Ritter vom hohen C - Eine Lanze für die besten Operntenöre

  • Hallo,


    Unter obigem Titel habe ich dereinst einen wenig erfolgreichen Thread gestartet, aber ob ein Thread erfolgreich ist oder nicht, hängt immer mit der Zusammensetzung eines Forums zusammen und so bekommt dieser Titel eine 2. Chance :yes:


    Die letzten 30 Jahre waren ja weitgehend von 3 Tenören bestimmt, aber es gab natürlich weit mehr. Gesucht werden Operntenöre die Euch beeindruckt haben, wie einst Caruso die Welt in seinen Bann schlug. Dieses Thema gibt jedem Gelegenheit seine(n) persönlichen Favoriten ins rechte Licht zu setzten, vielleicht mit Bezug auf eine oder mehrere Aufnahmen, sei dies nun eine Stimme von gestern, von heute oder morgen. Die genannte Sänger sollten jedoch der Stereo-Ära zuzuordnen sein, wirklich historische Stimmen sind für ein andermal geplant.



    Gruß an alle Opernfeunde,
    auch die (noch) lediglich mitlesenden


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich fange mal an und bemühe mich, keinen Roman zu schreiben, denn das Thema wäre es wert....


    Ich denke, die (Helden-)Verehrung eines Caruso, eines Benjamino Gigli oder eines Lauritz Melchior beruhen auf eine inzwischen eingesetzte Mythologisierung.
    Von allen drei besitze ich jeweils eine CD und kann aufgrund der CD keinen absolten Ausnahmerang erkennen. Wie denn auch, wenn die Aufnahmen aus 1910-1950 stammen?


    Zu den "großen drei": Die Ausnahmestellung, sie sie besaßen, ist teilweise berechtigt, aber natürlich auch das Prdukt einer guten Vermarktung. Pavarotti hatte das beste Stimmaterial der drei, Domingo war der musikalischste und Carreras (bevor er sein hervorragendes lyrisches Stimmaterial überanspruchte und ihm das gleiche Schicksal ereilte wie De Stefano) der "edelste".


    Und nun zu "meinen Tenören": Da gibt es viele. Ich mag natürlich ein edles Timbre, aber noch mehr bewundere ich es, wenn man seine Grenzen erkannt hat und sie nicht überschritt. Ferner bin ich "piano-Fan" und mag es nicht, wenn man sämtliche Lautstärkendifferenzierungen niederbrüllt.


    So stehen bei mir ganz oben Carlo Bergonzi und Alfredo Kraus. Beide verfügten über eine stupende Technik und beide wußten, was sie singen konnten und was nicht. Deswegen waren beide bis ins hohe Alter noch aktiv und in besserer stimmlicher Verfassung als mancher Kollege mit 50 Jahren..


    Nicht vergessen will ich die Riege der hervorragenden deutschen Tenöre: Fritz Wunderluch hatte das schönste Stimmaterial, Rudolf Schock hat stets eine sehr intelligente Rollenführung der von ihm gesungenen Partien abgeliefert, René Kollo war in jungen und jüngeren Jahren eine Ausnahmeerscheinung im Wagner-Gesang oder als Florestan und heute höre ich sehr gerne Peter Seiffert.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Auch ich mag Künstler, die es verstehen, mehr zu singen als forte oder mezzoforte und die bei piano nicht einfach farblose Töne produzieren. Damit sind die Heldentenöre schon bei den favourites nicht dabei, aber man muss selbst bei solchen Partien nicht immer nur rumbrüllen. Ein lyrisch singender Tannhäuser ist mir sehr lieb und meine nach wie vor Referenz-Aufnahme der große Florestan-Arie aus dem Fidelio ist Peter Anders ( der diese Arie 1948 gesungen hat, als er eigentlich noch ein lyrischer Tenor war) Wie sehr vermag er uns das Sehnen und die Verzweiflung eines Florestan nahe zu bringen.
    Auch an dieser Stelle möchte ich auf den zu Unrecht unterschätzten Hans Peter Blochwitz hinweisen. Er hatte eine ausgesprochen schöne lyrische Stimme und konnte deswegen einen Ferrando ( mit Levine) einen Tamino ( mit Harnoncourt und Chistie) und einen Belmonte( mit Gelmetti) singen, der seinesgleichen sucht. Da wird viel erzählt und nicht Mozart mit Verdi verwechselt. In dieses Fach gehören Simoneau und Haefliger mit hinein, natürlich auch Schreier, aber leider sagt mit seine Stimme nicht besonders zu, gleiches gilt für mich bei Pregardien.
    Die jüngere Garde wie Michael Schade ist auch nicht zu verachten.
    Wenn man in den heldischen Bereich gehen muss, wäre die Favoriten Windgassen für das deutsche Repertoire und Bergonzi , Kraus und der junge Pavarotti.

  • Also ich habe im Verlauf meine doch nun schon ein paar Donnerstage andauernden Eigenschaft als Opernkonsument folgendes Phänomen beobachtet: Er gibt - ungeachtet des jeweiligen Faches - drei Gruppen von Tenören (auf die Stimme bezogen!): Solche, die Männern gefallen, solche, die Frauen gefallen und solche, die beiden gefallen!
    Phänomen deshalb, weil's nur bei den Tenören so ist.
    Mein Paradebeispiel für die erste Gruppe: Richard Tucker - grandios, brillant, ein Alleskönner, aber bei mir löst er ungefähr so viele Emotionen aus, wie mein Mikrowellenherd.
    Ein typischer "Weiber"-Tenor ist z. B. Carreras - klingt immer so, als müsste er dauernd getröstet werden, ein bisschen trotzig und oft am Rande zum Absturz, aber mit dem absoluten Instinkt für den richtigen Augenblick.
    DER Prototyp für die dritte (kleine) Gruppe ist Corelli, der wohl wirklich eine Ausnahmeerscheinung war. Auch del Monaco. Ich hatte das Glück, beide noch live zu erleben und diese Erinnerungen haben schon einen ganz besonderen Stellenwert.

