Sachari Petrowitsch Paliaschwili: Abessalom und Eteri

  • Kennt jemand diese in Mitteleuropa praktisch komplett unbekannte georgische Oper, der allerdings sogar die Bezeichnung "die georgische Nationaloper" zuteil wird? Es gab einmal eine DG-Aufnahme von Abessalom und Eteri, behauptet zumindest Karsten Steiger in seinem Opernaufnahmenverzeichnis, die aber nur auf Schallplatte erschienen ist. Nicht einmal die Handlung konnte ich herausfinden, lediglich die Personen und deren Stimmverteilung:


    Abio (Bs)
    Natela (Ms)
    Abessalom (T)
    Maricha (S)
    Eteri (S)
    Murman (Br)
    Naana (Ms)
    Tandaruch (T)
    Ein Gast (T)
    Der Haushofmeister (Bs)
    Eteris Stiefmutter (Ms)


    Jetzt habe ich allerdings von meiner Nachbarin, die glücklicherweise eine sehr gute Freundin der Tochter (die selbst Sängerin ist) jener Sängerin, die auf der DG-Aufnahme die Maricha sang, eine auf MC überspielte Aufnahme geborgt bekommen, die sie wiederum von der bewussten Tochter erhalten hat. (wäre es einfacher gewesen, Namen zu nennen?) Ich hatte nur noch nicht wirklich Zeit, alles anzuhören - vom ersten Reinhören habe ich jedenfalls den Eindruck einer russisch inspirierten, folkloregeprägten spätromantischen Oper erhalten.



    edit: Während ich mir jetzt die Kassette anhöre (der Tenor klingt schrecklich!), habe ich im Internet weiterhin gesucht und hab schließlich eine sehr knappe Inhaltsangabe auf Englisch gefunden, die - jetzt von mir weiter gekürzt und übersetzt - etwa folgendes besagt:
    Eteri ist ein armes Mädchen, das von ihrer Stiefmutter miserabel behandelt wird. Eines Tages aber finden der Zarewitsch Abessalom und sein Freund Murman Eteri schlafend, und beide verlieben sich aufgrund ihrer großen Schönheit in sie.
    Weiter geht es auf die für Opernfreunde gewohnte Manier:
    Abessalom und Eteri heiraten, Murman schenkt zur Hochzeit eine kleine, reichverzierte Schatulle, die Eteri auf magische Weise krank macht. Murman erklärt dann, er könne die Krankheit heilen, wenn er dafür Eteri zur Frau bekäme. Schweren Herzens willigt Abessalom ein. Eteri aber gefällt es bei Murman nicht, und sie ist auch sauer auf Abessalom, der Murman mit einem Auftrag ins Ausland geschickt hat, um sich ihr ungestört nähern zu können. Sie weist ihn zurück, und als sie auf Drängen von Abessaloms Mutter und Schwester schließlich nachgibt und zu ihm eilt, ist er vor Liebe schon fast gestorben, und Eteri begeht über seiner Leiche Selbstmord. :rolleyes:

  • hallo, ja ich habe die oper auf schallplatte (falls ich sie nicht zischenzeitlich verkauft haben sollte), sie aber auf jedenseit jahren nicht mehr gehört... fand sie damals recht in meiner begeisterung für russ. musik recht nett ... nicht mehr aber auch nicht weniger :rolleyes:
    wie kann ich helfen ?
    grüße

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Naja, "helfen"... Ich wollte nur mal erheben, wie sich den der Verbreitungsgrad dieser Oper ausnimmt. ;)
    Dafür, dass es die georgische Nationaloper ist und sogar die georgische Staatshymne der Musik dieser Oper entnommen ist, ist sie hier im Westen sehr unbekannt. Könnte freilich damit zusammenhängen, dass zur Entstehungszeit des Werkes bereits der Kommunismus herrschte, aber den russischen Komponisten jener Epoche hat der doch auch nicht gravierend geschadet!
    Ich fand die Oper auch ganz nett, es ist kein Geniestreich, aber es gibt meines Erachtens schlechtere Opern, die viel häufiger gespielt werden... Die Ouvertüre und die Arie der Eteri kurz darauf sind wirklich gelungen, auch die Balettmusik im zweiten Akt ist sehr hübsch - das könnte ein Opernintendant einmal wiederentdecken, finde ich.
    Nur der Tenor, der den Abessalom auf der Aufnahme singt, gefällt mir nach wie vor nicht!

  • Lieber Philhellene

    Abessalom und Eteri gehört zu meinen zehn Lieblingsopern.

    Es handelt sich um keine russische Oper. Sie wird in grusinischer Sprache
    gesungen und gehört dem kaukasischen Kulturkreis an. Der kommunistische
    Einschlag fehlt vollkommen, da sie vor 1917 entstanden ist. Sie ist auch keine
    Folklore-Oper, sondern beruht auf alten Überlieferungen diverser kaukasischer Sprachgruppen

    Hier eine Inhaltsbeschreibung des Versepos, nicht des Librettos:

    Inhaltsangabe des Versepos "Eteriana"


    Eteri ist Vollwaise und hat eine böse Stiefmutter. Als armes Hirtenmädchen wartet sie auf einen Mann, der sie von ihrem
    schlimmen Los befreit.


    Der Prinz Abessalom kommt zufällig vorbei und ist von ihrer einzigartigen Schönheit fasziniert, so dass er sie am liebsten gleich heiraten möchte. Dem Wesir Murman gefällt das Mädchen auch und er missgönnt dem Prinzen das Glück.
    Die Seele seiner Mutter verkauft Murman dem Teufel und erhält als Gegenleistung einen Beutel Hirse.
    Damit bestreut er das Mädchen, welches darauf von Ungeziefer befallen wird. Eteri erkrankt schwer. Absalom kann das schreckliche Schicksal seiner Braut nicht ertragen und stirbt nach der letzten Begegnung vor Kummer. Die verzweifelte Eteri begeht Selbstmord mit dem Dolch, den Abessalom ihr einst geschenkt hat.
    Die Anwesenden sind erschüttert und hoffen auf eine Wiedervereinigung der Liebenden im Himmel. Auf dem Grab von Eteri blühen Veilchen und eine Rose.


    Der Inhalt des Librettos ist etwas anders. Ein Beutel mit Hirse passt nicht, da muß schon ein Halsschmuck her. Abessalom riecht den Braten und schickt seinen Wesir nach Indien, Heilwässerchen einkaufen, damit es ihm wieder besser geht und er Eteri zurückbekommt.

    Eteri ist freiwillig im Haus Murmans, weil sie auf ihre Bitten von Abessalom verstoßen wurde. Ihre Schönheit erhält sie von Murman wieder zurück, der sich schwarz ärgert, weil er nach Indien verreisen soll.


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    Ich würde mich sehr freuen, die Oper auch einmal hier in Hamburg erleben zu dürfen.


    Das liegt durchaus im Bereich des Möglichen, wenn die Oper von Tiflis auf Tournee geht und ein Gastspiel gibt. Das Kirov-Theater war schon oft hier.

    Paliaschwilli war dem "Mächtigen Häuflein" nicht wohl gesonnen, sondern verfolgte die Linie über Tschaikowski - Tanejew. Letzterer war sein Lehrer. Er verfolgte das Ziel, das Fenster nach Westen weit zu öffnen. Das Opernhaus in Tiflis hat eine gewaltige Tradition, König Herakles von Grusinien (gestorben 1882) saß in der großen Loge, wenn die weltweit bekannten großen Sänger der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mit Verdi und Donizetti antraten.

    Die Oper Abessalom verfügt über ein hochpoetisches Textbuch. Der Handlungsfaden st streng logisch aufgebaut und hat keine Brüche oder Ungereimtheiten. Die Musik ist emotional und überschwenglich, verteilt sich gleichmäßig auf Solisten und Chöre. Zum Inszenieren hat der Ausstatter jede Menge Spielraum, ist natürlich eine Frage des Budgets.

    Die Bezeichnung "National Oper" halte ich durchaus für angebracht.
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    Ich kann jetzt überhaupt nicht nachvollziehen, lieber Philhellene, weshalb Dir der Tenor überhaupt nicht gefällt, räume aber ein, daß er zu Beginn ein bisschen "eindringlich" klingt, was sich aber im Laufe der weiteren Plattenseiten verliert. Es handelt sich hier um Herrn Zurab Sotkilava, von dem Sony auf CD (Bestell-Nr. SMK 57653) ein Recital
    herausgebracht hat. Auf diesem kann der Schmusetenor (Richtung Marcelo Alvarez) seinen hinreißenden Schmelz voll entfalten. Kernpunkt des Sängerpotraits ist die elf-Minuten Szene Marina - Dimitri aus Boris Godunov, die er mit Temperamentsknubbel Makvala Kasraschwili durchzieht.
    Weitere Opernarien mit ihm: Eugen Onegin, Jolanthe, Pique Dame und Sadko, dazu etwas russische Folklore (Oh Nastasia usw.), kein Don
    Kosaken-Gealber.

    Die ihnen bekannte Interpretin, welche die Marich gesungen hat, ist Frau Lamara Tschokonija.

    Hier nun die Besetzungsliste der Melodiaeinspielung, die 1979 von der DGG vom Band übernommen und technisch aufgemotzt wurde.
    Schachtel und Textbuch mit vielen Bildern sind opulent gestaltet.

    Abio, König Iraklij Schuschanija (Bass)
    Natela, Königin Liana Tatischwili (Mezzosopran)
    Abessalom, Kronprinz Surab Sotkilava (Tenor)
    Marich, seine Schwester Lamara Tschonija (Sopran)
    Eteri, Hirtenmädchen Zisana Tatischwili (Sopran)
    Murman, Wesir Schota Kiknadse (Bariton)
    Naana, Murmans Mutter Olga Kuszenowa (Mezzosopran)
    Tandaruch, Heerführer Abrek Pirzchalawa (Tenor)
    Stiefmutter (fehlt in der Besetzungsliste)

    Großer Chor und Großes Sinfonie-Orchester
    des Rundfunks der UdSSR
    Dirigent: Didim Mrzchulava

    Also, lieber Philhellene, ich melde mich bei Tamino mit
    eigenem Beitrag in Form einer kilometerlangen Inhalts-
    angabe, um zu erreichen, daß auch andere Taminianer Feuer
    fangen werden. Ich denke es ist eine Frage der Zeit, daß DDG
    die Oper auf CD überspielt. Der absolute Traum wäre eine
    Neueinspielung aus Georgien auf DVD.

    Engelbert

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