Bruckner-Sinfonien zum Dumpingpreis ??

  • Hallo


    Schon wieder ein neuer Bruckner-Thread.


    Mir ist aufgefallen, daß es speziell bei Bruckner etliche Einspielungen aus neuererer Zeit gibt, die im unteren Preissegment angesiedelt sind (Die Inbal-Aufnahmen zähle ich indes NICHT dazu, sie wurde ja ursprünglich für den Hochpreissektor konzipiert.)


    Dies ist umso verwunderlicher, weil Bruckner doch in der Regel sehr klanggewaltige Orchester fordert, also von der Produktion her keineswegs "billig" zu realisieren ist - Zudem gibt es die schon erwähnte digitale Inbal-Aufnahme, aber auch zahlreiche Wiederveröffentlichungen - von Jochum, Böhm und anderen.
    Über die zahlreichen Hochpreisproduktionen mit teilweise großen Namen besetzt, soll hier nicht geschreiben werden - sie haben ihren eigenen Thread.


    Hier geht es um Budget- bzw Midprice-Aufnahmen, die schon als solche konzipiert wurden - und die teilweise ein sehr positives Echo ausgelöst haben - ob zu recht oder unrecht, das soll hier nächer beleuchtet werden.


    Da wären zunächst die Aufnahmen unter Tintner für Naxos zu erwähnen, teilweise hochgelobt, teilweise als langweilig abgetan.


    Arte Nova hatte die Aufnahmen mit dem RSO Saarbrücken unter Skrowaczewski im Programm - diese Aufnahmen sind aber, wie etliche andere aus dem Arte Nova-Katalog, inzwischen zu OEHMS-Classics gewandert.


    Zusätzlich gibt es eine Neuaufnahme der 5. unter Ivor Bolton mit dem Mozarteum Orchester Salzburg. (!!?)


    Wer (wie ich) erwartet hat, die Arte Nova Produktion würde eingestellt, der wurde überrascht - Nach einer "schöpferischen Pause"
    wird dort wieder produziert und die verlorengegangene Skrowaczewsky-Aufnahme wird, so hat es den Anschein, durch eine neue mit dem Bruckner Orchester Linz unter Dennis Russell Davies (es existieren bisher die 4. und die 8. als Live-Mitschnitt) ersetzt.


    Ein bisschen viel preiswerter BrucKner auf einmal


    (wie gesagt , es geht hier NICHT um Wiederveröffentlichungen.)


    Kann jemand vergleichend zu den einzelnen Aufnahmen was sagen ?
    Künstlerische Bedeutung - Notwendigkeit -Tontechnik -Overall Performance ?



    Freundliche Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    ich kann da noch hinzufügen, daß bei Naxos nicht nur eine schöne Bruckner 4 mit Tintner gibt, sondern, daß es vorher bei Naxos auch schon eine Bruckner 4 mit Günter Neuhold gab.
    In dieser Aufnahme (aus der Stadtbibliothek) lernte ich Bruckners Vierte kennen. Hatte damals eine beeindruckende Wirkung auf mich. Hab sie aber lang nicht mehr gehört, sie ist wohl auch vom markt genommen (?) - über die wirkliche Qualität vermag ich nichts mehr zu sagen, aber ich würde diese Aufnahme gern mal wieder hören, da sie eben mein erster großer Bruckner-Kontakt war.


    -


    Es lebe Naxos, Gruß, markus

  • Ich denke, mit den beiden Gesamteinspielungen der Bruckner-Sinfonien unter Tinter und Skrowaczewski haben Naxos und (damals noch) Arte Nova gezeigt, daß igs. sehr gut iunterpretierte Musik nicht viel geld kosten muß.


    Tintners großes Verdienst war es, die sehr selten eingespielten Erstfassungen der 3. und 8. Sinfonie aufzunehmen und von anderen Sinfonien verschiedene Fassungen von einzelnen Sätzen (Adagio der 3. sinfonie, Finale der 4.) hörbar zu machen und somit neue Klangeindrücke zu vermitteln.
    So zählen die beiden Erstfassungen zu den Highlights der Gesamteinspielung, auch weil sie durch die erheblich langsameren Tempi als die von Inbal noch einmal einen anderen Blickwinkel bieten.


    Größter Nachteil der Aufnahmen Tintners sind die Orchester (Royal Scottish National Orchestra, National Symphony Orchestra of Ireland), die nicht zu den Spitzenensembles zählen und ibs. in den Bläserpassagen viel zu pauschal klingen.


    Gerade im Orchesterspiel hat Skrowaczewski mit dem RSO Saarbrücken das größte Plus zu verzeichnen. Es spielt sehr fein abgestuft und klangschön.
    Skrowaczewskis Interpretationen zeichnen sich durch viel Wärme und durch igs. recht schnelle Tempi aus und sind somit eine Alternative zu Hochpreis-Einspielungen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hi,


    zu Scrowaszewski, naja ich weiß nicht, aber der ursprüngliche Verkaufspreis von über siebzig Euro für den Zyklus fällt nicht unter meine Definition von Dumpingpreis. Teurer sind auch Neuaufnahmen bzw. Veröffentlichungen größerer Labels nicht unbedingt, siehe Chailly oder Haitink.
    Habe den Tintner-Zyklus zum angemessenen Preis von 40 Euro damals erworben. Im Vergleich halte ich aber die Jochum-Einspielung (25 Euro bei Emi Budget Box Series und angeblich auch jetzt bei Brilliant) für ein weitaus besseres Schnäppchen.
    Die aktuelle Barenboim-Aufnahme gäbe es gerade bei amazon für 27 euro


    Gruß, flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Zitat

    Original von pianoflo
    Hi,


    zu Scrowaszewski, naja ich weiß nicht, aber der ursprüngliche Verkaufspreis von über siebzig Euro für den Zyklus fällt nicht unter meine Definition von Dumpingpreis.


    8o Wo hast Du die denn gekauft? In der Apotheke? ;)


    Ich hatte jede Skrowaczewski-Aufnahme, wie auch jede von Tintner, für 4,99 € erworben.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Original von pianoflo
    Im Vergleich halte ich aber die Jochum-Einspielung (25 Euro bei Emi Budget Box Series und angeblich auch jetzt bei Brilliant) für ein weitaus besseres Schnäppchen.


    Hallo Flo,


    habe ich das richtig verstanden? Soll es die Jochum-Bruckner Einspielungen bald bei Brilliant geben? ?( Das interessiert mich sehr...


    Grüße aus Berlin


    Gino

    Im Verhältnis zur Musik ist alle Mitteilung durch Worte von schamloser Art.
    Friedrich Nietzsche

  • Hallo


    @ Norbert: Ich habe nicht behauptet, dass ich sie gekauft hätte. Ich weiß auch, dass sie mittlerweile günstiger geworden sind, aber vor ein bis zwei Jahren habe ich sie bei einem Internetanbieter für ca. 70 Euro gesehen, zu viel für Dumping.


    äh... aktueller preis für die Gesamtaufnahme bei jpc: 86,99, Stand vor drei Minuten.


    Ich weiß dass man diese zwischendurch auch mal preisgünstiger haben konnte, einzelne cds aus dem zyklus gibts mittlerweile auch für vier euro.


    Gino_Poosch: Ich weiß nicht genau, wie das ist, bei Emi in der BudgetBox Serie gibt es sie ja sicher schon, die Brilliant- Edition habe ich nur bei ebay bei einem holländischen Anbieter gesehen zum Fixpreis von 25 Euro. In deutschland, auch bei den verschiedenen Internetanbietern habe ich sie noch nicht gesehen.


    Vielleicht haben die Holländer (so weit ich weiß, sitzt Joan Records aka Brilliant Classics ja in Holland) da uns einfach etwas voraus.


    BTW gibts in Holland bei Brilliant auch Verdi-Opern und solche lustigen Sachen.


