Analytische Betrachtungen zu Opern waren einst im Tamino Forum ein "Renner" - Irgendwann flaute indes das Interesse ab - und die Serie pausierte.
Aufkeimendes Interesse an seit Jahren brachliegenden Threads - vermutlich durch die andere personelle Zusammensetzung des Forums bedingt - lassen mich aber hoffen, daß die alte Flamme wieder zu lodern beginnt.
Das Verdi-Jahr 2013 ist natürlich ein guter Vorwand um sich verstärkt seinen Opern zu widmen.
Eine der bekanntesten ist "La Traviata" - ich habe die Salzburger Traviata seinerzeit weitgehend verrissen - weil sie natürlich grundlegende Aspekte des Stückes verfälscht, bzw unterschlagen hat.
www.tamino-klassikforum.at/ind…page=Thread&threadID=1546
Zunächst ist es mal eine Milieuschilderung des frühen 19. Jahrhunderts und fusst im Prinzip auf dem Roman "Die Kameliendame" ("La dame aux camélias") von Alexandre DUMAS (Sohn), der 1848 in Paris erschien. Durch den großen Erfolg des Buches angeregt verfertigte er 1852 ein Sprechstück mit weitgehend identischem Inhalt.
Der Stoff enthält autobiographische Bezüge - diese Kurtisane hat wirklich gelebt und lebte von 1824 -1847. Sie hieß Maria Duplessis war von erlesener Schönheit und Grazie, sowie Taktgefühl und Liebenswürdigkeit. Bereits mit 15 übte sie - neben dem Beruf einer Modistin ihr Gewerbe aus. Sie war eine der teuersten Vertreterinnen ihres Fachs und hatte zudem zahlreiche Geliebte, zb. B. Franz Liszt und auch Dumas. Als sie 1847 an Tuberkolose starb, hatte sie zur zuvor einen Adeligen geheiratet. Sie besitzt einen Eintrag bei Wikipedia - etwas das die wenigsten von uns erreichen werden - vermutlich weil wir den falschen Beruf haben....
Dumas - er selbst verkehrte permanent in der Pariser Halbwelt - war zum Zeitpunkt des Todes der Duplessis auch erst 23 Jahre alt. Er war betroffen und setze seine Geliebten (käuflich oder nicht) mit dem oben genannten Roman ein Denkmal, welches bis heute in unsere Zeit hinüberstrahlt.
In diesem Roman sind jedoch ein paar Korrekturen vorgenommen - vieles wurde idealisiert - auch die Namen der handelnden Personen wurden geändert - im Buch heisst die Hauptperson Marguerite Gautier, ihr Liebhaber Armand Duval, ein junger Herr aus der Pariser Oberschicht.´
Schon 1853 brachte Verdi die Opernfassung nach einem Libretto von Francesco Maria Piave in Venedig (Teatro La Fenice) auf die Bühne.
Wieder wechselten die Handelnden Personen ihre Namen: Violetta Valéry und Alfredo Germont.
Die Oper fiel bei ihrer Uraufführung durch - das Thema war denn doch wohl zu gewagt - entwickelte sich aber nach eine Umarbeitung zu einem Triumph.
Die Handlung der Oper spiegelt den Zeitgeist der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts und kann schwer in eine andere Zeit verschoben werden, da sich die gesellschaftlichen Rahmenbedingungen kaum glaubwürdig übertragen lassen. Dazu kommt, daß die prächtige Ausstattung einen Teil der Bühnen - bzw. Publikumswirksamkeit ausmacht.
Teilweise findet man jedoch Beschönigungen - So dürfte der "verzeihende" Vater Germont eine Projektion von Dumas sein, der sozusagen seine eigenen Jugendsünden durch diese Rom- Bühnen- Opernfigur begnadigt haben wollte....
mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred