Von Zeit zu Zeit ist es notwendig, alte Themen neu aufzugreifen, es gibt zahlreiche Neueinspielungen, zahlreiche Neumitglieder und die alten Threads sind unübersichtlich geworden. Vielleicht hat aber der eine oder andere auch seine Meinung zum Thema geändert.
Daher dieser neue Thread zu Haydns Klaviersonaten.
Gelegentlich werden sie als "belanglos" eingestuft und hier wird dann besonders auf Beethoven hingewiesen.
Haydns Klaviersonaten - Belanglose Musik ?
Haydns frühe Sonaten waren eindeutig für das Cembalo konzipiert und entwickeln dort auch ihre volle Wirkung - was bei Interpretationen am modernen Flügel nur durch raffinierte Kunstkniffe - wenn überhaupt - möglich ist.Aber vermutlich wird es hier auch Gegenstimmen geben.
Der an Beethoven orientierte Hörer wird vor allem die frühen Sonaten als belanglos abtun, was aber historisch gesehen nicht zulässig ist.
Vor einigen Jahren habe ich die Gesamtaufnahme aller Haydn-Klaviersonaten mit Christine Schornsheim erworben, und den Fehler gemacht, an versschiedenen Stellen "schnell hineinzuhören". Ich langweilte mich tödlich.
Heute jedoch höre ich CD 1 (von 14 !!!) dieser Gesamtaufnahme mit Genuss (Sonaten Nr 1-2-3-4-6-7-28).
Diese frühen Sonaten wurden von Haydn teilweise noch als "Divertimenti" bezeichnet, was ja bekanntlich "Vergnügen" bedeutet.
Das war um 1766, da war Mozart grade erst mal 10 und Beethoven noch nicht mal geboren. Auch wenn das wie eine Binsenweisheit anmutet, sollte man sich das stets vor Augen halten, allzuleicht rutscht es ins Unterbewusstsein und verzerrt so den Blick aufs Ganze.
Christine Schornsheim hat für diese und einige weitere frühe Sonaren ein doppelmanualigesn Cembalo mit Zusatzstimme "Laute" gewählt, einen historischen Nachbau, durch William Dowd und Reinhard von Nagel realisiert, welche sich vor allem darauf spezialisiert haben den KLANG alter Cembali so historisch korrekt wie nur möglich nachzubauen.
Man sollten bei aller Freude an den ersten Cembalosonaten Haydns, nicht in den Fehler verfallen, sofort mit den nächsten Sonaten fortzusetzen- Dies führte mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer gewissen Übermüdung des Hörers und indirekt somit zur Abwertung und Unterschätzung dieser kleinen Schmuckstücke - und das wäre doch schade....
mit freundlichen Grüßen aus Wien
Alfred