Liebe Freunde des Klaviers,
Angeregt durch eine Bemerkung im einem anderen Thread, wo Daniel Barenboim ein "Patzer" - oder waren es mehrere? - angekreidet wurde, habe ich diesen Thread gestartet. In der Vergangenheit hat das Publikum bei "Verspielern" gnädig hinweggehört, sie wurden als "menschlich" und "unbedeutend " abgetan, ein Klavierkonzert oder eine Klaviersonate sah man eben als ein mit kleinen Unregelmäßigkeiten ausgestattetes Kunstwerk, aber die Unregelmäßigkeiten empfand man nicht als störend. Eddie Fischers "Verspieler waren gradezu legendär - niemand aber zweifelte daran, daß es sich bei ihm um einen bedeutenden Pianisten handelte. Erst die Studioproduktionen machten den Fehlern durch - mehr oder weniger gekonnte Schnitte - oder 10 mal Spielen und Aufnehmen desselben Satzes - den Garaus. Und angeblich auch einem Teil des Zaubers der Interpretation.
Von nun an waren die Pianisten, welche "fehlerlose" sterile Studioaufnahmen ablieferten mit sich selbt in Konkurrenz. Das Publikum verlangte von nun an im Konzertsaal die gleiche Perfektion, welche der Mann auf der Platte bot - und der man letztlich selber war. Nur die Rahmenbedingungen waren natürlich andere. Während man einerseits "Virtuosentum" abzulehnen begann - zumindest angeblich - so erwartete man andrerseits absolute Perfektion des Klavierspiels - Zumindest wurde dieses Gerücht so lange verbreitet - bis es als wahr angenommen wurde.
In neuester Zeit gibt es aber Pianisten, welche sich diesem Diktat nicht mehr unterwerfen. Rudolf Buchbinder soll sich beispielsweise geweigert haben, kleinere Ungenauigkeiten bei der neuen Liveaufnahme aller Beethoven-Klaviersonaten - auszubessern, weil er die Meinung vertrat, es gäbe bei Livewiedergabe immer wieder kleinere Fehler - und zu denen stehe er, er wolle nichts beschönigen. Immerhin ein sehr klarer Standpunkt - und ich glaube inzwischen sehen es schon wieder einige so.
"Klavierroboter" bringen zwar ein fehlerfreies - aber oft seelenloses Spiel zustande.
mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred