Dies ist ein Versuch, allerdings kein Versuch, einen neuen Regietheaterthread aufzumachen. Hier geht es darum, nicht ganze Inszenierungen zu analysieren und zu bewerten, sondern gelungene oder misslungene Einzeleinfälle, die dann natürlich Rückschlüsse auf das Ganze erlauben. Der Anlass zu dieser Idee war der "Figaro" am Donnerstag auf arte, live aus Aix, eine etwas unentschiedene Mischung verschiedener Inszenierungsstile (ich habe absichtlich keine Regietheater - Inszenierung gewählt).
Beispiel 1: Akt III, Szene 23, die Szene mit dem Billet und der Nadel. Geht das, ein Billet mit der Nadel zu schließen, wenn die Szene in einem modernen Büro eines Rechtsanwaltes spielt?
Beispiel 2: Arie der Gräfin Akt III, Szene 8 (dove sono): die Gräfin singt von ihrem Schmerz, ihrer Trauer, aber sie ist nicht allein, ihr Mann in Robe geht umher, Figaro und Susanna sitzen auf Stühlen. Da will uns doch der Regisseur mit dem padagogischen Zeigefinger sagen: seht, da sind die Schurken oder die Mitwisser. Für meine Begriffe vermindert der Regisseur damit die Wucht der Trauer und der Einsamkeit der Gräfin; er verfehlt die Szene deutlich, indem er sie erklärt. Aber diese Trauer ist von Mozart komponiert, und wenn die Arie gut gesungen und ergreifend gespielt wird, braucht es mehr nicht.