Neue "klassische" Opern?

  • Gibt es eigentlich heute (im Sinne von "letzte 50 Jahre bis heute") Komponisten, die "klassische" Opern schreiben? Ich meine keine "modernen" Opern, sondern Opern, denen man weder ansieht, noch anhört, dass sie NICHT aus dem 18.-20. Jahrhundert kommen.

  • Lieber Orange,


    versuche doch einmal an die Oper "Marius et Fanny" von Vladimir Cosma als CD oder DVD zu kommen (ich selbst habe sie aus einer Fernsehübertragung mit Angela Gheorgiu und Roberto Alagna als Hauptdarsteller und den ebenso reizenden Darstellern Jean-Philippe Lafond als Cèsar und Marc Barrard als Panisse. Sie ist 2007 im Marseille uraufgeführt worden. Eine Inhaltsangabe davon habe ich für den Tamino-Opernführer verfasst. Einige Ausschnitte davon findest du auch auf youtube.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Habe ich soeben nachgelesen und bei Youtube reingehört: Genau soetwas meine ich! Soetwas aus 2007, das lässt mich hoffen, dass der Faden guter Werke niemals wirklich abreisst.


    Wer hat noch Vorschläge/Entdeckungen/Hinweise? Vielleicht was italienisches?

  • Menotti.
    Wobei ich nur die "Kinderoper" "Hilfe, hilfe, die Globolinks" mal gesehen habe. Aber meines Wissens sind seine restlichen Opern auch sehr zugänglich.
    Und natürlich Musicals.
    Wobei ich nicht so recht weiß, warum irgendjemand neue Opern im alten Stil benötigt, wenn von den hunderten oder tausenden von alten Opern etwa zwei dutzend mehr als die Hälfte (vermutlich noch mehr) der Aufführungen ausmachen und nur 50 oder so einigermaßen regelmäßig gespielt werden.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Auch wenn ich hier vielleicht ein bisschen am Thema vorbei bin, möchte ich dennoch ein paar Zeilen dazu schreiben.
    Das Thema hat mich in meiner Jugend fasziniert, weil ich meinte, irgendwann sei der Fundus existierender anhörbarer Opern erschöpft, und was spräche eigentlich dagegen, im (damals noch) 20. Jahrhundert, Opern zu schreiben, die sich der musikalischen Sprache des 18. oder 19 Jahrhunderts bedienten....
    Inzwischen weiß ich, daß an den Opernhäusern der Welt immer wieder die etwa 70-100 gleichen Opern zur Aufführung gebracht werden, die meisten Werke liegen ungehört in den Archiven, wobei man vermutlich von vielen nicht einmal weiß, daß sie existieren. Kleinere Opernführer haben etwa 280-320 Opern zum Inhalt, der Harenberg - und er war beileibe nicht komplett - war stolz auf 550 Opern, die jedoch (meiner Meinung nach) so einseitig ausgewählt waren, daß man in der vorletzten oder letzten Auflage noch hudriwurdri (= schlampig und schnell, oberflächlich) 30 Barockopern hinzugefügt hat.
    Der Tamino Opernführer liegt derzeit etwa zwischen 650 und 680 Opernbeschreibungen - ist aber beileibe noch nicht komplett....
    Der Opernführer des Wiener Arztes Heinz Wagner mit dem Titel: "das Große Handbuch der Oper"

    enthält in seiner neuesten Auflage derzeit knapp 3000 Opern, (ich konnte die vorhergehende für 10 Euro günstig erstehen, die Neuauflage kostet 88.-- Euro). Interessanterweise gibt es aber immer noch Gesamtaufnahmen von Opern die hier nicht enthalten sind. Irgendwann habe ich gelesen, daß - es in den Archiven ca 40.000 (in Worten VIERZIGTAUSEND !!) vollendete Opern geben soll...
    Daraus ergibt sich, daß es wohl ein sehr gewagtes - um nicht zu sagen tollkühnes - Unterfangen wäre , heute Opern im alten stil zu schreiben. Denn das was da in den Archiven schlummert ist keineswegs nur zweite oder gar dritte Wahl. Da sind einige berühmte Nahmen darunter, deren Werke da verschimmeln........


    Bin gespannt - ob es dennoch solche Werke gibt.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    ja es stimmt, dass wohl kaum ein Opernführer alles erfassen kann, was an Opern in den Archiven schlummert und ab und zu wieder einmal aus der Versenkung hervorgehoben wird. Das genannte Opernbuch von Heinz Wagner ist das einzige, mir bekannte Werk dieses Umfangs. Ich besitze die Vorgängerausgabe mit ca 2500 Opern (davor hatte ich die mit etwa 1800 Werken, die ich dann einem anderen Opernliebhaber geschenkt habe). Beide hatte ich ebenfalls etwa zu dem von dir genannten Preis erstanden. Leider muss sich ein Werk dieses Umfangs oft auf sehr kurze und pauschale Beschreibungen beschränken. In dem wenigsten Fällen kann man anhand dieses Opernbuches den Inhalt der einzelnen Szenen nachvollziehen. Außerdem habe ich festgestellt, dass die Inhaltsangabe nicht immer mit meinem Libretto übereinstimmte. Konnte natürlich sein, dass es von bestimmten Werken noch andere Bearbeitungen gibt, von denen ich nichts weiß oder mit einem ins Deutsche übersetztem Libretto gearbeitet wurde, das häufig auch die Handlung der Originallibrettos etwas entstellt. Da ist der Tamino-Opernführer weit besser (durch den ich überhaupt erst auf Tamino gestoßen bin).
    Und einige Opern, von denen ich DVD's besitze (z.B. die zur Neueröffnung der Mailänder Scala inszenierte Salieri-Oper "L'Europa riconosciuta" oder die von mir in diesem Thema genannte "Marius et Fanny" von Cosma) fehlen. Es würde mich interessieren, ob die jetzige Ausgabe sie enthält, denn wahrscheinlich waren sie bei der Drucklegung meiner Ausgabe wegen des Zeitpunkts der Neuaufnahme bzw. des Uraufführungszeitpunkts noch nicht bekannt.


    Liebe Grüße
    Gerhard

    Regietheater ist die Menge der Inszenierungen von Leuten, die nicht Regie führen können. (Zitat Prof. Christian Lehmann)

  • Vielleicht ist es wirklich die Hoffnung auf ein Füllhorn unendlichen Opernvergnügens, auch wenn man sicher nicht alles wegzuhören vermag. Obwohl ich das immer wieder gespielte Repertoir noch nicht einmal im Ansatz vollständig kenne, suche ich immer nach den seltenen und unbekannten, das noch wiederzuentdeckenden Werken. Dies aber unter dem Vorhandenen! Dieser Beitrag war zielgerichtet auf das Neue im alten Gewand gemünzt.


    Jedoch impliziert die Frage nach der Existenz nicht etwa ein vorhandenen Bedürfnis!