  • Hi Norbert,


    Mythologisierung kann nur dort einsetzen, wo die Tatsachen nicht überprüfbar sind. Das ist hier nicht der Fall, im Gegenteil! In deinem Fall empfehle ich einfach, die drei Scheiben immer wieder zu hören und gelegentlich die Nummern mit anderen Sängern zu vergleichen. Irgendwann muss dann der Knopf aufgehen. Und das Alter der Aufnahmen ist unerheblich, die Qualität der drei Sänger kommt weitgehend durch (auch schon bei Caruso 1904!).


    Falls du einmal auf den Geschmack kommst, noch ein paar Empfehlungen:


    Von Caruso gibt es ja nur einzelne Arien und Lieder. Interessant ist jetzt, dass Ward Marston alles, was er von Caruso auftreiben konnte, neu überspielt. Einige CDs sind bei Naxos schon erschienen, und wer das eine oder andere Zauberkunststück dieses Tonmeisters in seinem CD-Schrank hat, weiß, dass man Caruso in noch nicht gekannter Tonqualität erwarten darf.


    Bei Benjamino Gigli gibt es schon eine Reihe von Gesamtaufnahmen. Generell sind alle vor 1945 aufgenommenen zu empfehlen. Man könnte sehr gut mit der Cavalleria Rusticana beginnen, weil dort kein Geringerer als Pietro Mascagni am Pult stand!


    Bei Lauritz Melchior fängt man am Besten mit dem 1. Akt Walküre an. 1935 aufgenommen, mit Lotte Lehmann als Siglinde und Bruno Walter am Pult. Für jeden Gesangsinteressierten, dem Wagner kein rotes Tuch ist, ist das eine Pflichtplatte (und zwar wirklich "essentiell", im Unterschied zu vielem, was in dem gleichnamigen Thread angeführt wird). Es ist dies die erste Studioaufnahme eines kompletten Wagner-Aktes, die deprimierenderweise in den folgenden 70 Jahren nie wieder erreicht, geschweige denn übertroffen wurde. Ein absoluter Gipfel des Wagner-Gesangs auf Tonträger.


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Hi Theophilus,


    deinen Ausführungen ist rein gar nichts entgegenzusetzen!
    Was Melchior betrifft, glaube ich nicht, dass dieses Strahlen der Stimme jemals wieder erreicht werden kann. Ich bin kein Wissenschaftler, aber ich denke, dass das schon auch mit den heutigen Lebensbedingungen der Sänger zusammenhängt und mit damit einhergehenden degenerativen Erscheinungen. Auf der anderen Seite glaube ich, dass die meisten Sänger heute grundsätzlich intelligenter sind als früher - die gesellschaftliche Schicht aus der sich Sänger rekrutieren ist heute eine ganz andere und was da puncto Disziplin und Intellekt eingebracht wird ist bisher selten dagewesen, andererseits fehlt halt eine gewisse Unbekümmertheit. Manchmal merke ich auch, dass manche Sänger krampfhaft eine neue Interpretation suchen, nur damit es heißt: "Also so hat man das noch nie gehört!" - manchmal Gott sei Dank! ;-)


    Und vielleicht ist es das perfekte Zusammenspiel was mich immer an Corelli so begeistert hat; der Mesch war hochgradig diszipliniert und sehr gescheit aber trotzdem spontan und hatte vor allem auch Stimme ohne Ende!

  • Sonny bemerkte völlig richtig:


    Zitat

    die gesellschaftliche Schicht aus der sich Sänger rekrutieren ist heute eine ganz andere und was da puncto Disziplin und Intellekt eingebracht wird ist bisher selten dagewesen, andererseits fehlt halt eine gewisse Unbekümmertheit

    .



    Ui ui ui ! Der Satz hätte von mir sein können. Gottseidank ist er es nicht - Sonst muß ich mir wieder den Vorwurf gefallen lassen, ich hätte einen Hang zum Elitären :D


    Aber zum Thema. Heutige Sänger haben vielerlei Probleme:
    Zunächst, Du hast es bereits angesprochen wird von ihnen verlangt "anders" zu singen als bisher, sie stehen erstmals in der Geschicht des Gesanges vor dem Problem, auch gegen bereits verstorbene Konkurrenten antreten zu müssen, wobei die Gefahr umso größer wird, desto besser die Schallplatte/CD die konkurrierende Stimme abbildet.
    Dazu kommt, daß man früher die Stimmen auf Schallplatten künstlich nach vorne gezogen hat, was ihnen (im idealfall) schmeichelte. Heute wird, besonder bei Opernaufnahmen der Sänger in den Orchesterklang eingebunden.
    Die modernerern Gesangstechniken sind, so hat man es mir gesagt, auch darauf ausgerichtet, das Material zu schonen und möglichst ökonomisch einzusetzen. Vielleicht bilde ich es mir nur ein, aber ich glaube, daß auch hier, weil das Limit kaum je überzogen wird, eine gewisse Spontanität verloren geht.


    Caruso bekommt übrigens, jetzt, da scheinbar Interesse an solchen Themen besteht, einen eigenen Thread, dem noch viele mit historischen Stimmen folgen sollen. Es wird aber gewiss einige Zeit dauern, bis sich das voll entwickelt.


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat


    Ui ui ui ! Der Satz hätte von mir sein können. Gottseidank ist er es nicht - Sonst muß ich mir wieder den Vorwurf gefallen lassen, ich hätte einen Hang zum Elitären :D



    :D hihi - damit kann ich ganz gut leben :P jedenfalls tun wir Klassikfreunde das in jedem Fall. Der Plattenmark weist auf diesem Sektor gerade mal 4 % - 5 % aus - je nach dem was als Klassik bezeichnet wird bei den 5 % sind dann so Sachen wie Lotti auch dabei :( ;( X(
    Und wenn man jetzt noch bedenkt, was alles für uns paar Leutln produziert wird, kann man als "Elite" doch gar nicht unglücklich sein! :]


    Schönen Feiertag an alle!


    PS: heute auf Classica um 14:00 die Trojaner aus Sbg und auf Ö1 um 19:30 ein sicher recht guter Messias!

  • Zitat

    Schönen Feiertag an alle!


    An alle Bayern, Badener und Sachsen-Anhaltiner!


    Obwohl ich Urlaub habe, setze ich mich auch für meine Brandenburger Landsleute ein und beneide sie auf der Arbeit nicht.


    Trotzdem auch dir einen schönen freien Tag, liebe Sonny! 8)



    Gruß, Peter.

  • Zitat

    Original von Theophilus
    Hi Norbert,


    Mythologisierung kann nur dort einsetzen, wo die Tatsachen nicht überprüfbar sind. Das ist hier nicht der Fall, im Gegenteil! In deinem Fall empfehle ich einfach, die drei Scheiben immer wieder zu hören und gelegentlich die Nummern mit anderen Sängern zu vergleichen. Irgendwann muss dann der Knopf aufgehen. Und das Alter der Aufnahmen ist unerheblich, die Qualität der drei Sänger kommt weitgehend durch (auch schon bei Caruso 1904!).


    Hallo Theophilus,


    jetzt mußte ich dich glatt mal nachschauen, was ich Ende August schrieb... ;)


    Ich bin, zugegeben, kein wahrer Freund von Mono-Aufnahmen, erst recht nicht, wenn sie 100 Jahre alt sind.


    Die Caruso-CD, die ich besitze, enthält Arien von 1906-1920. Sie wurde sehr gut restauriert, die Orchester klingen grauslich, aber immerhin kommt Carusos Stimme mehr als erahnbar durch.


    Trotzdem hat man keine "faire Bedingungen", wenn man erst Caruso hört und dann z.B. Jussi Björling oder Carlo Bergonzi. Stimmführung und -technik sind vergleichbar, aber der Frequenzgang der alten Aufnahmen ist einfach zu beschnitten (naturgemäß), als daß man von "nahezu 100%" Caruso-Gesang sprechen könnte.


    Ich will Carusos Ausnahmerang, der sicherlich zu Recht besteht, mit meinen Aussagen nicht schmälern. Die Begeisterung für ihn oder auch für einen Furtwängler, Mebngelberg oder Toscanini haben sich bei mir, auf Grund der technischen Begebenheiten, halt (noch?) nicht eingestellt.


    Zitat

    Bei Lauritz Melchior fängt man am Besten mit dem 1. Akt Walküre an. 1935 aufgenommen, mit Lotte Lehmann als Siglinde und Bruno Walter am Pult. Für jeden Gesangsinteressierten, dem Wagner kein rotes Tuch ist, ist das eine Pflichtplatte (und zwar wirklich "essentiell", im Unterschied zu vielem, was in dem gleichnamigen Thread angeführt wird). Es ist dies die erste Studioaufnahme eines kompletten Wagner-Aktes, die deprimierenderweise in den folgenden 70 Jahren nie wieder erreicht, geschweige denn übertroffen wurde. Ein absoluter Gipfel des Wagner-Gesangs auf Tonträger.


    Die Aufnahme besitze ich. Die Gesangesleistungen und das Dirigat sind zweifelsfrei außergewöhnlich gut, aber wenn ich ehrlich bin, gleiches kann ich auch von den Aufnahmen mit Karajan, Böhm und Leinsdorf behaupten - und bei denen in Stereo ;) .


    Es ist eben, wie so vieles im Leben, Geschmackssache.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Hallo Norbert, hallo Rest der Welt


    Ich halte das so:



    Da gibt es meine "Stereo-Welt"


    Jedes Werk das mich interessiert sollte in diesem Bereich mindestens einmal vorhanden sein, und das in optimaler Qualität.


    Dann gibt es den Bereich "Historisch"


    Diese CDs sind völlig separiert. Hier erwarte ich keine Klangqualität und eigentlich auch keinen (musikalischen) Genuss. Ich höre eher mit Interesse als mit Freude., ähnlich wie wenn man ein Buch über die französische Revolution liest, oder eines über Maria Stuart.
    Manchmal jedoch, in Sternstunden, da fallen alle diese Grenzen, und ich bin fasziniert wie ein kleines Kind. So geschehen, vorgestern, als ich, um den entsprechenden "Kick" zu bekommen, während ich den Caruso-Thread- Eröffnungsbeitrag verfasste, die ganze Nacht mittels Kopfhörer Carus spielte. Mittendrich "klickte" es bei mir, und ich war hingerissen.
    Die Folgen sind noch gar nicht abzusehen ;)
    Über Bedingungen zum befriedigenden Abhören von Schellackplatten, bzw deren Transfers auf CD werde ich demnächst in einem Marathonthread (im HIFI Bereich, der dann eigentlich besser Audio heissen sollte) zum Thema "Geschichte der Schallaufzeichnung" einige Anmerkungen machen.


    Beste Grüße aus Wien


    von Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Punkto Aufnahmen alt gegen neu gibt's meines Erachtens noch einen ganz wesentlichen Punkt: Die heutigen Aufnahmen mögen zwar in höchster aufnahmetechnischer Qualität gemacht sein, sodass sich der geforderte Hörgenuss umgehend einstellen kann, aber bei näherem Hinhören entdeckt man oft, dass da eben Techniker am Werk sind, die oft von Musik keinen Schimmer haben - oft wirkt das ausgesprochen lieblos, was da gemacht wird.
    Und noch eine Anmerkung zu Klangverbesserungen: Ich verwende CoolEdit und es ist ganz erstaunlich, was alles machbar ist. Mit entsprechendem Zeiteinsatz bringe ich jeden Knackser und sonstige Störgeräusche weg und kann die Stimme hervorheben etc. Wenn jetzt schon ich das kann, was wird dann in den Studios verändert - d.h. wie echt sind diese technisch perfekten Einspielungen? Mir ist eine technisch weniger tolle Live-Aufnahme allemal lieber; im sterilen Aufnahmestudio kann einfach nie so eine Spannung entstehen finde ich. Und wenn etwas schief geht - das C nicht sitzt, oder der Chor aussteigt, dann macht man's halt noch einmal. Dann kommt der Tontechniker und bastelt die Teile zusammen etc.


    Aber wie schon richtig bemerkt, alles ist Geschmacksache!

  • *senf dazu geb*


    Vorausgeschickt sei, dass ich viele Akteure der frühen und mittleren Stereoära nicht oder nur ungenügend kenne. Dazu zählen essentielle Namen wie di Stefano, Bergonzi, Corelli, und Kraus. Das diese nicht erwähnt werden, liegt also an mir, nicht an Ihnen. :D
    Werde mir aber vor allem Sonnys Begeisterung zum Anlass nehmen, mal einiges von Corelli anzuhören.


    Norbert bemerkte zu den 3 Tenören:


    Zitat

    Zu den "großen drei": Die Ausnahmestellung, sie sie besaßen, ist teilweise berechtigt, aber natürlich auch das Produkt einer guten Vermarktung. Pavarotti hatte das beste Stimmaterial der drei, Domingo war der musikalischste und Carreras (bevor er sein hervorragendes lyrisches Stimmaterial überanspruchte und ihm das gleiche Schicksal ereilte wie De Stefano) der "edelste".


    Dieser Aussage kann ich mich prinzipiell anschließen.


    Der Junge Pavarotti verfügte wirklich über ein außergewöhnliches Stimmmaterial. Nicht so grenzenlos strahlend wie gemeinhin von den "Großen" gewohnt, aber ungemein kraftvoll und individuell ( eine Freundin sagte immer, es sei die männlichste Tenorstimme, die Sie kennen würde). Luft ohne Ende, tolles Legato und keine Spur von Höhenproblemen. Die große Schwäche liegt in der psychologischen Rollengestaltung. Für einen erstklassigen Rodolfo reichts sicher, aber nie und nimmer für einen überzeugenden Otello. Und dann natürlich die relativ kurze Karriere, bevor ihm die Sportstadien wichtiger wurden. Letztendlich leider aus viel Stimme wenig gemacht. Irgendwie so, wie Maradona im Fußball. :D


    Was Carreras stimmlich einmal leisten konnte, kann man z.B. auf der Aufnahme des Verdi Requiems unter Karajan hören. Die Stimme strahlt ohne Ende, so kraftvoll habe ich sie selten gehört. Sicher ein wunderbarer lyrischer Tenor, der die Grenzen seiner Fachrichtung immer wieder unklug überschritt. Die Krankheit tat das übrige.


    Domingo ist mir der liebste der drei, weil wie schon erwähnt der musikalischste. Auch der mit der überzeugendsten menschlichen Rollengestaltung. Ein großer Otello. Die Stimme wirkt in großer Höhe oft sehr gepresst, strahlt aber schön. Ich höre einfach in vielen Aufnahmen da den Musiker raus, der sehr einfühlsam singt. Die Ausflüge ins Wagnerfach sind leider stilistisch wie auch vom Akzent her für mich nicht hörbar.


    Nicht entziehen kann ich mich dem "unerbittlichen Forte" von Del Monaco. Ja, seine dramatische Interpretation der Rollen ist oft auf Kante genäht, die Grenze zur maßlosen Übertreibung, zum Kitsch nicht fern. Aber halt nicht drüber, vor allem wenn man dazu so ein Hammervolumen durch die Kehle pressen kann. Es ist hier wohl wirklich in erster Linie die pure Kraft der Stimme, die mich begeistert. Da kann man sich entspannt zurücklehnen. Wie bei einem technisch starken Pianisten , dem jungen Gilels oder Richter, wo man sich über technische Reserven keine Gedanken machen musste.


    Ein Kuriosum ist Siegfried Jerusalem. Der ist nicht unmusikalisch, und kann lyrische Passagen durchaus überzeugend gestalten, aber irgend jemand hätte ihm beizeiten sagen sollen, das er halt keine Wagner-Röhre ist. Die meisten Rollen überfordern ihn einfach stimmlich. Ich hab ihn mal live in der Walküre gehört und dachte beim "Wälsungenschrei", gleich explodiert sein Kopf und das Hirn verteilt sich auf der Bühne. Hunding hätte sicher nach dem Aufwachen arg gegrübelt, was da jetzt passiert sei. :D
    Aber im Ernst: Die Stimme, deren Timbre im Piano und Mezzoforte noch ganz schön und vor allem individuell klingt, verkommt einfach zum heiseren rauen Schreien, sobald Puste gefragt ist. Das wirkt dann alles nur noch gepresst und gequält.



    Wunderlich kenne ich bisher "nur" als Tamino aber schon das macht natürlich seine außergewöhnlichen Fähigkeiten deutlich. Das wundervolle, markante Timbre. Tolle Musikalität und das, was ich immer wieder von Sängern fordere, aber leider nicht besser ausdrücken kann, als einfach banal: einfühlsam singen.


