2012 - Wilhelm Kempff und sein Beethovenbild

  • Zitat

    Wilhelm Kempff (* 25. November 1895 in Jüterbog; † 23. Mai 1991 in Positano, Italien) war ein deutscher Pianist, Organist und Komponist. Er gehörte zu den profiliertesten Pianisten des 20. Jahrhunderts.


    So steht es wörtlich bei WIKIPEDIA.
    Heute findest sich ein allgemeiner Thread im Tamino Klassikforum, der jedoch schon ein wenig in die Jahre gekommen ist.
    Auch mir ist Kempff - obwohl in meiner Sammlung doch etliche Male vertreten - ein wenig aus dem Focus geraten. Kempff gilt heute bei vielen als Vertreter einer nicht mehr zeitgemäßen Schule, verdrängt von "aggressiveren" Pianisten der folgenden Generationen, mit mehr Biss, also "zeitgemässer" (???)


    Neulich bei meiner Internet-Recherche fand ich ein paar Videoaufzeichnungen, welche mich persönlich sehr beeindruckten und mir vor Augen führten, welch musikalisches Genie ich (zu!!) lange Zeit vernachlässigt hatte



    Ich entschloss mich daher, vor einigen Tagen einen neuen Kempff-Thread zu starten, verschob dies aber dann, im Bewusstsein der Tatsache, daß es bereits einen solchen gibt, in daß die Wortmeldungen dort in letzter Zeit eher spärlich geworden waren....
    Heute jedoch wurde im Thread über die Schubert-Sonaten (zu Recht) beklagt, daß Kempffs Einspielungen zu wenig gewürdigt worden seien. Ich fasste daraufhin den Entschluss, einen neuen Kempff Thread zu wagen, der auf lange Sicht gesehen, der Beginn einer neuen Reihe werden soll. Dieser soll sich mit Kempff und seinen Beethoven Interpretationen befassen, einem wichtigen Segment in seinem Repertoire.



    Es sit ja bedauerlich, daß heutzutage vorzugsweise das Bild des greisen Kempff in unseren Köpfen herumgeistert, er bemühte sich in seinen mittleren Jahre darum, ein "moderner" Beethoveninterpret zu sein ......



    Die Deutsche Grammophon-Gesellschaft hat beide Zyklen seiner Beethoven Klaviersonaten im Programm, den neueren von 1965/66 und jenen zu Beginn der 50er Jahre in mono, wobei ich vereinzelt lesen konnte, daß so mancher dem Mono.Zyklus ("edles Mono"') den Vorzug gegenüber dem späteren gibt......


    Vielleich aber erreichen wir sogar, daß einige Vergleiche mit anderen Pianisten hier gepostet werden, wobei die Eigenarten und Vorzüge Kempffs in den Mittelpunkt gestellt werden sollten.


    Bei Interesse und akzeptabler Beteiligung soll in Folge ein ähnlicher Thread - mit dem Thema "Wilhelm Kempff und sein Schubertbild" folgen


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Für jemanden, der Wilhelm Kempff noch (mehrfach) im Konzertsaal erlebt hat, ist es erfreulich, dass man sich ihm hier in Form eines eigenen Threads widmet. Es stimmt, was oben aus Wikipedia zitiert wird: Kempff "gehörte zu den profiliertesten Pianisten des 20. Jahrhunderts."


    Und es ist zugleich richtig, dass er heute zwar nicht in Vergessenheit geraten ist, aber in der Reihe der "großen Pianisten" des zwanzigsten Jahrhunderts ein wenig in den Hintergrund getreten ist.


    Ich sehe zwei Gründe dafür. Der eine: Kempffs Auftritten ging alles Spektakuläre ab. Seinem Agieren am Flügel fehlte jeglicher Show-Effekt, er wirkte dort voll und ernsthaft auf seine "Arbeit" konzentriert.


    Der andere: Kempff war alles andere als ein "Donnerer". Im Gegenteil: Sein Anschlag war direkt, klar, überaus deutlich artikuliert und zugleich ein wenig zerbrechlich. Selbst bei Stücken, bei denen man von andere Pianisten den energischen Zugriff, die berühmte "Pranke" kannte, hörte man bei ihm einen vergleichsweise schlanken, dafür aber überaus deutlich strukturierten, nirgendwo verschwommenen Klavierton.


    Kann das damit zusammenhängen, dass Kempff aus einem Elternhaus kam, in dem schon der Großvater - und der Vater auch - Organisten waren?

