Strenger Wohlklang oder Interpretation um jeden Preis?

  • Diese Frage kam mir beim Schreiben im Thread über Fjodor Schaljapin, aber ich denke, dass es eine ewige, immer wiederkehrende Frage ist, wenn man sich mit Operngesang auseinandersetzt. Ich glaube sogar, die Frage ist im Laufe der Opernhistorie eigentlich immer wichtiger geworden, je näher wir der Moderne kamen bzw. heute wieder etwas rückläufig (ist lediglich eine Theorie von mir), war aber kaum diskutabel zB im Barock.
    Da ich keinen Thread gefunden habe, der sich näher mit dieser Frage beschäftigt (obwohl sie einem in diversen Threads immer irgendwie mal wieder begegnet), habe ich nun diesen hier eröffnet.
    Was meint ihr dazu?
    Es kommt einem ja immer wieder unter, dass über manche Sänger (ich nenne keine Namen, das könnt ihr ja vielleicht tun) gesagt wird, sie klängen zwar schön, aber ausdruckslos bzw. seien brilliante Darsteller trotz hörbarer Gesangsprobleme.
    Ist euch Wohlklang wichtiger als Interpretation? Oder geht euch die Darstellung über alles? Könnt ihr Abstriche bei einem um des anderen willen machen?
    Wie weit dürfen Sänger gehen? Wie kontrolliert sollten sie sein? Wie frei?
    Wie ist es mit dem Ideal aus beiden, bei dem sie sich die Waage halten? Wie oft kommt das wirklich vor?


    Würde mich sehr für eure Meinungen dazu interessieren.


    Liebe Grüße von Schalli
    :hello:

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Ist euch Wohlklang wichtiger als Interpretation, Darstellung?

    Das eine sollte das andere nicht ausschließen. Wenn dies alles idealerweise vorhanden ist, dann paßt es (s. die von mir hochgelobte "SF- Boheme", um nur ein Beispiel zu nennen).
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Hoffentlich wird aus dem "Schalli" keine "SchalliWalli". :hahahaha:


    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Es wird die Frage gestellt:
    "Ist euch Wohlklang wichtiger als Interpretation?"


    Als sangeskundlich ziemlich unbedarfter Mensch stelle ich mal eine Frage - die eben deshalb naiv sein mag:
    Ist denn "Wohlklang" möglich ohne "Interpretation"?
    Heißt konkret: Kann ich über die sängerische Wiedergabe einer Opernarie - "wohlklangmäßig" - entzückt sein, wenn der Sänger/die Sängerin das nicht möglichst genau und gesanglich präzise wiedergibt, was der Komponist an musikalischer Aussage in sie hineingelegt hat?


    Die Alternative wäre ja dann doch das schiere Entzücken über die schöne Stimme, - völlig abgelöst von der Aufgabe, der sie sich verschrieben hat: Das musikalische Werk wiederzugeben.


    Mein naives Verständnis der Sache ist: "Wohlklang" entsteht für mich als Hörer, wenn ein Interpret sich vollkommen in den Dienst des Werkes stellt und das mit handwerklicher Präzision und überdies schöner Stimme tut.


    Eine Alternative - gemeint ist dieses sprachliche "als" - besteht da für mich überhaupt nicht.

  • So richtig in Gang kommt das hier ja nicht...ich fürchte, ich könnte mich missverständlich ausgedrückt haben.
    Mir ging es darum, ob die Darstelllung einer Bühnenfigur (und damit meiner ich jetzt weniger, wie jemand gestisch auf der Bühne agiert) für euch ein wichtiges Kriterium ist, dass man darum auch die ein oder anderen, nun ich nenne es einmal euphemistisch"Besonderheiten" in der Stimmführung, der Technik usw. beiseite lassen kann.
    Um zu illusterieren, was ich gemeint habe als Beispiel Fjodor Schaljapin bei dessen Thread ich ja auch auf die Frage kam.
    Ich habe meine Begeisterung für Schaljapin und seine Darstellung kundgetan und erhielt u.a. diese Entgegnung:

    Zitat

    Dienen Drücker, Schluchzer, Temporückungen und freier Umgang mit der Atmung und der Intonation dem Ausdruck und der Darstellung? Wie weit darf die künstlerische Freiheit gehen?


    Es wäre zB auch interessant zu fragen, wie wichtig euch eine schöne Stimme ist oder kann eine große, intensive Darstellung euch zB über eine eher unschöne Stimme hinwegsehen lassen?
    Technisch perfekt, aber gefühllos gesungen? Mangelhafte Technik, aber zu Herzen gehende Emphase?
    Was ist euch wichtig? Oder wichtiger?
    Es gibt ja zahllose Beispiele von Sängern bei denen solche Sätze, wie ich sie im Eingangsbeitrag angerissen haben, oft zu lesen/zu hören sind :
    zB Jon Vickers, Max Lorenz, Joan Sutherland, Monserat Caballe, Pavarotti oder die Callas...(um mal welche zu nennen)
    Wie wichtig ist euch das Leben im Gesang? Wie wichtig "Gesangs-Perfektion"?
    Wobei es ja auch eine Frage ist, wie viel Darstellung will man? Reichen die Basisc, also die Standard-Singgesten oder will man mehr? Und die eigene Vorstellung der darstellenden Figur trägt dabei sicherlich auch zum Empfinden bei.



    PS
    Ich hoffe, das ich jetzt ein bisschen besser ausdrücken konnte, was ich eigentlich meine.

    Hoffentlich wird aus dem "Schalli" keine "SchalliWalli". :hahahaha:zweiterbass


    Dieses Kürzel stammt übrigens nicht von mir, sonder vom werten Herbert Henn und ich habe es einfach übernommen :)

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Liebe Schall und Wahn,


    ich glaube, Deine Frage ist nicht so einfach zu beantworten. Zum einen macht es einen Unterschied, ob ich einen Sänger live auf der Bühne erlebe, wo ich vielleicht manches tolerieren würde (manches, nicht alles), was mir beim Hören einer Aufnahme leichte Magenschmerzen verursachen würde. Zum zweiten ist es natürlich eine Frage des Repertoires. Beim Liedgesang und in der Oper des Barock, der Klassik, des Belcantorepertoires und auch noch der Romantik sind Schluchzer, Drücker u.ä. absolut tabu, Temporückungen höchstens im Sinne des Rubato.Ab dem Verismo werden solche "Stilmittel" toleriert, obwohl ich persönlich auch solche Werke lieber ohne diese höre. Der Ausdruck sollte durch dynamische Veränderungen und Stimmfärbungen erreicht werden. Eine absolute Meisterin in dieser Hinsicht war natürlich Maria Callas. Für mich hat sie viele Rollen geprägt. Und auch als ihre Stimme nachließ und manche Töne wirklich nicht mehr schön waren, wirst du bei ihr keine unsaubere Attacke, kein Anschleifen der Töne und schon gar kein Jammern oder Schluchzen hören, und du siehst trotzdem eine lebendige Figur vor dir.


    Andererseits gibt es perfekte Techniker, die mich persönlich absolut kalt lassen. Dazu gehören beispielsweise Edita Gruberova, Alfredo Kraus und in neuerer Zeit Juan Diego Florez. Auch für Joan Sutherland kann ich mich nur in ausgesprochenen Koloraturpassagen erwärmen, in tragischen Rollen klingt sie für mich nicht tragisch, sondern nur larmoryant.


    Und dann gibt es noch einige Sänger. bei denen ich mich einfach nur am Wohlklang der Stimme erfreue und wo mir dann die darstellerischen Defizite einfach egal sind -ja, man muss ja auch mal einfach nur genießen dürfen- dazu gehören u.a. die junge Caballe und Jessye Norman zu ihrer besten Zeit.


    Und schließlich gibt es noch viele, viele Sänger, wo ich nur die Stimme schätze oder die ich nur in bestimmten Partien liebe. Aber das ist ein zu weites Feld.


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Die Alternative wäre ja dann doch das schiere Entzücken über die schöne Stimme, - völlig abgelöst von der Aufgabe, der sie sich verschrieben hat: Das musikalische Werk wiederzugeben.


    Mein naives Verständnis der Sache ist: "Wohlklang" entsteht für mich als Hörer, wenn ein Interpret sich vollkommen in den Dienst des Werkes stellt und das mit handwerklicher Präzision und überdies schöner Stimme tut.

    Lieber Helmut,


    so habe ich das bisher auch gesehen. Ich kann mich aber auch erinnern, dass Du unlängst bei einem Vergleich von Fischer-Dieskau mit einem anderen Sänger, ich glaube Pregardien oder Goerne, selbst von Unterschieden bei Interpretation und Wohlklang der Stimme etwas geschrieben hast.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ich möchte hier noch mal das Beispiel von Herrn Voigt anbringen. Ich habe ihn im Radio als Siegmund bei der Walkürenpremiere aus München gehört und war von der Stimme und der Stimmtechnik gar nicht angetan. Dann ist er durch einen glücklichen Zufall an der Rheinoper ebenfalls als Siegmund eingesprungen und er war phänomenal. Er war einfach SIegmund und man nahm ihm die Rolle auch ab. Er glänzte sängerisch und vor allem darstellerisch. Zudem hatte er das Glück gleichwertige Bühnenpartner zu haben. Beim ersten Walküren Akt hatte keiner gewagt auch nur zu husten oder sein Handy klingeln zu lassen. Ich bin auch dagegegn, die heutige Sängergeneration mit den Sängern von früher zu vergleichen. Zum einen hat sich die Stimmtechnik stark verändert und zum anderen hat sich auch der Opernbertrieb verändert. das heisst es werden immer mehr Opern gespielt und der Sänger muss auch ein größeres Repertoire haben . Und was viele Kriitiker ( und manchmal auch ich ) vergessen, das die Tagesform der Sänger auch immer unterschiedlich ist und sie keine Computer sind, die man auf Kommando abrufen kann.

  • Ich glaube, diese Frage lässt sich nicht wirklich beantworten. Ich erinnere mich, daß ich in meiner Jugend Arienplatten mit Joan Sutherland immer wieder gehört habe. Ich wuisst zwar dwie die Opern hiessen, aus denen die Arien stammten . aber deren Inhalte waren mir nicht nur unbekannt - ich interessierte mich nicht einmal dafür. Was zählte waren die unvergleichlichen Koleraturen von "La stupenda"
    Heute hingegen ist es so, wenn ich mir eine Aufzeichnung einer Oper mit "klassischer" Inszenierung ansehe und mich die Handlung mitreisst, dann ist meine Aufmerksamkeit derart dem Bühnengeschehen zugewandt, daß ich mich am Ende nicht getraue eine einigermaßen realitätsnahe Beurteilung von Stimmen vorzunehmen.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Liebe Mitdiskutierende,


    Vermutlich stelle ich mich mit meiner Meinung komplett ins out, aber, sorry, ich bin nicht bereit, zu akzeptieren, dass für aktuelle Sänger andere Regeln zu gelten hätten, als fur die früheren Generationen. Ja, ich erwarte von einem Sänger auch heute, dass sein Beruf für ihn Berufung ist und dass er sich nicht auf die Bühne stellt, ohne über eine perfekte Technik zu verfügen. Nach wie vor sind für mich z.b. Tenöre wie Kraus, Gedda oder Bergonzi das Ideal nach dem sich auch die heutigen Sanger zu richtien haben und die Parameter, die Kritiker, wie Kesting, Malte-Fischer, Steane etc. Austellten, haben mich für mich uneingeschränkte Gültigkeit. Und, sorry, ich kann keinen Gesang "geniessen", bei dem diese Parameter nicht eingehalten werden. Wenn nun diese Gesangsklutur vorhanden ist, dann ersteht die darzustellende Figur aus dem "Geiste der Musik" ohne äussere aufgesetzte zusätzliche Dramatik, bzw. äussere Interpretation wie von selbst. Das haben uns grosse SängerInnen wie die Callas, Olivero, Kraus, Gedda, Melchior, Wunderlich, Hotter, Windgassen, Gobbi usw. gelehrt und in dieses Kategorie gehört bedauerlicherweise nicht einer der heutigen Generation. Ich finde dies sehr bedauerlich!

  • das heisst es werden immer mehr Opern gespielt und der Sänger muss auch ein größeres Repertoire haben


    Das gab es früher auch. Spontan fallen mir sofort zwei Sänger ein, die mehr als 100 Partien im Repertoire haben, bzw. hatten: "Theo Adam und Placido Domingo". Und da gibt es bestimmt noch einige andere, die einem noch einfallen würden. Wer könnte da heute noch mithalten?
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Natürlich ist mir klar, dass diese Frage vielleicht nicht endgültig beantwortet werden kann, aber es sind ja schon einige Aussagen dabei, auf die ich so hinauswollte.

    Das haben uns grosse SängerInnen wie die Callas, olivero, Kraus, Gedda, Melchior, Wunderlich, Hotter, Windgassen, Gobbi usw. gelehrt


    Ich finde erstaunlich, das Namen wie Callas, Hotter und Gobbi in dieser Aufzählung zu finden sind. Gerade diese (Gobbi und Hotter besonders) sind doch gerade für ihre Darstellung besonders berühmt, weniger für ihre makellose Gesangskunst.


    Aber mal meine Meinung dazu :
    Ich will mich hier nicht pauschal auf etwas festlegen (ist nicht meine Art) und Wohlklang ist sicherlich nichts über das ich die Nase rümpfen würde und nicht auch gerne höre, aber ich gebe zu, einer ziemlicher Darstellungsfetischist :!: zu sein und würde dafür bis zu einem bestimmten Punkt immer gewisse "Unreinheiten" in Kauf nehmen.
    Wohl gemerkt meine ich damit nicht, dass ich es mag wenn laut und übertrieben geschluchzt wird oder ähnliches. Es geht mir, wie ich weiter oben angemerkt habe um eine lebendige Figur. Wenn ich Opern höre möchte ich nicht hören wie Joan Sutherland eine Lucia singt, sondern ich will Lucia als Figur hören. Ich finde, dass es Interpreten gibt, die immer sie selbst sind, heißt "nur" singen, als hätten sie mit der Figur nichts zu tun, und genau diese mag ich persönlich nicht, das ist mir zu oberflächlich, zu langweilig, ich will schließlich ein Figurendrama erleben, wen ich Opern höre, keine gefühllose Gesangschau.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Es geht mir um eine lebendige Figur. Wenn ich Opern höre möchte ich nicht hören wie ....singt, sondern ich will ... als Figur hören.

    Hallo, S & W
    Dann höre und schau Dir mal im Thread "Di provenza" Wer war/ist der beste Interpret im Beitrag 18 den Video- Link an. Dort findest Du "Wohlklang, Stimmschönheit, überragende Darstellung" in einem. Diese Sängerin lebt die Partie.
    Oder im Thread "Welche Arie von welchem Tenor?, Beitrag 154. Mehr als diesen "Wohlklang" kann man sich nicht wünschen.
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

  • Ich finde erstaunlich, das Namen wie Callas, Hotter und Gobbi in dieser Aufzählung zu finden sind. Gerade diese (Gobbi und Hotter besonders) sind doch gerade für ihre Darstellung besonders berühmt, weniger für ihre makellose Gesangskunst.


    Das ist keineswegs erstaunlich. Die genannten Sänger waren nicht nur gute Bühnendarsteller, sondern gerade auch fähig, eine Figur allein mit der Stimme darzustellen, und das ohne die o.g. Mätzchen. Sie sangen, wie "Papst Kesting" es nennt, für das "Auge des Ohrs".


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Die genannten Sänger waren nicht nur gute Bühnendarsteller, sondern gerade auch fähig, eine Figur allein mit der Stimme darzustellen, und das ohne die o.g. Mätzchen. Sie sangen, wie "Papst Kesting" es nennt, für das "Auge des Ohrs".


    Wie ich im Eingangabeitrag geschrieben habe, geht es mir auch nicht um die Bühnendarstellung, sondern nur um die Dartsellung mit der Stimme, dass habe ich hier auch niemals anders gesagt. Von sog. Mätzchen habe ich mich auch distanziert, auch wenn ich weiterhin Schaljapin und Lorenz für begnadete Singdarsteller halte.
    Noch ein Wort zu Gobbi...mir würde nie einfallen ihm seine Verdienste abzusprechen, aber im konkreten Beispiel der Scarpia-Figur aus "Tosca" in der vielgerühmten Sabata-Aufnahme gehe ich da konträr zur herrschenden Meinung, dass Gobbi hier überragend dargestellt hat, sicherlich sehr gut, aber letztlich doch sehr plakativ und einseitig...man höre dazu im Gegensatz einmal Taddei unter Karajan, DAS ist ein vollkommenes Rollenbild bei gutem Gesang.
    Aus dem gleichen Grund ist zB die Callas für mich so groß.
    Das gibt es nämlich auch, die oberflächliche Darstellung, dafür bin ich auch nicht zu haben, stereotype Gesangsgesten finde ich zum Gähnen, dann doch lieber absoluten Wohlklang.
    Wer mit seiner Stimme eine Figur lebendig machen kann, den liebe ich, wer sich in Wohlklang erschöpft, den eben nicht (den mag ich bestenfalls bewundern)...wohlgemerkt, das ist lediglich meine persönliche Meinung, die niemand teilen muss.


    Und jetzt widme ich mich mal chrissys angemerkten Wohlklangsbeispielen.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Was mich nur stört ( das bitte nicht negativ auffassen ) das immer nur die gleichen Sänger genannnt werden, wass ist z.B., mit Domingo, Pavarotti, Kathleen Battle oder Gabriela Benackova, die werden fast gar nicht genannt, obwohl sie auch sängerisch und darstellerisch hervorragend waren. Da ich 1970 geboren sind , sind das die Sänger, durch die mich die Opernleidenschaft gepackt hat.
    Das mit dem Vergleichen hab ich so gemeint um mal ein Beispiel von mir zu nennen. Als ich zum ersten Mal Lucia di Lammermoor gesehen habe , habe ich mir vorher eine Referenzaufnahme angehört und war dann enttäuscht, das der Tenor auf der Bühne nicht so klang wie auf der Schallplatte.

  • Um mal etwas auf die von dir genannten einzugehen (wobei ich zu der Battle und er Banackova nichts sagen kann, da ich da zu wenig kenne um mir eine Meinung zu erlauben)...Domingo, ich bin so gesehen ein Fan von ihm, auch wenn ich mit manchen seiner Wagner-Partien so meine Probleme habe, aber ansonsten kann ich, für mich sagen, dass er schon beides besitzt, nur habe ich oft das Gefühl, er würde sich zu manchmal sehr auf den Wohlklang verlassen, obwohl ich ihn eigentlich als guten Darsteller empfinde.
    Was Pavarotti angeht (und ich hoffe chrissy nimmt mir das jetzt nicht übel, denn ich meine aus diversen Statements herauslesen zu können, dass er ihn sehr bewundert), da komme ich zu ähnlichen Gedanken, sogar so weit, dass ich meine, er sei auch immer höchstens vordergründiger Schausteller als Darsteller...aber schön geklungen hat es allemal.
    Der Vergleich Platte und Bühne zieht natürlich meistens nicht, das kann ich mir vorstellen, aber wie gesagt, geht es ja hauptsächlich um stimmliche Darstellung und das man durch Platten hören auch Gefahr läuft seinen Geschmack so zu festigen, das vieles Live dagegen keinen Bestand hat, ist natürlich vorhanden.


    Was ich auch nochmal anmerken wollte, ist, dass natürlich auch mir klar ist, dass es in der Opernliteratur Opern oder auch speziell einzelne Arien gibt, bei denen kann man auch nicht groß darstellen, die sind vordergründig einfach dafür geschrieben, das man sie schön singt...was kein Fehler ist, das ist eben so. Und damit habe ich kein Problem.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Lieber Rodolfo,


    Um kurz auf deine Frage einzugehen:
    Alle die von dir genannten SängerInnen haben für mich gegenüber den von mir genannten dasselbe Manko.
    Lass es mich am Beispiel von Domingo aufführen:
    Domingo verfügt über eine der schönsten Stimmen, die ich je live gehört habe und ist live daneben ein hervorragender Darsteller (vielleicht sogar der grösste der letzten Jahrzehnte).
    Aber, auf all seinen Aufnahmen hören wir immer denselben Wohlklang (den mal jemand mit "rubinrot", "schwerer Rotwein" umschrieben hat). Für manche Partien passt dieser Klang hervorragend, für andere weniger.
    Was ich hingegen vermisse, ist das "Einfärben" der Stimme, eine Fähigkeit, die Leute wie Gobbi, Christoff, Siepi, di Stefano usw. derart beherrschten, dass z.B. Gobbi von Kesting/Steane als "the acting voice" bezeichnet werden konnte. Je nach Wortbedeutung haben sie ihre Stimme (die selbstverständlich auch immer das gleiche Timbre behielt) verschieden gefärbt, während dagegen Domingo immer wunderschön, aber im Grunde genommen immer gleich klingt. Aber dieser letzte Umstand ist vielleicht auch durch die riesige Anzahl der von ihm gesungenen Partien oder die Schnelllebigkeit der heutigen Zeit verursacht.
    Und wenn man den heutigen "Superstar" Klaus-Florian Vogt hört, merkt man, dass man heute sogar Karriere machen kann, ohne auch nur eine Farbe zu haben... ;) !


    MfG

  • Mme Cortese
    Auch für Joan Sutherland kann ich mich nur in ausgesprochenen Koloraturpassagen erwärmen, in tragischen Rollen klingt sie für mich nicht tragisch, sondern nur larmoryant.


    Schall&Wahn
    Wenn ich Opern höre möchte ich nicht hören wie Joan Sutherland eine Lucia singt, sondern ich will Lucia als Figur hören.


    Ich gebe hier zweierlei zu bedenken. Auch ich habe hier mal, vor Jahren, sehr abschätzig über die Sutherland geurteilt. Mittlerweise sehe ich ihre Darstellung nicht als der Callas gegenüber defizitär (womit ich ja einen bestimmten Verismo stilistisch zur Norm erheben würde). - Gerade die Lucia besteht ja zu einem nicht geringen Anteil aus Koloraturen; ihre große Arie im ersten Akt kann aber nicht vollkommener gesungen werden als durch die Sutherland (die Callas ist hier einfach überfordert). Die Sutherland singt eben nicht eine psychologisch ausdifferenzierte Gestalt, sondern gestaltet flächiger, um die Figur über den Geist oder die Seele einer Kantilene zu treffen. - Man kann eine Lucia, durch ein Zuviel an vermeintlicher Einfühlung, in dem engen Rahmen ihrer Rolle auch überfrachten.


    Zum zweiten kann man ja die Sutherland auch als Lucia auf der Bühne erleben - und da vermisse ich auch in der Wahnsinnsszene kein Gran an Bühnenpräsenz. Wenn ich auch gern konzediere, daß ich mich mich, sofern ich mich nicht im Parkett langweile, ganz an die Darstellung hingebe. Da ergeht es mir wie Alfred.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Zu meiner Schande muss ich gestehen, hier nicht richtig nachgedacht zu haben, vorgefertigte Urteile übernommen und die Sutherland nur sehr willkürlich als Bsp. herangezogen zu haben (was so gesehen nicht okay von mir war)
    Ich habe gerade sie genannt, weil sie schon in Mme. Corteses Beitrag auftauchte und die Lucia-Rolle auch nur aus dem Bauch heraus mit angeführt.
    Insofern habe ich kein Problem damit dahingehend "berichtigt" zu werden. Das war einfach mein Fehler.


    Eine Sängerin bei der aber dieses Beispiel für mich eindeutig zutrifft, und wo ich auch dahinter stehe, ist Renata Tebaldi, deren Darstellung ich nie etwas abgewinnen kann, weil für mich einfach keine vorhanden ist. Nie.
    Das ist bloßes Singen als Tonproduktion (und wie ich das so finde, das gehört hier nicht zum Thema), zumindest meiner Meinung nach.



    Was ich hingegen vermisse, ist das "Einfärben" der Stimme, eine Fähigkeit, die Leute wie Gobbi, Christoff, Siepi, di Stefano usw. derart beherrschten, dass z.B. Gobbi von Kesting/Steane als "the acting voice" bezeichnet werden konnte. Je nach Wortbedeutung haben sie ihre Stimme (die selbsverständlich auch immer das gleiche Timbre behielt) verschieden gefärbt, während dagegen Domingo immer wunderschön, aber im Grunde genommen immer gleich klingt.

    Genau diese Art der 'Einfärbung' ist es auf die ich u.a. hinauswollte, was ich mit Gesangsdarstellung meinte, nämlich Gefühle und Charakter mit den Mitteln der Stimmführung darzustellen, auch wenn ich da nicht bei allen von dir dabei Genannten konform gehe.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Ich gebe hier zweierlei zu bedenken. Auch ich habe hier mal, vor Jahren, sehr abschätzig über die Sutherland geurteilt. Mittlerweise sehe ich ihre Darstellung nicht als der Callas gegenüber defizitär (womit ich ja einen bestimmten Verismo stilistisch zur Norm erheben würde). - Gerade die Lucia besteht ja zu einem nicht geringen Anteil aus Koloraturen; ihre große Arie im ersten Akt kann aber nicht vollkommener gesungen werden als durch die Sutherland (die Callas ist hier einfach überfordert). Die Sutherland singt eben nicht eine psychologisch ausdifferenzierte Gestalt, sondern gestaltet flächiger, um die Figur über den Geist oder die Seele einer Kantilene zu treffen. - Man kann eine Lucia, durch ein Zuviel an vermeintlicher Einfühlung, in dem engen Rahmen ihrer Rolle auch überfrachten.


    Hallo Farinelli,


    ich habe meine Einwände gegen Sutherland auch nicht speziell auf die Lucia bezogen, sondern diesen Eindruck habe ich immer, auch in Rollen, die sich repertoiremäßig nicht mit denen der Callas überschneiden. Nebenbei gefragt: Mit welchen Mitteln "trifft" denn Callas eine Figur, wenn nicht über den Geist und die Seele einer Kantilene - zu außermusikalischen Mitteln hat sie ja nicht gegriffen. Bleibt also nur die Stimmfärbung, und da standen eben Sutherland nicht allzuviele Farben zur Verfügung.


    Hallo Schall und Wahn,


    im Beitrag Nr.16 hast du gesagt, dass du als Scarpia Giuseppe Taddei vor Tito Gobbi den Vorzug gibst. Ob Taddei mit der Stimme besser agiert als Gobbi kann ich nicht beurteilen, ich habe die Aufnahme nicht, man kann schließlich nicht alles im Schrank haben. Wo ich dir aber sofort zustimmen würde ist, dass Taddei die bessere Stimme hat.


    Übrigens - schau doch mal in diesen Thread:


    Idealbesetzung für "Tosca"


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Guten Abend, Mme Cortese,


    M.joho hat im Grunde Ihre Frage beantwortet, und zwar mit:


    Je nach Wortbedeutung haben sie ihre Stimme (die selbstverständlich auch immer das gleiche Timbre behielt) verschieden gefärbt, usw.


    Man denkt dabei natürlich zunächst an Fischer-Dieskau oder Schwarzkopf, die aus dem Singen eine Art von sprachlicher Nuancierung entwickeln, die sich an den Konversationston anlehnt, also an die differenzierte gesprochene Rede. Ich neige bisweilen dazu, diesen Sprach- oder Silbenfocus von einem musikalischen oder Melodiefocus zu unterscheiden. - Man kann ja auch ein Gedicht nach der sinnstiftenden Wortbebdeutung oder im Ebenmaß seines Verseflusses laut lesen, mit ganz wenigen Akzenten, statt jedes Detail auszunuancieren.


    Ich würde selbstredend nicht widersprechen, daß die Callas in hohem Maße über das von M.joho benannte Differenzierungsmittel verfügte. Aber im Direktvergleich bei der Lucia-Cavatine mit Callas/Serafin und Sutherland/Pritchard kann man nicht umhin, bei der Callas alle Leichtigkeit zu vermissen, die diesem Stück wesentlicher ist als die textliche Ausdeutung auf ein verhängnisvolles Damenprorträt hin. Das bisweilen zu lesende Urteil, Callas habe die Fioritur der Expression zurückgegeben, scheint mir ein sehr Verfehltes.


    Wenn man gegenteiliger Auffassung ist, kommt man, wie Schall&Wahn zuletzt über die Tebaldi, zu sehr ungerechten Urteilen von Sängerleistungen. Denn sobald man die Nuancen der Callas als Norm voraussetzt, scheinen einem die Dispositionen anderer Sänger voller Leerstellen. Ich empfehle bloß als Hörprobe die Trovatore-Miserere-Szene mit Tebaldi/Erede, um eine berühmte Callas-Ikone in Frage zu stellen. Das "Sento mancarmi!", wie es die Tebaldi hervorschleudert, ist unübertrefflich.


    Die Callas hat eine gewisse Neigung, stark verinnerlichte Charaktere zu erschaffen, die an den dramatischen Schlüsselstellen gleichsam explodieren. Sie kommt damit zweifellos dem ästehtischen Weiblichkeitsentwurf des 19. Jh. sehr nahe, der die Frau als leidendes und zu erlösendes Wesen skizziert. - Einseitig bleibt es dennoch.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Hallo Farinelli,


    ich weiß nicht, wo du in der Rolle der Lucia "Leichtigkeit" findest. Selbst die Szene am Brunnen ist doch schon von düsteren Vorahnungen geprägt, einzig in der Cabaletta kann man so etwas wie - vielleicht gewollte -Leichtigkeit verspüren.


    Was Renata Tebaldi angeht: Ich liebe ihre Stimme, und beispielsweise "Tacea la notte" im Trovatore singt sie zauberhaft schön. Auch das Miserere finde ich sehr gelungen. Allerdings lässt sie in"D´amor sull´ali" alle Triller aus, und auch in der Cabaletta der genannten Kavatine deutet sie sie bestenfalls nur an. Bei einem gelungenen Rollenportrait erwarte ich doch als erstes, dass alle Noten korrekt gesungen werden. Von daher gefällt sie mir in der Rolle der Leonora in "La forza del destino" wesentlich besser, weil da keine verzierten Passagen von ihr verlangt werden. Auch sonst finde ich ihr Ausdrucksspektrum als begrenzt. In meinen Ohren klingt sie oft recht reif und statuarisch, eine 15jährige Butterfly beispielsweise stelle ich mir anders vor,auch ihre Mimi lässt mich doch recht unberührt. Das ist natürlich auch im Stimmcharakter und Timbre begründet. Andererseits habe ich ja auch weiter oben geschrieben, dass ich es gelegentlich auch durchaus genieße, mal im Wohlklang zu baden, weshalb ich mir jetzt zum Ausklang des Abens ein Tebaldi- Recital gönnen werde.


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Wenn man gegenteiliger Auffassung ist, kommt man, wie Schall&Wahn zuletzt über die Tebaldi, zu sehr ungerechten Urteilen von Sängerleistungen.


    Obwohl ich verstehe, was du meinst, finde ich das Wort 'ungerecht' im Zusammenhang mit Vorlieben (denn ein Urteil fälle zumindestens ich nicht, sondern gebe lediglich meine Empfindung wieder) für Sänger oder Gesangsstil eher unpassend und ziemlich sinnlos. Was wäre denn dann gerecht? Wenn ich über jeden gleich viel Gutes und Schlechtes sagen würde? Nun, ich bin kein Kritiker, sondern eine Privatperson, noch dazu sehr laienhaft, d.h. ich spreche lediglich meine persönliche Meinung aus, die natürlich auch nur von meinen Vorstellungen geprägt ist (die ich in früheren Posts erläutert habe).
    Es liegt mir fern, jetzt als Beispiel die Tebaldi, an sich schlecht zu machen, ich habe nur angemerkt, das sie meinem Bild und meinen Vorlieben beim Gesang nicht entspricht. Jedem der da gegenteiliger Meinung ist, sei das unbenommen, ich habe nichts dagegen. Auch würde ich meine Meinung dazu revidieren, wenn ich mal irgendwann im Leben etwas von ihr höre, dass mich bewegt...damit hätte ich kein Problem.
    Ich habe in diesem Thread nunmal noch den ganz persönlichen Vorstellungen der Mitglieder gefragt, nicht nach objetivierbaren Parametern.


    So eine Darstellung einer Figur ist natürlich auch so eine subjektive Sache, sogar im doppelten Sinn...es geht darum, wie der Interpret seine Rolle sieht und wie der Hörer die Rolle sieht, das muss nicht immer übereinstimmen. Zwei Interprten haben schon zwei verschiedene Vorstellung der Figur, die sie darstellen, genauso wie zwei Hörer immer verschiedene Vorstellung von einer Figur und ihrer Darestellung haben, da haben wir das Dilemma.

    "Die Glücklichen sind neugierig."
    (Friedrich Nietzsche)

  • Liebe SchallundWahn,


    meine grantige Auslassung bezog sich vor allem auf folgenden Halbsatz:


    ... Renata Tebaldi, deren Darstellung ich nie etwas abgewinnen kann, weil für mich einfach keine vorhanden ist. Nie.


    Im übrigen lasse ich mich von zwei so charmanten Paminen gern in die Schranken weisen. Vielleicht schreibe ich auch mehr von mir selbst, dem es ja früher ebenso ergangen war. Erst kamen bei mir Fischer-Dieskau, Schwarzkopf und Callas, und danach war ich für weniger prononcierte Vokalisten verdorben. - Aber wer kennt nicht auch den gegenteiligen Effekt, daß einem die genannten Drei bisweilen arg auf die Nerven gehen mit ihrer Überdeutlichkeit. - Ich kann mich also nur La Gioconda anschließen, daß Del Monaco und Tebaldi durchaus Operngeschichte geschrieben haben, zumal für die Decca, und möchte hier besonders auf Otello (Erede), La Fanciulla del West (Capuana), Manon Lescaut (Molinari Pradelli), die großartige Suor Angelica (Gardelli), Adriana Lecouvreur (Capuana) sowie die Turandot (Erede) hinweisen.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Obwohl ich verstehe, was du meinst, finde ich das Wort 'ungerecht' im Zusammenhang mit Vorlieben (denn ein Urteil fälle zumindestens ich nicht, sondern gebe lediglich meine Empfindung wieder) für Sänger oder Gesangsstil eher unpassend und ziemlich sinnlos. Was wäre denn dann gerecht? Wenn ich über jeden gleich viel Gutes und Schlechtes sagen würde? Nun, ich bin kein Kritiker, sondern eine Privatperson, noch dazu sehr laienhaft, d.h. ich spreche lediglich meine persönliche Meinung aus, die natürlich auch nur von meinen Vorstellungen geprägt ist (die ich in früheren Posts erläutert habe).

    Nein, von ungerecht kann man hier auch nicht sprechen, wie ich finde. Wenn man hier überhaupt die Worte "ungerecht" oder "gerecht" gebrauchen möchte, dann sollte man sich möglicherweise erstmal fragen, ob das "gerecht" ist , was gewisse "Stimmenpäpste", die sich als "Kritiker" bezeichnen und in mehrbändigen Büchern ihre persönliche Meinung verkaufen und dafür noch Medaillen bekommen. Mit diesen Begriffen kann man im hier beschriebenen Zusammenhang überhaupt nicht sinnvoll operieren. "Gerechtigkeit" würde bedeuten, die Tebaldi als das zu würdigen, was sie war: als außergewöhnliche Sopranistin, die viele Rollen unverkennbar gestaltet hat, aber eben - wie alle anderen Sänger und Sängerinnen - ihre Vor-und Nachteile aufwies. Absolute Makellosigkeit kann es zumindest bei der menschlichen Stimme, egal wie technisch perfekt sie ausgebildet wurde, niemals geben, aber genau diese Makellosigkeit finde ich eher uninteressant.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Liebe Strana,


    Ich gebe zu, wir diskutieren hier über Leistungen auf höchstem Niveau, aber gerade deine Äusserung, das Renata Tebaldi "viele Rollen unverkennbar gestaltet habe", möchte ich doch stark in Zweifel ziehen. Sicherlich ist die Stimme immer technisch sauber geführt und abgesehen von der Tophöhe sind es auch immer schöne Töne (die Meinung Toscaninis von der "Engelstimme" lässt sich häufig nachvollziehen!).
    Aber von Gestaltung der jeweiligen Parrtien ist sie im Vergleich mit Konkurrentinnen wie der Callas und meiner Favoritin Magda Olivero doch weit entfernt.
    Aber ich gestehe zu, dass ich bei den Tenören auch nicht so konsequent bin. Meine Favoriten (Alfredo Kraus im Französischen Fach und Carlo Bergonzi im italienischen) sind, wie ich durchaus gestehe, auch nicht die grössten Darsteller gewesen. Nur ist für mich bei den letztgenannten die technische Souveränität derart gross, dass ich allfällige gestalterische Defizite absolut verzeihe.
    Trotzdem, mit Kestings Einschätzung bin ich bei fast allen Sängern übereinstimmend, und wenn ich die Meinung nicht teile (so kommt mir z.B. Windgassen viel zu schlecht, Araiza viel zu gut weg), so kann ich sie doch mindestens nachvollziehen.


    MfG

  • Hallo m.joho,


    gut, das Wort "gestalten" im engeren Sinne, also durch Schattierungen, Farben, Ausdrucksnuancen wäre bei Renata Tebaldi sicherlich nicht ganz das richtige Wort, das sehe ich ein. Aber ich meinte auch eher den "persönlichen Stempel", den ich aus ihren Rollenportraits schon heraushöre. Für mich ist einerseits dieses Engelhafte, andererseits aber auch wieder das beinahe naturalistisch Anmutende, z.B. ihr "Orrore" im ersten Akt der Forza. Dieser Gegensatz ist mir z.B. immer als etwas Besonderes aufgefallen.

    "Tatsachen sind die wilden Bestien im intellektuellen Gelände." (Oliver Wendell Holmes, 1809-94)

  • Hallo Strano Sognator,


    nachdem ich heute "Die lustige Witwe" in einer Aufnahme von den Bregenzer Festspielen 1968 in schwarz-weiß gesehen habe, kommt mir Dein Avatar so bekannt vor - nur 1968 war es schon leicht ergraut für die Rolle des Mikro Zeta, aber bestens bei Stimme der Helge!


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose