Alte Musik und neue Vokal - Consorts

  • Der Anlass für dieses Thema ist vielfältig. Ein Tamino erwähnte neue Vokalensembles; die Komponisten wie Machaut, Josquin, Ockeghem sind gut vertreten, aber von vielen neuen Ensembles weiß man nichts.
    Ich selbst liebe diese Musik und habe sie oft gesungen(vor allem Palestrina; im Moment üben wir an einer Messe von Orlando di Lasso). Hier geht es um die Musik der flämischen, italienischen und spanischen Polyphonie und vor allem ihre Interpreten. Die zeitliche Grenze liegt bei 1600, also Schütz, Monteverdi und die Anfänge der Oper gehören hier nicht hin.
    Bei YouTube kann man viele Ensembles und Chöre sehen, die sich an den alten Meistern versuchen. Ich wage zu behaupten, dass nur kleine Ensembles und nicht größere Chöre diese Musik in ihrer ganzen Subtilität erfassen können und dass nur diese Ensembles die Perfektion aufbringen, die hier nötig ist.
    Ich fände es schön, dass die Beiträge, die hier hoffentlich kommen, einige Regeln einhalten würden. Dabei sind diese Regeln nicht sklavisch zu befolgen; sie dienen allein der Übersichtlichkeit.
    1. Pro Ensemble bitte immer einen neuen Beitrag. Dabei können Ensembles, die schon genannt sind, durchaus noch mal vorkommen.
    2. Kein Ranking, sondern Stellungnahme und Kritik. Kritik ist ausdrücklich erwünscht. Ich werde z.B. mit dem Deller-Consort anfangen und dann mit dem Hilliard-Ensemble weitermachen, das hier bei mir nicht gut wegkommt.
    3. Mindestens eine, höchstens 3 CDs vorstellen. Keine Riesenlisten bitte.
    4. Es geht um eine Bestandsaufnahme und Tipps für aficionados. Also: DAS IST KEIN WAGNER-THREAD!
    5. Kurze Informationen über die Biographie des Ensembles sind erwünscht, das kann aber jeder selbst entscheiden.


    Ich freue mich auf eure Beiträge!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Das Deller - Consort um den legendäre Countertenor Alfred Deller (ich kenne den noch heute anonym in jeder Musik an seinem Timbre heraus) existierte von 1948 - 1986. 1979 starb Alfred Deller, sein Sohn übernahm die Leitung und sang auch Counter. Die Besetzung wechselte, wie das oft der Fall war. Das Problem des Deller-Consorts war, dass Alfred Deller seine Mitsänger so weit überragte. Meine Lieblingsaufnahme ist immer noch unter wechselnden Titeln erhältlich; ich habe sie sogar live auf dem Kirchentag in Köln (Ende der Sechziger) erlebt. Für mich die beste Interpretation der Machaut - Messe. Ein Freund hielt es für Strawinski; das war keine schlechte Idee, denn Strawinski hielt große Stücke auf Machaut, Dufay und Josquin.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Das Hilliard Ensemble ist eines der berühmtesten Ensembles bis heute, leider zu Unrecht. Der Name bezieht sich auf den englischen Miniaturenmaler Nicholas Hilliard (1577). Der Leiter und Mitbegründer Paul Hillier schied 1989 aus. Das Hillliard Ensemble sang nicht nur alte Musik, sondern auch neue, wie Cage, Pärt, Rihm usw. Ihr größter kommerzieller Erfolg waren die 3 CDs mit Jan Garbarek, der zu den alten Motetten auf dem Saxophon improvisierte; für mich ein Beweis, das bei Cross-over-Produkten beide Seiten nur das Negative hervorbringen..
    Das Problem der Hilliards, auch in ihrer besten Zeit, war, dass sie vor allem Hilliard - Platten produzierten, wie eine Kritikerin anmerkte. Also, alle Komponisten wurden etwa gleich heruntergebügelt. Meine Erfahrung ist die, dass die Hilliards früher nicht schlecht waren, dass es aber von jedem Stück, das ich kannte, immer ein Ensemble gab, das dieses Stück erheblich besser sang als die Hilliards.
    Vor zwei Jahren gab es einen Live-Auftritt der Hilliards mit dem Arditti-Quartett in Duisburg. Vor der Pause gab es drei Victoria-Motetten, die von einer ungeheuren Leblosigkeit und Spannungslosigkeit gekennzeichnet waren, wenn auch technisch perfekt . Mit Verlaub, aber ein Counter, der etwa 60 Jahre alt ist, klingt einfach nicht mehr. Nach der Pause spielten und sangen sie ein Werk von Wolfgang Rihm, das mit 60 Minuten angesetzt war, von denen 55 zuviel waren. Ich wollte eigentlich rausgehen, aber meine klackenden Schuhe haben mich daran gehindert. Heute würde ich sie ausziehen und auf Socken entkommen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)