    Für unterschätzt halte ich Neil Shicoff. Er hat stimmlich sicher nicht die überragenden Mittel, ist aber ein intelligenter Musiker, der auch psychologisch überzeugend Rollen zu gestalten weiß. Ich hab schöne Erinnerungen an Ihn als Don Jose in Carmen, erinnere mich auch an eine tolle Aufführung von Hoffmans Erzählungen.


    Ein persönlicher Favorit ist Jon Vickers. Sein raues, nicht mit italienischem Brio gesegnetes Timbre polarisiert sicher. Aber mir gefällts, er hat eine tolle Gesangstechnik und eine Pferdelunge (gut zu hören am Ende der großen Florestan-Arie unter Klemperer oder im Finale des 1. Aktes der Walküre unter Karajan ). Der Akzent ist zwar manchmal etwas störend, aber er gibt sich redlich Mühe und das kanadische klingt in meinen Ohren angenehmer, als Domingos deutsche "Versuchsgesänge".
    Vor allem aber ist er unheimlich einnehmend. Ein großartiger Otello, ebenso als Florestan und die drei Siegmund-Monologe im 1. Akt Walküre sind auch unglaublich packend gestaltet.


    Mit der neuesten Tenorgeneration kann ich wenig anfangen: Alagna und Villanzon z.B. Alles ganz nett, aber nicht wirklich überragend. Vor allem Alagna ist mir vom Timbre viel zu "klossig", wobei er sicher auch bemüht ist, kein eindimensionaler Rollengestalter zu sein.


    Hoffnung machte mir bisher nur Juan Diego Florez. Strahlende Stimme, keine Höhenprobleme, jugendlicher Überschwang. Die Rossini, Donizetti und Bellini-Sachen waren grandios. Die neueste CD, wo auch Arien von Verdi, z.B. aus dem Rigoletto zum besten gegeben werden, hat mich dagegen beim ersten Reinhören im Laden wenig überzeugt. Man kann nur das beste hoffen.



    So, das reicht erstmal. Sorry, war viel Text heute, aber ich hocke mit ner gebrochenen Rippe vor dem PC. Liegen ist nicht, Schlafen geht eher schlecht als Recht. Also tippe ich halt Beiträge fürs Forum, das ist eine der wenigen Sachen, die noch schmerzfrei möglich sind. :D


    [edit] Vergessen (wie sicher noch einige andere, die mir erst einfallen, wenn ich den Beitrag nicht mehr editieren kann ;)) habe ich Peter Schreier, den ich ungemein als Oratoriensänger schätze. So z.B. in den Jahreszeiten von Haydn unter Böhm, wie auch in diversen Bachkantaten unter Richter. In anderem Repertoire, z.B. als Mozartsänger kann ich Ihn nicht bewerten, da ich da noch nix gehört habe. Aber im mir bekannten Repertoire ungemein intelligent gestaltend und eine tolle Gesangstechnik. (z.B. in der Kantate "Hier kommt der Heiden Heiland).


    Gruß
    Anti

  • Pavarotti und relativ kurze Karriere? Immerhin ist er der Dienstälteste der drei Tenöre und hatte vor dem Konzert in den Caracalla-Thermen schon fast drei Jahrzehnte "ernsthaften" Operngesang hinter sich.


    Gute Besserung!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • hallo Antracis,deinem Beitrag kann ich nicht so ganz zustimmen!Domingo war und ist von den "3 Tenören" sicherlich der,der seine Rollen am wenigsten charakteristisch gesungen hat,am besten gelangem ihm m.E. die Rusticana.Pavarotti hat fast 50 Jahre an der Weltspitze gesungen-es gibt wohl nicht viele,die DAS von sich behaupten können.Mir fällt da auf die schnelle nur Bergonzi und Gedda ein.
    Shicoff verfügt wohlaus über beeindruckende stimmliche Mittel!!!Da konnte ich mich erst jüngst in der Wiener Staatsoper überzeugen ("La Juive",habe ich gleich 3mal gehört).Es dürfte momentan kein Tenor in seiner Stimmklasse geben,der in der gesamtheit Shicoff das Wasser reichen könnte.All die "neuen",so hochgelobten Tenöre singen irgendwie zu beliebig und auf Dauer wirkt das sehr langweilig.Shicoff singt stets,als ginge es um sein Leben.Das muß man mal erlebt haben.


    Einen kleinen Vorteil haben ja die Wiener,schließlich kostet ein Stehplatz (hervorragende Sicht inkludiert) lediglich 3.50 Euro,Balkon+Gallerie ist sogar für 2 Euro zu haben.Somit ist es möglich,sooft in die Oper zu gehen wie man nur Zeit und Lust hat.


    Ciao!

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Hallo Wanderer,


    diese Forum ist durchaus dazu da, den Beiträgen anderer zu wiedersprechen. Sonst wäre es sicher auf Dauer ziemlich langweilig. :D


    Nun, mit Domingo sehe ich das halt anders. Die holzschnittartige Rolleninterpretation höre ich vor allem bei Pavarotti. Das ist alles schön gesungen, aber nicht wirklich durchdacht. Da bevorzuge ich auf jeden Fall für die anspruchsvollen Verdirollen Domingo - wenn es denn nur darum geht, zwischen den beiden zu wählen. Bei Otello ist das keine Frage, aber z.B. auch als Alfredo ist mir Pavarotti zu flach. Wohltönend, tolles Legato, aber ansonsten sehr langweilig.
    Nun ist so ein Punkt sicher subjektiver, als Höhen- oder Intonationsprobleme.


    Zu Shicoff:


    Du schreibst:


    Zitat

    All die "neuen",so hochgelobten Tenöre singen irgendwie zu beliebig und auf Dauer wirkt das sehr langweilig.Shicoff singt stets,als ginge es um sein Leben.Das muß man mal erlebt haben.


    Das ist aber in meinen Augen eine Frage der musikalischen Intelligenz und der Darstellungskunst (die ich ausdrücklich lobte!) und hat verdammt wenig mit seinen stimmlichen Mitteln zu tun.


    Ich mag ihn wie gesagt sehr. Trotzdem sind seine stimmlichen Mittel im Vergleich mit den ganz großen Sängern dieses Jahrhunderts nicht herausragend. Ich habe ihn sowohl live wie auch auf CD oft gehört und da streite ich mich gern. Nur habe ich das nicht im eigentlichen Sinne kritisiert, sondern vielmehr die andere Seite hervorgehoben. Mir ist der intelligente Musikus immer lieber als ein singender Automat. Und unter diesem Gesichtspunkt gehört er für mich halt zu den "Großen".



    Zur "kurzen" Karriere von Pavarotti:


    Oki, sie ist nicht so kurz. Das ganze entsprang wohl eher meinem Bedauern, dass sie wesentlich länger hätte sein können. ;)


    Wenn man es genau nimmt, hat Pavarotti seine Karriere ja erst letztes Jahr beendet. Er hat 1961 debütiert, also sind es wohl über 40 Jahre.
    Nur sind für mich davon maximal 20 Jahre interessant, eher weniger weil da die Qualität doch merklich nachlies. Die großen Aufnahme datieren denn ja auch meist Mitte 60er bis Ende 70er Jahre. Und mit diesem gesegneten Stimmpotential hätte er vermutlich noch lange Zeit ein wesentlich höheres Niveau halten können.
    Aber wie gesagt, mir fehlt bei seinem Gesang oftmals doch das "Herzblut", insofern finde ichs nicht so tragisch.


    Gruß
    Anti

  • Antracis:


    Ich bin mit deiner Einschätzung der drei Tenöre auch nicht ganz einverstanden, aber aus anderen Gründen. Gehen wir einmal fiktiv 50 Jahre in die Zukunft und blicken hypothetisch auf das Ende des 20. Jahrhunderts zurück. Ich bin mir nicht sicher, ob es auch dann noch als das Zeitalter der drei Tenöre gelten wird, aber man wird sich natürlich noch gut ihrer erinnern.


    Placido Domingo wird noch immer die meisten Opern-Statistiken anführen oder zumindest prominent platziert sein. Er wird sicher immer noch als einer der wichtigsten Tenöre der Operngeschichte gelten, aber welche Einspielungen werden noch ganz hoch im Kurs sein? Vielleicht sein Otello, nicht zuletzt weil es eine sehr geglückte Verfilmung gibt, aber selbst da gibt es sehr starke Konkurrenz. Dann möglicherweise der Don José (gleiches wie vorher), weiter will mir aber nichts mehr so recht einfallen (Dick Johnson ?), er hat viele sehr gute Einspielungen gemacht, aber kaum herausragende, er ist im positiven Sinn sehr vielseitig gewesen. Ich habe den Verdacht, dass seine Debut-Arienplatte sein wichtigstes Dokument bleiben wird.


    Jose Carreras wird als eine der schönsten lyrischen Stimmen im italienischen Fach in Erinnerung bleiben. Aber welche sind seine besten Aufnahmen? Objektiv vielleicht seine Rossini-Einspielungen (Elisabetta und Otello), wo er so schnell keine Konkurrenz bekommen wird, aber damit wird man nicht zur Legende. Vielleicht auch sein Cavaradossi neben Montserrat Caballé, aber dann gehen mir schon wieder die herausragenden Beispiele aus, sehr gute Aufnahmen gibt es zweifellos noch einige.


    Sehr viel leichter tu ich mich bei Luciano Pavarotti. Er hat zumindest vier Rollen mit Ewigkeitswert eingespielt (Nemorino, Tonio, Arturo, Rodolfo). Bei zwei oder drei weiteren kann man noch diskutieren. Dabei hat er von den dreien wohl das kleinste Repertoire und hat sein lyrisches Fach nur für wenige Rollen und da nicht allzuoft verlassen (Radames, Riccardo, Cavaradossi, Kalaf), so dass er sein schönes Material relativ lange erhalten hat (im Vergleich zu Carreras, bei dem man boshaft sagen könnte, er habe zu früh zuviel von dem gesungen, was Pavarotti übriggelassen hat).


    Ich würde mich also gar nicht wundern, wenn Luciano Pavarotti der breiten Öffentlichkeit am besten in Erinnerung bliebe. Sollte jemand Gegenbeispiele anführen können, würde mich das sehr interessieren!


    Ciao

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Original von Theophilus


    Placido Domingo wird noch immer die meisten Opern-Statistiken anführen oder zumindest prominent platziert sein. Er wird sicher immer noch als einer der wichtigsten Tenöre der Operngeschichte gelten, aber welche Einspielungen werden noch ganz hoch im Kurs sein? Vielleicht sein Otello, nicht zuletzt weil es eine sehr geglückte Verfilmung gibt, aber selbst da gibt es sehr starke Konkurrenz. Dann möglicherweise der Don José (gleiches wie vorher), weiter will mir aber nichts mehr so recht einfallen (Dick Johnson ?), er hat viele sehr gute Einspielungen gemacht, aber kaum herausragende, er ist im positiven Sinn sehr vielseitig gewesen. Ich habe den Verdacht, dass seine Debut-Arienplatte sein wichtigstes Dokument bleiben wird.


    Unter den herausragenden Rollenpartien fallen mir spontan Hoffmann und Andrea Chénier ein.


    Bei der nicht so häufig eingespielten Oper von Umberto Giordano läßt Domingo Pavarotti, Franco Corelli und auch Mario del Monaco imo hinter sich.


