Der klassische Horizont - und seine Grenzen

  • Zitat

    Was einigen not täte wäre vielleicht eher mal den musikalischen Horizont etwas zu erweitern,


    Dieser Satz wurde in den letzten Tagen hier im Forum geprägt, war es Johannes Roehl oder Wolfram - ich bin zu faul um nachzusehen. Indessen wurde diese Aussage mehrmals zitiert und allgemein für gut befunden, wobei ich den Eindruck hatte, daß diejenigen, die diesen Rat gaben, sich außerhalb jener Gruppe wähnten, die ihn beherzigen sollten....
    Wie auch immer: Ich schliesse mich diesem Rat durchaus an, glaube allerdings, daß ich etwas anderes darunter verstehe, als jene, die ihn erstmals gaben.


    Vermutlich sind die meisten Taminos ohnedies eifrig am Werk - emsig dabei ihren musikalischen Horizont zu erweitern.
    Die Frage ist nur, was der Einzelne darunter versteht, und wie sein Horizont letztlich aussieht, wenn er ihn erweitert hat.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich schrieb das, weil ich zugegebenermaßen von den in meinen Augen lächerlichen Grabenkämpfen in dem Thielemann-Thread genervt war. Daher fragte ich mich, ob Forianer nichts anderes zu hören haben als ein dutzendmal dieselbe Beethovensinfonie.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ja, ja, das habe ich schon richtig verstanden.
    Ich habe aber - sozusagen eigenmächtig - das Thema erweitert - und das Statement wörtlich genommen.
    Zum Beispiel wäre zu hinterfragen ob man nicht DOCH seinen klassischen Horizont erweitert, wenn man eine
    Beethoven-Sinfonie in drei Dutzend verschiedenen Interpretationen gehört hat .
    Aber das ist natürlich nur die Spitze vom Eisberg, es gibt zahlreiche andere Erweiterungsmöglichkeiten...
    Und man könnte beispielweise auch darüber diskutieren, WARUM sie in der Regel kaum genutzt werden....


    mfg
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Werter Alfred,


    der Ausdruck entstand damals aus der Gleichsetzung einer Symphonie-Interpretation mit der Popmusik.


    Dieser Vergleich ist so schief, das er nur von jemanden stammen konnte, der sich mit der Popmusik überhaupt nicht befasst.


    Mienes Erachtens sollte ein Klassikliebhaber erkennen, das Popmusik ein ganz anderes Universum als die Klassilk ist. Entstehungsgechichte, das Publikum, teilweise ganze gesellschaftliche Schichten, die es bei der Entstehung der Kompositionen Beethoven`s noch gar nicht gab, sind Faktoren, die zu berücksichtigen sind.


    Und ein ganz großer Faktor ist die Freiheit in der Komposition. Erlaubt ist, was gefällt.


    Ich z.B. kann Leute verstehen, die in einen Techno-Club gehen und eine Nacht abtanzen. Aber meinen Lebensabend damit zu verbringen, immer dieselbe Symphonie vergleichszuhören, erinnert mich an den Hamster , der im Käfig läuft.


    Beethoven`s Musik ist eine andere Qualitätsdimension, egal ob sie von einem Kammermusik Orchester gespielt wird oder von einem philharmonischen Orchester, die Noten sind das stenge Korsett, das alle einhalten.


    Vielleicht täte es einem Klassikliebhaber aber mal ganz gut, ein Stück von The Police aus den 1980ern mit einem Klaviertrio von Beethoven zu vergleichen.


    Da gehen dann Horizonte auf.


    Viele Grüße Thomas

  • Ich z.B. kann Leute verstehen, die in einen Techno-Club gehen und eine Nacht abtanzen. Aber meinen Lebensabend damit zu verbringen, immer dieselbe Symphonie [von Beethoven im Vergleich zu hören]....


    Also, letzteres schiene mir das deutlich kleinere Übel zu sein :D


    Grüße,


    Garaguly

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  • Gott sei Dank hat Beethoven ja mehr als nur eine Sinfonie geschrieben, bei Berlioz wäre das etwas anderes. Einmal zum Richtplatz und Hexensabbath reicht pro Tag.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Jeder ist Herr darüber, wie er mit der ihm anvertrauten Zeit umgeht.


    Ich habe den Satz von Johannes unterstützt, weil ich ihn aus Erfahrung nur bestätigen kann.


    Zehn Beethoven-Zyklen nacheinander zu hören, ist eine Sache. Kann man machen, macht Spaß, ist interessant.


    Noch interessanter finde ich, nach dem dritten Beethoven-Durchgang vielleicht mal ein paar Klaviersonaten, Streichquartette, Klaviertrios und Violinsonaten zu hören. Meine Güte - die Kreutzer-Sonate - Fixstern am Geiger-Himmel - wann wurde hier zum letzten Mal darüber geschrieben? Vielleicht käme man sogar darauf, dass das Hören der Kreutzer-Sonate (oder der drei späten Klaviersonaten oder der Quartette op. 59) noch erfüllender sein könnte, als zehnmal die zweite Sinfonie zu hören?


    Jedenfalls höre ich nach diesen "Seitensprüngen" auch die wohlbekannten Sinfonien wieder neu.


    (Ich wage mich kaum, es zu sagen: Nachdem ich mir die Mühe gemacht hatte, mich durch fast den ganzen Schönberg zu kauen, etwa 2002/03, habe ich die Beethoven-Sinfonien erst recht anders gehört. Man schätzt seinen gewohnten Riesling vom Winzer um die Ecke nochmal ganz anders, wenn man im Urlaub seinen Grünen Veltliner und Blauen Zweigelt eifrig gekostet hat.)


    Vielleicht täte es einem Klassikliebhaber aber mal ganz gut, ein Stück von The Police aus den 1980ern mit einem Klaviertrio von Beethoven zu vergleichen.


    Sogar da stimme ich zu - in den 1980ern fand ich "The Police" sehr gut.


    Zum Beispiel wäre zu hinterfragen ob man nicht DOCH seinen klassischen Horizont erweitert, wenn man eine Beethoven-Sinfonie in drei Dutzend verschiedenen Interpretationen gehört hat .


    Siehe oben - gewiss. Aber nach drei Durchgängen wird der vierte noch besser, wenn vorher etwas anderes Gutes gehört wurde. Und nicht unbedingt die vertrauten Sachen von Schubert, Schumann, Wagner, Bruckner, Mahler. Prokofieff? Honegger? Messiaen?


    Entschuldigt die Hochnäsigkeit meiner Bemerkungen. Natürlich ist jeder Herr über die ihm anvertraute Zeit. :hello:

  • Gewiss erweitert man auch ein wenig seinen Horizont, wenn man viele unterschiedliche Aufnahmen derselben Stücke anhört.


    Allerdings habe ich hier auch so meine Zweifel.
    Wenn in den entsprechenden threads mitunter völlig unterschiedliche Ansätze wie Furtwänglers, Klemperers und Karajans in einen Topf geworfen werden, selbst manchmal von Hörern, bei denen man an anderen Kommentaren merkt, dass sie es besser wissen, dann frage ich mich, wer hier im Blindtest überhaupt noch seine Favoriten erkennen würde, geschweige denn sich ein nüchternes Urteil bilden. Wenn dann im thread über C. Kleiber beifällig relativierende (um nicht zu sagen abfällige) Bemerkungen über dessen Beethoveninterpretation zitiert werden, auf meinen Versuch einige der Meriten Kleibers im Rahmen eines sehr bescheidenen Vergleichs herauszustellen, überhaupt nicht eingegangen wird, sondern weiterhin die "Argumente" nur in name dropping bestehen, x wäre doch mindestens genauso gut und man wäre von Kleiber eben nicht besonders begeistert gewesen und außerdem sei sein Repertoire so schmal (was mit der Beethoveninterpretation nun nichts zu tun hat), ohne wenigstens der Versuch zu machen, seine Eindrücke in Worte zu fassen, dann habe ich tatsächlich Zweifel, ob das Hören unterschiedlicher Interpretationen besonders sinnvoll ist.


    Und selbstverständlich erweitert man seinen Horizont erheblich mehr, wenn man andere Musik hört, als immer wieder dieselben Stücke.
    Natürlich weiß ich, das zeigt sich ja auch in den Anschaffungs- u.a. threads, dass viele Hörer hier ein relativ breites Spektrum abdecken. Leider schlägt sich das nur sehr begrenzt in den entsprechenden threads nieder.


    Und ich muss auch zugeben, dass mich die blinden Flecken (von denen ich selbst viele, in der Oper, der Alten und Neuen Musik habe) einiger Forianer doch auch nach Jahren überraschen.
    Wie etwa, dass die fleißigen Sinfonievergleicher schon an Beethovens Kammermusik (von Haydn, Mozart, Mendelssohn, Dvorak usw. nicht zu reden) anscheinend nach wie vor kaum Interesse haben, dass jemand wie Alfred (wiederum nur als Beispiel, seine Vorlieben sind halt am besten dokumentiert) immer noch sehr wenig mit Schumann (ja Schumann, nicht Stockhausen :D) anfangen kann, dass Chopin zum Spezialthema einiger versprengter Pianophiler geworden ist, all das wundert mich schon ein wenig, da ich das alles und noch viel mehr für ein breit bekanntes und populäres Standardrepertoire halte. Und frage mich dann, ob das wirklich so viel weniger gehört und/oder geschätzt wird (d.h. enger Horizont, wir kratzen hier nicht einmal an den Grenzen des Standardrepertoires), oder ob die Forianer nur keine Neigung verspüren, darüber zu posten. Mir ist natürlich klar, dass die Dynamik in solchen Foren dahingeht, dass aktive threads sich selbst verstärken.


    Und, um etwas provokanter zu werden, eine gewisse Weite des Horizontes gehört m.E. zu einem "kompetenten" Klassikhörer dazu. Denn wie Wolfram andeutete, hängt vieles mit vielem zusammen. Wer von Schubert oder Schumann nur die Sinfonien kennen würde, hätte offenbar ein völlg verzerrtes Bild dieser Komponisten und damit vielleicht auch dieser Werke. Wer nach Beethoven eine Sinfonie Bruckners oder vielleicht gar Stravinskys "Symphony in three movements" hört, hört den Beethoven auch wieder anders. Entsprechend mit Haydn und Beethoven oder Händel und Haydn usw.

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  • Zitat

    Wenn in den entsprechenden threads mitunter völlig unterschiedliche Ansätze wie Furtwänglers, Klemperers und Karajans in einen Topf geworfen werden, selbst manchmal von Hörern, bei denen man an anderen Kommentaren merkt, dass sie es besser wissen, dann frage ich mich, wer hier im Blindtest überhaupt noch seine Favoriten erkennen würde, geschweige denn sich ein nüchternes Urteil bilden. Wenn dann im thread über C. Kleiber beifällig relativierende (um nicht zu sagen abfällige) Bemerkungen über dessen Beethoveninterpretation zitiert werden, auf meinen Versuch einige der Meriten Kleibers im Rahmen eines sehr bescheidenen Vergleichs herauszustellen, überhaupt nicht eingegangen wird, sondern weiterhin die "Argumente" nur in name dropping bestehen, x wäre doch mindestens genauso gut und man wäre von Kleiber eben nicht besonders begeistert gewesen und außerdem sei sein Repertoire so schmal (was mit der Beethoveninterpretation nun nichts zu tun hat), ohne wenigstens der Versuch zu machen, seine Eindrücke in Worte zu fassen, dann habe ich tatsächlich Zweifel, ob das Hören unterschiedlicher Interpretationen besonders sinnvoll ist.


    Werter Johannes,


    den Schuh muss ich mir auch anziehen. Gerade der Beitrag von mir zu Carlos Kleiber war bestimmt durch Oberflächlichkeit.


    Schweigen wäre besser gewesen.


    Viele Grüße Thomas

  • Schweigen wäre besser gewesen.

    Nein Thomas, ganz und gar nicht. Im Forum sind alle willkommen (Zitat von Alfred). Dass die Profis, und Johannes gehört in vorderster Front dazu, vieles besser können, bleibt ihnen unbenommen und ist ihnen auch von Herzen gegönnt. Aber wenn alle anderen deswegen schweigen sollten, wäre das sicher nicht im Sinne des Forenbetreibers und ein Klassikforum nur mit Moderatoren bestückt wäre auch ein wenig fad. Im Übrigen sollte es jedem forianer überlassen bleiben, was und wie viel er hintereinander hört. Wenn ich Lust auf Winterreise habe, höre ich mir bestimmt nicht nur eine an und wenn jemand nur eine hat, darf er natürlich auch mitreden. Schwierig wird es nur, wenn er über Aufnahmen postet, die er gar nicht kennt.


    LG, Bernward


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    Waldemar Kmentt (1929-2015)


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  • Es liegt mir ferne, irgendjemandem zu verbieten, mitzureden. Aber in dem Kleiber-Thread fiel auf, dass mehrere (an Thomas hatte ich dabei gar nicht gedacht, es waren teils ältere Postings) eben von "überschätzt", "nichts besonderes" usw. redeten, ohne wenigstens den Versuch zu machen, das zu konkretisieren.
    Natürlich ist es sehr schwierig so etwas in Worte zu fassen. Aber das waren noch nichtmal vage, subjektive, aber wenigstens konkrete Eindrücke zu einzelnen Sätzen und Passagen, sondern einfach nur pauschale Behauptungen, dass Karajan oder Furtwängler oder wer auch immer, "besser" sei. Da frage ich mich dann manchmal schon, worin der Mehrwert der zigsten Aufnahme bestehen soll, und man nicht lieber doch mehr unterschiedliche Musik hören sollte, s.o. Auch wenn man dann, weil sie einem noch relativ unvertraut ist, noch zögerlicher sein könnte, sich dazu zu äußern. Mir liegt aber der musikalische Horizont und die damit verbundenen erweiterten Erfahrungen der Forianer aber mehr im Herzen als der Posting-Counter... :thumbsup:

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  • Wenn in den entsprechenden threads mitunter völlig unterschiedliche Ansätze wie Furtwänglers, Klemperers und Karajans in einen Topf geworfen werden, selbst manchmal von Hörern, bei denen man an anderen Kommentaren merkt, dass sie es besser wissen, dann frage ich mich, wer hier im Blindtest überhaupt noch seine Favoriten erkennen würde, geschweige denn sich ein nüchternes Urteil bilden.


    Ich empfehle auch Blindtests, sehr interessant, was da rauskommt. Allerdings bin ich ein ungeübter Vergleichshörer und sammle keine verschiedenen Aufnahmen derselben Stücke.


    Zitat

    Alfred: Die Frage ist nur, was der Einzelne darunter versteht, und wie sein Horizont letztlich aussieht, wenn er ihn erweitert hat.


    Hm ja, in der Gregorianik höre ich bislang nur: Aha, Gregorianik. Beim Minnesang: Nein, so hat das damals nicht geklungen. Bei der meisten Filmmusik ab ca. 1950: Der hat von seinen Opas gestohlen. Bei Volktümlicher Musik: Was es alles so gibt. Bei poppiger Kirchenmusik: Wo passt diese Hüftschwungmusik in die christlichen Glaubensinhalte?


    Ich zweifle an einer Erweiterung. Am ehesten Gregorianik.
    :hello:

  • Aber das waren noch nichtmal vage, subjektive, aber wenigstens konkrete Eindrücke zu einzelnen Sätzen und Passagen, sondern einfach nur pauschale Behauptungen, dass Karajan oder Furtwängler oder wer auch immer, "besser" sei.


    Genau, weil es für mich kaum bessere oder schlechtere Aufnahmen gibt, sondern eigentlich im wesentlichen andere Interpretationen. Und deshalb erweitert man eben durchaus seinen Horizont, wenn man gleiche Werke mit verschiedenen Interpreten vergleicht. Sicher hat eine Pathetique oder Bruckner 4. z.B. mit Celibidache etwas Besonderes und ist sehr hörenswert, eben auch weil jeder Ton so herrlich ausmusiziert wird, aber das Gleiche mit Dirigenten, die alles viel flotter bringen, hat auch etwas für sich. Deshalb ist eine 5. oder 6. Beethoven mit Kleiber auch nicht schlecht, aber ganz anders eben als vielleicht mit Thielemann. Den Horizont erweitern geht natürlich nicht nur mit den Standardwerken. Deshalb hilft Tamino schon, in dem in den entsprechenden Threads was gerade gehört oder gekauft wurde, auch unbekannte Komponisten genannt werden, um einen Anstoß zu geben, sich auch dieser Werke anzunehmen. Allerdings ist nicht selten dann das Ergebnis, dass es einen Grund hat, warum Komponisten bekannt oder eben unbekannt sind, das liegt eben oft an der Musik. Doch umgekehrte Erfahrungen habe ich ebenfalls machen können, wie ich auch selber gerne mal Anstöße gebe, ohne dass ich weiß, werden sie genutzt oder nicht. Aber ein Liebhaber sinfonischer Musik muss sich nicht in gleichem Maße für Kammermusik begeistern. Wenn ich Rotwein mehr als Weißwein mag, dann kann mich auch keiner umstimmen. Dennoch werde ich auch immer wieder Kammermusik anhören, und habe da durchaus auch vom Forum profitiert.


    Zitat

    Vielleicht täte es einem Klassikliebhaber aber mal ganz gut, ein Stück von The Police aus den 1980ern mit einem Klaviertrio von Beethoven zu vergleichen


    Und das ja nun schon gar nicht. Wer ist The Police? Muss man das wissen? Was soll ich da vergleichen? Den Versuch erspare ich mir bestimmt.
    Im übrigen kann auch ich absolut nichts mit Stockhausen und dergleichen anfangen, da wird sich mein Horizont gewiss nicht erweitern!



    Zitat

    Die Frage ist nur, was der Einzelne darunter versteht, und wie sein Horizont letztlich aussieht, wenn er ihn erweitert hat.


    So ist es und darüber kann man lange diskutieren, ich weiß nur nicht , was es bringt.


    Viele Grüße aus dem eiskalten Berlin


    :hello:


    timmiju

    Wenn schon nicht HIP, dann wenigstens TOP

  • Daher fragte ich mich, ob Forianer nichts anderes zu hören haben als ein dutzendmal dieselbe Beethovensinfonie.


    Ich finde weder etwas Verwerfliches, noch etwas Langweiliges daran. Wer das tut - alles hat auch sein Gutes - kommt gar läuft vermutlich nicht in Gefahr "Werke" von Cage und ähnlichen Geistesgrössen zu hören.......


    Vermutlich wird sich wieder jemand hier berufen fühlen, mir vorzuwerfen, davon verstünde ich nichts - aber mit diesem Vorwurf kann ich gut leben - da bin ich sogar stolz darauf.


    Zum Thema C. Kleiber in "vergleichendem Hören"
    Oft wird von Forianern mit guten musiktheaoretischen Kenntnissen (die nicht immer mit einem ausgeprägten guten Geschmack einhergehen müssen, wie zahlreiche Kompositionen des 20. Jahrhunderts beweisen) vom durchschnittlichen Klassikhörer verlang, er möge seine Kritiken an einer Interpretatiom an Hand der Partitur untermauern - wohl wissend, daß vermutlich mehr als 90% dazu gar nicht in der Lage wären. De facto handelt es sich hier um eine Aufforderung, möglichst kein Statement abzugeben. Das ist natürlich nicht im Sinne eines Internetforums mit Themengebiet "Klassische Musik"


    Man muß kein "Experte", um schon nach wenigen Minuten des Hörens einer Interpretation, beurteilen zu können, ob sie einem mehr oder weniger liegt, als die eigene "Referenzaufnahme". So war mir beispielsweise schon nach relativ kurzer Zeit klar, daß die von einigen Forianern "gepushte" Carlos-Kleiber - Aufnahme, zwar gut - aber keineswegs aussergewöhnlich gut ist. Das ist natürlich eine subjektive Meinung, die anfechtbar sein mag. Allein die Bejahung oder Verneinung dieses Statements durch eine repäsentative Gruppe (wobei man auch hier hinterfragen muss wie diese Gruppe zusammengesetzt ist) ergibt schon ein klareres Bild. Wer aber meint, das Publikum, bzw der Nur-Hörer , sei eine unbedeutende Randerscheinung - die "Experten" hätten das Sagen, der hat nicht begriffen, wofür klassische Musik eigentlich komponiert wird...


    Zum Ausgangspunkt:
    Ich muß sagen, daß ich ein (mir sympathisches) Werk desto mehr liebe, desto öfter ich es gehört habe - in zahlreichen divergierenden Auffassungund. Erst dann kann man es wirklich einschätzen und lieben...


    Ich finde es immer wieder traurig, wenn irgendwo ein Satz eines bekannten Werkes gespielt wird, und ich es im Augenblick nicht erkenne. Es war dann nämlich sinnlis es überhaupt gehört zu haben - nichts hat sich eingeprägt.....



    mit freundlichen Grüssen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich finde folgende Frage erhellend: "WEnn ich zu Zeiten von ....... (hier möge jeder einsetzen, Beethoven, Bruckner oder was auch immer), wäre ich offen genug gewesen für diese damals ja moderne, revolutionäre MusiK?"


    :?:
    Klaus

    ich weiß, dass ich nichts weiß. Aber ganz sicher bin ich mir da nicht.


  • Ich finde weder etwas Verwerfliches, noch etwas Langweiliges daran. Wer das tut - alles hat auch sein Gutes - kommt gar läuft vermutlich nicht in Gefahr "Werke" von Cage und ähnlichen Geistesgrössen zu hören.......


    Wer redet denn von Cage?
    Die Beispiele oben waren andere, nämlich zB Cellosonaten von Beethoven oder Werke von Schumann oder Nielsen oder Stravinsky. Für Dich meinetwegen Ries, aber dass dessen Musik deutlich weniger Hörer interessiert als die von mir und Wolfram genannten, ist offensichtlich. Daher nannte ich ein paar bekanntere Sachen aus dem Standardrepertoire, sehr bewusst nichts exotisches. (Standard bedeutet ja eigentlich, dass man diesen Horizont bei den meisten Hörern mehr oder minder voraussetzen kann...)
    Es hat auch niemand gesagt, dass es verwerflich wäre, nur eben etwas eingeschränkt, was man kaum bestreiten kann.



    Zitat

    Zum Thema C. Kleiber in "vergleichendem Hören"
    Oft wird von Forianern mit guten musiktheoretischen Kenntnissen (die nicht immer mit einem ausgeprägten guten Geschmack einhergehen müssen, wie zahlreiche Kompositionen des 20. Jahrhunderts beweisen) vom durchschnittlichen Klassikhörer verlangt, er möge seine Kritiken an einer Interpretatiom an Hand der Partitur untermauern - wohl wissend, daß vermutlich mehr als 90% dazu gar nicht in der Lage wären.


    Ich ignoriere mal den an Unverschämtheit grenzenden Vorwurf des fehlenden guten Geschmacks, bitte aber einfach mal nachzulesen, was ich beim Vgl. Karajan/Erich Kleiber/Carlos K. geschrieben habe. Da ist nichts dabei, was nicht im Prinzip jeder aufmerksame Hörer feststellen oder nachvollziehen könnte. Es ist nichts Analytisches dabei (Fachtermini nur zur Identifikation der entsprechenden Stellen, da könnte man auch min:sec angeben). Vergleiche dieser Art kann jeder gute Zuhörer vornehmen. Und ich muss ehrlich sagen, dass ich so etwas auch erwarte, wenn jemand sinnvoll darüber urteilen will, ob Kleibers (oder Karajans oder Chaillys oder Xs) Aufnahme nun Referenzstatus verdient hat oder nicht. Tip: Bei Kleibers Schubert-CD (3+8) ist es leichter und man findet sicher auch mehr zu kritisieren.



    Zitat

    Man muß kein "Experte", um schon nach wenigen Minuten des Hörens einer Interpretation, beurteilen zu können, ob sie einem mehr oder weniger liegt, als die eigene "Referenzaufnahme". So war mir beispielsweise schon nach relativ kurzer Zeit klar, daß die von einigen Forianern "gepushte" Carlos-Kleiber - Aufnahme, zwar gut - aber keineswegs aussergewöhnlich gut ist. Das ist natürlich eine subjektive Meinung, die anfechtbar sein mag. Allein die Bejahung oder Verneinung dieses Statements durch eine repäsentative Gruppe (wobei man auch hier hinterfragen muss wie diese Gruppe zusammengesetzt ist) ergibt schon ein klareres Bild.


    Das sehr klare Bild im Falle Kleibers ist, dass fast alle seiner Aufnahmen, obgleich von abgenudeltem Standardrepertoire, seit fast 40 Jahren weltweit auf breiter Front von Kritikern und Hörern in höchsten Tönen gelobt werden! Nicht "von einigen Forianern gepusht".


    Wenn ich Dein Statement ernst nehmen soll, könnten wir das Forum sofort zusperren. Dann geht es nämlich nur noch um unanalysierbare subjektive Meinungen. Jeder hat seinen eigenen Geschmack (meistens vermutlich dadurch bestimmt, welche Interpretation man am längsten kennt, weil man dann meint, das müsse eben so sein) und damit hat jeder immer recht.
    Allerdings könnten Blindtests immerhin zeigen, ob das Urteil zuverlässig ist oder ganz anders ausfällt, wenn man nicht eh weiß, dass eine "Referenz" aufgelegt wurde.



    Zitat

    Ich finde es immer wieder traurig, wenn irgendwo ein Satz eines bekannten Werkes gespielt wird, und ich es im Augenblick nicht erkenne. Es war dann nämlich sinnlis es überhaupt gehört zu haben - nichts hat sich eingeprägt.....


    Warum sinnlos? Ich erkenne ziemlich viele Stücke, aber ich kenne einfach insgesamt zu viele, um alle nach wenigen Takten (oder überhaupt) zu erkennen. Das bedeutet aber doch nicht, dass ich keine Freude an dem Stück hätte, bloß weil ich es nicht sofort (oder gar nicht) zuordnen kann.

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    (Bob Dylan)

  • Tja. Da hat Alfred mal wieder einen Beitrag lanciert, von dem er genau weiß, dass er mich in Versuchung führt, wider den Stachel zu löcken und mit ein paar auf solche Worte geziemenden und aus anderen Gründen wiederum unziemlichen Bemerkungen zu antworten.


    Wenn ich die Worte nur lese, spüre ich die Lust, dieser Versuchung nachzugeben. Doch dann stelle ich mir vor, wie Alfred diese Worte mit seiner ruhigen Wiener Stimme sprechen könnte und ich lese die Worte nochmal anders.


    (Bei wie vielen Taminos habe ich keine solche Chance auf ein zweites Bild?)


    Und mir wird klar: Der meint das wirklich so, wie er es schreibt! Der provozierende Anteil ist vermutlich unter 20%.


    Also nochmal von vorne - und schön langsam, der Reihe nach.


    Ich finde weder etwas Verwerfliches, noch etwas Langweiliges daran. Wer das tut - alles hat auch sein Gutes - kommt gar läuft vermutlich nicht in Gefahr "Werke" von Cage und ähnlichen Geistesgrössen zu hören.......


    Niemand hat behauptet, dass das mehrfache Hören von Beethoven-Sinfonien verwerflich oder langweilig sei. Darum bleibt mir diese Einleitung unverständlich. Cage ist in der Tat ein problematisches Beispiel, da er den Werkbegriff in der Tat hinterfragte - bzw. sein Publikum anregen wollte, den Werkbegriff zu hinterfragen. Das ist ja an sich nichts Schlechtes, es bedeutet aber, dass etwas missverstanden wird, wenn man ein Werk von Cage - wie hier geschehen - mit Beethoven-Sinfonien auf eine Ebene stellt.


    Dass Cage in der Tat eine Geistesgröße war, ist klar, auch, wenn es wohl ironisch von Alfred gemeint war. Seinen Namen wird man auch noch in Hunderten von Jahren kennen. Was vielleicht nicht für jeden gilt, der sich heute für mächtig hält - zumal, wenn diese Macht doch bedingt ist durch das Wohlwollen vieler anderer Menschen. Cage hingegen ist bedeutend, obwohl so viele nichts von ihm halten!


    Und warum sollte man sich trotz (oder gerade wegen?) der Liebe zu Beethoven und dessen Sinfonien nicht mit Stravinsky, Bartok, Ravel, Honegger, Schostakowitsch, Hindemith, Gershwin, Messiaen, Britten, Bernstein, Ligeti, Henze, Nono, Pärt, Reich, Vasks und Tüür auseinander setzen?


    Man stelle sich vor, im Jahre 1912 hätte jemand empfohlen, sich bloß nicht mit den modernistischen Werken von Bruckner (!), Debussy, Mahler und Ravel auseinander zu setzen - wie viel wertvolle, bereichernde Musik wäre dem verloren gegangen, der diesem Rat gefolgt wäre.


    Vermutlich wird sich wieder jemand hier berufen fühlen, mir vorzuwerfen, davon verstünde ich nichts - aber mit diesem Vorwurf kann ich gut leben - da bin ich sogar stolz darauf.


    Na, das spricht ja für sich. - Ich muss diese strategische Meisterleistung bei dem Versuch, das Forum attraktiv zu machen, sicher nicht verstehen, möchte aber vorsichtig zu bedenken geben, dass das Potenzial derjenigen, für die Musik nach 1900 nicht existiert, die aber dennoch in Internetforen veröffentlichen würden, ausgeschöpft zu sein scheint ... ohnehin scheint mir dies ja ein sehr kleiner Ausschnitt der Klassikliebhaber zu sein.


    Zum Thema C. Kleiber in "vergleichendem Hören"
    Oft wird von Forianern mit guten musiktheaoretischen Kenntnissen (die nicht immer mit einem ausgeprägten guten Geschmack einhergehen müssen, wie zahlreiche Kompositionen des 20. Jahrhunderts beweisen) vom durchschnittlichen Klassikhörer verlang, er möge seine Kritiken an einer Interpretatiom an Hand der Partitur untermauern - wohl wissend, daß vermutlich mehr als 90% dazu gar nicht in der Lage wären. De facto handelt es sich hier um eine Aufforderung, möglichst kein Statement abzugeben. Das ist natürlich nicht im Sinne eines Internetforums mit Themengebiet "Klassische Musik"


    Zur Rezeption der Kleiber-Aufnahmen hat Johannes alles gesagt.


    Den Zusammenhang zwischen 20. Jhd. und gutem Geschmack verstehe ich nicht. Jemandem, der sich heute so kleiden würde wie um 1890 oder früher üblich, würde ich a priori einen zumindest sehr ungebildeten Geschmack unterstellen. - Und die Bemerkung zur Untermauerung mit der Partitur ist schlichtweg falsch zitiert. Man spürt die Absicht und man ist verstimmt.


    Zum Ausgangspunkt:
    Ich muß sagen, daß ich ein (mir sympathisches) Werk desto mehr liebe, desto öfter ich es gehört habe - in zahlreichen divergierenden Auffassungund. Erst dann kann man es wirklich einschätzen und lieben...


    Ich stimme zu, dass das Hören mehrerer Aufnahmen mit möglichst verschiedenen Interpretationsansätzen die Kenntnis des Werkes vertieft in dem Sinne, als dass die Eigenheiten einer Interpretation abstrahiert werden. Das ist ein wichtiger Gesichtspunkt beim Hören mehrerer Interpretationen.