  • Dieses Consort ist wohl der Inbegriff des Vokal - Consorts überhaupt. Es wurde 1968 am King´s College in Cambridge gegründet, daher der Name. Es existiert bis heute und erhielt sich "frisch" durch Besetzungsänderungen. An ausgeschiedenen Mitgliedern kannte ich Nigel Short ("Tenebrae", das wird hier noch erscheinen), Bob Chilcott (Arrangeur, von ihm kenne ich ein Stück durch das Singen) und Richard Salter, den ich in Düsseldorf in der Oper gehört habe und der leider schon tot ist. Auch Counter James Bowman war Mitglied.
    Die Kings´s Singers haben sicher das umfangreichste Repertoire von allen Ensembles. Ich habe sie einmal live gehört mit einem Pop-Programm und einmal mit einmal mit einem Klassikprogramm. Sehr überzeugend war auch hier die lebhafte und witzige Moderation.
    Meine Lieblings-CD ist die CD "Sermons and Devotions", die zugängliche, aber anspruchsvolle englische Chormusik vorstellt.
    .
    Einer ihrer Lieblingskomponisten ist Eric Whitacre (bitte kein Roger Dingsbums), von dem wir gerade sein "Allelujah" einstudieren.
    Mein absolutes Lieblingsstück ist aber "Tristan and Iseuld" vom kanadischen Komponisten Murray Schafer, das dieser für die King´s Singers geschrieben hat. Ich habe zum Glück noch eine Radioaufnahme davon, ansonsten gibt es nicht mal beim WDR ein Band davon.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Dieses Ensemble habe ich erst durch meine Beschäftigung mit Ockeghem und Josquin kennengelernt. Seitdem gehört es für mich zu den besten überhaupt. Es wurde 1988 gegründet und von den ursprünglichen vier Mitgliedern wurden zwei ausgewechselt. Alle Mitglieder haben schon vorher oder gleichzeitig in anderen Ensembles gesungen, wie etwa bei den Tallis Scholars, dem Gabrieli Consort oder dem Taverner Consort. Dies ist ein häufig anzutreffendes Phänomen, dass die Sänger in andre Consorts wechseln oder eigene gründen.
    Die alte Musik kann man auf verschiedene Weise singen. Die strengste und "reinste" ist die mit wenigen Männern, daneben aber es gibt es auch Ensembles, in denen Frauen mitsingen. Charakteristisch ist aber, dass selten mehr als 2 Sänger pro Stimme verwendet werden.


    Diese CD ist die schönste Ockeghem - Musik neben der der Clerks Group, auf die ich noch komme.


    Bei Josquin ist die Kokurrenz etwas größer; ich werde an Josquins "Nymphes des bois - Elegie auf den Tod Ockeghems" einen Vergleich durchführen.
    Ich besitze noch eine CD mit den Motetten von Machaut; ich habe sie aber noch nicht gehört.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Das Ensemble Organum wurde gegründet vom Musikwissenschaftler und Musiker Marcel Pérès, der in diesem Ensemble leider auch mitsingt. Das Ensemble wurde 1982 gegründet und ist spezialisiert auf alte Musik.
    Ich kenne vor allem die mustergültige Interpretation von Ockeghems Requiem.


    Im Ensemble sind so ausgezeichnete Sänger wie Josep Benet und Josep Cabré, die ich unter ihrem eigenen Ensemblenamen "La Colombina" noch besprechen werde.


    Vor vielen Jahren habe ich einmal ein wunderbares Frauenensemble im Bottroper Museum Quadrat mit Brittens Christmas Carol (Frauenchor mit Harfe) gehört. Es litt nur unter einer Fatalität: die Gründerin und Sängerin hatte eine so hässliche Stimme, dass der Genuss nicht so vollkommen war, wie er hätte sein können. Und den Leiter rausschmeißen? Das gleiche hier bei Ockeghems Requiem: alle Sänger sind ausgezeichnet - bis auf Marcel Pérès. Er - ausgerechnet - singt dann die plainchants, also den gregorianischen Choral, alleine, unbegleitet. Hier paart sich eine unschöne Stimme mit großer Lautstärke. Im Ruhrgebiet sagen wir "bölken" zu solch einer Darbietung. Ich habe mir so geholfen, dass ich mir eine Kopie gemacht habe, in der Pérès nicht vorkommt. Trotzdem eine tolle CD!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Der tonus peregrinus ist in der Musikwissenschaft ein Psalmton, der jüdische Wurzeln hat (im booklet wird behauptet, dass Jesus und seine Jünger ihn schon gesungen hätten!) Nach diesem Ton benennt sich ein englisches Ensemble um den Gründer Antony Pitts (1990). Er ist der Leiter seines Ensembles und Musikproduzent und Komponist. Er sang schon als Chorknabe an einer der zahlreichen englischen Kathedralen. Die Tradition der Knaben erklärt vielleicht, warum es in England so viele tolle Knabenchöre gibt. Da können wir leider nicht mithalten, denn weder der Windsbacher Knabenchor und vor allem nicht die Thomaner gehören zur internationalen Spitze; lediglich die Tölzer würde ich dazuzählen.
    Das Ensemble besteht aus 9-12 Sängern, darunter Joanna Forbes, die Gründerin und langjährige Leiterin der Swingle Singers!


    Tonus peregrinus ist bei Naxos zu haben, etwa "Passio" von Arvo Pärt, die Missa de Tournai. Meine Lieblingsaufnahme ist diese:


    Besonders schön gleich das erste Stück: "Beata viscera" von Perotinus. Das singt die Sopranistin Rebecca Hickey allein und unbegleitet. Es erinnert mich sehr an die Gesänge der Hildegard von Bingen.
    Im booklet steht noch eine charmante Bemerkung: "dedicated to Eleanor - a silent listener at the recording sessions who was born 6 months later"!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Das Ensemble Unicorn ist ein Wiener Ensemble von 5 Instrumentalisten, die sich vor allem mit mittelalterlicher und früher Renaissancemusik befassen. Es wurde gegründet von Michael Posch, der bis heute der Leiter ist. Bei Bedarf werden weitere Musiker herangezogen. Der Sänger ist der Countertenor Bernhard Landauer, den ich als hervorragenden Interpreten des Oberon in Brittens "Midsummernight´s Dream" kennengelernt habe (Wuppertal und Gelsenkirchen zu Zeiten der Opernehe).


    Ihre Einspielungen umfassen Musik von den Troubadours, die Zeit El Sabios, Oswald von Wolkenstein, die Carmina Burana (das Original, nicht Orff). Meine Platte ist die mit den chansons von Guillaume Dufay, die die chansons zwar bearbeitet hat, die aber trotzdem, vor allem dank Bernhard Landauer frisch und lebendig wirken.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Wir kommen nun in den Himalaya. Aber ob nun The Sixteen oder Hesperion XXI oder The Tallis Scholars den Mount Everest darstellen, möchte ich nicht entscheiden.



    The Sixteen wurde schon 1979 von Harry Christophers gegründet, der das Ensemble bis heute leitet. Die Stammbesetzung kann schon mal auf 20 erweitert werden.


    Mit dem eigenen Label CORO hat man schon 90 CDs veröffentlicht, von denen ich eine Reihe kenne, wie die von Victoria.



    Daher möchte ich auf eine CD verweisen, die den mir bis dato unbekannten Robert Carver (1487 - 1566) vorstellt, eine ungewöhnliche CD mit einer ungewöhnlichen dichten polyphonen Musik, die sich mit Tallis durchaus messen kann.