    Gruß, flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Also aus meiner Sicht ist alles was unter 22 _Teuro pro CD ist (= Normalpreis für eine DGG-DECCA-EMI-cpo- etc im österreichischen Fachhandel) günstip


    Midprice = ca 15 Teuro
    Budgetprice= ca 10 Teuro


    Naxos liegt in Ö derzeit knapp unter 7 Teuro



    Scrowacewski wird hier nicht um 4.99 Teuro zu haben sein, die sind teurer geworden - wei eine OEHMS Classic ja kein Budget- sonder Midprice ist.


    Wenn man bedenkt daß Soltis Walküre aus dem Jahre 1958 ca 80 Teuro kostet, dann sind 70 für den kompletten Bruckner en Geschenk..


    Die Preise werden davon abhängen ob man noch "alte" Ausgaben von arte nove oder "neue" von Oehms bekommt....


    LG


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,


    ich sehe schon, wir reden aneinander im Bezug auf Preisvorstellungen wohl ein bisschen vorbei. Für mich sind 22 Euro für eine einzelne Cd nicht Vollpreis, sondern einfach eine Frechheit.


    Maximal zahle ich 15 Euro für eine einzelne Cd, und dann muss ich schon verdammt scharf auf diese sein, zehn Euro als Midprice und sechs Euro und weniger als Budgetpreis, das wären so meine Definitionen.


    Ja, zum Thema Fachhandel, da war ich heut in meiner Not auch schon mal, und das ist halt überhaupt nicht einzusehen, warum ich für eine Standard-Cd 22 Euro hinlegen sollte.


    Wenn ich dann sehe, was dieser Fachhändler für Cds verlangt, die im Internet gerade für die Hälfte zu haben sind, langts mir schon wieder. Aber naja, jedem das Seine, wenn mein Budget irgendwann mal steigt, schauts bei mir auch wieder anders aus.


    Gruß, flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Morgen,


    beiseite: Die Sachen von Anton Bruckner, die man unter Herrn Skrowaczewski aus Saarbrücken (im Radio) hört, sind immer enorm anzuhören gewesen. Von der Gestaltung her wie von der technischen Realisation der Tontechnik her. Nicht umsonst wohl gehörte Herr Skrowaczewski zu den Dirigenten, die in Zürich den diesjährigen Bruckner-Zyklus mitgestalteten (darunter Haitink, Blomstedt). Die Aufführung des Tonhalle Orchesters unter Herrn Skr. war - gemäß Kritik der NZZ - ein Höhepunkt der Reihe von Aufführungen.


    MfG
    Albus

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Hallo!
    Als "Bruckner-Anfänger" habe ich mich natürlich gefreut, zum Kennenlernen nicht so viel für meine erste Gesamtaufnahme (bei allen Symphonien außer der 8. und 9. überhaupt die erste) ausgeben zu müssen. Ich hatte mich für diese CDs entschieden:
    Viele Grüße,
    Pius.

  • Hallo,
    ich kenne diverse Folgender Tintner- und der Skrowaczewski-Einspielungen. Für den niedrigen Preis (auch 7,99 pro CD bei Oehms finde ich noch "low") bieten beide Gesamtaufnahmen erstaunliche Qualität und sind durchweg zu empfehlen. Wenn ich mich entscheiden müsste, dann allerdings doch eindeutig für Skrowaczewski, der meiner Erinnerung nach das bessere Orchester, die bessere Klangqualität und das etwas feinere "Händchen" für Bruckners enorme Spannungsbögen hat.
    Übrigens: Ich bin überhaupt kein Barenboim-Fan, aber das, was ich von seinen Bruckner-Einspielungen kenne, fand ich sehr gut. Wenn sein Zyklus preisgünstig zu haben wäre, würde ich auch den durchaus empfehlen!

    Herzliche Grüße
    Uranus

  • Zitat

    Original von achim.cremerius
    Wenn sein Zyklus preisgünstig zu haben wäre, würde ich auch den durchaus empfehlen!


    Er ist. Bei JPC und Amazon ist die Gesamtaufnahme für 27,99 € zu erwerben.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Seine 7. Bruckner halte ich für die absolut beste Einspielung dieser Sinfonie überhaupt. Und von Barenboim halte ich - nichts, jedenfalls nicht bei Bruckner.

