Maxim Beresovskij - Ein ukrainischer Mozart?

  • Ein Freund schickte mir neulich einen Link mit der Frage: Maxim Beresovskij, ein ukrainischer Mozart?


    Das Youtube-Beispiel, ein geistliches Werk, klang in meinen Ohren aber gar nicht nach Mozart, sondern eher als eine Weiterentwicklung des russischen a-capella-Kirchengesangs.


    Der Name Beresovskij war mir übrigens völlig unbekannt, aber wenn man schon von seiner eigenen Unwissenheit provoziert wird, ist es keine schlechte Idee, derselben forsch entgegenzutreten und einige Bildungslücken zu schließen.
    Habe also im Internet gesucht. Und richtig, der Vergleich mit Mozart ist gar nicht so weit hergeholt, musikalisch nicht und geschichtlich schon rein gar nicht, wenn es auch in der Biographie Maxim Beresovskijs einige leere Seiten gibt.


    Maxim Sosontowitsch Beresovskij (Максим Созонтович Березовский) wurde im Jahre 1740 geboren, vermutlich im Frühjahr, genau weiß man es nicht, ebenso ist der Geburtsort unbekannt.
    Sein Vater soll Adeliger gewesen sein. Sehr wahrscheinlich hat er die Kindheit in der ukrainischen Stadt Gluchov verbracht, wenn es überhaupt legitim ist, die Bezeichnung Ukraina hier zu gebrauchen.
    Damals hieß es ja Kleinrussland und noch heute streiten sich Ukrainer und Russen über die damalige politische Zugehörigkeit der jetzigen Ukraine.
    In Gluchov jedenfalls wurden die Sänger des St. Petersburgers Hofchors ausgebildet und man glaubt, Beresovskij, von ihnen vermutlich inspiriert, hätte sie singen gehört.
    Man nimmt weiterhin an, seine Ausbildung hätte er auf der Ecclesiastischen Akademie Kievs erhalten; sein Name taucht in deren Annalen jedoch nicht auf.


    1758 wurde er Mitglied in der Truppe des Zarewitsch Peter Feodorovitsch und zuverlässige Quellen machen geltend, dass ein gewisser Beresovskij als Bassist (die russische Bezeichnung gilt allerdings auch für Baritone) in führenden Rollen in Oranienbaum (bei St. Petersburg) aufgetreten sei.


    In den Sechzigerjahren war er Mitglied der Hofmusiker und als Komponist sakraler Chormusik bekannt.
    1763 heirate er Franzina Uberscher, die Tochter eines französischen Hornisten der Petersburger Hofkapelle.
    1769 wurde er nach Bologna in Italien zur weiteren musikalischen Ausbildung geschickt. Sein dortiger Lehrer , Giovanni Battista Martini, dessen von ihm gegründet Schule „Musikalisches Lyzeum von Bologna“ Weltruf genoss, war einer der bedeutendsten Musikpädagogen seiner Zeit.


    An der genannten Schuler erwarb sich Beresovskij zusammen mit dem tschechischen Komponisten Josef Mysliveček und Wolfgang Amadeus Mozart den schwierig zu erlangenden und überaus renommierten Titel des italienischen Akademischen Komponisten.


    Unter seinem vierjährigen Aufenthalt in Italien besuchte Beresovskij auch Pisa, Venedig und Livorno.
    In Livorno, wo zur Zeit seines Besuches auch eine russische Flotteneinheit vor Anker lag, komponierte er für den dortigen Karneval auf Verlangen des Flottenchefs„Il Demofonte“, eine Oper nach dem Libretto von Pietro Metastasio. Diese wurde 1773 in Livorno uraufgeführt.


    Um die Heimreise Beresovskijs nach Russland ranken sich abenteuerliche Geschichten.
    Eine romantische Affäre mit der rebellischen russischen Prinzessin Tarakanova, die Ansprüche auf den russischen Thron geltend machte, ist nicht glaubhaft nachgewiesen, fest steht nur, dass die Prinzessin, - ein Kriegsschiff brachte sowohl sie wie auch Beresovskij nach Hause - nach der Ankunft 1775 von Katharina II eingekerkert wurde.