    Ich habe auch ein Video, auf dem die unglaubliche Gesangskultur dieses Ensembles zu bewundern ist. Früher wollte ich immer Lokomotivführer werden, heute am liebsten Sänger von den Sixteen. Zu beidem hat es nicht gereicht, aber schon das Hören ist etwas Besonderes.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Wir bleiben im Himalaya, und ich weiß jetzt auch, welches Ensemble der Mt. Everest ist: dieses. Der Grund ist subjektiv; durch dieses Ensemble habe ich die Musik des spanischen siglo de oro kennengelernt und damit die Rangfolge meiner Lieblingskomponisten verändert. Nr. 1 ist nach wie vor Janacek, dann kommen gleichauf Bach und Schütz, dann Tomàs Luis de Victoria/Palestrina/Thomas Tallis/Josquin. Dann erst Klassik und Romantik!
    Hesperion XX heißt seit 1999 Hesperion XXI, dazu kommen die Instrumentalisten der Capella Reial de Catalunya. Leiter und Gründer(1974) Jordi Savall spielt Gambe, seine Ehefrau Monserrat sang Sopran. Sie ist leider 2011 gestorben, was viele hier zu Recht sehr betrübt hat. Ihre Tochter Arianna (ich vermute hier Monteverdische Anklänge) singt und spielt Harfe. Ich habe sie und das Ensemble vor einigen Jahren live in der Kölner Philharmonie erlebt; eines meiner schönsten Konzerte der letzten 10 Jahre. Der Name Hesperion ist Programm, denn Hesperia war das unerreichbare Land Spanien im Altertum, dahinter fiel die Welt steil ab. Auch musikalisch war ein neues Land zu entdecken, und das hat dieses Ensemble getan. Später erweiterte Savall dann seine Aufnahmen auf die Barockmusik. Ich empfehle allen, vor allem denjenigen, die Monteverdischer Regietheatervergewaltigungen etwa durch Barry Koskie entgehen wollen, den Orfeo unter Savall. Savall tritt als Monteverdi verkleidet vor das Orchester und dann vereinen sich Farbenpracht und Subtilität musikalisch und szenisch in unerhörter Weise (in voller Länge bei YouTube!).
    Savall hat inzwischen ein eigenes Label, dort sollte man nachschauen. Hier will ich nur eine Box mit 8 CDs erwähnen, die die Zeit zwischen 1975 und 1983 erfasst, für unter 20 Euro bei jpc.

    Zum Schluss noch ein Zitat: "Der Traum Hermann Hesses in seinem 'Glasperlenspiel', dass die Wiederbelebung der Alten Musik eine der kulturellen Leistungen des 20. Jahrhunderts sein werde, sei auch dank des Wirkens von Hesperion XX Realität geworden."

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Das Ensemble besteht aus 9-12 Sängern, darunter Joanna Forbes, die Gründerin und langjährige Leiterin der Swingle Singers!


    Joanna Forbes war Mitglied der Swingle Singers aber nicht deren Gründerin. Sie war noch nicht einmal in Planung als Ward Swingle 1963 die nach ihm benannte Formation ins Leben rief.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Diese Gruppe wurde 1992 in Oxford gegründet, vom Universitätsprofessor Edward Wickham, der das Ensemble bis heute leitet. Die Gruppe umfasst etwa 9 Sänger und Sängerinnen (3 Frauen), deren Namen man aus den booklets leider nicht erfährt.



    Die Bezeichnung"essential" ist natürlich Unsinn, denn wer will das auf welcher Grundlage entscheiden? Vor allem, wo die anderen Ensembles, etwa das Orlando-Consort, zu anderen Ergebnissen kommen. Dennoch ist das eine CD, die Kunst Ockeghems sehr lebendig werden lässt.


    Von dieser Josquin-CD war ich enttäuscht. Die Josquin-CDs des Orlando-Consorts, der King´s Singers und des Taverner-Consorts sind da deutlich besser, schwungvoller. Vor allem sind bei den Clerks die weiblichen Stimmen etwas dünn. Auch hier ist die Bezeichnung "essential" fragwürdig, vor allem, wenn man bedenkt, dass so bedeutende Stücke wie "De profundis", "Mille regretz", "Regret sans fin" und vor allem "Nymphes des bois" (die Klage über den Tod Ockeghems) fehlen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Auch wenn ich hier mit eigenen Beispielen überhaupt nicht kommen kann, finde ich dr. pingels Vorstellung dieser Formationen fantastisch. Wer an der Musik dieser Epochen interessiert ist, bekommt viele Hinweise, die bei Anschaffungen sehr hilfreich sein können. Aus diesem Grunde sage ich nicht nur DANKE, sondern vergebe auch den hier: :thumbsup:


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • [align=justify]Wir kommen nun in den Himalaya. Aber ob nun The Sixteen oder Hesperion XXI oder The Tallis Scholars den Mount Everest darstellen, möchte ich nicht entscheiden.


    Tallis Scholars sind K2; Everest sind die Cambridge Singers - mit The 16 und Polyphony auf den weiteren Plätzen


    Aber zur Zeit bin ich aber ganz vernarrt in ein Stück von Jacob Arcadelt, das von den King´s Singers (auch ein Achttausender) gesungen wird:
    Der weiße und der süße Schwan (ziemlich bekloppter Titel, Il bianco e dolce cigno), aber einfach nur guuuut !!


    Nicht bei youtube hören, zumindest nicht mit den King´s Singers, die Aufnahme dort ist grauenhaft. Im Original ist es umso wunderschöner!

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Der Anlass dieses Beitrages ist eine umfassende Dokumentation über diesen Chor und seinen Leiter, Diego Fasolis, auf 3SAT gestern abend. Die Vorgeschichte können wir hier weglassen und uns auf die Gegenwart konzentrieren.
    Die kulturellen Highlights der Schweiz liegen ja besonders auf zwei Gebieten. Das eine ist ein Geschäftsmodell, das dieses Land durch mehr als zweifelhafte Methoden reich gemacht hat (siehe den Schweizer Jean Ziegler, einen gewissen Fußballboss lasse ich unerwähnt), das andere ist sehr positiv: durch die Dreisprachigkeit ist die Schweiz befruchtet von deutscher, französischer und italienischer Tradition. Das italienische Radio sitzt in Lugano. Dort gibt es einen Chor, der so ganz anders ist als alle Rundfunkchöre, die man so kennt. Diese Chöre singen meist ein großbesetztes Repertoire mit großem Orchester oder Opern, und das können sie meist sehr gut. Alte Musik singen diese Chöre meist nicht, was der Alten Musik sehr zugute kommt. Daneben singen sie aber auch A-cappella-Musik, etwa der Romantik, wie es der Kölner Rundfunkchor macht, was er aber besser bleiben lassen sollte. Die ideale Lösung hat der SWR, der einen Chor und ein Vokalensemble betreibt, das Vokalensemble soll aber verschwinden.
    Da das italienische Radio nicht so viel Geld hat, haben sie nur einen Kammerchor. Der aber ist von ausgesuchter Güte, was an Fasolis liegt, der von der Alten Musik herkommt.

    Palestrina liegt ihm besonders, wovon ich mich an dem Ausschnitt aus der "Missa Papae Marcelli" überzeugen konnte, die ich oft gesungen habe und daher sehr gut kenne.
    Anderes war weniger gelungen, wie am Karfreitag dieses Jahres mit der Matthäuspassion, wobei es vor allem an den Solisten lag. Die muss sich ein Dirigent allerdings auch vorher anhören.
    Gesamturteil: empfehlenswert.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Fleisch, Bier und Musik - Simon Bar Jona Madelka war ein böhmischer Komponist, der ca.1550 in Polen geboren wurde, dann Fleischermeister und Ratsherr in Pilsen wurde und zu seiner Zeit ein überaus geschätzter Komponist war. Das Bier habe ich mal dazuerfunden, aber in Pilsen braucht es dazu ja wenig Fantasie. Diese Mischung ist wahrscheinlich einzigartig in der Musikgeschichte, ich bin jedenfalls noch nie einem komponierenden Metzger begegnet. Ich frage mich übrigens, ob er jüdische Wurzeln hat, denn sein Name deutet darauf hin (Bar Jona ist hebräisch für Sohn des Jona). Er selbst war streng katholisch und hatte sich der Gegenreformation verschrieben. 1598 ist er anscheinend in Pilsen der Pest zum Opfer gefallen. Seine Werke sind schlecht erhalten oder Fragmente, das einzige sichere Werk sind die sieben Bußpsalmen, die auch gedruckt wurden (1586) und im Bestand der besten Kompositionen der Zeit in der Bibliothek der Münchner Hofkapelle zur Zeit des Herzogs Albrecht des V. zu finden sind. Für mein Empfinden stehen die Kompositionen zwischen Palestrina und Monteverdi; polyphon im strengen Sinne sind sie nicht mehr.
    Die beiden besten Psalmen sind Psalm 51 und 32; diese habe ich vor 2 Jahren in Radiosendungen des WDR kennengelernt. Lange habe ich versucht die ganze CD zu bekommen, jetzt tauchte sie bei amazon wieder auf. Die Aufnahme stammt von 1992, was leider heißt, dass Madelka wieder versunken ist. Die Aufnahme wird bestritten von 2 tschechischen Ensembles, dem Instrumentalensemble "Symposium musicum" und dem 12 köpfigen Vokalensemble "Gutta musicae". Diese sind in jeder Stimme ausgezeichnet besetzt, vor allem der Sopran hat einen eindringlichen, strahlenden Klang. Man hört sehr gut, dass hier insgesamt junge Stimmen am Werke sind. Der Dirigent ist Svatopluk Janysch. Eine wunderbare Aufnahme, die leider einen Wermutstropfen hat. Im Chorgesang gibt es eine Unsitte, bei raschen Stücken das Ende einer Phrase rasch abzureißen, dann kommt ein Schnappatem und es geht weiter. In wirklich guten Ensembles gibt es das nicht, hier ist es leider durchgängig gemacht worden. Anzurechnen ist es nicht den Musikern, sondern dem Dirigenten, so etwas darf er nicht durchgehen lassen. Aber Musik und die Ausführung entschädigen reichlich.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)