  • An alle, die am günstigen Erwerb der von Jochum mit der Staatskapelle Dresden eingespielten Bruckner-Symphonien sind: Ab heute gibt es sie im Drogeriemarkt Rossmann für sagenhafte 14,99 Euro zu kaufen.



    Einen schönen Montagmorgen wünscht Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Ich habe diese Jochum Box letzte Woche für 19,99 bei 2**1 gekauft, eigentlich aber nur, weil die "0" mit Skrowaczewski in dieser Box enthalten ist, die einzeln schon 9,99€ kostet.


    Russell Davies wollte meines Wissens mit arte-nova als nächstes die Fünfte einspielen, allerdings ist dieses Vorhaben krankheitsbedingt leider erst einmal auf Eis gelegt. Schade.


    Die Neuhold #4 gibt es jetzt sehr preisgünstig in Amerika zum Download, genauso wie die Wislocki, Stanislaw/Polish Radio and TV National Symphony Orchestra in Katowice, die man sonst vergeblich suchen muss.

  • Kann mir jemand sagen, wann die Jochum-Einspielungen aufgenommen wurden und wie die Klangqualität ist? Habe das Angebot bei 2001 auch schon gesehen. Darunter bieten sie noch den Wand-Zyklus mit dem Kölner Rundfunksinfonieorchester an, für 51 Euro. Die Bruckner Experten können mir sicher auch sagen, was hier eher zu empfehlen ist, mal vom recht beträchtlichen Preisunterschied abgesehen. Ich bin nicht der große Brucknerexperte, weiß aber, dass Wand mehrere Zyklen eingespielt hat. Wie ist die Kölner Serie einzustufen?
    Bedanke mich im voraus
    gruß

    Günter

  • Hallo Günter,


    ich bin mir im Moment noch nicht einmal sicher, ob Wand mit dem NDR-Sinfonieorchester die 1. und 2. Sinfonie aufgenommen hat (mit den Berliner Philharmonikern sicher nicht), aber sei's drum.


    Die Aufnahmen mit dem Kölner Rundfunk-Sinfonie-Orchester haben Wands späten Weltruhm begründet. Für den Zyklus (ohne die "Nullte" und "Doppelnullte") hat Wand den "Preis der deutschen Schallplattenkritik" erhalten.


    Es handelt sich -kurz gesagt- um Aufnahmen, die auch ca. 30 Jahren nach Entstehen jedem Vergleich standhalten. Wenn der immer noch relativ hohe Preis nicht stört, dann wirst Du zum Einstieg sehr gut "bedient werden". Das einzige, was mich persönlich ein bißchen stört, ist daß das Orchester stellenweise im Blech ein wenig pauschal agiert.
    Beim Sinfonieorchester des NDR und den Berliner Philharmonikern hatte Wand in den Bläsern bessere Orchester, was man -aber meist erst im direkten Vergleich- auch hört.


    Jochums Bruckner wurde ungefähr zur gleichen Zeit aufgenommen wie Wands. Das Klangbild habe ich als recht hallig in Erinnerung; Wands Bruckner ist besser durchhörbar.
    Für Jochum war Bruckner "Glaubensbekenntnis". Jochum agiert "traditioneller" als Wand, d.h. erster agiert öfter mit Rubati (d.h. beschleunigt oder verlangsamt Tempi, wo es in der Partitur nicht vorgeschrieben ist). Sein Bruckner wird deswegen stellenweise als "altmodisch" beschrieben. Das mag angehen, hörenswert ist er imo immer noch.


    Wenn man es so nennen will, dann liefert Wand eine "objektivere Sichtweise" auf Bruckner als Jochum.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo Günter,


    ich schiebe noch eine von dir gewünschte Info nach: Die Aufnahmen mit der Dresdener Staatskapelle unter Leitung von Eugen Jochum sind in der Zeit von 1975-1980 in der Lukaskirche Dresden eingespielt worden.


    Grüße von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Hallo Bruckner-Freunde,


    was Brillant bietet, ist oft überraschend gut und bei dem Preis für die CD´s erfeulich. Aber da es sich letztendlich bei dieser Firma BRILLANT um Wiederverwertung von Aufnahmen handelt, die die Brillanties billigst in Lizenz noch mal rausbringen, ist auch viel schwaches dabei.


