Beethovens Neunte — Wer waren/sind die besten Solisten?

  • Die Idealinterpreten unzähliger Opernpartien haben wir bereits gesucht. Heute soll es um die vielleicht berühmteste Symphonie mit Solisten gehen: Beethovens Neunte. Threads allgemein zur Neunten gibt es ja bereits genügend. Hier geht es alleine um die Solisten.


    Gesucht ist die Idealbesetzung für Sopran, Alt, Tenor und Baß. Viele Aufnahmen der Neunten kranken an mindestens einer suboptimalen Besetzung.


    Wer sind eure Favoriten?


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Sopran: Erna Berger, Elisabeth Schwarzkopf, Jessye Norman


    Alt: Gertrude Pitzinger, Elisabeth Höngen, Brigitte Fassbaender


    Tenor: Helge Rosvaenge, Ernst Haefliger, Josef Traxel


    Baß: Rudolf Watzke, Josef Greindl, Matti Salminen

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Sopran: Gundula Janowitz, Lorengar, Studer, Donath
    Alt: Minton, Fassbeander, Berganza, Schwarz
    Tenor: Anders, Wunderlich, Hollweg, Kmentt, de Ridder, Gedda
    Baß: Talvela, Sotin, Moll, Ridderbusch, Crass





    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Sopran: CLARA EBERS, THERESA STICH-RANDALL, PILAR LORENGAR


    Alt: MARGA HÖFFGEN, HILDEGARD RÖSSEL-MAYDAN


    Tenor: JOSEF TRAXEL, WALTER LUDWIG


    Bass: FERDINAND FRANTZ, OTTO WIENER


    Gruß


    wok

  • Habe ich die Eingangsfrage falsch verstanden? Ich glaubte, Aufnahmen der IX. mit (möglichst) optimalem Sängerquartett sollten vorgestellt und erörtert werden Und was lese ich?


    Einzelne Namen in den Stimmlagen S/A/T/B.


    Da ich noch nie ein Hehl daraus gemacht habe, Fritz Wunderlich als einen außergewöhnlichen Sänger zu bewundern, möchte ich deshalb die mir bekannten Aufnahmen der IX. erwähnen, bei denen der Künstler mitgewirkt hat.


    17. Juli 1955


    Studioaufnahme der Stuttgarter Philharmoniker, Ltg. Isaie Diesenhaus.


    Franziska Wachmann, Sopran
    Margarethe Bence, Alt
    Fritz Wunderlich, Tenor
    Otto von Rohr, Bass


    7. Juni 1960


    Konzertmitschnitt von den Wiener Festwochen, London Philharmonic Orchestra, Ltg. Otto Klemperer


    Wilma Lipp, Sopran
    Ursula Boese, Alt
    Fritz Wunderlich, Tenor
    Franz Crass, Bass


    13. April 1962


    Aufführungsmitschnitt aus dem Funkhaus Frankfurt/M. Sinfonieorchester des Hess. Rundfunks, Ltg. Dean Dixon


    Shige Yano, Sopran
    Marga Höffgen, Alt
    Fritz Wunderlich, Tenor
    Theo Adam, Bass


    19. Oktober 1962


    Konzertmitschnitt von den Wiener Festwochen, Wiener Symphoniker, Ltg. Karl Böhm


    Irmgard Stadler, Sopran
    Hilde Rössel-Majdan, Alt
    Frirz Wunderlich, Tenor
    Eberhard Waechter, Bariton


    24. August 1965


    Konzertmitschnitt von den Salzburger Festspielen, Wiener Philharmoniker, Ltg. Karl Böhm


    Pilar Lorengar, Sopran
    Cvetka Ahlin, Alt
    Fritz Wunderlich, Tenor
    Walter Berry, Bassbariton


    Üblicherweise heißt es: Wer die Wahl hat, hat die Qual. Hier jedoch ist die Sache anders. Zum einen kann man die wunderliche Entwicklung einer einmaligen Tenorstimme erleben, wenn man die Gesangspassagen nacheinander anhört. In Stuttgart noch jugendlich verhalten, fast schüchtern, nicht verwunderlich, wenn man bedenkt, daß der Sänger bei dieser aufnahme noch keine 25 Jahre alt ist. Bereits ab Klemperer läßt sich der metallische Schmelz erkennen, die 65er Böhm-Aufnahme gelingt tenoral meisterhaft.


    Über die Sopran- und Altstimmen will ich mich nicht einzeln auslassen. Frauenstimmen sind ohnehin sehr persönliche Geschmacksache, der meinige wird von Wachmann/Bence sowie Lipp/Boese bei ihren Soli sehr gut getroffen.


    Bleiben noch die Tieftöner.


    Vorneweg: Am stimmschönsten für mich singt mit großem Abstand - wen wunderts?- Franz Crass. Er trifft auch den Schiller-Beethoven-Gedanken ideal. Im Rahmen seiner Möglichkeiten bleibt Otto von Rohr, der langjährige Stuttgarter Hausbass. Theo Adam hat auch seine Bewunderer, ich gehöre nicht dazu. Mir klingt er zu fahl. Eberhard Waechter und Walter Berry waren großartige Sängerdarsteller und durch viele Partien unsterblich geworden. O Freunde, nicht diese Töne... waren im wahrsten Sinne des Wortes auch nicht die ihrigen.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Darf ich das sagen, ohne hier von allen gelyncht zu werden? Die neunte ist eine tolle Sinfonie - ich als Dirigent würde den letzten Satz weglassen, wie es im 19. Jahrhundert oft geschah. Die Chöre - schrecklich anzuhören, alles viel zu hoch, viel zu schrill, viel zu laut. Die Solisten?
    Gut, Gundula Janowitz als Sopran lasse ich gelten, aber alle Baritone, Bässe, was für ein unwürdiges Gegrummel. Den Alt hört man sowieso nicht und die Tenöre? Ach, schweigen wir davon.

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Darf ich das sagen, ohne hier von allen gelyncht zu werden? Die neunte ist eine tolle Sinfonie - ich als Dirigent würde den letzten Satz weglassen, wie es im 19. Jahrhundert oft geschah. Die Chöre - schrecklich anzuhören, alles viel zu hoch, viel zu schrill, viel zu laut. Die Solisten?
    Gut, Gundula Janowitz als Sopran lasse ich gelten, aber alle Baritone, Bässe, was für ein unwürdiges Gegrummel. Den Alt hört man sowieso nicht und die Tenöre? Ach, schweigen wir davon.


    Lieber Dr., das soll wohl bewusst provokant sein. Ich kann das nicht ernst nehmen. Die "Neunte" hat ihren unbestrittenen Stellenwert vor allem durch den für mich grandios komponierten Schluss-Satz einschl. des dazu sehr passenden Schiller-Textes.
    Wo ich halbwegs mitgehe, das sind die Solisten. Ich verfolge die Musik gerne anhand der Partitur, habe auch das Werk in verschiedenen Einspielungen kürzlich gehört und stelle immer wieder fest, dass sehr selten notengetreu gesungen wird. Das fängt beim Bass an, und setzt sich auch in der Tenoreinlage fort. Die Frauenstimmen sind im allgemeinen sattelfester, den Alt hört man doch raus, z.B. ab Takt 269-272 oder Takt 300-304 , wo er ohne Sopran zu hören ist. Den Sopran messe ich daran wie er das hohe h in Takt 841 bewältigt ("wo dein sanfter Flühügel weilt").


    Weil das so ist, fällt es mir schwer, hier Namen zu nennen.


    Beste Grüße


    :hello:


    Manfred

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Darf ich das sagen, ohne hier von allen gelyncht zu werden? Die neunte ist eine tolle Sinfonie - ich als Dirigent würde den letzten Satz weglassen, wie es im 19. Jahrhundert oft geschah. Die Chöre - schrecklich anzuhören, alles viel zu hoch, viel zu schrill, viel zu laut. Die Solisten?
    Gut, Gundula Janowitz als Sopran lasse ich gelten, aber alle Baritone, Bässe, was für ein unwürdiges Gegrummel. Den Alt hört man sowieso nicht und die Tenöre? Ach, schweigen wir davon.


    Das ist ja toll!
    Niemals wäre ich auf diese Idee gekommen. Aber wenn ich es lese, komme ich schwer ins Grübeln. Wir habe da ja eine komplette Synfonie. Und es ist keine schlechte! Und dann kommt etwas hinterher, und zwar aber hallo! Und was der Herr Dr. Kartoffelchips da schreibt eröffnet eine völlig neue Sichtweise. Ich liebe die 9. als das Nonplusultra der Musik. Aber ich finde den Gedanken sehr reizvoll, dass man das Ganze teilen kann.


    Ich bin ganz aufgeregt und werde wenn möglich das Werk noch mal ganz neu hören.


    Danke
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Die Einwände gegen den Finalsatz habe ich meiner Lebtage noch nicht verstanden und werde es wohl auch nie können. Es gibt mehr als ausreichend Solisten, die den (gewiß hohen) Anforderungen Beethovens mit Bravour Herr wurden. Man sollte nicht von mittelmäßigen Aufnahmen auf das Werk schließen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Aus meiner Sicht stehen die Ensembles


    Gundula Janowitz, Sopran, Hilde Rössl-Majdan, Alt, Waldemar Kmentt, Tenor, Walter Berry, Bass (Karajan, 1962) und Irmgard Seefried, Sopran, Maureen Forrester, Alt, Ernst Haefliger, Tenor und Dietrich Fischer-Dieskau, Bariton (Fricsay, 1958) ganz weit vorn.


    Liebe Grüße


    Willi :)


    P.S. Mir geht es auch so, lieber Joseph.

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Lieber Dr. Pingel,


    du brauchst wirklich keine Angst zu haben, gelyncht zu werden, nur weil du der Welt mit deinem Beitrag Nr. 6 eine Mißgeburt geschenkt hast.


    Es gibt wahrlich Schlimmeres.

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Lieber Dr. Pingel,


    du brauchst wirklich keine Angst zu haben, gelyncht zu werden, nur weil du der Welt mit deinem Beitrag Nr. 6 eine Mißgeburt geschenkt hast.


    Amfortas redivivus?

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Nur damit wir uns nicht missverstehen, lieben dr.pingel: du siehst dich doch nicht selbst als wiedergeborenen Amfortas an, oder? Im Ernst- den Beitrag kannst du doch nicht ernst gemeint haben, oder? Wenn du einen Alt im Finalsatz nicht hören kannst, oder die Baritone und Bässe nur herumgrummeln und man von den Tenören sowieso schweigen muss, dann hast du bisher nur drittklassige Aufführungen gehört oder schlecht aufgenommene CD's, so wie ich gestern eine grauslich aufgenommene Mozart-Requiem-Aufnahme von den Salzburger Festspielen gehört habe.
    Wenn du dich auf das dramatische Geschehen in diesem Finale einlässt und Solisten von internationalem Standard am Werk sind, ist dieser Satz einer der ergreifendsten in der ganzen Musik.


    Liebe Grüße und ein langes Leben


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • LIeber Willi!
    ich finde, dass sich das nicht widerspricht. Auch ich finde, dass der letzte Satz vielleicht den Höhepunkt überhaupt der Musik darstellt. Trotzdem finde ich den Gedanken von Onkel Dokter spannend. Als theoretisches Gedankenspiel.
    Ich bin nicht wirklich in der Lage, mir das vorzustellen, weil ich das 4sätzige WErk einfach zu oft gehört habe. ABer allein die Frage, was wäre das für eine Synfonie, wenn der Choral fehlte, die ist doch interessant!
    Tschö
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.

  • Natürlich meine ich das ernst, dass ich den Schlusssatz von Beethovens Neunter für misslungen halte, und dass schon von der Komposition her, sodass es eben halt auch so gut wie nie eine anständige Aufführung davon gibt. Außer bei Herreweghe habe ich noch nie eine gehört. Warum ist denn Beethoven und dieser Satz so sakrosankt bei Euch, dass jeder hier meint, mir erklären zu müssen, wie falsch ich doch liege. Im Gegenzug bestreite ich doch keinem hier, diesen Satz großartig zu finden. Das alles hat natürlich mit meiner Biographie und meinen musikalischen Vorlieben zu tun. Ich kenne natürlich die wichtigsten Sinfonien (und die Neunte, Sätze 1-3, besonders 2, das ist der Himalaja!), aber ich bin Chorsänger und kenne eine große Menge Chorliteratur und habe sie auch z.T. selbst gesungen, die 9. allerdings nicht. Und da ist meine Meinung, dass Beethovens und auch Mahlers Stärke, verglichen mit den Giganten der Musikgeschichte in Bezug auf Chormusik wie Schütz, Monteverdi, Bach und Mendelssohn nicht die Chorkomposition war. Mehr ist es nicht und auch nicht weniger; eure Meinung ist da gar nicht tangiert. Ich finde, dass man auch die großen Komponisten kritisieren darf. Eine ähnliche Einstellung habe ich zur Chormusik (besonders den Messen) der Klassik. Aber das ist ein anderes Thema.
    Eins muss ich euch allerdings zugeben, da hast du Recht, lieber Williiam: ich habe es zu flapsig und etwas zu provokant formuliert, da wird man dann leicht missverstanden. Das tut mir dann doch leid, denn Amfortas ist natürlich nicht mein Vorbild, und der Ton hier ist doch respektvoll. Diesen Respekt möchte ich auch Beethoven natürlich nicht versagen, daher ist der Ausdruck Missgeburt hier tatsächlich nicht angebracht

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Wenn der großartige letzte Satz wegfällt,


    ist die Neunte eine Sinfonie wie alle anderen.


    Dann muß der dritte Satz an die zweite Stelle rücken


    und der zweite Satz wäre der Schlußsatz.


    :hello: Herbert

    Tutto nel mondo è burla.

  • Ja, lieber Herbert, das ist eine tolle Idee, an die ich noch nie gedacht habe, aber die mich überzeugt. Oder man macht es so: im Choralsatz sind es ja eher die Solisten und der Chor, die mich stören. Die orchestrale Einleitung, in der er alle drei vorigen Sätze noch mal zusammenbindet, in ein Geniestreich sondergleichen. Wäre ein guter Schluss, aber kaum zu verwirklichen ohne Bearbeitung, sodass ich die Lösung von Herbert optimal fände. Wäre doch mal ein Experiment wert!

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Dass ein Stück schwer auszuführen ist, spricht wohl kaum gegen seine Qualität. Dafür dass Beethoven bei der Komposition der 9. und der Missa solemnis taub war, halten sich die Schwierigkeiten in Ausführung und Balance der Klanggruppen in Grenzen.
    (Eine Passage, bei der ich nicht genau weiß, ob es wirklich funktionieren kann, ist das "Pleni sunt coeli" in der Missa, das wird manchmal den Chorstimmen gegeben, es sind aber nur die Solisten vorgeschrieben, + ziemlich volles Orchester. Wenn man das Orchester zähmt, wirkt es nicht ausreichend jubelnd)
    Kleingeister von L. Spohr bis E. Baumgartner hatten Schwierigkeiten mit dem Chorfinale, man ist da in guter Gesellschaft, und das haben wir in anderen threads auch schon ausreichend diskutiert. Ich hatte die Eingangsfrage allerdings auch so verstanden, dass man nicht in erster Linie favorisierte Einzelstimmen aufzählen sollte, sondern Interpretationen, in denen das Quartett als ganzes sehr gut besetzt ist und homogen zusammenklingt. Das ist meiner Erinnerung nach schon eher selten. Zumal besonders bei älteren Aufnahmen auch noch Abmischungs/Balance-Schwierigkeiten dazukommen können. So "verkleinert" sich in Fricsays DG-Aufnahme das Orchester plötzlich bei der etwas quiekig klingenden "Schreckensfanfare" bzw. zieht in den Nebenraum um und ein paar Minuten später sitzt einem Fi-Di sozusagen akustisch auf dem Schoß... :huh:


    Ich habe aber keine Lust, das jetzt 10mal nachzuhören.
    Schlüsselstellen: Bass/Bariton: Rezitativ & erste Strophe
    Alle, besonders die hohen: 3. Strophe ("Freude trinken alle Wesen", das muss freudig bewegt und ekstatisch klingen, aber wirkt oft recht mühsam, weil es wohl ziemlich schwierig zu singen ist)
    Tenor: "Froh, wie seine Sonnen..." klar
    alle, besonders Sopran/Tenor, Coda: "...wo dein sahahahahah-hanfter Flügel weilt..."

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Dass der letzte Satz nicht von allen Geistern jeder Zeit als gelungen angesehen wurde, dürfte sich herumgesprochen haben. Es bedarf hier wirklich des zusammenhangstiftenden Geistes eines großen Dirigenten, damit dieser Satz seine Wirkung entfaltet.


    Kleingeister von L. Spohr bis E. Baumgartner hatten Schwierigkeiten mit dem Chorfinale,


    Na na na ... wer J. S. Bachs Ansehen zu dessen Lebzeiten in den Himmel schreibt, dürfte Louis Spohr gerechterweise auch keinen "Kleingeist" nennen. Wikipedia weiß:


    " ... neben dem Italiener Niccolò Paganini zählt er zu den größten Geigern seiner Zeit. Spohr war bereits zu Lebzeiten eine Berühmtheit und galt von Webers und Beethovens Tod (1826 bzw. 1827) bis zum Durchbruch der Werke Schuberts, Mendelssohns und Schumanns ab Mitte der 1840er Jahre als der bedeutendste lebende deutsche Komponist."


    Und hier noch das Zitat Spohrs:


    „Ich [...] gestehe frei, daß ich den letzten Arbeiten Beethovens nie habe Geschmack abgewinnen können. Ja, schon die viel bewunderte neunte Symphonie muß ich zu diesen rechnen [...], deren vierter Satz mir [...] monströs und geschmacklos und in seiner Auffassung der Schiller’schen Ode so trivial erscheint, daß ich immer noch nicht begreifen kann, wie ihn ein Genius wie der Beethoven’sche niederschreiben konnte. Ich finde darin einen neuen Beleg zu dem, was ich schon in Wien bemerkte, daß es Beethoven an ästhetischer Bildung und an Schönheitssinn fehle.“


    Wikipedia weiß: Giuseppe Verdi monierte, das Finale sei „schlecht gesetzt“.


    :hello:

  • Dass der letzte Satz nicht von allen Geistern jeder Zeit als gelungen angesehen wurde, dürfte sich herumgesprochen haben. Es bedarf hier wirklich des zusammenhangstiftenden Geistes eines großen Dirigenten, damit dieser Satz seine Wirkung entfaltet.

    Die ungeheure Wirkung des Satzes auf musikalisch unbedarfte Hörer (u.a. regelmäßig hunderttausende zum Jahreswechsel, nicht nur in Japan) spricht im Gegenteil doch eher dafür, dass es ziemlich schwierig ist, diese Wirkung nicht zu entfalten, oder?
    Das ist auch kein so großes Wunder, da der Satz u.a. durch strophische Wiederholungen und gut erkennbare Variationen einer faßlichen Melodie gekennzeichnet ist, was auch vom Anfänger leicht wiedererkannt wird (während ihm egal ist, ob die Chorsoprane Mühe haben, bzw. er das gar nicht bemerkt).



    Die Kleingeistigkeit zeigt sich doch in den Zitaten zur Genüge. Dem widerspricht nicht, dass er ein ziemlich bedeutender Komponist gewesen ist, nur fehlte ihm offenbar das Verständnis für das Außerordentliche Beethovens. Das ging sogar Weber so (er meinte schon bei der 7., Beethoven sei nun reif fürs Narrenhaus), der ein originellerer Komponist als Spohr war. Böswillig könnte man sagen, dass ein Stück des späten Beethoven mißlungen wäre, wenn es mit Spohrs Vorstellungen kommensurabel gewesen wäre. :D (Die Empfindung des Erhabenen ist die ästhetische Reaktion auf das Unendliche, Unmeßbare. Das entspricht ziemlich genau dem, was Beethoven in (allen Sätzen) seiner Neunten ausdrückt.)


    Weniger polemisch: ich halte es für wenig überraschend, dass Zeitgenossen, die von Stil und Temperament her divergieren, der Musik der jeweils anderen verständnislos gegenüberstehen. Wir wissen nicht, was Beethoven von Schuberts späten Werken oder von Webers "Euryanthe" gehalten hätte. (Irgendwo las ich einmal, dass die meisten Komponisten sich ab einem gewissen Alter ernsthaft eh nur noch für ihre eigene Musik interessieren; bei Beethoven trifft das ziemlich sicher in seinen letzten 15 Lebensjahren zu. Die einzigen Komponisten, die ihn dann noch interessierten, waren Bach und Händel; Mozarts, Haydns und Einflüsse anderer Zeitgenossen hatte er schon lange vorher aufgesaugt.)


    (Und Bachs Ansehen habe ich nicht "in den Himmel geschrieben", sondern mich um eine realistische und differenzierte Sichtweise bemüht, basierend auf zeitgenössischen Quellen, nicht auf Legenden oder heutigen Vorstellungen, was ein angemessenes Ansehen für Bach hätte gewesen sein sollen. So wie es sich mir darstellt, waren in Expertenkreisen von deutschsprachigen Komponisten allein Händel und Telemann verbreitet höher angesehen, und vielleicht noch zwei oder drei ähnlich wie Bach, wobei zwischen 1720 und 1750 diese drei evtl. komplett ausgetauscht wurden, während Bach sein Ansehen, ungeachtet seines tendenziell altmodischen Stils halten konnte.)

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Tamino XBeethoven_Moedling Banner
  • Tamino Beethoven_Moedling Banner