  • Das älteste schottische Pendant zu den englischen Spitzenensembles wurde 1982 in von Allan und Rebecca Tavener [schon wieder dieser Name :wacko: ] in Glasgow gegründet. Heute dürfte das jüngere Dunedin Consort hierzulande bekannter sein - jenes Ensemble stammt natürlich aus Edinburgh :pfeif: - da es durch ein bestehendes record label (Linn) präsent ist, während ASV offenbar nicht mehr existiert. Hinsichtlich der klanglichen Charakteristika ähnelt Capella Nova den Tallis Scholars und ist auch technisch nicht weit entfernt.



    Mitunter werden die Damen aus dem Ensemble ausgegliedert und singen als "Canty" Mittelalterliches. Im Vergleich zu den Dunedins ist das Repertoire des Gesamtchors a-capella-lastiger. Schwerpunkt ist das schottische Repertoire bis in die Moderne. Den Höhepunkt der Diskographie bilden drei CD's mit Werken von Schottlands größtem Komponisten - Robert Carver. Die "Missa dum sacrum mysterium" klingt trennschärfer und basslastiger als bei den "Sixteens", ein leichter Anflug von Herbheit ist den Stücken eines schottischen Komponisten ja nicht unangemessen. Von etlichen zentralen Werken Carvers, wie der "Missa L'homme armé", sind dies offenbar die einzigen Einspielungen.

  • Zu jenen Ensembles, welche das Monopol englischer Chöre in diesem Repertoire zu durchbrechen halfen, gehört diese 1977 gegründete französische Gruppe. Obgleich 2011 aufgelöst, sollte sie an dieser Stelle nicht fehlen, immerhin wurde nicht wenige französische Renaissanceliteratur durch "A sei voci" erstmals von einem französischen Chor eingespielt. Bemerkenswert ist die bislang erste und einzige (!) umfassendere Aufnahme von Josquins Vokalwerk. Von den den Chören der "Ersten britischen Generation" unterscheidet sie sich durch eine weniger asketische Disposition oder den relativ stärkeren Einsatz von Vibrato. Damit antizipiert die Gruppe Ansätze jungerer englischer Vokal-Consots wie "Chapelle du roi" oder "Cardinall's Musick". Mitunter finden sich intonatorische Eintrübungen oder interne Ungleichgewichte, noch verstärkt durch den Einsatz eines gemischen Kinderchores bei etlichen Josquin-Werken (i.d.R. waren die Vocisten ein reiner Männerchor) . Dennoch sind die Aufnahmen fast immer überzeugend. Im Vergleich mit den Tallis Scholars erscheinen breitere Tempi und eine größere und wärmere Farbigkeit als charakteristisch - letztere sicherlich auch durch die Aufnahmeorte gefördert. "A sei voci" war zweifellos eine nunmehr verlorengegangene, dezidiert "kontinentale" Bereicherung der "Consortszene".



  • Wenn man eine Aufnahme von The Sixteen besitzt, braucht man in der Regel keine andere mehr. So dachte ich auch bei meiner Aufnahme vom "Requiem 1605" von Tomás Luis de Victoria. Dann gab es hier im Forum eine Empfehlung des Vokalensembles "Tenebrae" unter Nigel Short (der ja ein berühmter Ensemblesänger war). Da stehen sich jetzt Real Madrid und der FC Barcelona gegenüber (bei Victoria sicher ein stimmiges Bild).


    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Im Zuge einer gewissen Bereinigung der Polyphonie - threads habe ich mit der Forenleitung dies vereinbart:


    dieser thread hier wird geschlossen, d.h., dass man hier nur noch lesen, aber nicht mehr schreiben kann. Ich hatte ja schon angemerkt, dass ich lieber in dem neuen Polyphoniethread lese und schreibe. Eine Zusammenlegung der threads wäre technisch zu aufwändig gewesen.

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)