    So scheint es auch mit Jochums später Dresdener-Bruckner-Aufnahme zu sein, die nun nochmal verramscht wird. Diese reicht an seine alte Berliner Aufnahme nicht heran (der Berliner Jochum war auch mein erster Kontakt mit den Bruckner-Sinfonien).


    Die aktuelle RONDO-Kritik von 03/2006 bestätigt meine Aussage:

    Zitat

    Vielleicht war der 1902 geborene Eugen Jochum schon zu alt, als er zwischen 1975 und 1980 Bruckners Sinfonien Nr. 1 bis 9 mit der Dresdner Staatskapelle aufnahm - vielleicht war er auch einfach schon zu betagt, um die Staatskapelle Dresden zu einem richtigen "Brucknerorchester" zu formen, so wie dies übrigens Stanislaw Skrowaczewski mit dem Radio-Sinfonieorchester Saarbrücken gelungen ist (aber Achtung - der ist in dieser Box nur mit der "Nullten" vertreten, geliehen von Oehms Classics, die weiterhin den ganzen Zyklus anbieten). Nehmen wir Jochums Interpretation der Achten: Es überraschen zunächst die raschen Tempi der Ecksätze, die dann - dies bestätigt der Höreindruck - mit einer teilweise recht hemdsärmelig-lapidaren Darbietung einhergehen. Wie eigenartig nüchtern fallen etwa die emotionsgeladenen dissonanten Schmerzensschreie im Kopfsatz aus, die doch laut Bruckners "Programm" Ausdruck höchster innerer Not angesichts einer "Todesverkündigung" sein sollen. Man muss nicht zu Celibidaches Leviathan-artiger Einspielung greifen, um dies mitreißend verwirklicht zu finden; auch der 72 Jahre alte Jascha Horenstein hatte hier 1970 in London mit dem BBC Symphony Orchestra weitaus mehr zu bieten als Jochum mit den Dresdnern. Was in Jochums vorliegender Version leider auch nicht überzeugt, ist die Klangregie und das Miteinander der Orchestermusiker: Nicht nur wenig brillante Blechbläser-Passagen trüben immer mal wieder das Bild. Auch im Kopfsatz der Neunten, um ein weiteres Beispiel zu nennen, bleibt Jochum hinsichtlich Spannungsaufbau deutlich hinter den Möglichkeiten der Partitur zurück, auch wenn er es hier und da ordentlich krachen lässt. Insgesamt hat Jochum als alter Herr seine eigenen früheren Bruckner-Aufnahmen mit den Berlinern und den Bayern unterboten. Nützt also nichts: Selbst der günstige Preis dieser Brillant-Veröffentlichung des EMI-Materials wiegt die Defizite nicht auf.


    Michael Wersin, 4.3.2006

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Tamino Beethoven_Moedling Banner
  • Mit der Jochum-Box sind wir ja dann anscheinend am Thema vorbei, denn es ist ja lediglich eine "Neuauflage".


    Ich bin meine Sammlung noch einmal durchgegangen, und muss feststellen, daß ich eigentlich nicht der Meinung bin, daß es übermässig viele Midprice und Billig-Produktionen gibt, ausser den von Alfred bereits genannten.


    Was mich allerdings erstaunt, das einige Neueinspielungen nach kurzer Zeit bei den grossen download-Portalen auftauchen, z.B.:


    Harnoncourt mit Bruckner 3 und 9 (Concertgebouw und Wiener)


    Bruckner 3/Gielen SWR Hänssler 9,99€
    Bruckner 5 Thielemann/München 9,99€
    Bruckner 7/Suitner STaKa Berlin 9,99€
    Bruckner 6 und 9 LSO/Davis jeweils 7,92€


    Wenn man bei ebay mal Bruckner eingibt, und sich nur die "Sofort und Neu" anzeigen lässt (das meiste ist ja von jpc), bekommt man einen ganz guten Überblick.


    Summa Summarum bin ich aber der Meinung, daß im Schnitt Bruckner recht hochpreisig ist, wenn man von wenigen AUsnahmen absieht.