    Ich finde es immer wieder traurig, wenn irgendwo ein Satz eines bekannten Werkes gespielt wird, und ich es im Augenblick nicht erkenne. Es war dann nämlich sinnlis es überhaupt gehört zu haben - nichts hat sich eingeprägt.....


    Na - das wäre doch mal ein eigener Thread: Wann ist Hören sinnvoll - und wann nicht? Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass es einem Interpreten gelänge, einen Satz einer wohlbekannten Sinfonie so zu spielen, dass ich ihn nicht erkenne, und wenn dies nicht völlig an den Partiturangaben vorbeigeht, dann wäre diese Interpretation doch alleine deswegen hörenswert!


    :hello:

  • Zitat

    Dann geht es nämlich nur noch um unanalysierbare subjektive Meinungen. Jeder hat seinen eigenen Geschmack (meistens vermutlich dadurch bestimmt, welche Interpretation man am längsten kennt, weil man dann meint, das müsse eben so sein) und damit hat jeder immer recht.


    Wenn man oft Kritiken liest, wird man vermutlich zu dem Schluß kommen, daß es sich bei den meisten in der Tat um "unanalysierbare subjektive Meinungen" handelt. Ja mehr noch - genau darum handelt es sich auch bei den Interpretationen. DENN: Jeder Dirigent (Pianist etc) hat das gleichen Notenmaterial zur Verfügung (von minimalen Revisionen mal abgesehen) - Aber das ERGEBNIS ist stets ein ANDERES. Woraus man schliessen kann, daß sich nicht eben alles objektiv verifizieren kann.



    Zitat

    Wenn ich Dein Statement ernst nehmen soll, könnten wir das Forum sofort zusperren. Dann geht es nämlich nur noch um unanalysierbare subjektive Meinungen. Jeder hat seinen eigenen Geschmack


    Sorry, wenn ich hier scheinbar ein Zitat wiederhole - aber ich tue es mit anderem Schwerpunkt.
    Ich bin IM GEGENTEIL der Meinung, daß man das Forum dann zusperren könnte, wenn sich "Referenzaufnahmen" OBJEKTIV ermitteln lassen könnten.
    Eine Aufnahme wird veröffentlicht, eine hochkarätig besetzte Kritikerkomission - oder in späteren Jahren ein Klassikanalyseprogramm von Microsoft - entscheidet den Qualitätsrang. der der Aufnahme zugeordnet werden soll - und jede weitere Diskussion ist überflüssig ......


    Ich sehe auf meinem zweiten Monitor, daß inzwischen - wie erwartet - auch Wolfram geantwortet hat, bitte aber zu verzeihen, daß ich seine Einwände erst im nächsten Beitrag beantworten werde.


    Beste Grüße aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Vermutlich sind die meisten Taminos ohnedies eifrig am Werk - emsig dabei ihren musikalischen Horizont zu erweitern.
    Die Frage ist nur, was der Einzelne darunter versteht, und wie sein Horizont letztlich aussieht, wenn er ihn erweitert hat.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred


    Aaaalso, ich zähle mich im Moment zu den Horizont-Erweiterern :love: Und Tamino ist maßgeblich daran schuld :yes: Ich habe mich endlich den sinfonischen Werken öffnen können. Beethoven, Bruckner, Sibelius (dank den Sibelius-Festspielen bei Tamino), Mahler. Dann die Piano-Werke von Chopin. Die Barockopern von Händel und Gluck, was ich da Schönes entdeckt habe.


    Mein Horizont bestand bis vor etwas mehr als 1 Jahr hauptsächlich aus Wagner, Puccini, Verdi und Donizetti. Aber nur Oper. Symphonien habe ich gemieden. Und nun habe ich mich auf dieses Terrain gewagt und bin froh, ausserhalb den Wagnerschen Sphären auch diese Werke kennenzulernen. Und jetzt kommt auch noch Johann Strauss und sein Sohn ums Eck...mir wird derzeit nicht fad.

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  • Zitat

    Tja. Da hat Alfred mal wieder einen Beitrag lanciert, von dem er genau weiß, dass er mich in Versuchung führt, wider den Stachel zu löcken und mit ein paar auf solche Worte geziemenden und aus anderen Gründen wiederum unziemlichen Bemerkungen zu antworten.

    Das sich schämende, sanft errötende Smiley ist scheinbar bei der Übersiedlung verloren gegangen - also muß ich mich der Sprache bedienen: "Huch - ertappt - schäm" (wie gut, daß man dich den Wünschen der Eltern, die schädlichen Micky-Maus-Hefte zu meiden widersetzt - und sie im Geheimen gelesen hat - sonst hätte ich an dieser Stelle eine fatale Lücke in meinem Wortschatz)



    Zitat

    Der provozierende Anteil ist vermutlich unter 20%

    Ich bin immer wieder dankbar, wenn sich andere mit Dingen um meine Person befassen, die ich selbst nicht weiss....
    Persönlich hätte ich den provozierenden Anteil auf 77,24 % eingeschätzt ........



    Zitat

    Niemand hat behauptet, dass das mehrfache Hören von Beethoven-Sinfonien verwerflich oder langweilig sei

    Na ja, es wurde in etwa gefragt, ob man denn nichts Besseres zu tun habe ?


    (Und da hat mich natürlich der Teufel geritten und ich habe einen unangebrachten und schäbigen Seitenhieb eingebaut - in etwa vorausahnend, was ich damit auslöse.... Daher werde ich zur Strafe für mich zu Cage und seinen Werken scheigen - auch weil seine Erwähnung in diesem Thread eine schuldhafte OT Verfehlung darstellt.



    Zitat

    Und warum sollte man sich trotz (oder gerade wegen?) der Liebe zu Beethoven und dessen Sinfonien nicht mit Stravinsky, Bartok, Ravel, Honegger, Schostakowitsch, Hindemith, Gershwin, Messiaen, Britten, Bernstein, Ligeti, Henze, Nono, Pärt, Reich, Vasks und Tüür auseinander setzen?

    Volle Zustimmung. Mit fünfen der Genannten setze auch ich mich auseinander, den Rest ersetze ich durch Vivaldi, Lolly,Tartini. Galuppy, Ries, Viotti, Weyse, Field, Raff und Rubinstein.



    Zitat

    Na - das wäre doch mal ein eigener Thread: Wann ist Hören sinnvoll - und wann nicht? Wenn es tatsächlich so sein sollte, dass es einem Interpreten gelänge, einen Satz einer wohlbekannten Sinfonie so zu spielen, dass ich ihn nicht erkenne, und wenn dies nicht völlig an den Partiturangaben vorbeigeht, dann wäre diese Interpretation doch alleine deswegen hörenswert!