    Neil Shicoff und Nicolai Gedda, mit Abstand auch Roberto Alagna, schlagen sich als Hoffmann mehr als beachtlich, aber in beiden Rollen kann Domingo sein musikalisches Gespür voll ausleben und liefert für mich das momentane Nonplusultra.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Hallo,


    das Problem, das ich mit den meisten Aufnahmen von Domingo habe, ist der fast immer quasi-veristische Zugang zu seinen Rollen, die er so, m.E. zu Unrecht, über einen vokalen Leisten schlägt. Gerade im französischen Fach, wo es auf kristallklare Aussprache, Stil und gerade Linie ankommt, ist seine Herangehensweise unpassend, zumal bei der gewöhnungsbedürftigen Aussprache (man vergleiche nur einmal in dieser Hinsicht seinen Hoffmann mit dem Geddas). Und auch in seinen Wagner-Partien hört es sich, bei aller Schönheit des Klanges, immer wieder so an, als ob er vom Blatt ablesen würde, ohne den wirklichen Sinn der Worte zu verstehen. Und darauf kommt es gerade bei Wagner an.


    Die dunkel-glühenden Stimmklang Domingos selbst finde ich, zumindest bis in die 80er Jahre hinein, auerordentlich schön und faszinierend. Für mich aber eher ein Tenor für Verdi, Puccini und die Veristen, weniger für den klassischen Belcanto oder gar für das französische oder deutsche Fach.


    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Moin Giselher,


    es stimmt schon, daß Domingo als Hoffmann sprachlich etwas "schmiert" und undeutlich artikuliert.
    Da ich aber des Französischen nicht so mächtig bin wie des Deutschen, stört mich seine Aussprache beim Hoffmann erheblich weniger als die beim Walther von Stolzig, Tannhäuser oder Lohengrin. Lediglich sein Siegmund (in der Aufnahme mit Barenboim) gerät einigermaßen "brauchbar" verständlich.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Oho,mir scheint,jeder hat "seinen" Lieblingstenor,und der wird eisern verteidigt... Was aber auch berechtigt ist.
    Zu Carreras fällt mir noch seine "Simon-Boccanegra"-Aufnahme ein,meines Erachtens hat diese Rolle niemand so toll gesungen wie er.
    Nochmal zu Domingo:natürlich singt er toll,hat ein gefälliges Timbre,aber seine Gesangstechnik läßt sehr zu wünschen übrig.Höhere Tonlagen bringt er bis heute nur mit einem "Pumpen" hervor,auch sind seine hohen Töne bei weitem nicht so strahlend wie bei Pavarotti oder Shicoff.
    Vielleicht sollte man sich darauf einigen:jeder der 3 Tenöre hat toll gesungen,dennoch gibt es bestimmte Rollen,die der eine besser ausfüllt als der andere.
    Mein Spezi bei Verdi ist allerdings Bergonzi.
    Ich persönlich bevorzuge Ausdruck vor reinem Schöngesang.Gestern hatte ich "Madame Butterfly" mit Björling und der kürzlich verstorbenen de los Angeles gehört-wunderbare Stimmen,aber das ganze war sterbenslangweilig,es kam keine innere Spannung zustande.
    Wer Domingo live in Parsifal erleben möchte,kann im Juni gerne nach Wien kommen!Sicherlich hat er Schwierigkeiten mit der deutschen (Aus)Sprache,aber gegen die heutigen Wagner-Leichtgewichte a la Thomas Moser&Co ist er bei weitem zu bevorzugen.Dirigent ist übrigens Thielemann.

  • Warum nur Tenöre, die von der Plattenindustrie(die nach 4 Domingo Aidas und mehreren Trovatore mit dem "autentischen" Tristan ohnehin am Boden zu liegen scheint) gepusht wurden.
    Meines Erachtens wurden Leute wie Flaviano Labò, Giorgio Merighi, Giuseppe Giacomini, Ermanno Mauro.... Wer kennt noch Renato Francesconi... und im deutschen Fach vor allem Hans Hopf sträflich vernachlässigt.


    Von der Lebensleistung von Domingo kann man nur den Hut ziehen, einiges war auch zum Hinknien ....wenn nur nicht das Höhen..Zittern immer gewesen wäre.
    Bei Pavarottis Aufnahmen für die Ewigkeit würde ich den Arturo ausklammern dieses scheussliche Falsett-f kann man sich schenken, aber der Tonio und vermutlich auch der Ernani(mit offener 2.Cabaletta live an der MET) kommen vermutlich nichtmehr.
    Nicht interessieren mich AUfnahmen von Rollen, die nie auf der BGühne gesungen wurden. Domingo(Tannnhäuser, Stolzing usw.)


    Höre gerade Giuseppe Filianoti in Un giorno di regno aus La Coruña 2001
    das ist auch ein Talent.
    manrico

  • Mein Liebling ist Nicolai Gedda, obwohl der nicht nur bis zum hohen C gekommen ist, sondern noch ein Stück weiter. :D Ich persönlich bin eben ein Fan von schönem Timbre, Exaktheit (sowohl bei der Musik als auch beim Text) und Belcanto. Ich finde, man kann auch schön und ausdrucksstark singen, und Gedda tut dies zweifelsfrei (wie meiner Meinung auch Victoria de los Angeles, aber ich weiß, dass dies bei ihr sehr umstritten ist - sie ist wirklich keine Callas). Man höre seinen Don José (hab natürlich nur die Beecham-Einspielung) - wer kann mir ein besseres 2. Akt-Duett bzw. Blumen-Arie, die keine Arie ist, nennen?


    Mir gefällt auch die sehr eigenwillige, aber reizvolle Stimme von Sir Peter Pears ausnehmend gut. Ich finde, sie hat etwas sehr Erzählendes an sich, was für den Evangelisten in Klemperers Matthäuspassion prädestiniert. Im Opernbereich vermag er hingegen wohl hauptsächlich in Britten-Opern vollständig zu überzeugen. Pears als welche-italienische-Tenorrolle-auch-immer? Also ich weiß nicht...