  • Vielleicht etwas Persönliches: In meiner Jugend wurde ich mit Wilhelm Kempffs Aufnahmen geradezu überflutet. Es war so selbstverständlich für mich, daß Kempff die Werke der Wiener Klassik einspielt. daß ich dabei überhörte, welch großer Künstler hier am Werke war. Als ich die ersten Aufnahmen mit Wilhelm Backhaus in die Hände bekam, war das für mich eine willkommene Abwechslung - Kempff war vergessen....
    Im Rahmen meiner Sammlertätigkeit habe ich mich natürlich bemüht, eine Anzahl von Kempff CDs zu bunkern - gehört habe ich sie nur selten. Dennoch war es mir wichtig, daß ich sie hatte. Gesamtaufnahmen von Sonaten-Zyklen waren jedoch keine dabei, ich meinte, 4 bis 7 Sonaten von jedem mich interessierenden Komponisten und ein paar Klavierkonzerte seien genug - eine Dokumentation auf Lebenszeit.
    Vor einigen Tagen stieß ich im Rahmen meiner Recherche wieder auf einige Kempff- Aufnahmen. Und ich sah (hörte) sie plötzlich in völlig anderem Licht. Die Ausgewogenheit, der blühende Klavierklang und (auf Video zu sehen) ein Pianist, der sich nicht "produziert" oder "verwirklicht" - sondern einer, der seinem Spiel zuhört - und selbst fasziniert ist.
    Der Künstler scheint in einer anderen Welt - und wenn man der "Einladung" folgt, dann begibt man selbst sich ebenso dorthin.
    Im Rahmen meiner Recherche stieß ich darauf, daß sowohl Alfred Brendel als auch Joachim Kaiser Bewunderer Kempffs waren. Das lässt sich leider vom Wiener Tonträgerhandel nicht sagen. Kempffs Aufnahmen sind weitgehend aus den Regalen verschwunden. So ist es mir nicht gelungen in einem einst führenden Wiener Tonträgergeschäft einen der beiden weiter oben abgebildeten Beethoven Zyklen in den Regalen zu finden. Gut - dann werde ich mir einen via Versand besorgen (wo er zudem noch günstiger zu haben ist als in Wien) Inzwischen bin ich nämlich der Meinung, daß ich auf keine einzige Beethoven Sonate verzichten will, die Kempff eingespielt hat. Entgegen oft gehörter Meinungen gefällt mir der Stereo-Zyklus besser, obwohl Kempff Mitte der 60iger seinen Zenith angeblich schon überschritten hatte.(?)


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Meines Wissens war der Stereo-Zyklus beinahe im gesamten CD-Zeitalter erhältlich. Natürlich nicht alle CDs einzeln, aber auch eine ganze Reihe Sonaten (mit Namen versehene und späte). Der Mono-Zyklus aus der Mitte der 1950er ist ebenfalls seit langer Zeit zu haben.


    Ich besitze z Zt. nur eine CD aus dem Mono-Zyklus, die kurz einzeln erhältlich war, mit op.26, 27 und 28. Ich hatte außerdem ein paar andere Sonaten in stereo, die ich vor vielen Jahren, vielleicht vorschnell wieder abgegeben habe. Allerdings ist mir bislang die Attraktion Kempffs (und ebenso Backhaus') entgangen. Ich kann nur schwer nachvollziehen, warum diese beiden als Beethoven-Interpreten schlechthin galten (selbst wenn das Mitte der 1980er, als Kempff ja noch lebte, auch gepredigt wurde). Beide sind von einem "romantischen" Beethovenbild weit entfernt.
    Backhaus (um den es hier nicht geht) wirkt auf mich oft nüchtern bis zur Trockenheit.
    Kempff mag für die zu Unrecht vernachlässigte lyrische oder auch humorvolle Seite (die sich in der Mehrzahl der Sonaten zeigt, nur weniger in den berühmtesten) Beethovens ganz gut geeignet sein, "Feuer aus dem Geist schlagen", wie Beethoven sagte, ist eher weniger sein Fall.


    Ich habe jetzt op.27 1+2 angehört. Der Klang der Mono-Aufnahmen ist o.k., aber weniger gut als ich in Erinnerung hatte. op.27/1 ist ein sehr eigenartiges Stück. Mir ist Kempff hier am Anfang (einer sehr trivialen "Melodie" oder spielerischen Improvisation) zu schnell und zu "prosaisch. Das ist alles natürlich nicht schlecht, ebensowenig die Mondschein (erster Satz im üblichen (m.E. zu langsamen) Tempo, Basslinie nicht deutlich genug, aber das ist eine häufige Beschwerde von mir, Finale nicht stürmisch genug), aber inwiefern es überragend oder Referenz sein sollte erschließt sich mir nicht.
    Etwa pointiert: Kempff spielt Beethoven wie Mozart, sehr "klassisch" (i.S.v. maßvoll), flüssig, ausgeglichen. Ich bevorzuge den umgekehrten Fall ;)


    Anscheinend hat Kempff außer einer Handvoll Konzerte nicht viel Mozart eingespielt (es gibt eine CD mit der A-Dur und der a-moll-Sonate) und Haydn-Sonaten gar nicht. Für dieses Repertoire schiene mir sein Stil passender als für Beethoven.
    Für Komplettisten ist übrigens gerade eine Box mit DG/Decca-Aufnahmen erschienen (nicht mit sämtlichen, wenn ein Werk mehrfach eingespielt wurde, ist anscheinend immer nur eine Version drin, üblicherweise die Stereo, so auch bei Beethoven)


    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
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    (Bob Dylan)

  • Kempff beläßt mich stets im Zwiespalt. Von den Mozart-KlK etwa besitzen bloß KV 488 und KV 491 Referenzcharakter (mit den Bambergern). KV 246 und KV 595 bleiben auch klangtechnisch weit hinter der Delikatesse des A-Dur-Konzerts zurück, Durchschnitt. Die Beethoven-KlK (ebenfalls unter Leitner) haben ein etwas biederes Dirigat. Von den Beethoven-KlS kann ich nur im Fall der Waldsteinsonate Mono und Stereo vergleichen - gespielt wird sehr ähnlich. Insgesamt ist die Klangtechnik der Gesamteinspielung 1965f äußerst enttäuschend. Die Aura des Pianisten-Poeten erschließt sich mir mir nicht. Man höre das Andante cantabile der Pathétique. Ich besitze zum Vergleich den reifen Backhaus, Arrau und - als wirkliche Rarität auf LP - die DGG-Einspielungen einiger KlS von Andor Foldes, z.B. op. 109. Eine derart den spezifischen Kempff-Anschlag (KV 488!) verbergende Aufnahmetechnik wie bei den Beethoven-KlS ist in der Tat eine Crux, zumal die DGG das damals weit besser beherrschte.


    Ich äußere mal den Verdacht, daß nicht jeder der damaligen Schallplatten-Entscheidungen bis heute Gültigkeit besitzt (ich denke auch an die Chopin-Kassette mit dem jungen Vasary). Clara Haskil stand eben nicht mehr zur Verfügung.


    :hello:

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  • Johannes Roehl schrie in diesem Thread

    Zitat

    Allerdings ist mir bislang die Attraktion Kempffs (und ebenso Backhaus') entgangen. Ich kann nur schwer nachvollziehen, warum diese beiden als Beethoven-Interpreten schlechthin galten (selbst wenn das Mitte der 1980er, als Kempff ja noch lebte, auch gepredigt wurde).


    Das mag ja sein - aber mehrheitlich haben die Zeitgenossen - sogar über politische und zeitliche Grenzen hinweg, die Attraktrion Kempffs bestätigt.
    Ich zitiere hier eine Liste einiger Auszeichnungen (Quelle: Wikipedia) die sich über 70 Jahre hinwegzieht.....


    1917 Mendelssohn-Preis (für Komposition und Klavierspiel)
    1920 Medaille Litteris et Artibus (Verleihung durch König Gustav V. von Schweden)
    1932 Ordentliches Mitglied der Preußischen Akademie der Künste in Berlin
    1933 Ritterkreuz des Griechischen Erlöserordens
    1954(?) Grand Prix du Disque (für die Aufnahme der Klavierkonzerte von Liszt)
    1959 Goldenes Verdienstkreuz des Japanischen Roten Kreuzes
    1961(?) Gran Premio del Disco „Ritmo“ Madrid (für die Aufnahme der Klavierkonzerte von Beethoven)
    (nach 1965) Grand Prix du Disque (für die Einspielung sämtlicher Klaviersonaten von Schubert)
    1970 Goldenes Grammophon der Deutschen Grammophon Gesellschaft (für 50-jährige Aufnahmetätigkeit)
    1972 Goldene Schallplatte der Deutschen Grammophon Gesellschaft (für die Aufnahme der „Pathetique“ und der „Mondscheinsonate“ von Beethoven)
    1975 Goldene Schallplatte (für 250.000 verkaufte LPs von Beethovens Es-Dur-Klavierkonzert; überreicht bei der Vorfeier zum 80. Geburtstag in München); Ehrenbürger von Positano; Ordre des Arts et des Lettres
    1980 Ehrenmitglied der Royal Academy of Music London
    1981 Deutscher Schallplattenpreis (Kategorie Historische Aufnahmen – Klassik)
    1984 Bayerischer Maximiliansorden für Wissenschaft und Kunst



    Zitat

    von einem "romantischen" Beethovenbild weit entfernt.


    Gelegentlich wird Kempffs Beethovenbild, als "romantisch" umschrieben - vermutlich wegen seiner Kadenzen in den Klavierkonzerten - ( darüber später hoffentlich mehr) aber im Grunde ist er streng "Klassisch".



    Zitat

    Kempff mag für die zu Unrecht vernachlässigte lyrische oder auch humorvolle Seite (die sich in der Mehrzahl der Sonaten zeigt, nur weniger in den berühmtesten) Beethovens ganz gut geeignet sein, "Feuer aus dem Geist schlagen", wie Beethoven sagte, ist eher weniger sein Fall.


    Vermutlich ist es genau das, was ihn interessant macht.
    Joachim Kaiser hat sich in seinem ausgezeichneten Buch "Große Pianisten in unserer Zeit" sehr mit Wilhelm Kempff, mit seinen Eigenarten, Stärken und Schwächen befasst - und er bringt es auf den Punkt: ucinen sich Grazie, Durchsichtigkeit, Ironie und Selbstbewußtsein...
    Es ist bekannt, daß Kempffs Interpretationen eher von Sensibilität, Grübelei und Intellekt gezeichnet sind, als von Virtuosität und Kraftausbrüchen. Dennoch - oder gerade deshalb - Das Ergebnis kann sich hören lassen.
    Zitat von Joachim Kaiser:


    Zitat

    "Kempff besitzt die Freiheit das erschreckend oft wiederholte Rondothema aus der A-Dur Sonate Opus 2 Nr 2 bei jedem neuen Anlauf ein wenig anders zu pointieren, wodurch er alle übrigen Pianisten, die da zwanzigmal die gleiche Phrasierung hersagen, zu Leuten degradiert, die eine Spieluhr aufziehen."


    Daraus könnte der Eindruck entstehen, Kaiser stünde Kempff kritiklos gegenüber, was aber falsch ist. Völlig neutral lässt er sich über Kempffs List-Interpretationen aus, wo er der Meinung ist, Kempff sei Liszt einfach nicht gewachsen. Ebenso fällt ihm wenig Gutes zu Kempffs eigenen Kadenzen in Beethovens Klavierkonzerten ein....



    Zitat

    Etwas pointiert: Kempff spielt Beethoven wie Mozart, sehr "klassisch" (i.S.v. maßvoll), flüssig, ausgeglichen. Ich bevorzuge den umgekehrten Fall


    Das ist natürlich völlig legitim. Ich enthalte mich der Aussage, da ich gerade im Begriff bin Kempff für mich wiederzuentdecken....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • So ist es mir nicht gelungen in einem einst führenden Wiener Tonträgergeschäft einen der beiden weiter oben abgebildeten Beethoven Zyklen in den Regalen zu finden. Gut - dann werde ich mir einen via Versand besorgen (wo er zudem noch günstiger zu haben ist als in Wien)


    Das wundert mich überhaupt nicht, denn Wien ist so gut wie pleite. Bei meinen letzten dortigen Besuch war der Stephansdom schon zur Hälfte verpackt und wartet nun vermutlich darauf, nach Peking transportiert zu werden.


    Schade um Wilhelm Kempff, denn dieser Teil der Mondscheinsonate ist echt nach meinem Geschmack. Wie die Sonne, die durch ein Spinnengewebe schillert, luftig und schon fast impressionistisch.

  • Ich darf vielleicht einmal, um die Diskussion über Kempff Beethoven-Spiel noch durch einen weiteren Aspekt anzureichern, zitieren, was der Kritiker Alexander Berrsche 1927 schrieb. Die Bemerkung von Alfred Schmidt: "Gelegentlich wird Kempffs Beethovenbild, als "romantisch" umschrieben -..." hat mich dazu animiert. Ich denke nämlich, dass hier eine interessante Beobachtung zu dieser Frage gemacht wurde:


    "Kempff hat den Charme des Anschlags, der wie eine überzeugende Rehabiliterung des viel mißhandelten und viel geschmähten Klaviers anmutet, und er ist sich dieser Gabe so bewußt, daß man ... oft zweifeln könnte, ob er sich mehr an Beethoven oder am Klangzauber des Instruments freut. Ich habe schon in früheren Jahren auf diesen Zwiespalt hingewiesen, der namentlich in Kempffs Bach-Spiel deutlich wurde: auf seine Neigung, Dynamik und Klangfarbe manchmal nicht von dem natürlichen Gang und Ausdruck des Melos und der gesamten kompositionellen Situation, sondern von einer rein momentanen, elementar musikantischen Klangeseligkeit regieren zu lassen. Auch diesmal hat ihn die Freude an der Süßigkeit und Fülle seines Pianos öfter dazu verführt, eine ausgesprochene, ja vorgzeichnete Crescendotendenz in ein Diminuendo umzubiegen." (Aus: Alexander Berrsche, Kritik und Betrachtung, München 1964).

  • Lieber Helmut,


    vielleicht ist es eben das, was an Kempff so fasziniert. Wir bereiten uns auf einen Besuch im französischen Schloßpark und er führt uns auf eine blumenreiche Feldwiese.
    Dort spazieren wir in den weißen, gebügelten Hosen der musikalischen Stringenz umher und wagen der Grasflecken wegen nicht, uns auch nur für einen Augenblick zu setzten.


    Wie denn, wenn uns die Intentionen des Komponisten völlig unbekannt wären, die Noten nicht zu haben und die Aufführungspraxis eine andere als vom Komponisten gefordert?


    Könnte man da erraten, dass die Interpreten allesamt falsch liegen?
    Was glaubst Du?




    MfG
    hami1799

  • Aus: Alexander Berrsche, Kritik und Betrachtung, München 1964


    Um mal aus dem blumigen Schloßpark zurück auf den Boden der Tatsachen zu treten - Herr Berrsche hat das ersichtlich nicht auf die Beethovensoanten von 1966 gemünzt. Ich bin auf Tonträger angewiesen, und da ist Herr Kempff, im erwähnten Andante cantabile z.B., verglichen etwa mit Herrn Arrau, geradezu von prosaischer Unbekümmertheit und Desinspiration. Wir wollen doch unser Urteil so präzise wie möglich formulieren und uns nicht in gewundenen Allgemeinplätzen des gehobenen Feuilletons verlieren.


    :hello:

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  • Hallo farinelli,


    sag, wo weiltest du so lang?


    Leider sehe ich, dass ich Mondscheinsonate geschrieben habe. Ich meinte den Sturm, wir reden also nicht vom gleichen Stück.


    Meine Frage hast du allerdings nicht beantwortet.


    MfG

  • Hallo farinelli,


    Du hast dich schon wieder verkrümelt, weil Du sicher ahnst, dass ich Dir auf dem Boden der Tatsachen nicht entgegentreten kann. Als Dilettant kann ich nur von Empfindungen sprechen und das wird Dir nicht imponieren. Ich muß mich also auf der Wiese niederlassen, weil dort die Blühmchen blühen (und nicht im Schloßgarten, wie Du irrtümlich angenommen hattest).


    Ich kann Dir allerdings ganz prosaisch sagen, warum mir Kempff hier besser liegt als Arrau. Die leise, gedämpfte Wehmut bei Kempff berührt mich eben mehr als Arraus etwas mehr düster-dramatisches Spiel.


    Von der Technik kann ich nicht reden, Du kannst mir da sicher Einiges erklären, sollte Dich Dein Mitgefühl dazu verleiten. :thumbup: :S


    ffpx
    hami1799


  • Ich habe die beiden Interpretationen einmal - ich gebe zu: recht flüchtig - miteinander verglichen. Der Feststellung von hami1799:


    "Die leise, gedämpfte Wehmut bei Kempff berührt mich eben mehr als Arraus etwas mehr düster-dramatisches Spiel "...


    ...kann ich nur zustimmen. Wie man Kempff "prosaische Unbekümmerthei und Desinspiration" unterstellen kann, bleibt mir ein Rätsel. Kempff hat - worauf Alexander Berrsche völlig zu Recht aufmerksam macht - einen ausgeprägt personalen Stil, mit einer sichtlichen Freude an einem trockenen, schlanken Klavierton. Den Beethovensonaten gewinnt er auf diese Weise in vielen Fällen einen intimen und zugleich mit struktureller Klarheit gepaarten Ton ab, den man ansonsten schwerlich zu hören vermag. Bei Claudio Arrau auf jeden Fall nicht.

  • Das 5. Klavierkonzert dudelte fast jeden Sonntag, alternierend mit der 6. unter Hvk (1962).
    Da war es klar, dass ich mir jede Menge Kempff und Beethoven angeschafft habe. Inzwischen höre ich sehr differenziert, aber meist gerne.
    Ich mecker also über einen Künstler auf hohem Niveau.


    Er ist immer "nobel" und silbrig im Klang, das 1. KK mit Kempen erstarrt gerade vor Ehrfurcht. Aber Kempff rettet vieles durch sein wunderbar klares Spiel.
    Doch das Rondo ver"geigt" er humorlos.
    Auch das Rondo des 3. ist ein Beispiel völlig humorfreien Klavierspiels, wie es sonst nur Brendel hingekriegt haben mag.
    Einfach nicht zu ertragen dies "staatstragende" Spiel.


    Die Klaviersonaten finde ich so "lala",- ich gebe aber zu, ich kenne nicht alle mit ihm. Da sind mir Schnabel, Backhaus und vor allem Gilels viel viel lieber.
    Gerade die letzten drei Sonaten, aber auch Waldstein und les Adieux kenne ich viel pointierter. Auch sein Sturm findet mehr im Wasserglas statt.


    Nebenbei. Mit Brendel kann ich gar nichts, aber auch gar nichts anfangen. Insofern bin ich, streng genommen, nicht so richtig diskussionsfähig, denn Brendel soll ja was ganz besonderes sein.


    Dann aber: Cellosonaten mit Pierre Forunier. Hier geht das Kalkül auf.
    Wunderbar ausgehört und viel besser als die "Rampensäue" Rostropowitsch/Richter, die Beethoven quasi ersäufen.


    Auch die Klaviertrios mit zusätzlich Henryck Szeryng sind Beispiele mustergültigen Spiels. Da drängt sich keiner vor und Kempff gefällt mir hier besonders.
    Da bietet sich ein Vergleich mit Rubinstein an, der ja auch mit Szeryng und Fournier im Trio gespielt hat.


    Am allerbesten ist er aber bei Schubert: Auch wenn es nicht en vogue ist, diesen Schubert zu mögen,- ich war auch jahrzehntelang Anhänger des psychopathischen Gespreiz eines Richters oder Affanasiev-, heute weiß ich, Schubert muss singbar bleiben.
    Das muss gelingen, ohne dabei trivial zu werden. Das ist der Vorteil bei Kempff, das bekommt er hin. Wie auch zum Beispiel Serkin.


    Gruß aus Kiel

  • Auch bei mir setzte die Beethoven-Prägung mit Kempff ein: dem 5. KK mit Paul van Kempen eine Aufnahme, die ich auch heute noch innigst liebe. Dennoch ist Kempff bei mir nicht in vorderster Reihe bei den Beethoven-Aufnahmen. Bei den Sonaten gebe ich der älteren Mono-Aufnahme den Vorzug, sie ist auch klangtechnisch gut, kan mich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass Kempff ein wenig maniriert und zuweilen ins Pathetische schlägt. Allerdings müsste ich die Aufnahmen daraufhin nochmal durchhören, denn wie ich bei seinem Schubert letztens feststellen durfte, hat sich meine Hörwahrnehmung kräftig geändert. Seine Aufnahme von D 960, mit der ich vor Jahren so gar nichts anfangen konnte, gefiel mir ganz vorzüglich.


    An dem Punkt -und auch vielen anderen- bin ich ganz bei S.bummer: Kempff's Schubert liegt mir deutlich mehr als sein Beethoven. Meine Favoriten bei Beethoven aus der Generation Kempffs wären da eher Wilhelm Backhaus oder Yves Nat (dessen Sonaten-GA in Deutschland allerdings kaum wahrgenommen wurde).


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

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  • Zitat

    ......kann mich allerdings des Eindrucks nicht erwehren, dass Kempff ein wenig maniriert und zuweilen ins Pathetische schlägt. Allerdings müsste ich die Aufnahmen daraufhin nochmal durchhören,


    Ja - das wäre interessant - es nochmals kurz zu hören und dann die Erinnerung zu bestätigen - oder zu korrigieren.
    Wir alle dürfen nicht vergessen, daß Kempff den Stereozyklus der Klaviersonaten vor beinahe 50 Jahren aufnahm.
    Man horche sich eine Wochenschau aus jener Zeit an, sehe einen Film aus jenen Tagen. Man wird feststellen, daß sich das Lebensgefühl seither doch stark geändert hat. Ich weiß, daß ALLES viel pathetischer und bedeutungsvoller war als heute. Kleidung war ein wichtiger Punkt zur Einschätzung einer Persönlichkeit, und Elite war damals noch kein Negativbegriff. All das ist von Bedeutung, wenn wir uns mir Interpreten dieser Zeit auseinandersetzen. Kempff war nicht nur ein erstklassiger Beethoven Interpret (Schubert folgt ein anderes Mal) sondern auch eine Art Kultfigur. Kultfiguren entstanden auch damals nicht aus dem Nichts - Werbung konnte sie - damals wie heute - nicht schaffen, nur betonen. Heutzutage sind Kultfiguren immer vom Hauch des "totalitären" umweht, und entsprechen nicht den allgemeinen Idealvorstellungen...


    Das gilt auch für Wilhelm Backhaus, der ja , ebenso wie Alfred Brendel bereits einen Thread in dieser Serie zugeteilt bekommen hat, wobei Brendel einen Spezialfall darstellt....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Liebe Freunde,


    ich bin vermutlich selbst schuld an mancher hier gestifteten Verwirrung, habe ich doch die Vortragsbezeichnung Adagio cantabile als Andante ausgegeben (Pathétique). Wohl auch, weil Kempff höchstens Andante spielt, und ohne jede Abtönung in der aufsteigenden Phrase zu Beginn. - Für die Mondscheinsonate könnte ich mit Gieseking, frühe 50s, aufwarten (um mal vom Anschlag zu schwärmen). Und so, wie Clara Haskil etwa die Sonate Nr. 18 spielt, klingt es sonst nirgends - irgendwie zwischen Schubert und Debussy. Kostbar, kein Ton verloren.


    Womöglich klingen Kempffs 66er "Les sonates integrales" auf CD differenzierter. Ich kann sie bloß am Vinyl-Klangbild messen, und das ist dürftig. "Prosaische Unbekümmertheit und Desinspiration" bezog sich auf das slow movement der Kempffschen Pathetischen, im Vergleich etwa zu Arrau, ist also eine konkrete und keine schleierhafte Aussage. Die Mühe des Hörens muß man sich schon machen. Schon um die, die hier Anschlag und Poesie an Kempff rühmen, gänzlich ad absurdum zu führen.


    :hello:

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  • Hallo farinelli,


    geheimnishehr hallt mir dein Wort,
    verweile, dass mehr ich wisse ...


    Künde mir frei, welche Aufnahmen ich vergleichen soll und ich werde ´meine Ohren an den Nagel der Aufmerksamkeit hängen´ (heiße schließlich auch Wanja).


    MfG
    hami1799

  • "pathetisch" ist tatsächlich das allerletzte, was mir bei Kempff (oder auch Backhaus) einfiele.
    Backhaus ist strenger, wuchtiger, aber keiner von beiden erreicht auch nur annähernd die Leidenschaft und kompromisslose Ausdruckstärke Schnabels (oder einiger anderer: Richter, auch Edwin oder Annie Fischer), wobei sie das sicher auch gar nicht angestrebt haben. Verglichen mit Schnabel ist Backhaus nüchtern bis emotionslos und Kempff sehr stark aufs Lyrische, Verspielte beschränkt. Ein äußerliches Indiz sind die verbreitet sehr flüssigen Tempi in langsamen Sätzen (und oft eher moderate in schnellen Sätzen), während jemand wie Schnabel die Extreme voll ausspielt (mitunter, wie bei der Hammerklaviersonate, in schnellen Sätzen, jenseits seiner technischen Fähigkeiten).


    Insofern kann ich bei beiden Wilhelms in gewisser Hinsicht verstehen, dass ihre Interpretationen als "klassisch" galten (freilich wird das Wort "klassisch" oft problematisch verwendet (Nestroy)) . Bei Backhaus eher durch nüchterne Strenge und Un-Emotionalität, während Kempffs Beethoven mich sogar an Mozart erinnerte. Beider emotionale Spannweite (samt äußerlicher Merkmale wie Extreme in Dynamik, Tempo usw.) ist jedoch sehr eingeschränkt. Bei Backhaus (der mir neulich etwas besser gefiel, wobei freilich der Klang dessen Stereo-Aufnahme deutlich besser ist als Kempffs DG Mono) führt das in meinen Ohren oft zu "trockenen", unemotionalen Lesarten, bei Kempff zu individuelleren, aber einseitig lyrisch-verspielten. Nach den mir vorliegenden (sicher auch technisch nicht immer idealen) Aufnahmen finde ich keinen von beiden besonders bemerkenswert, was klang(farbliche) Differenzierungen betrifft.


    Ich glaube gern, dass Kaiser zu recht Kempffs Details in einer frühen Sonate wie op.2/2 (der verspieltesten und unbekanntesten des Debut-Opus) hervorhebt, wie oben zitiert. Bei allem Respekt für dieses schöne Werk kommt es mir dann aber letztlich doch mehr auf entsprechend packende Interpretationen der "großen" Sonaten an. Eine Poesie, die für Schuberts Impromptus oder Schumanns Kinderszenen passen mag, scheint mir bei Beethoven eher sonderlich.

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    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Womöglich klingen Kempffs 66er "Les sonates integrales" auf CD differenzierter. Ich kann sie bloß am Vinyl-Klangbild messen, und das ist dürftig.


    Ich konnte letzlich der Versuchung nicht widerstehen und habe mir die Stereo-Gesamtaufnahme aus den 60igern (siehe Eröffnungsbeitrag) gekauft.
    EIN Problem bei Pianissimostellen auf Vinyl ist bekanntlich das Nadelrauschen bzw die eingeschränkte Dynamik des Mediums an sich. Bei Überspielungen auf CD wird da etliches leichter beherrschbar..
    Darauf wird auch auf der Rückseite der Box sofort hingewiesen: "Remasterd (1997) with noticeably improved Sound"


    Danach folgt eine Lobeshymne des Gramophone Kritikers Eward Greenfield.
    Und in dem Moment wurde mir klar, warum hier im Forum eher laue Zustimmung bis sanfte Ablehnung für Kempffs Beethoven Zyklus vorherrschten, wogegen dieser Kritiker - und ich - begeistert waren.
    Kempff ist kein virtuoser Tastendonnerer sindern ein subtiler Feingeist, der sich eher zu den zarteren Stellen bei Beethoven hingezogen fühlt. Etwas, das Engländer und Östereicher gleichermaßen goutieren. Auch die Franzosen wren von Kempff Spiel angetan, und der todkranke Sibelius bat ihn (1957) für ihn noch einmal die Hammerklaviersonate zu spielen. Der Wunsch wurde ihm gewährt und sein Statement dazu war: "Sie haben nicht wie ein Pianist gespielt, sondern wie ein Mensch"


    Und dann noch ein erhellendes Kempff- Zitat (entnommen dem Booklet meiner Neuerwerbung, verfasst von Karl Schumann)


    Zitat

    "Ich bin dazu gelangt, einzusehen, dass Musik rund und sozusagen schwerelos klingen muss, ich bin strikt dagegen, dass Musik hässlich ist, dass die Töne abgehackt hervortreten, dass sich verkrampfte Anstrengung einmischt .....
    Ich denke immer an Wilhelm Furtwängler, der einmal zu mir gesagt hat,
    er könne nur dirigieren, wenn die Musik schön klingt"


    So gesehen kann man vielleicht Kempffs künstlerisches Credo verstehen und auch Klarheit darüber bekommen, ob dieses Credo mit einem kompatibel ist - oder nicht.


    Da der Satz mit der "schönen Musik" von mir sein könnte (ich wurde im Forum darob oft gescholten)
    ist in meinem Falle die Antwort wohl klar


    Aber natürlich ist Kempffs Beethovenbild nicht das einizige gültige - und nicht das einzige, das mich begeistert....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zitat von Alfred

    Und in dem Moment wurde mir klar, warum hier im Forum eher laue Zustimmung bis sanfte Ablehnung für Kempffs Beethovenzyklus vorherrschten, wogegen dieser Kritiker -und ich- begeistert waren.


    Und ich!
    Lieber Alfred, du hast es treffend formuliert, dass Kempff kein Tastendonnerer, sondern ein Feingeist war. Genauso habe ich es auch immer empfunden. Die ersten Beethoven-Dokumente in meiner Sammlung waren in den 60er-Jahren die fünf Klavierkonzerte unter Ferdinand Leitner mit den Berliner Philharmonikern. Damals wurde meine Liebe zu diesem Pianisten geweckt. Inzwischen habe ich diese Konzerte natürlich längst auf CD, ebenso wie seit vielen Jahren die Sonaten, die er Mitte der 60er-Jahre live im Beethovensaal in Hannover aufgenommen hat, und es ist bezeichnend, was der Rezensent bemerkte, als er sagte, dass immer wieder während der Konzertserie die Zuhörer in hellen Scharen Tränen der Ergriffenheit in den Augen hatten, angesichts des Großen, dessen sie teilhaftig wurden.
    Kempffs 60er-Jahre-Zyklus gehört in meinen Augen sicherlich zu einem der absoluten Referenz-Zyklen, zusammen mit dem von Backhaus, Arrau, Gulda und dem späten Brendel.


    Liebe Grüße


    Willi :rolleyes:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Da der zweite Kempff-Thread zur Zeit in die Irre führt, möchte ich mene heutige Erinnerung hier posten:
    Wilhelm Kempff, der im November 120. Geburtstag hat, starb am 23. Mai 1991:
    Zu diesem Anlass habe ich eine Aufnahme aus Schwetzingen 1962 aus meiner Sammlung herausgesucht:



    Heute ist Wilhelm Kempffs 24. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).


  • Mittlerweile besitze ich auch diese Aufnahme und habe sie mit großem Vergnügen gehört. Eine feingliedrige, elegante und plastisch artikulierte Deutung der Klavierkonzerte, die mir sehr gefällt. Auch das Dirigat und das Orchester sind meiner Meinung nach sehr gelungen und harmonieren sehr gut mit dem Klavierpart. Sicherlich eine Einspielung, die fernab jeder Effekthascherei ist und die Entdeckung lohnt.

  • Sicherlich eine Einspielung, die fernab jeder Effekthascherei ist und die Entdeckung lohnt.


    Bei älteren Musikfreunden, die Wilhelm Kempff noch im Konzertsaal erleben durften, ist sein transparentes, klares und dennoch variables Klavierspiel nicht nur eine Entdeckung sondern ein bleibendes, unauslöschliches Erlebnis. Weil Kempff uns die Beethoven Klavierkonzerte am intensivsten nahgebracht hat hören meine Frau und ich diesen großen unvergessenen Pianisten häufig. Wahrscheinlich ist es die"Seelenverwandschaft", dass wir auch seinen berühmten Schüler Gerhard Oppitz - der die Klaviertradition im Sinne von Kempff am erkennbarsten fortsetzt - überaus schätzen und wo es geht dessen Konzerte besuchen.


    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!


  • Mittlerweile besitze ich auch diese Aufnahme und habe sie mit großem Vergnügen gehört. Eine feingliedrige, elegante und plastisch artikulierte Deutung der Klavierkonzerte, die mir sehr gefällt. Auch das Dirigat und das Orchester sind meiner Meinung nach sehr gelungen und harmonieren sehr gut mit dem Klavierpart. Sicherlich eine Einspielung, die fernab jeder Effekthascherei ist und die Entdeckung lohnt.

    Lieber Don,


    die wunderbaren Kempff-Aufnahmen habe ich natürlich :) und auch die ältere GA aus den 50igern mit Paul van Kempen:



    Kempff kann einen mit seiner unverwechselbaren Musikalität immer becircen! :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

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  • Lieber Holger,


    das freut mich sehr, dass Du Kempff genauso schätzt :) Kannst Du vielleicht die beiden Aufnahmen miteinander vergleichen? Welche von beiden bevorzugst Du? Wie ist die Aufnahmetechnik bei der Einspielung mit Paul van Kempen?


    Danke Dir,


    liebe Grüße

  • Wahrscheinlich ist es die"Seelenverwandschaft", dass wir auch seinen berühmten Schüler Gerhard Oppitz - der die Klaviertradition im Sinne von Kempff am erkennbarsten fortsetzt - überaus schätzen und wo es geht dessen Konzerte besuchen.


    Lieber Hans,


    wie schön, dass Du so nachhaltige Eindrücke, und das sogar live, von Wilhelm Kempff erhalten hast. Auch Dein Hinweis auf Gerhard Oppitz ist hochinteressant - danke dafür. Da ich mich mit dem Pianisten noch nicht auseinandergesetzt und nur über ihn gelesen habe, werde ich dem einmal nachgehen.

  • Auch Dein Hinweis auf Gerhard Oppitz ist hochinteressant - danke dafür. Da ich mich mit dem Pianisten noch nicht auseinandergesetzt und nur über ihn gelesen habe, werde ich dem einmal nachgehen.


    Lieber Boris,


    wenn Du Dich Gerhard Oppitz nähern willst beginne am besten mit den Brahms Klavierwerken. Hier gelten seine Interpretationen als maßstabsetzend und werden von vielen Fachleuten in die Nähe des legendären Julius Katchen gerückt. Mit Gerhard Opiitz verbindet mich eine alte Freundschaft und eine besondere Verbindung. Er ist in Heilbronn aufgewachsen, zur Schule gegangen und ist von daher unserer Stadt besonders verbunden. Als er 11 Jahre alt war - ich war damals 1. Vorsitzender des Heilbronner Sinfonie Orchesters (HSO) - kam sein Lehrer zu mir und schlug, vor Oppitz in einem Sinfoniekonzert eine Auftrittschance zu geben. Gegen alle Bedenken wegen seiner Jugend setzte ich das Konzert durch und seit damals sind wir befreundet. Damit begann seine Karriere. Nur wenige Jahre später gewann er als erster deutsche Pianist den Tschaikowski Wettbewerb. Über Oppitz durfte ich außer in den Konzerten Wilhelm Kempff auch privat kennenlernen.Später organisierte ich beim HSO einen ständigen Oppitz-Zyklus "Welt des Klaviers" bei dem der Solist selbst bestimmte was er spielen will. Eine Reverenz, die sonst eigentlich nur Dirigenten zu Teil wird. Nach 10 Jahren Dauer, mit enormen Erfolg und überregionaler Beachtung, wollte Oppitz ein längere Auszeit. Er wird jedoch in der Spielzeit 17/18 den ihm gewidmeten Zyklus wieder aufnehmen. Behalten wir beide dieses Ereignis doch im Auge und ich lade Dich bereits heute zu diesem Ereignis als meinen Gast nach Heilbronn ein.
    Zum Künstlertreffen der Gottlob-Frick-Gesellschaft am 15./16. Oktober bekomme ich Dich - obwohl Du dankenswerter Weise Mitglied bist - wahrscheinlich doch wieder nicht. Jetzt haben wir 2 Optionen. Da wird sich doch eine davon realisieren lassen. Mich würde die persönliche Begegnung sehr freuen.


    Herzlichst
    Hans

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • das freut mich sehr, dass Du Kempff genauso schätzt :) Kannst Du vielleicht die beiden Aufnahmen miteinander vergleichen? Welche von beiden bevorzugst Du? Wie ist die Aufnahmetechnik bei der Einspielung mit Paul van Kempen?

    Lieber Don,


    ich bin wirklich ein großer Kempff-Liebhaber und ärgere mich noch heute, dass ich in meiner Jugendzeit die Gelegenheit verpaßt habe, ihn im sehr hohen Alter in der Tonhalle Düsseldorf zu erleben. Allerdings habe ich die Beethoven Konzerte schon länger nicht mehr gehört und auch nicht so explizit verglichen wie einige Beethoven-Sonaten, wo ich auch noch Aufnahmen aus den 30iger Jahren von ihm habe. Das müßte ich bei Gelegenheit mal wieder machen - und dann werde ich berichten, versprochen! :hello:



    Nur wenige Jahre später gewann er als erster deutsche Pianist den Tschaikowski Wettbewerb.

    Da irrst Du Dich, lieber Hans! :D Gerhard Oppitz hat nie den Tschaikowsky-Wettbewerb gewonnen, sondern als erster Deutscher den Rubinstein-Wettbewerb in Tel Aviv 1977, mit 24 Jahren.


    Schöne Grüße
    Holger

  • Nach 10 Jahren Dauer, mit enormen Erfolg und überregionaler Beachtung, wollte Oppitz ein längere Auszeit. Er wird jedoch in der Spielzeit 17/18 den ihm gewidmeten Zyklus wieder aufnehmen. Behalten wir beide dieses Ereignis doch im Auge und ich lade Dich bereits heute zu diesem Ereignis als meinen Gast nach Heilbronn ein.


    Lieber Hans,


    herzlichen Dank für diese Einladung! Ich werde alles daransetzen, dann auch tatsächlich anwesend sein zu können; das Gottlob-Frick-Treffen kollidiert leider auch in diesem Jahren wieder mit dienstlichen Verpflichtungen, die genau im selben Zeitraum liegen. Aber dass die Karriere von Gerhard Oppitz so eng mit Dir verbunden ist, habe ich nicht gewusst - das ist hochinteressant! Ich bin bereits dabei, entsprechende Aufnahmen zu beschaffen - danke für den Hinweis mit Brahms, dessen Klavierwerke mag ich sehr, von daher werde ich an dieser Stelle meine Bestände erweitern...




    Lieber Holger,


    na, das freut mich, dass ich Dir da möglicherweise den Anstoß geben konnte, wieder einmal in diese Einspielungen hineinzuhören, ich bin jedenfalls sehr gespannt auf die Schilderungen Deiner Höreindrücke.


    Hier nochmals Wilhelm Kempff in einem Interview, das er auf französisch geführt hat (mit englischen Untertiteln), in dem er auf Beethovens Hammerklavier-Sonate Bezug nimmt:



    Herzliche Grüße

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