    Das war ein Missverständnis. Ich meinte, daß man eine berühmte Sinfonie - wenn man sie nicht oft gehört hat, unter Umständen beim Hineinhören an einer bestimmten Stelle nicht wiedererkennt. Das ist besonders dann der Fall, wenn man sehr viele Werke gehört , aber sich nicht vertiefend mit ihnen befasst hat....


    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Wenn man oft Kritiken liest, wird man vermutlich zu dem Schluß kommen, daß es sich bei den meisten in der Tat um
    "unanalysierbare subjektive Meinungen" handelt. Ja mehr noch - genau darum handelt es sich auch bei den Interpretationen. DENN: Jeder Dirigent (Pianist etc) hat das gleichen Notenmaterial zur Verfügung (von minimalen Revisionen mal abgesehen) - Aber das ERGEBNIS ist stets ein ANDERES. Woraus man schliessen kann, daß sich nicht eben alles objektiv verifizieren kann.


    Nicht alles. Aber man kann im Prinzip erstmal etwas beschreiben, bevor man es bewertet. Und das kann man ziemlich objektiv tun. Es ist ein nachvollziehbarer Unterschied ob das Oboensolo in Beethovens 5. "aus dem Nichts" kommt, oder ob man die Oboe schon vorher im Orchester, sozusagen im Hintergrund wahrnimmt, und sie für das Solo nur in den Vordergrund tritt. Oder ob in einer bestimmten Passage die Hörner alles übertönen oder ob man eher einen Gesamtklang wahrnimmt usw.
    Natürlich sind viele Dinge Nuancen und nicht so leicht zu beschreiben. Selbst bei Beschreibungen, die ein subjektives Element enthalten, wie zB die Beschreibung einer Passage als "tänzerisch" oder "wuchtig" bezieht man sich aber auf ziemlich konkrete Aspekte der Interpretation und es wird oft Einigkeit in der Beschreibung zu erzielen sein.


    Wie man das dann bewertet, ist eine andere Sache.
    Aufgrund der Schwierigkeit der Beschreibung, springen leider sogar viele Profi-Kritiker, sowie die allermeisten Forianer sofort zu einer Bewertung, die daher oft nicht nachvollziehbar sind. Meiner Ansicht nach sollte das Bemühen aber auf eine bessere Beschreibung gehen, weil das Aspekte sind, über die man sich konstruktiv unterhalten kann.


    Von einem professionellen Kritiker würde ich erwarten, dass er eine begründete Ansicht hat, warum es zB besser ist, vor dem Oboensolo auch schon was von den Holzbläsern zu hören, nicht nur einen massiven Orchesterklang. (Oder meinetwegen auch umgekehrt.)
    Ein Laie muss das sicher nicht. Aber wenn ich aus seinen Kommentaren im Forum nicht mal erkennen kann, ob er überhaupt in der Lage ist, solche Unterschiede bewusst zu registrieren und ggf. einzuordnen, dann weiß ich wirklich nicht so recht, was das Vergleichen überhaupt soll. Im Blindtest, was man durchaus im kleinen Kreis (auch wenn doppelblind schwierig ist und noch besser wäre) durchführen kann, würde man zumindest lernen, derlei ohne Vorurteil wahrzunehmen, .


    Zitat


    Sorry, wenn ich hier scheinbar ein Zitat wiederhole - aber ich tue es mit anderem Schwerpunkt.
    Ich bin IM GEGENTEIL der Meinung, daß man das Forum, dann zusperren könnte, wenn sich "Referenzaufnahmen" OBJEKTIV ermitteln lassen könnten.


    Da ich Referenzaufnahmen eh für Quatsch halte, bin ich hier durchaus Deiner Meinung.
    Dennoch halte ich nichts davon, wenn eine "Diskussion" darin besteht, sich gegenseitig die Favoriten aufzuzählen, wobei man weitgehend sprachlos ist, wenn man nur subjektiv vor sich selbst versuchen soll zu erklären, warum es sich um Favoriten handelt. Also welche Aspekte man daran schätzt.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • In diesem Thread taucht an der einen und anderen Stelle der Begriff "Blindtest" auf. - Diese Idee spukt mir nun im Kopf herum, da ich soetwas für eine ausgezeichnete Idee halte, kritisch eigene Rezeptionserfahrungen, -gewohnheiten und auch -dogmen kritisch zu hinterfragen. Nun ist mir vollkommen klar, wie ich soetwas bei Rotwein anstellen kann, aber bei klassischer Musik stoße ich auf ganz banale Probleme:


    Bei Beethoven/Karajan '62 gegen Beethoven/Karajan '85 mag ein Blindtest gerade noch angehen, aber bei Beethoven/Karajan gegen Beethoven/Norrington dürfte jeder Klassik hörende Laie den Unterschied sofort heraushören, sofern er mindestens eine der Einspielungen kennt - und kennt er eine, ist er quasi "vorbelastet". Ebenso kann ich mir (leider) nicht vorstellen, wie ich Furtwänglers 9te Beethoven aus 1945 gegen eine nicht-historische Aufnahme prüfen soll. Die Klangqualität verrät sofort, womit ich es zu tun habe. Und so komme ich dazu, dass ich bei einem Blindtest nur relativ gleiches bzgl. Zeitpunkt der Aufnahme, verwendeter Aufnahmetechnik, interpretatorischem Grundansatz (HIP vs. HIP, aber nicht HIP vs. non-HIP), Tempo etc. miteinander vergleichen kann.


    Meine Fragen hierzu: Übersehe ich etwas? Wann ist ein Blindtest sinnvoll? Wie sind Eure Erfahrungen zu diesem Thema? Lohnt dies Thema einen eigenen Thread? Oder gibt es einen solchen gar schon?

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Natürlich funktioniert ein Blindtest nicht gut, wenn a) bekannt ist, was für Aufnahmen im Pool sind und b) nur eine begrenzte Zahl klar als "HIP" oder historisch klingende Aufnahmen zu erkennen ist. Aber man könnte ja entweder einen Pool haben, in dem zB 5-10 Aufnahmen mit modernem Orchester und Stereo-Qualität drin sind oder einen mit 5 solchen und 5 HIP-Aufnahmen, oder nur HIP oder nur historische vor-Stereo usw. Und wenn jemand anderes den Test präpariert, weiß man ja nicht, ob nun Mengelberg oder Furtwängler oder Abendroth oder Toscanini oder wer auch immer die historische Aufnahme ist, selbst wenn nur eine dabei ist.


    Mit heutigen Möglichkeiten könnte man die tracks rippen und in einem Ordner in zufälliger Reihenfolge abspielen lassen. (Man weiß freilich noch, was überhaupt im Pool ist, wenn man den Test allein macht)


    Vielleicht sind Blindtests auch überbewertet. Irgendwo habe ich vor einigen Tagen einen link auf einen Hörvergleich zur 5. gepostet, der nicht blind gemacht wurde, dennoch erhellender ist als fast alles, was ich je hier im Forum gelesen habe...
    Da ich allerdings bei manchen Diskussionen den Eindruck habe, dass man Klischees und Vorurteile aus der typische Rezeption bestimmter Interpreten einfach reproduziert, anstatt auf die Musik zu hören, könnte hier schon ein einfacher Blindtest etwas Abhilfe schaffen.

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  • Also, Furtwängler und Toscanini kann man beim Blindtest mit Beethoven wohl auseinanderhalten ... man vergleiche mal den Beginn der 9. Sinfonie ...


    Spannender wäre es in der Tat, bspw. mal Karajan (digital), Solti (digital), Wand, Mackerras zu vergleichen. Oder (1960/70er) Bernstein/WPO, Böhm, Karajan 1977. Oder Norrington I, Gardiner, Hogwood, Krivine.


    Gehen sollte es schon! Oft haben die CDs ja dieselbe Reihenfolge der Sinfonien, so dass man blind die CDs einlegen kann und dann abspielen lässt. Bei der 3. und 9. gibt es wohl keine Probleme, dito 6.


    :hello:

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  • Hallo Freunde,


    es hat solche Blindtests schon gegeben. Hörer hatten sich im Internet ohne Ende gestritten. Dann so einen Test an einem neutralen Ort, war so gar echter Hörraum, professionell. Eine Komposition, verschiedene Interpreten.


    Für einige Teilnehmer wurde das zum echten Fiasko. Sie erkannten noch nicht mal den seit Jahren vereehrten Lieblingsinterpreten und benannten stattdessen den schlimmsten "Nichtkönner" zu ihrem Favoriten.


    Ich warne dringlichst vor solchen Geschichten, sie kann Freunschaften und Foren zerstören.


    Und jetzt kommen wir zu einem Punkt, bei dem mir Johannes direkt aus dem Herzen spricht



    Zitat

    Nicht alles. Aber man kann im Prinzip erstmal etwas beschreiben, bevor man es bewertet. Und das kann man ziemlich objektiv tun. Es ist ein nachvollziehbarer Unterschied ob das Oboensolo in Beethovens 5. "aus dem Nichts" kommt, oder ob man die Oboe schon vorher im Orchester, sozusagen im Hintergrund wahrnimmt, und sie für das Solo nur in den Vordergrund tritt. Oder ob in einer bestimmten Passage die Hörner alles übertönen oder ob man eher einen Gesamtklang wahrnimmt usw.
    Natürlich sind viele Dinge Nuancen und nicht so leicht zu beschreiben. Selbst bei Beschreibungen, die ein subjektives Element enthalten, wie zB die Beschreibung einer Passage als "tänzerisch" oder "wuchtig" bezieht man sich aber auf ziemlich konkrete Aspekte der Interpretation und es wird oft Einigkeit in der Beschreibung zu erzielen sein.


    Was Johannes hier beschreibt, ist genau das, was eine vernünftige Kritik fundiert.
    Wenn wir das befolgen ist jeder Blindtest überflüssig.


    Viele Grüße Thomas

  • Blindtests professionell vorbereitet, durchgeführt und ausgewertet, das Ganze überprüfbar, können erstaunliche Ergebnisse zeigen.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • also erstens brauchen blindtests nicht professionell und doppelblind zu sein. das geht einfacher.
    man gehe zu einem bekannten, der einem 10 verschiedene aufnahmen eines satzes vorspielt, wobei nicht geredet wird.
    wenn diese aufnahmen gut ausgewählt sind, kommt einem schon das staunen bei der auflösung.
    ich dachte ja, bei vivaldi HIP und nicht-HIP problemlos auseinanderhören zu können - nichts da. meine vorstellung vom nicht-HIP-vivaldi-sound der 60er war einfach "uninformiert" gewesen ...


    allerdings sollte man (abgesehen vom erkenntnisgewinn betreffend der eigenen erkennensfähigkeit) die ergebnisse auch nicht überinterpretieren: was einem bei einem satz-vergleich von 10 einspielungen am besten gefällt, muss ja nicht das ideal sein, wenn man das werk einmal ganz anhört, nachdem man es 2 jahre nicht gehört hat - und letzteres ist mE die angemessenere rezeptionsweise, klassische musik ist NICHT für interpretationsvergleiche komponiert worden.


    also: das ist mal ganz interessant, aber ansonsten zeitverschwendung.
    :P

  • Ich meinte Blindtest nicht in erster Linie als Ratespiel mit bereits vertrauten Aufnahmen oder überhaupt. Sondern für einen vorurteilsfreien Vergleich. Ich habe das auch noch nie so richtig gemacht, könnte mir auch vorstellen, dass man nach 5-10mal demselben Satz hintereinander kirre wird und überhaupt keine Unterschiede mehr hört :D oder jedenfalls keine Lust mehr auf das Stück hat. Das ist jedenfalls ein häufiges Ergebnis von HIFI-Blindtests.


    Und es ist natürlich auch wichtig, wie gut man ein Stück überhaupt kennt oder im Kopf hat. Und freilich hat KSM recht, dass die meisten klassischen Orchesterstücke für ein Publikum komponiert wurden, das diese -je nach Epoche- entweder überhaupt nur ein bis zweimal hörte oder wenn häufiger, dann meist mit so großen zeitlichen Abständen und natürlich immer live mit allen entsprechenden Vor- und Nachteilen, dass Vergleiche ohnehin ganz anderes ausgefallen wären als heute mit Tonträgern.
    Allerdings hat von Bülow meiner Erinnerung nach in den 1880ern schon solche Sachen gebracht, wie eine Brahms-Sinfonie zweimal hintereinander zu dirigieren, vor und nach der Pause jeweils etwas unterschiedlich...

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    (Bob Dylan)

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