    Über Beresovskijs letzte Jahre ist nicht allzu viel bekannt. Allgemein wird angenommen, er war sehr deprimiert, suchte Trost in der Flasche und war als Genie in seiner Heimat völlig verkannt.
    Gegen das Letztere spricht allerdings, dass er unmittelbar nach seiner Ankunft in Russland Mitglied des Kaiserlichen Theaters und 8 Monate später sogar zum Kapellmeister der Hofkapelle ernannt wurde. Keine üble Karriere fürwahr.


    Auch über den Tod des Komponisten wird noch immer gerätselt. Sein erster Biograph, Bolchovitinov stützt sich auf Zeitzeugen und behauptet, Beresovskij hätte sich auf Grund ernster Depressionen am 24. März . 1777 das Leben genommen. Er soll sich selbst die Kehle durchgeschnitten haben.


    Eine zeitgenössische Studentin seiner Musik widerspricht dieser Version. Ihrer Ansicht nach starb Beresovskij an einem Fieber, womöglich an den Folgen seelischer Erschöpfung und leiblicher Not.


    Beresovskij hat vor allem sakrale Werke hinterlassen, das meist geschätzte wohl das vierstimmige Konzert: „Verwirf mich nicht in meinem Alter“.
    Die Nähe zu Mozart spürt man jedoch in anderen Kompositionen, wie ein Beispiel unten hören lässt.


    Dass der ukrainische Mozart in seiner Heimat nicht nach Gebühr beachtet wurde, ist sicher, und trotz der Unterstützung durch Fürst Potemkin, zum großen Teil dem Wirken der Kaiserin Katharina II zuzuschreiben, die nicht nur an Musik im Allgemeinen keinen Gefallen fand, sondern auch alles glühend hasste, was an Ukraine erinnerte.
    In diesem Lichte gesehen, verwundert es nicht, dass auch Gerüchte über eine Ermordung in Umlauf kamen und es wird gesagt, Katharina hätte in einem geheimen Dekret befohlen, alle Werke Beresovskijs zu vernichten.
    Fest steht allerdings nur, dass für seine Beerdigung keine Mittel zur Verfügung standen und sein letztes Gehalt nicht der Witwe, sondern einem Sänger am Hofe ausgehändigt wurde.


    Doch in Bologna ist der Name Beresovskij mit goldenen Lettern auf Marmor eingraviert und sein Portrait an eine Wand in der Kirche von St. Giaccomo gemalt.


    Der Altrusse:



    Der ukrainische Mozart:

  • Es ist nicht das Problem der Qualtät, welches Threads über manche Komponisten schnell zum versanden bringt, sondern die Verfügbarkeit bei den Forianern - letztlich auch bei den Produzenten.
    Die einzige mir bekannte Einspielung von Beresovskij Werken ist diese hier abgebildete CD,
    Sie ist 2004 beim (russischen ?) Label caro mitis erschienen und vorzüglich. Dennoch stiess die Veröffentlichung offenbar auf wenig Resonanz, denn weitere Aufnahmen gab es keine. Vielleicht sind aber auch nur wenige Werke überliefert ?

    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Ev. Kirchengemeinde Köthen/Anhalt, lädt am Reformationstag, den 31.10.2012, um 19.3o Uhr zu einem besonderen Konzert in die St. Jakobskirche zu Köthen ein. Zu Gast ist das Vokalensemble "con gusto" unter der Leitung von Kantor Christian Wiebeck aus Halle. Unter dem Thema "Gospodi, uslyshi molitvu moyu" - Herr, erhöre mein Gebet, wird das Vokalensemble Werke von Tchaikovsky, Rachmaninov, Berezovsky u.a.


    Der russische Mozart, im Forum schon vergessen, in Köthen noch nicht.

  • Zitat hami:

    Zitat

    Fest steht allerdings nur, dass für seine Beerdigung keine Mittel zur Verfügung standen und sein letztes Gehalt nicht der Witwe, sondern einem Sänger am Hofe ausgehändigt wurde.


    Mein lieber Hans!


    Es freut mich, daß du dich noch so gut daran erinnerst. Du hättest damals ja etwas für ihn sammeln können. :stumm:

    W.S.