Gesellschaft gehört und überdies ihr Maler wieder Geschmack an seiner glamourösen Ex gewinnt.


    Musikalisch gesehen gehört das Werk, höflich ausgedrückt, nicht gerade zu Lehárs besten. Bezeichnend hierfür dürfte sein, dass das Lied "Durch die weiten Felder", zwar schön aber nicht mit der Zugkraft wie andere Lehár-"Schlager", noch der beste Titel ist. Die meisten anderen Musiktitel sind zwar gefällig, auf doch recht durchschnittlich. Am besten gefällt mir Lehár noch, wenn er folkloristisch wird. Hier liegt meines Erachtens eigentlich seine wahre Stärke, die er aber viel zu selten einsetzt. Ganz, ganz schwach dagegen, sowohl dramaturgisch wie musikalisch sind die beiden Finale I und II. Hier verbreitet Lehár jeweils über 12 Minuten gepflegte Langeweile mit nur 2 bzw. 3 Personen auf der Bühne. Gewiss muss es nicht immer ein spektakuläres großes Finale mit fast allen Akteuren auf der Bühne sein, wie wir es von der sog. klassischen Operette gewohnt sind, aber wenn man ein so langes Finale mit 2 Personen gestalten will, dann muss die Musik stark sein, und das ist sie eben nicht. Lange rezitative Passagen wechseln ab mit Reminiszenzen und Melodrams und selbst dramatische Szenen verpuffen, weil sie mehr oder weniger nur mit einem "Paukenschlag" illustriert sind.



    :( Uwe