Karajans Beethoven-Sinfonien-Zyklus 1962 - was macht ihn legendär ?

  • Ich geniesse im Stillen, wenn manchen, der diesen Threadtitel liest, Unbehagen beschleicht, bzw wenn sich Widerspruch regt. "Schon wieder Karajan" werden die einen denken - "Was soll denn an diesem alten, stilistisch (angeblich !) übrholten Zyklus legendär sein" denken vermutlich andere. - Und genau DAS ist die Frage.

    Gerade in den letzten Wochen und Monaten - im Zusammenhang mit den neuesten Beethoven-Zyklen von Thielemann, Chailly und einigen anderen ist EIN Name immer wieder als Referenz herangezogen worden: Herbert von Karajan. Natürlich wurde auch Furtwängler genannt, aber das historische Klangbild macht seine Aufnahmen irgendwie zu schwer zu vergleichenden Aussenseitern. Die alte Karajan-Aufnahme von 1962 jedoch, präsentiert sich in relativ frischem Zustand, und abgesehen von einem leichten Grundrauschen (das ältere Semester jedoch kaum wahrnehmen) klingt alles klangfarbentreu, unverzerrt und dynamisch weitreichend.
    Das wäre indes keine Erklärung dafür, daß gerade diese Aufnahme immer wieder als Vergleich herangezogen wird - sei es als "Referenz" oder wie neulich im Rahmen einer Thielemann-Kritik nachzulesen war - als "abschreckendes Beispiel"
    Exzessive PR wird man heute wohl kaum mehr ins Treffen führen können . denn auch für Karajan läuft die Werbung auf Sparflamme...Sieht man bei den einschlägigen Anbietern nach, dann wird man feststellen, daß die genannte Aufnahme teurer angeboten wird, als die -aus gleichem Haus stammenden - Nachfolgeaufnahmen von 1978 und 1984.......
    Was macht Eurer Meinung nach das Besondere an dieser Aufnahme aus ?


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Der Beethoven-Zyklus unter Karajan von 1961/62 ist legendär, u. a. weil
    - mit dem damals aufsteigenden "Star" am Dirigentenhimmel;
    - der erste Stereo-Zyklus der Berliner Philharmoniker mit ihrem Chefdirigenten (ja, es gab bereits Cluytens davor, aber der war Ausländer und nur Gastdirigent) in sehr guter Tonqualität;
    - eine völlig neue Sicht auf Beethoven im Vergleich zum Vorgänger Furtwängler, für viele die Instanz in Sachen Beethoven bis dato;
    - schlichtweg überwiegend sehr gelungen (besonders hervorzuheben die 5., die ihm nie wieder derart packend gelang);
    - noch weit entfernt vom sog. "Karajan'schen Schönklang" der späten Jahre, der überwiegend kritisch gesehen wird;
    - vielleicht auch, weil einfach "der" Beethoven-Zyklus der renomierten DG der 60er und 70er (der goldenen Zeit der Klassik-Industrie), bis 1976/77 der nächste kam, der seinerseits bereits 1982–84 vom digitalen abgelöst wurde (die Halbwertszeit sank), und trotz Böhm (1970–72) und Kubelik (1971–1975) auf DG, die sich irgendwie nie so richtig durchsetzen konnten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • - noch weit entfernt vom sog. "Karajan'schen Schönklang" der späten Jahre, der überwiegend kritisch gesehen wird;


    Ja ja, es ist in der heutigen Müll- und Geröllära nicht auszuhalten, wenn ein Werk auch "schön" klingt ...

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Ja ja, es ist in der heutigen Müll- und Geröllära nicht auszuhalten, wenn ein Werk auch "schön" klingt ...


    Natürlich ist es nicht verwerflich, Schönheit zu zeigen. Übrigens hat äußere Schönheit in unserer Zeit vielleicht sogar einen noch höheren Stellenwert als 1961/62, insofern finde ich "Müll- und Geröllära" zu stark.


    Es wäre aber verwerflich, wenn jemand andere Dimensionen eines Werkes unterschlüge, um die Dimension "Schönheit" zu maximieren. Das wäre Betrug am Hörer.


    Der Beethoven-Zyklus unter Karajan von 1961/62 ist legendär, u. a. weil
    - mit dem damals aufsteigenden "Star" am Dirigentenhimmel;


    1961/62 war Karajan kein "aufsteigender Star". Er war 53 bzw. 54 Jahre alt, seit mehreren Jahren Chef der Berliner Philharmoniker und seit mehreren Jahren Leiter der Wiener Staatsoper. Er war schon zu dieser Zeit der mächtigste Musiker Europas.


    Ein aufsteigender Star war er im Jahre 1938, als nach seinen Dirigaten in Berlin ("Fidelio", "Tristan") vom "Wunder Karajan" zu lesen war.


    Wie ein intelligenter Mensch einmal bemerkte, füllte Herbert von Karajan ein personales Vakuum, das für große Teile Deutschlands und Österreichs nach 1945 entstanden war. Er war glanzvoller Führer seiner Orchester und wurde als Lichtgestalt in Szene gesetzt, wozu auch eine besondere, von Karajan selbst gesteuerte Ikonografie wesentlich beitrug. Fotos mussten von ihm freigegeben werden. Dass Milletre ein solches benutzt und benutzen darf, geht auf eine besondere Beziehung von ihm zu Karajan zurück.


    Der 1961/62er-Zyklus glänzte mit mehreren Superlativen:


    - Karajan
    - stereo
    - Berliner Philharmoniker
    - Beethoven,


    die vermutlich in dieser Reihenfolge wahrgenommen wurden.


    Zur selben Zeit war das Wirtschaftswunder in seiner Endphase angekommen, man hatte Geld, man hatte Status, man zeigte ihn. Da gehörte nicht nur der Daimler dazu, sondern auch die Stereoanlage. Der Bildungsbürger etablierte sich, man hörte Konzerte, man ging in die Oper, man diskutierte über philosophische und künstlerische Themen.


    Der Karajan-Zyklus bediente alle diese Bedürfnisse.


    Oberdrein wurde er künstlich (nicht künstlerisch) wertvoll gemacht: Den Zyklus gab es nur als Subskription, man musste ihn also komplett bezahlen.


    eine völlig neue Sicht auf Beethoven im Vergleich zum Vorgänger Furtwängler, für viele die Instanz in Sachen Beethoven bis dato;


    Na, er wurde wohl eher als die Vereinigung Furtwänglerscher Größe mit Toscaninischer Energie verkauft, als eine neue, moderne Sicht, die ein neues Bild von Beethoven bot. Genauso verkauft man heute Järvi und Chailly. In allen Fällen geht es also nicht primär um musikalische Qualitäten, sondern um das Neue an sich. Am Thielemann-Zyklus ist neu (Ähnliches hat man beim Barenboim-Zyklus mit der Staatskapelle Berlin versucht), dass man hier kommunikativ auf Tradition setzt.


    Furtwängler war nicht die Instanz an sich, Toscanini hatte ebenfalls seine Anhänger.


    :hello:

  • Hallo,
    folgt man der Biografie Osbornes, dann betrug der Produktionsaufwand für den Ende 1962 veröffentlichten Zyklus ca. 1,5 Millionen Mark. Die Konkurrenz witterte einen großen finanziellen Verlust. Doch Elsa Schillers jahrelanges und zähes Ringen, Hvk zur DGG zu holen, wurde belohnt, denn es wurden bereits binnen 10 Jahren 1 Million Exemplare abgesetzt.
    Und HvK war nun mal der Superstar zu dieser Zeit, so schrieb denn auch Musikmanager Bicknell (Ende der 50iger):

    Zitat

    Er ist der einzige Dirigent in den 50igern mit internationalem Renommee. Es gibt keinen jüngeren Dirigenten, der auch nur annähernd wichtig ist und er ist mindestens 20 Jahre jünger als die älteren Dirigenten von gleicher Bedeutung


    Diese Bekanntheit, verkauft als erster Stereo Zyklus der DGG(!!) verknüpft mit Qualität in jeder Hinsicht, Musik, Pressung, Tonqualität und Marketing waren der Treibsatz, der diesen Zyklus so einmalig werden lies. Man ist heute noch versucht, ihn als einmalig darzustellen. Er ist legendär, gewiss, einmalig ist er schon allerdings lange nicht mehr.
    Gruß aus Kiel

  • Verdient legendär ist daraus m.E. nur die 9. Daran haben die Solisten ca. 30% Anteil (oder vielleicht sogar noch mehr, weil irgendein Ausfall bei den Solisten sehr viele andere Aufnahmen der 9. trübt) und die gegenüber der in mancher Hinsicht ausdrucksstärkeren (und mit ähnlich guten Solisten bestückten) einige Jahre älteren DG-Fricsay-Aufnahme besonders im Finale klar bessere Klangtechnik ca. 20%. ;)


    Der Rest ist vielleicht gut bis sehr gut, aber legendär damals höchstens wegen der Kombination mit hoher Klang-, Spiel- und Pressqualität, was heute natürlich nicht mehr gerechtfertigt ist. (Ohne einen A-B-Vergleich bilde ich mir ein, dass die kurz vorher mit demselben Orchester unter dem jungen Maazel eingespielte 5+6 besser klängen, und rein klangtechnisch waren damals schon RCA living stereo und Decca klar besser.) Interpretatorisch gab es damals natürlich auch schon "besseres", je nach Gusto von Furtwängler, Klemperer und Walter bis zu Toscanini und Scherchen usw. Aber halt kein stromlinienförmig getrimmtes Orchesterspiel und super-stereo, so what?

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Natürlich ist es nicht verwerflich, Schönheit zu zeigen. Übrigens hat äußere Schönheit in unserer Zeit vielleicht sogar einen noch höheren Stellenwert als 1961/62, insofern finde ich "Müll- und Geröllära" zu stark.


    Es wäre aber verwerflich, wenn jemand andere Dimensionen eines Werkes unterschlüge, um die Dimension "Schönheit" zu maximieren. Das wäre Betrug am Hörer.


    :hello:


    Ich bin der Überzeugung, dass sich sowohl Schönheit als auch bedeutsame Interpretation, und einige Erfahrung gibt mir wohl recht, keinesfalls ausschließen dürfen. Also kein Entweder - oder, sondern ein dezidiertes Sowohl - als auch.


    Was das von Dir angesprochene Avatar-Foto betrifft: Es ist dies eine der Aufnahmen, die ich anläßlich eines Gesprächs mit dem Maestro gemacht habe - natürlich mit seiner Erlaubnis.

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  • Welch wunderbare Totschlag-Formulierung, lieber Johannes!


    Ja, dagegen haben sich die Karajanisten in diesem Forum bisher durchweg durch außerordentlich differenzierte Analysen sowohl dessen, was sie mögen, als auch dessen, was ihnen "Müll und Geröll" scheint, hervorgetan.
    (Oder auch durch Übersehen meines Respekts/Lobs für die 9. aus dem Zyklus) Ich werde Sack und Asche anlegen, passt ja auch zur Fastenzeit.

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  • Ich sehe kein Problem darin, wenn jemand die Ästhetik der siebziger Jahre nicht - oder nur partiell - schätzt.
    Und somit kann ich auch damit leben wenn jemand Karajans Interpretationsansatz nichts abgewinnen kann - verstehen kann ich es allerdings nicht, denn in meinem musikalischen Kosmos ist die Schönheit des Klanges das oberste Gebot - andere "Wahrheiten" müssen dahinter zurückstehen. Das hat Karajan offensichtlich auch so gesehen - das sehen heute aber viele nicht so. Man versucht der Musik vergangener Tage, den Stempel der "Hässlichkeit" aufzudrücken. Man kann darüber diskutieren ob der Schönklang das Maß aller Dinge sei - für mich ist das überhaupt keine Frage, daß dies zutrifft. Denn es handelt sich bei klassischer Musik letztlich um KUNST. Kunst, wie ich sie verstehe ist letztlich eine "Überhöhung" der Realität. Soll heißen, ein Held siegt triumphierend, wobei die Leichen die seinen Weg pflastern, stets ausgeblendet bleiben, allenfalls sterben die Verlierer den Heldentod mit verklärtem Blick. Selten (aber vereinzelt leider doch) sieht man die Bestandteile der Getöteten am Boden verstreut oder stinkend verfault. Kunst überhöht - idealisiert. Das, was ich hier als etwas unappetitliches Beispiel gebracht habe, gilt auch in der Musik. Selbst bei Hinrichtungs- und Sterbeszenen vermag beispielsweise Verdi der Musik einen unnachahmlichen Schmelz zu verleihen, der über die Tristesse des Geschehens hinwegtäuscht.


    Karajanscher Schönklang - oder besser gesagt Eleganz beim Dirigat - das war einst das Markenzeichen des Maestro und erst nach seinem Tod wurde es als Negativbegriff gegen ihn verwendet. Denn zu Lebzeiten wagte sich kaum einer Kritik an ihm zu üben - weder die Politiker, noch die Kritiker, Schallplattenbosse - und das Publikum war ihm sowieso hörig.


    Und an dieser Stelle finde ich den Bogen zum eigentlichen Thema - bzw der Frage dieses Threads:
    Warum ist das in letzter Konsequenz eigenlich noch HEUTE so ?
    Es wurde ja überzeugend dargestellt, warum Karajan SEINERZEIT Erfolg hatte, ob das im Einzelenen alles stimmt ist hiebei nicht so wichtig . es sind alles glaubhafte, tragfähige Arbeitshypothesen. Was aber bis jetzt NOCH NICHT erklärt wurde, ist, WARUM Karajan HEUTE noch immer als Referenz herangezogen wird, sei es als positive oder negative.....


    mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Was aber bis jetzt NOCH NICHT erklärt wurde, ist, WARUM Karajan HEUTE noch immer als Referenz herangezogen wird, sei es als positive oder negative.....

    Doch, weil er zu seiner Zeit der beste war, alles zusammengenommen. Dass bei einer solchen Menge von Tondokumenten auch die eine oder andere weniger gute dabei ist, wird nicht bestritten. Aber gemessen an der Vielzahl der Tonkonserven, die er hinterlassen hat, wird er kaum zu übertreffen sein. Es gab halt eine Zeit, da gehörte es für Klassikliebhaber einfach zum guten Ton, Vinyl Platten auf dem Gelbetikett von ihm zu besitzen. Da er auch was die Technik betrifft immer ein Vorreiter war, galt halt der Spruch "Das Wunder Karajan" nicht nur als Floskel, ein bisschen war schon dran. Und wer ihn live erlebt hat, so wie ich mehrmals in Salzburg, kann schon verstehen, dass er nicht nur hoch geschätzt wurde (wie etwa Böhm) sondern tatsächlich von seinen Fans auch geliebt wurde.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Sind wirklich auch damals alle auf Karajan abgeflogen? Kann ich mir nicht vorstellen. Für Individualisten gab's doch auch damals andere Dirigenten. Selbst auf dem "Gelblabel" gab es Alternativen bei Beethoven: Clutyens komplett und Fricsay bei den wichtigsten (3, 5, 7, 9). Die hartnäckigen Furtwängler-Anhänger wird Karajan nie zu Begeisterungsstürmen hingerissen haben, zu verschieden waren sie doch, noch dazu hielt Dr. Wilhelm von "K." bekanntlich nicht viel. Bayreuthianer flogen eher auf Keilberth und Kna, von letzterem ist sogar eine wenig schmeichelhafte Anekdote über Karajan überliefert.

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    – Luís de Camões

  • Wenn ich hier jetzt einiges erzähle, wie ich es in meiner Jugend wahrgenommen habe, dann möchte ich an dieser Stelle festhalten, daß ich keineswegs darauf bestehe, daß alles so war wie ich es schildere - lediglich, daß ich es so wahrgenommen und erlebt habe. Zum einen sei festgehalten, daß es 1962 noch nicht werbeträchtig war ob eine Langspielplatte in Stereo war ider nicht - die meisten Haushalte standen der neuen Technik hilflos - widerwillig - ablehnend gegenüber, zum einen weil sie kein neues Equipment anschaffen wollten - zum anderen weil sie gar nicht wussten was denn bei Stereo der Vorteil sein sollte. Auf diversen Messen wurde dem Publikum dies anhand einer Tonaufnahme nahegebacht, wo ein Tischtennismatch gespielt wurde. Sofort war ein neues Schlagwort geboren; die Ping-Pong-Stereophonie.
    Soviel zum Technischen. Daß Cluytens je für die Deutsche Grammophon Gesellschaft aufgenommen hat - war mir bis soeben nicht bekannt. Das mag ein Hinweis darauf sein, wie bekannt Cluytens damals war.
    Ich kannte Konwitschnys Aufnahmen, bzw. einige davon (wurde damals in mono vertrieben, obwohl in Stereo aufgezeichnet) und auch Fricsay. Fricsay war (einzeln) etwas billiger zu haben als der Normalpreis war, zum einen weil sein Zyklus teilweise nur MONO war (Auch wenn die Käufer es noch nicht realisierten, die Produzenten wussten, daß in Bälde Mono.Aufnahmen nahezu unverkäuflich sein würden - etwas daß dann auch eintraf. Fricsay war erst kürzlich verstorben und sein Zyklus war - soweit ich mich erinnere - unkomplett. Damit konnte man damals niemanden zum Kauf verleiten. Das Wunder Karajan erschien auf der Bildfläche - angelockt von Prof. Elsa Schiller - damals das für die DGG, was Legge für EMI war.
    EMI hatte Karajan bereit abgeschrieben - ihrer Meinung nach hatte er seinen Zenith bereits überschritten - welch eine Fehleinschätzung. Dann gab es weiters die New Yorker Aufnahmen mit Leonard Bernstein. Bernstein nahm damals für CBS auf. CBS hat jedoch - zumindest in Österreich den denkbar schlechtesten Ruf, was die Presstechnik betraf. Während in Deutschland unf Österreich Schallplatten als Luxusgut gehandelt wurden - und so wurden sie auch gefertigt, konnte man schon damals in USA relativ günstig Platten kaufen. Sie waren jedoch schlampig gefertigt, enthielten Staub- und Lufteinschlüsse und das Vinyl war gelegentlich grobkörnig. Die Amis stiessen sich nicht daran - wohl aber die Östereicher (und vermutlich auch die Deutschen) - Ich wich lange Zeit - wie wohl viele andere auch - amerikanischen Schallplatten aus.


    Die Deutsche Grammophon Gesellschaft - eher zurückhaltend in Fragen neuer Technologien - war indes ein Meister der Vermarktung. Sie konnten glaubhaft vermitteln, daß ausschliesslich IHRE Künstler die besten der Welt seien - und auch, daß sie über die beste Tontechnik der Welt verfügten. Bei der ersten Karajan-Beethoven Edition war raffinierterweise der Inhalt eines Briefes abgedruckt, den Herbert von Karajan an Elsa Schiller schrieb, wo er ausdrücklich hervorhob, wie exzellent die Tontechnik den Klang eingefangen hatte, nicht zuletzt deshalb, weil unter dem Technikteam, einige hochsensible künstlerisch denkenden Mitarbeiter seien ....


    Klemperers Aufnahme wurde kaum wahrgenommen - vermutlich wurde sie zu wenig beworben. Kein Wunder, Legge selbst war von ihr nicht überzeugt.


    Zum Thema Subskription: Es gab die Aufnahme natürlich nicht nur in Subskription, sondern auch frei im Handel.
    Jedoch wurde den Subskribenten - wie üblich - ein Preisnachlass gewährt.
    Und die Aufnahmen waren stets vergriffen - weil die Presswerke mit der Pressung nicht nachkamen.
    Nein - es gab zwar andere Aufnahmen - aber sie waren DAMALS weitgehend unbedeutend.
    Karajan war ein Halbgott, nein DER GOTT der Dirigenten. So etwas ist heute kaum vorstellbar...


    Ich bin - wie alle anderen auch - ein wenig vom Thema abgekommen. Denn die Frage ist, warum es bis heute noch keinem Dirigenten gelungen ist auch nur annähernd die Nähe Karajans zu erreichen.


    Vielleich sollte ich an dieser Stelle noch Furtwängler erwähnen. Seine Aufnahmen wurden schon 1962 als "HISTORISCH" empfunden - und niemand wollte damals so etwas hören. Das hatte mit einer weiteren Neuigkeit mitte der 50 Jahre zu tun: Das Zauberwort hiess: HIFI-Qualtität. Das bedeutete nicht notwendigerweise Stereo - aber: erweiterter Frequenzgang, erweiterte Dynamik, geringeres Grundrauschen - hohe (Ton)Treue eben........
    Und das war mit ALLEN Plattenspielern , die Langspielplatten abspielen konnten, zu hören.
    Schellackquallität sollte fürs erste - ca 30 Jahre lang als unverkäuflich gelten.
    Furtwängler wurde erst von kommenden Sammlergeneratonen wieder entdeckt....


    Der smarte Karajan nahm mit einem der besten Orchester der Welt auf und verbreitete die Aura musikalischer Allwissenheit.
    Alles Karajan !!!


    Das erklärt aber noch immer nicht, warum er heute nicht in Vergessenheit geraten ist, wie etwa Solti oder Rattle, sondern scheinbar noch immer der nervus rerum ist, an dem sich jeder messen muß.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

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  • Sorry, mein Fehler: Cluytens nahm zwar mit den Berlinern die 9 Symphonien auf, aber bei EMI. In der Hitze des Gefechtes kam das wohl zustande. Jedenfalls gab es vor Karajan insofern durchaus einen Stereo-Zyklus dieses Orchesters. Wieso der relativ unbekannt ist bis heute, ist eine Frage für sich. Vielleicht, weil der Dirigent Franzose war? Ich meine jedenfalls, in diesen Aufnahmen noch deutlich das Furtwängler-Orchester zu hören. Insofern sind die Aufnahmen auf jeden Fall interessant.

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    – Luís de Camões

  • Nein - es gab zwar andere Aufnahmen - aber sie waren DAMALS weitgehend unbedeutend.
    Karajan war ein Halbgott, nein DER GOTT der Dirigenten. So etwas ist heute kaum vorstellbar...


    Zumindest Klemperer dürfte damals noch eine ziemliche Popularität gehabt haben, nicht?


    In dem Zusammenhang fällt mir grad auf, daß EMI fast zeitgleich zwei Beethoven-Zyklen auf den Markt warf: Cluytens mit den Berliner Philharmonikern und Klemperer mit dem Philharmonia Orchestra. Vielleicht haben die sich gegenseitig Konkurrenz gemacht und die DG war mit Karajan der lachende Dritte?


    Wenn es eine solche omnipotente Monopolstellung eines Dirigenten damals wirklich gegeben hat, dann ist das ja nicht unbedingt positiv zu sehen. Ist sowas denn wirklich wieder anstrebenswert?


    Freilich, uns liegt heute soviel Live-Material vor, daß damals schlicht nicht existent war. Von daher war die Auswahl insgesamt sehr viel kleiner, wie wir bereits sahen. Dies, verbunden mit Schwächen und Fehlern der gegnerischen Labels (schlechte Qualität bei CBS, Konkurrenz im eigenen Haus bei EMI) und dem Tod etwaig gefährlich werdender Konkurrenten beim eigenen Label (Fricsay), mag den Mythos Karajan wohl noch zusätzlich begünstigt haben.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Freilich, uns liegt heute soviel Live-Material vor, daß damals schlicht nicht existent war. Von daher war die Auswahl insgesamt sehr viel kleiner, wie wir bereits sahen. Dies, verbunden mit Schwächen und Fehlern der gegnerischen Labels (schlechte Qualität bei CBS, Konkurrenz im eigenen Haus bei EMI) und dem Tod etwaig gefährlich werdender Konkurrenten beim eigenen Label (Fricsay), mag den Mythos Karajan wohl noch zusätzlich begünstigt haben.


    Dem würde ich zum Teil widersprechen wollen.


    Ende der 50er/Anfang der 60er entstanden (neben den schon genannten) Beethoven Zyklen mit u.a. Bruno Walter, Pierre Monteux, Eugen Jochum (DGG; der Zyklus mit dem Concertgebouw Orchester entstand Ende der 60er), Ernest Ansermet und René Leibowitz (der ist eher zu vernachlässigen, weil die Aufnahmen für Reader's Digest entstanden, also keiner großen Öffentlichkeit zugänglich war).


    Walter und Monteux waren "die großen Alten", Ansermet eines der Zugpferde der Decca, Jochum war zumindest ein bekannter Name bei der DGG.
    An mangelnder Konkurrenz, sowohl quantitativ als auch ibs. qualitativ, mag es nicht gelegen haben, daß Karajans Gesamtaufnahme einen derart hohen Stellenwert einnahm und auch heute noch einnimmt.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Ich bin der Überzeugung, dass sich sowohl Schönheit als auch bedeutsame Interpretation, und einige Erfahrung gibt mir wohl recht, keinesfalls ausschließen dürfen. Also kein Entweder - oder, sondern ein dezidiertes Sowohl - als auch.


    Schönheit und "bedeutsame Interpretation" können, ja: müssen sich ausschließen, wenn der Komponist bewusst einen hässlichen Klang komponiert hat. Das geht spätestens beim genialen Monteverdi los, ist aber zum Beispiel auch in der Schreckensfanfare in der 9. Beethoven zu finden.


    in meinem musikalischen Kosmos ist die Schönheit des Klanges das oberste Gebot - andere "Wahrheiten" müssen dahinter zurückstehen. Das hat Karajan offensichtlich auch so gesehen - das sehen heute aber viele nicht so.


    "Karajan hat das auch so gesehen" finde ich zu einfach. Zum Beispiel folgt seine erste Einspielung des "Sacre" durchaus einer schönheitsmaximierenden Ästethik. Die zweite ist deutlich brutaler. Oder Beethoven: Sein erster Zyklus mit dem Philharmonia Orchestra ist deutlich bissiger und rhythmisch profilierter (das hat nichts mit Hässlichkeit zu tun) als der auf maximale Klangschönheit getrimmte dritte Zyklus von 1977.


    Bei einer Bach-Fuge wäre mir die Offenlegung der Struktur auch wichtiger als Schönklang. In der Winterreise wäre mir das unter die Haut gehende Nachzeichnen der Situationen wichtiger als Schönklang. Und was wäre "Der Hölle Rache", wenn eine junge Sopranistin daraus ein naiv-schönes Stück Musik machen würde? Absurd.


    Man versucht der Musik vergangener Tage, den Stempel der "Hässlichkeit" aufzudrücken. Man kann darüber diskutieren ob der Schönklang das Maß aller Dinge sei - für mich ist das überhaupt keine Frage, daß dies zutrifft.


    Ok. Aber eventuell ist das eine Meinung, die einsam macht.


    Es gibt auch gar keinen Grund, die Dinge so schwarz-weiß zu malen. Nicht alles, was andere Dinge als den Schönklang in den Vordergrund stellt, ist deswegen gleich hässlich.


    Kunst, wie ich sie verstehe ist letztlich eine "Überhöhung" der Realität. Soll heißen, ein Held siegt triumphierend, wobei die Leichen die seinen Weg pflastern, stets ausgeblendet bleiben, allenfalls sterben die Verlierer den Heldentod mit verklärtem Blick.


    Das hat nichts mit Kunstphilosophie zu tun, sondern ist ein Weltbild. Es gab z. B. auch Filme und Kinderbücher, die dieses Weltbild bestens bedienten. Sie gehören nicht unbedingt zu den größten Kunstwerken. -


    Übrigens nenne ich mal die "Salome", die "Elektra", den "Tristan", den "Don Giovanni" - welcher "Held" siegt denn in diesen Opern und wer stirbt einen "Heldentod"? Und wer soll der fiktive Held in Brahms' 3. und 4., in Mahlers 6. und 9. sein? Nein, die Musikgeschichte ist keine Folge von "Heldenleben".


    Karajanscher Schönklang - oder besser gesagt Eleganz beim Dirigat - das war einst das Markenzeichen des Maestro und erst nach seinem Tod wurde es als Negativbegriff gegen ihn verwendet.


    Nein. Der Schönklang wurde bereits früher als solcher entlarvt. Schon die Kritker im Jahre 1977 verglichen natürlich die Beethoven-Zyklen Karajans und zeigten auf, wohin die Reise mit dem Maestro ging. (Was sich ja auch in anderen Aufnahmen jener Zeit manifestierte.)


    Denn zu Lebzeiten wagte sich kaum einer Kritik an ihm zu üben - weder die Politiker, noch die Kritiker, Schallplattenbosse - und das Publikum war ihm sowieso hörig.


    Auch das stimmt nicht. Die Wiener haben ihn zum Beispiel aus der Staatsoper rausgeschmissen.


    Politiker: Die Politik, insbesondere das Berliner Abgeordnetenhaus, war mehrfach gespalten über Karajan. Beispiel wäre die Affäre "Dr. Girth".


    Kritiker: Der Vorwurf des Schönklangs wurde recht früh erhoben.


    Musiker: Bei den Berliner Philharmonikern gab es bei seinem Ausscheiden aus dem Amt eine ansehliche Fraktion des Unmuts über den Chefdirigenten.


    Publikum: Auch hier gab es eine ansehliche Gegnerschaft, die Karajans Vorzüge und Schwächen recht gut kannte.


    :hello:

  • Dem würde ich zum Teil widersprechen wollen.


    Ende der 50er/Anfang der 60er entstanden (neben den schon genannten) Beethoven Zyklen mit u.a. Bruno Walter, Pierre Monteux, Eugen Jochum (DGG; der Zyklus mit dem Concertgebouw Orchester entstand Ende der 60er), Ernest Ansermet und René Leibowitz (der ist eher zu vernachlässigen, weil die Aufnahmen für Reader's Digest entstanden, also keiner großen Öffentlichkeit zugänglich war).


    Walter und Monteux waren "die großen Alten", Ansermet eines der Zugpferde der Decca, Jochum war zumindest ein bekannter Name bei der DGG.
    An mangelnder Konkurrenz, sowohl quantitativ als auch ibs. qualitativ, mag es nicht gelegen haben, daß Karajans Gesamtaufnahme einen derart hohen Stellenwert einnahm und auch heute noch einnimmt.


    Stimmt, Norbert, du hast natürlich recht. Ich dachte an all diese Namen spontan gar nicht. Aber ist das nicht vielleicht ein Indiz für das Faktische? Es gab Alternativen, aber wer kannte und kennt sie? Wer kennt heute etwa den ersten Jochum-Zyklus, der noch halb Mono ist? (Sein zweiter und dritter sind auch nicht wirklich berühmt geworden, trotz unbestreitbarer Qualitäten.) Monteux war (ist?) jahrelang nicht greifbar, schon das erschwert es, sich den zu beschaffen, obwohl ich denke, daß das sicher sehr, sehr gut sein dürfte. Bruno Walter, gut. Wieso ist der so im Schatten? War der nicht auch bei CBS mit der "bescheidenen" Qualität der LPs? Und ehrlich gesagt fand ich bislang die meisten Walter-Aufnahmen nicht so besonders prickelnd. Mag dran liegen, daß ich fast nur Spät(est)aufnahmen kenne, wo ihm der frühere Elan irgendwie fehlte. Ich erinnere mich bewußt nur an seine Beethoven 9. aus dem Studio, die mir seinerzeit sehr mittelmäßig vorkam (mag sein, daß die Live-Version aus der Wiener Staatsoper meilenweit besser ist). Und, auch wenn es nicht hier her gehört, auch sein Mahler konnte mich nicht derart mitreißen, da ich davor schon Horenstein, Barbirolli und Klemperer kannte, die m. E. hier einfach besser sind.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zu Bruno Walters Stereoaufnahmen generell.


    Walter war bereits sehr fortgeschrittenen Alters als die Stereophonie eingeführt wurde.
    CBS trat an den Maestro heran, er möge doch die wirchtigsten Werke der Klassik nochmals in der neuen Technik für CBS einspielen. Walter wollte nicht. Er hatte sein Lebenswerk bereits abgeschlossen und wollte seine Ruhe haben. Jedoch CBS ließ nicht locker und erklärte, der Maestro möge lediglich die Bewdingungen stellen - man werde alle erfüllen. Walter ging darauf ein und stellte einige Bedingungen, von denen erwusste, daß sie unerfüllbar waren - so zum Beispiel, daß der Aufnahmeort maximal 5 Gehminuten von seinem Wohnsitz entfernt sein dürfe...
    Er hatte die Rechnung ohne CDBS gemacht, es wurde eine Halle in unmittelbarer Nähe gemietet - und auch alle anderen Bedingungen erfüllt, aus diversen Orchestern stoppelte man zudem schnell das Columba Symphony Orchestra zusammen...
    Es ist ein Wunder, daß die auf diese Weise entstandenen Aufnahmen das Niveau erreichten, das sie haben......
    Zu Zyklen hat offenbar aber die Zeit nicht mehr gereicht......


    zu Ansermet:


    Seine Spezialität war Stravinsky und Tschaikowski,
    Ich habe erst vor ein paar Wochen gesehen daß er überhaupt Beethoven dirigiert hat - ein Testexemplar ist bereits bei mir eingetroffen....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Auch das stimmt nicht. Die Wiener haben ihn zum Beispiel aus der Staatsoper rausgeschmissen.


    Das ist Unsinn und du kannst endlich einmal aufhören, ihn zu wiederholen.



    Zitat

    Musiker: Bei den Berliner Philharmonikern gab es bei seinem Ausscheiden aus dem Amt eine ansehliche Fraktion des Unmuts über den Chefdirigenten.


    Das war aber gute zwanzig Jahre später...

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Zitat

    Auch das stimmt nicht. Die Wiener haben ihn zum Beispiel aus der Staatsoper rausgeschmissen.


    Ich kenne die Quelle nicht, wo das behauptet wird, es ist jedenfalls falsch. Karajan neigte dazu sich trotzig zurückzuziehen, wenn etwas irgendwann einmal nicht nach seinen Wünschen ging...
    Ich zitiere an dieser Stelle ausnahmsweise mal eine längere Sequenz aus Wikipedia:


    Zitat

    Außerdem war er von 1957 bis 1964 künstlerischer Leiter der Wiener Staatsoper, wo er entscheidend zum Weltruhm des Hauses beitrug und viele wichtige Sänger erstmals an das Haus holte. Als die Bundestheaterverwaltung in einem Arbeitskonflikt die Operndirektion überging, schrieb er am 7. Februar 1962 einen ersten Rücktrittsbrief. Nach einem zweiten Konflikt, an dem Karajans Ko-Direktor Egon Hilbert, das Unterrichtsministerium, die Bundestheaterverwaltung, der Gewerkschaftspräsident, der Bundeskanzler und am Ende der Verwaltungsgerichtshof beteiligt waren, demissionierte Karajan am 11. Mai 1964 endgültig. Im Herbst 1963 hatte Karajan für die Übernahme von Puccinis La Bohème einen in der italienischen Oper üblichen Maestro suggeritore engagieren wollen. Die Gewerkschaft wollte die Arbeitserlaubnis für den fälschlich so bezeichneten „ausländischen Souffleur“ verhindern.


    mit freundlichen Grüssen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Es gibt auch gar keinen Grund, die Dinge so schwarz-weiß zu malen. Nicht alles, was andere Dinge als den Schönklang in den Vordergrund stellt, ist deswegen gleich hässlich.



    Alles, was nicht schön ist, ist häßlich.


    Leute, die Schönheitsideale "erfinden", waren mir schon immer suspekt. Sie gehören zu den Leuten, die die Barbie-Puppe erfunden haben. Ein Geschmacksmuster, das möglichst vielen Leuten gefällt. Alles ist glatt, poliert, Proportionen, die ein Ebenmaß suggerieren, die die Wirklichkeit verbiegen und verzerren.


    Nehmen wir nur mal den Einsatz der Geigen in Karajan`s KLangwelt. Er schafft es, das Geigen ihren charakterischen Klang abmildern und eine Klangsoße erzeugen, die möglichst vielen gefällt.


    Das diese Leute dann einen kammermusikalischen Ansatz mit dem charakterischen Klangbild der Geigen, in all seinen Feinheiten und Nuancen, als häßlich empfinden, leuchtet ein. Diesen "Kunstkennern" spreche ich dann aber ein gewisse Objektivität in der Beurteilung von Musik ab. Es ist fast für mich so, als wenn sich einer für einen Literaturkenner ausgibt und du kommst zu ihm nach Hause und das Bücherregal ist mit Konsalik und Stephen King vollgestellt.


    Natürlich lasse ich diesen Zeitgenossen in seinem Glauben. Nur die Auswahl der Literatur offenbart einen beschränkten Horizont , der einfach objektiv gegeben ist.


  • Auch das stimmt nicht. Die Wiener haben ihn zum Beispiel aus der Staatsoper rausgeschmissen.
    :hello:


    Karajans Demission in Wien hatte folgenden Grund: Zu dieser Zeit hatte die Staatsoper zwei Direktoren - einen künstlerischen, eben Karajan, und einen technischen namens Egon Hilbert. Dass letzterer permanent gegen Karajan intrigierte, um ihn loszuwerden, war ein offenes Geheimnis, denn er wollte nicht ewig das zweite Rad am Wagen sein. Hilberts Stunde schlug dann, als Karajan den "Tannhäuser" herausbrachte und verfügte, dass dieses Werk ausschließlich von ihm dirigiert werden sollte. Bald darauf hatte Karajan Termine in Berlin, und genau in dieser Zeit setzte Hilbert den "Tannhäuser" an, wohl wissend, dass dies zum Eklat führen würde. Diesen "Tannhäuser" dirigierte dann Oskar Danon, worauf sich bei dessen Erscheinen am Dirigentenpult unbeschreibliche tumultiöse Szenen im Auditorium abspielten. Das ganze Haus skandierte stürmisch "Hilbert raus!", so dass Danon schier endlose Minuten abwarten mußte, um endlich mit seinem Dirigat beginnen zu können. Was ich hier schildere, habe ich als Augen- und Ohrenzeuge am Stehplatz miterlebt!


    Was die "Bohème"-Geschichte mit dem italienischen Maestro suggeritore (Vereinfacht: Souffleur) betrifft, war es so, dass die zuständigen Stellen ihn nicht zum künstlerischen, sondern zum technischen Personal zählten, weshalb er eine Arbeitsgenehmigung vorweisen hätte müssen, die er als Mitglied des künstlerischen Personals nicht vorweisen konnte. Um diese leidige Situation nicht noch zu verschärfen, beschloß Karajan, die Premiere einige Tage zu verschieben und ohne Souffleur zu realisieren.


    Also der eigentliche Grund von Karajans Demission war das Zerwürfnis mit Hilbert - die "Bohème"-Geschichte ereignete sich dann erst später.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Moin,
    es ist lustig, wie aus Vermutungen und Halbwissen ein Bild entsteht, welches nur teilweise mit der gesicherten Erkenntnis vergleichbar wäre.
    Vieles ist durch leichtes Überprüfen im Internet zu korrigieren, manches erschließt sich erst durch Lektüre der zahlreich vorliegenden Biografien oder, wie soeben gelesen, durch persönliches Erleben!
    Ein paar Korrekturen und Anmerkungen möchte ich also anbringen.


    Zitat

    Klemperers Aufnahme wurde kaum wahrgenommen - vermutlich wurde sie zu wenig beworben. Kein Wunder, Legge selbst war von ihr nicht überzeugt.


    Falsch! Definitv. Man lese Heyworth und dort die Äußerungen Legges über den Klemp Zyklus.

    Zitat

    "I shall have given you a Beethoven Cycle on records, thaqt will be prized as long as records are collected


    Klemperer war bei der EMI! Und er war Emigrant. 1962 herrschte der Adenauer Muff. Die Restauration auch in der Kunst fand ohne die Emigranten statt.
    Dagegen war Karajan nun endlich bei der DGG angekommen.


    Im Übrigen trug Klemp in den 60iger zu ca. 10% des gesamten EMI Klassikumsatzes bei.
    Aber aufgemerkt. Es soll andere Länder als Österreich und Deutschland geben, in denen Menschen Klassik kaufen.


    Zitat

    EMI hatte Karajan bereit abgeschrieben - ihrer Meinung nach hatte er seinen Zenith bereits überschritten - welch eine Fehleinschätzung.


    Das halte ich ebenso für falsch, siehe meine obiges Zitat von Bicknell. Die EMI mag dies verbreitet haben, nachdem Karajan mit der DGG handelseinig war.


    Zitat

    Bernstein nahm damals für CBS auf

    Aber Beethoven gab es erst 3 Jahre später.


    Zitat

    Vielleich sollte ich an dieser Stelle noch Furtwängler erwähnen. Seine Aufnahmen wurden schon 1962 als "HISTORISCH" empfunden


    Richtig und vor allem waren die meisten Beethoven Aufnahmen Furtwänglers zunächst von der EMI!
    Von der DGG gab es damals wenig Beethoven mit Furtwängler.


    Zitat

    Cluytens mit den Berliner Philharmonikern und Klemperer mit dem Philharmonia Orchestra. Vielleicht haben die sich gegenseitig Konkurrenz gemacht und die DG war mit Karajan der lachende Dritte?


    Nein, damals waren die Märkte viel viel regionaler! Und Cluytens, übrigens Belgier! dirigierte für den französichen und belgischen Markt. Seine Aufnahmen wurden damals von der französischen EMI Tochter Pathé-Marconi veröffentlicht.


    Zitat

    Nehmen wir nur mal den Einsatz der Geigen in Karajan`s KLangwelt. Er schafft es, das Geigen ihren charakterischen Klang abmildern und eine Klangsoße erzeugen, die möglichst vielen gefällt.


    Das trifft auf den 62-er Zyklus noch nicht zu. Der sogenannte Karajansche "Plüschklang" (Ulrich Schreiber) kam erst gegen Ende der 60iger Jahre auf.


    Ich denke, wenn etwas sehr erfolgreich war und das war der Zyklus, dann hält sich das sehr lang. Klemps Zyklus war nie aus den Katalogen, der von Toscanini auch nie! Da gehen die Leute in den Firmen mit ihren Marketing Abteilungen auf Nummer sicher! Das ist Bose Einstein Statistik. "Wo was ist, kommt eher was dazu, als wo nix ist"


    Gruß aus Kiel

  • Stimmt, Norbert, du hast natürlich recht. Ich dachte an all diese Namen spontan gar nicht. Aber ist das nicht vielleicht ein Indiz für das Faktische? Es gab Alternativen, aber wer kannte und kennt sie?


    Hallo Joseph II,


    die Frage, wer kannte damals die Alternativen ist für mich interessanter als die nach der heutigen Verbreitung.


    Auch wenn laut s.bummer einges (etliches?) für den regionalen Markt produziert worden ist, war zumindest Klemperer, wie Karajan auch, ein "global player", ein Dirigent, den man auf der ganzen Welt vermarkten und verkaufen konnte. Bei Bruno Walter und Pierre Monteux denke ich mir, wird es wohl ähnlich gewesen sein.


    Zitat

    Wer kennt heute etwa den ersten Jochum-Zyklus, der noch halb Mono ist? (Sein zweiter und dritter sind auch nicht wirklich berühmt geworden, trotz unbestreitbarer Qualitäten.) Monteux war (ist?) jahrelang nicht greifbar, schon das erschwert es, sich den zu beschaffen, obwohl ich denke, daß das sicher sehr, sehr gut sein dürfte. Bruno Walter, gut. Wieso ist der so im Schatten? War der nicht auch bei CBS mit der "bescheidenen" Qualität der LPs? Und ehrlich gesagt fand ich bislang die meisten Walter-Aufnahmen nicht so besonders prickelnd. Mag dran liegen, daß ich fast nur Spät(est)aufnahmen kenne, wo ihm der frühere Elan irgendwie fehlte. Ich erinnere mich bewußt nur an seine Beethoven 9. aus dem Studio, die mir seinerzeit sehr mittelmäßig vorkam (mag sein, daß die Live-Version aus der Wiener Staatsoper meilenweit besser ist). Und, auch wenn es nicht hier her gehört, auch sein Mahler konnte mich nicht derart mitreißen, da ich davor schon Horenstein, Barbirolli und Klemperer kannte, die m. E. hier einfach besser sind.


    Bei Walter muß man tatsächlich differenzieren. Nach seinem Herzinfarkt im März 1957 wurden die Tempi erheblich langsamer und die Sichtweise auf die Werke "milder". Ich gestehe, ich habe seine Beethoven-Aufnahmen ewig nicht mehr gehört, aber bei Bruckners 9. sind die Unterschiede (in den Tempi, aber nicht in der Intensität der Interpretation) evident.


    1957 NY PH O: 20'30'', 10'19'', 19'44''
    1959 Col Sy O: 23'53'', 11'32'', 23'17''


    Auch wenn's nicht hier her gehört ( ;) ) solltest Du Dir unbedingt Walters Live-Aufnahme von Mahlers 9. aus 1938 mit den Wiener Philharmonikern besorgen. Du wirst danach die Sinfonie mit anderen Ohren hören...


    Monteux' Zyklus, der heute in der Tat kaum und wenn, nur gebraucht, erhältlich ist, zähle ich zu den "zeitlos besten", zu denen, die ich mir wegen ihrer Individualtät und der "französischen Eleganz" immer wieder gerne anhöre.
    Ähnliches gilt für Ansermet, dessen Beethoven Einspielungen überhaupt vor einigen Jahren (2009) erst auf CD von der australischen Dependance der Universal Music veröffentlicht worden sind. Hier überrascht die "klassizistische Strenge" und eine sukzessive Annäherung an die Metronomangaben (besonders deutlich bei der 4. Sinfonie hörbar).
    Bei Jochum denke ich mir zumindest, daß der zweite Zyklus mit dem Concertgebouw Orchester, entstanden zum "Jubiläumsjahr" 1970, eine gute Verbreitung gefunden haben dürfte.


    Aber aus heutiger Sicht ist es richtig, daß nur Karajan (und Klemperer) über 50 Jahre hinweg erhältlich gewesen sein dürfte, was natürlich maßgeblich mit zum "Ruhm" beigetragen hat.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Nachtrag: Um zu ergründen, warum Karajans Gesamtaufnahme "legendär" geworden ist, erscheint mir die Frage nach den Alternativen durchaus sinnvoll. Mir sind noch zwei weitere Dirigenten eingefallen, die in den 60ern Beethovens Sinfonien eingespielt haben: Joseph Krips (LSO; bei welchem Label damals entzieht sich meiner Kenntnis) und Paul Kletzki (Tschechische Philharmonie Prag, Supraphon).


    Wer kennt noch mehr?

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Das Phänomen, dass man bestimmte Meinungen - ob nun früher einmal selbst gebildet oder irgendwann von irgendeiner Mehrheit von Meinungsinhabern über Jahre durch wiederholtes Lesen übernommen- irgendwo im oberen Stübchen abspeichert und bei entsprechendem Anlass wieder abruft, erstaunt mich immer wieder.


    Immer wieder lese ich: "Bei dem ersten Beethovenzyklus war es noch nicht so ausgeprägt mit dem Karajanschen Schönklang.
    Der mittlere DG-Zyklus trieft nur so davon und der letzte ist ein Dokument von Erstarrung etc."


    Ich behaupte: Das trifft so überhaupt nicht zu, vor allem nicht generell.


    Um es zu überprüfen, nahm ich mir die 5. Symphonie vom legendären 62-er Zyklus und dem angeblich in blossem Schönklangsperfektionismus erstarrtem 82er-Zyklus vor, also die zeitlich am weitesten auseinander liegenden Einspielungen (aus Zyklen):




    Ergebniss:
    Es liegt im Grunde ein und dieselbe Interpretation vor.
    Dennoch kann man zwei Unterschiede recht bald erkennen: Bei 82-er Aufnahme wurde an den Details der Blechbläser mehr gefeilt. Ausserdem kommen diese klanglich noch besser und strahlender heraus.
    Satz 3 wird zudem bei der neueren Einspielung etwas schneller genommen, was ich hier überzeugend finde.


    Insgesamt finde ich, dass man bei der 5. Symphonie die neuere Aufnahme keineswegs als glattbegügelten Schönklang gegenüber der angeblich lebendigeren ersten Aufnahme hinstellen kann. Im Gegenteil: Die letzte Einspielung übertrifft die erste noch etwas an Strahlkraft, Stringenz und Lebendigkeit. Von Einebnung etc. kann da überhaupt keine Rede sein, jedenfalls nicht im Vergleich zur ersten Aufnahme.
    Bitte doch einmal genau die Stellen angeben, bei denen man das faktisch behaupten kann, am besten mit Taktzahl.


    Die Ausschnitte bei JPC beginnen mitten in den Sätzen, allerdings ungefähr an denselben Stellen. Der interessierte Leser kann also wenigstens in Ausschnitten selbst überprüfen, ob meine Angaben zutreffend sind.


    Richtig ist m.E., dass die Neigung zur Glättung, zum Sostenuto und zum Pausenverwischen z.G. eines Klangstroms in den Symphonien 3, 5 und 9 der Karajanschen Interpretationen nicht negativ ins Gewicht fällt, sondern hier seine Fähigkeit zur Bildung grosser dramatischer Zusammenhänge überwiegt.
    Bei den Symphonien 1 und 2 hingegen ist festzustellen, dass spätere Konkurrenzinterpretationen (allen voran Harnoncourt) durch das Einbringen der historisch gewachsenen Elemente der figurativ-gestischen Klangrede neue Hör- und Verständniswelten erschlosssen.
    Vergleicht man diese neueren Aufnahmen jener Symphonien mit Karajans Sichtweisen, so fällt in der Tat eine Nivellierungsneigung bei Karajan auf, ebenso beim 2. Satz der Siebten.
    Wie es beim Karajan vs. Karajan Vergleich 1.und 2. Symphonie aussieht, weiss ich nicht, weil ich den aus einer gewissen Unlust, diese Werke so zu hören bisher nicht anstellte.


    Für die 5. jedoch kann ich keine mehr dramatische und überzeugende Interpretation als die Karajans benennen, und hier vor allem die lebendige, aus dem Jahre 1982 stammende Version.


    Dass die erste Einspielung als legendär gilt, geht für mich auch darauf zurück, dass diese Sichtweise in dieser Zeit einfach neu war.
    Es ist vielleicht ein bisschen so wie bei Filmen: Beim ersten "The Matrix" waren alle begeistert, bei "Reloadet" und "Revolution" plappert man auf Amazon daher, dass der erste Film zwar toll war, die nächsten aber nur schlechte Remakes ohne sinnvolle Geschichte etc.
    In Wirklichkeit steigert sich das Niveau dieser Trilogie jedoch.
    Bei Jurassic-Park 1,2, und 3 wird ähnlich kommentiert.


    Wenn also etwas total neu ist, und es "einschlägt", dann wird es legendär. Wenn darauf etwas folgt, was ggf. sogar besser ist, dann muss man sich als "Kenner" ausweisen und snobistisch erzählen, dass alles was später kam im Grunde genommen eher "überflüssig" sei.
    Ich kann dem allem nichts abgewinnen sondern halte mich lieber an den konkreten Stoff.



    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Wenn also etwas total neu ist, und es "einschlägt", dann wird es legendär. Wenn darauf etwas folgt, was ggf. sogar besser ist, dann muss man sich als "Kenner" ausweisen und snobistisch erzählen, dass alles was später kam im Grunde genommen eher "überflüssig" sei.
    Ich kann dem allem nichts abgewinnen sondern halte mich lieber an den konkreten Stoff.


    Rein theoretisch gäbe es sicher auch einen "Snobismus zweiter Art", der darin bestünde, in snobistischer Weise andere Menschen zu Snobs zu erklären.


    :hello:


    Ich kenne das digitale Remake der Beethoven-Sinfonien unter HvK nicht! Aber zu ersten Sinfonie habe ich die drei Zyklen aus den 1950er Jahren (Philharmonia/EMI) sowie von 1961/62 und 1977 miteinander verglichen und kam auch zu dem Ergebnis: Ganz so einfach ist es nicht - wenn man behauptet, es gäbe eine stetige Entwicklung von immer weniger Rhythmik und Prägnanz einerseits und immer mehr Schönklang andererseits, so gibt es Gegenbeispiele dazu.


    Karajan selbst hat von seinem 1977er Zyklus aber gesagt: "Schöner geht es nicht!". Wenn ich den Zyklus höre, glaube ich ihm sofort. Nur - was wäre bei Beethoven mit Schönheit alleine gewonnen? Braucht es nicht auch Drama, Formbewusstsein, rhythmische Energien?

  • Classics Today schreibt: "The Fifth always was a standout among Herbert von Karajan's Beethoven performances, and this 1962 recording is the best of the three he made for Deutsche Grammophon."


    Ich habe auch mal die Aufnahmen der 5. von 1962, 1977 und 1982 verglichen und kam zum Ergebnis, daß mir die 60er am ehesten zusagte. Da sind die Pauken nach meiner Erinnerung noch "grober" und erbarmungsloser als später. Außerdem empfand ich mehr Vorwärtsdrängen als in den späteren Aufnahmen. Vielleicht werde ich die damaligen Höreindrücke beizeiten nochmal überprüfen.


    Nach meiner Erinnerung fand ich aus dem digitalen Zyklus die "Eroica" und die "Pastorale" am gelungensten und den älteren Aufnahmen sogar überlegen. Die 8. und insbesondere die 9. sind in den 80er-Aufnahmen aber zweifellos schwächer geraten als früher. Besonders die Solistenbesetzung ist mittelmäßig, und auch die Schwächen des Chors treten 1983 offen zutage. Die Aufnahme hab ich vor einigen Monaten nicht ohne Grund verkauft. Karajans beste 9. ist und bleibt für mich die vom Silvesterkonzert 1977 aus der Berliner Philharmonie LIVE.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das halte ich ebenso für falsch, siehe meine obiges Zitat von Bicknell. Die EMI mag dies verbreitet haben, nachdem Karajan mit der DGG handelseinig war.


    Da liegst du falsch. Tatsächlich hat sich die EMI-Spitze - sehr zur Verärgerung von Walter Legge - nicht sonderlich um die Fortführung des Vertrags mit Karajan gekümmert. Der hatte dann nicht nur Zeit, in Wien einige sehr gelungene Decca-Aufnahmen mit den Wiener Philharmonikern zu machen, sondern verhandelte mit der DG einen sehr publikumswirksamen Exklusivvertrag (inkl. Berliner Philharmoniker!) aus, der die EMI-Bosse dann ziemlich am falschen Fuss erwischte.

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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