    Jon Vickers, Carlo Bergonzi und Peter Schreier gehören auch zu den oberen...

  • Wow, dies ist wirklich ein interessanter Thread.


    Laß ich mich sofort bekennen als ein glühender Domingofan.
    Was sein französisch angeht: er spricht jene Sprache geläufig, wie ich vor einigen Jahre in einem Interview feststellen konnte. Er versteht also, was er singt.
    Die Franzosen sagen den Buchstabe "R" alsob es aus der Kehle kommt. Spanier (und noch stärker Schotten) tun das mit der Zunge. Jene "R" hört man bei Domingo öfters deutlich, aber das betrachte ich nicht als ein Verbrechen. Man kann nicht sagen, daß die französische Sprache so klar prononziert ist. Da wird eher eingeschluckt. :D


    Ich habe versuchsweise dreimal die berühmte Arie des Postiljons von Lonjumeau gedreht. Einmal mit Gedda, einmal mit Pavarotti und einmal mit Domingo. Alle drei hatten überhaupt keine Mühe mit den hohen c (oder war es d). Aber wer sang da am natürlichsten? Justement, Domingo.


    Und ich finde Domingo als Hüon in Webers Oberon grandios. Zwar singt er mit einem schrecklichen Akzent. Na, und?
    Vor wieviel Jahre war es noch üblich, daß der Star in seine Muttersprache sang?


    Als Carreras noch gut bei Stimme war, kaufte ich eine Oper auf LP: "La Perichole" von Offenbach. Da hat er mich sehr enttäuscht. Und seine Stimme ist nur schlechter geworden. Sein Timbre hat mir nie richtig gefallen.


    Pavarotti finde ich zu kalt. Er hatte eine wunderbare Stimme, aber das was Gigli zB hatte, fehlt bei ihm. Der Schmelz.


    Wenn ich mich nicht irre, könnte Florez ein ganz guter Ritter vom hohen C werden. Auch eine von mir geliebte Stimme, aber auch mit einem Zunge-R.


    Da habe ich noch eine Stimmvergleichungsmöglichkeit.
    Von Caruso ist bekannt, daß er ein Weinglas kaputt singen konnte, weil er die Resonanzfrequenz anhielt.
    Wieviel der hier genannte Tenöre wären dazu in der Lage? Ein Sänger muß sehr sauber einen Ton länger anhalten können und genügend Volume geben.


    Kommen wir vielleicht zu einer anderen Beurteilung?


    LG, Paul

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Hallo,
    ich glaube ,die Geschichte mit Caruso und dem Weinglas ist eine Legende.


    Für mich waren die besten Tenöre am Anfang der Stereozeit :
    J.Björling,R.Tucker und C.Bergonzi im italienischen Fach.
    A.Dermota,J.Traxel N.Gedda und F.Wunderlich,im deutschen
    und Mozartfach.Von den heutigen Tenören gefallen mir :
    R.Villazon und im ganz lyrischen Fach,J.D.Florez.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    ich glaube ,die Geschichte mit Caruso und dem Weinglas ist eine Legende.


    Hallo Herbert,


    Ich denke nicht, daß es eine Legende ist. Wenn ich mich nicht irre, stand das Weinglas auf einem Klavier. Vielleich spielte der Klangboden des Klaviers noch eine Rolle, denn verstärkte die Frequenzen.
    Jedenfalls habe ich selber beim Physikumpraktikum erlebt, daß ein Weinglas auf seinen Resonanzfrequenz plötzlich kaputt ging. Das konnte prächtig erreicht werden durch einen Tongenerator.


    LG, Paul

  • Hallo Freunde,


    das ist ja ein heikles, d.h. sehr subjektiv zu erörterndes Thema...


    sind nicht alle Sänger in den Ohren ihrer Verehrer die Besten ?


    Es kommt halt auf die Fachspeziefizierung der Sänger an; das viele Tenöre im "falschen" Fach landen-aus welchen Gründen auch immer-
    zeigt einen vielleicht falschen Ehrgeiz, es den dort ansässigen Kollegen gleichzutun...


    Tenöre, die ihre Technik beherrschen, ihren Partienkreis im Rahmen der stimmlichen Möglichkeiten ausschöpfen, d.h. ihrem Fach treu bleiben, haben längere Karrieren aufzuweisen, als die "gemachten Fachwechsler".


    Das zeigen die im Thread erwähnten Namen...
    Meine Tenor-Favoriten: Domingo, Gedda, Kraus (die aufgrund ihrer Ökonomie lange Karrieren aufweisen).
    Juan Diego Flórez, José Cura sind meiner Meinung nach hervorragende Vertreter ihres Fachs in unserer Zeit.


    Problematisch die Facheinteilung "Heldentenor", da viele Tenöre der Versuchung erlagen plötzlich zu Helden zu werden (Anders, Jerusalem, Windgassen).


    Liebe Grüße,


    Heldenbariton

    Wie aus der Ferne längst vergang´ner Zeiten
    GB

  • Zitat

    Original von heldenbariton
    Meine Tenor-Favoriten: Domingo, Gedda, Kraus (die aufgrund ihrer Ökonomie lange Karrieren aufweisen).


    Hallo Guido,


    Ich kann völlig diese Wahl verstehen. Nur bleibt bei mir eine Frage:
    Kraus (wie technisch und schön sang er) hat ja nie viel Volume gegeben. Und bei Domingo ist das geradezu anders. Ist Volume dann auch etwas, daß man von Natur hat?


    LG, Paul

  • Banner Trailer Gelbe Rose
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose