Sternstunden und Meilensteine ...

  • hallo, liebe taminoianer,


    sternstunden und meilensteine sind hier gesucht, d.h., nicht einfach nur 'beeindruckende' konzerte oder cd's, sondern musikalische erlebnisse, an denen man heute noch zehrt, obwohl sie vielleicht schon jahre her sind, erlebnisse, erfahrungen, die einen ergriffen, erschütterten, begeisterten, neue wege aufzeigten, einen mit haut und haaren ergriffen, das musikalische leben veränderten, sei es bei einem werk, bei einem komponisten, einer gattung, einer ganzen epoche, einer interpretation ....


    ich bin gespannt. ...


    ps: bei mir zählen zu den oben genannten:


    ein orgelkonzert im pantheon zu rom (da bebte der gesamte raum)
    eine aufführung der 2. symphonie von gustav mahler in der jahrhunderthalle ffm (seitdem zählt mahler wieder zu meinen musikalischen 'göttern')
    die aufführung vom poeme de l'extase von skrijabin mit dem selten aufgeführten schlußchor ebenda (so garndios, dass man glaubte, die halle bräche zusammen)
    die aufführung der frau ohne schatten von strauss in der oper ffm (jahrelang hatte ich mit der oper schwierigkeiten; aber seitdem ist sie unter meine lieblinge eingreiht)


    und noch einiges mehr .... :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo,


    u.a. folgende musikalische Ereignisse sind mir unvergeßlich:


    - Bruckner, 8. Symphonie, Münchner Philharmoniker, Sergiu Celibidache (Musikhalle Hamburg, März 1991): ein Zustand wie losgelöst von Raum und Zeit.


    - Strauss, Salome (Hamburgische Staatsoper, März 1996, Abschiedsvorstellung Leonie Rysanek):Rysanek als Klytemnästra saugte alle Aufmerksamkeit auf sich, das Publikum verfolgte atemlos ihren Auftritt - am Schluß schweißnasse Hände bei mir.


    - Recital von Arturo Benedetti Michelangeli (Musikhalle Hamburg, Mai 1993) - sein letzter öffentlicher Auftritt.


    - Britten, Peter Grimes (Hamburgische Staatsoper); Neil Shicoffs Totalidentifikation mit der Titelrolle bis an die Grenze des Neurotischen.


    - Mozart, Entführung aus dem Serail (Hamburgische Staatsoper); Kurt Moll als Osmin - bis hin zum perfekten Triller eine Jahrhundertinterpretation!


    - Luigi Nono, Como una ola di fuerza y luz für Sopran, Klav., Orchester und Tonband (NDR-Sinfonieorchester, Hans Zender, Klavier: Pierre-Laurent Aimard; Musikhalle Hamburg April 1999); das Stück traf mich völlig unvorbereitet - wie ein gestreckter Tritt in die Magengrube. Die Erfahrung möchte ich nicht missen, aber nochmal? Ich weiß nicht...


    - B.A. Zimmermann, Requiem für einen jungen Dichter (Philh. Staatsorchester Hamburg, Metzmacher, Musikhalle Hamburg September 2000): ein unendlich faszninierendes Werk, das leider aufgrund des großen Aufwandes nur selten aufgeführt wird.


    - "Ligeti-Nacht" des NDR (Musikhalle Hamburg, Juni 1998 zum 75. Geburtstag des Komponisten): vom frühen Abend bis weit nach Mitternacht Ligeti pur (mit Pausen): NDR-Sinfonieorchester unter Eschenbach, David Geringas, Pierre-Laurent Aimard (Klavieretüden) u.v.a.



    Grüße


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • noch eine aufführung - seitdem wurde ich zum dallapiccola-fan:


    das operndoppel il prigionero und il volo della notte in der ungeheuer zwingenden inszenierung der frankfurter oper ... einzigartig ...

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Bei mir:


    Tristan und Isolde in der Oper Frankfurt.
    (Die Frau ohne Schatten und die interessante La Traviata-Inszenierung verfehlen ihre Wirkung auch auf mich nicht.)


    In der Alten Oper:
    Neeme Järvi mit den jungen Leuten aus Göteborg und Sibelius 2 + Grieg KK,
    Günter Wands letzt Tournee mit Schubert 5 + Bruckner 4
    Gardiner mit den beiden Bach-Passionen
    Radu Lupu Klavierabend mit Brahms u.a.
    Wiener Philharmoniker, Ozawa, Brahms 2+3
    LSO, MTT, Mahler 9 !!!
    ...

  • Hallo, Klingsor!


    Eine sehr schöne thread-Idee, die ich auch schon hatte (jetzt gehts mir so wie Dir neulich)!
    Die Konzertbesuche, die mich am meisten gerührt und beeindruckt haben, waren:


    Verdi: Messa da Requiem - im Kloster Eberbach (war glaube ich 2001 das Eröffnungskonzert des Rheingau-Musikfestivals) mit RSO Frankfurt, Ernst-Senff-Chor, Leitung Hugh Wolff.
    Gänsehaut total, ich hatte das Werk zum ersten Mal gehört, war tief beeindruckt, wozu das umgebende Gemäuer auch seinen Teil beitrug.


    Beethoven: Klaviersonate B-dur op.106 - auch im Rahmen des Rheingau-Musikfestivals, ein Jahr später glaube ich, im Thiersch-Saal in Wiesbaden; Interpret: Daniel Barenboim.
    Die Atmosphäre die DB schuf, hatte etwas magisches, verzauberndes, die Zeit schien still zu stehen, ich war total in den Bann dieses Meisterwerkes gezogen. Hinterher schwieg der ganze Saal, dann lange, lange Standing-Ovations. Er hatte es geschafft, an diesem Abend seinem Publikum ein unvergeßliches Erlebnis zu bescheren. Was er vor der Pause spielte, ist im Vergleich total verblaßt (ich glaube, op.27 Nr.2 und 31 Nr.3 von LVB).


    Bach: Matthäuspassion - vor einigen Monaten in der Alten Oper, mit Gardiner, dem Monteverdi Choir und den English Baroque Soloists.
    Ein wahrhaftig religiöses Erlebnis für mich, unglaublich, tief gerührt....


    Viele Grüße,
    Pius.

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  • Liebes Forum, lieber Jörg,


    das ist ja mal wieder eine schöne Idee von Dir!: Die Sternstunden und Meilensteine bezüglich außergewöhnlicher musikalischer Erlebnisse.



    I. Seltenes Repertoire:


    Bei Durchsicht meiner bescheidenen Programmheftbibliothek :D bin ich hauptsächlich bei den Konzert- und Opernaufführungen hängen geblieben, die mich (nicht nur, aber hauptsächlich) wegen des außergewöhnlichen, selten gespielten Repertoires in große Begeisterung versetzt haben und die mir bis heute in bester Erinnerung geblieben sind, z. B. diese:


    Sa., 05.09.1987 Alte Oper Ffm.:
    Alexander von Zemlinsky: Der Traumgörge - Oper in 2 Akten und 1 Nachspiel 1904-06 (konzertant)
    Janis Martin, Josef Protschka, Pamela Coburn, Hartmut Welker u. a., RSO Ffm., Gerd Albrecht


    Mo., 12.10.1987 Nationaltheater Mannheim: Zwei Operneinakter
    Maurice Ravel: L' Heure Espagnole - Oper in 1 Akt 1907, Alexander von Zemlinsky: Der Zwerg - Oper in 1 Akt, opus 17 1920/21
    Der Zwerg - Dieter Bundschuh, Tenor; Solisten, Chor und Orchester des Nationaltheaters Mannheim, Erich Wächter


    Fr., 30.08.1991 Alte Oper Ffm.:
    Alberto Franchetti (1860-1942): Cristoforo Colombo - Lyrisches Drama in 3 Akten und 1 Epilog 1892 (konzertant)
    Renato Bruson, Roberto Scandiuzzi, Rosella Ragatzu, Marco Berti, Ungarischer Rundfunkchor Budapest, RSO Ffm., Marcello Viotti


    Ein unvergeßliches Konzert, das ich sogar zweimal besucht habe, weil sowohl das Werk als auch die Interpretation so phänomenal und beeindruckend war und mein Bild vom allzu spröde komponierenden Pfitzner revidiert hat, war dieses:
    Do., 28. + Fr., 29.09.1995 Alte Oper Ffm.:
    Hans Pfitzner: Von deutscher Seele - Eichendorff-Kantate in 3 Teilen, opus 28 1920/21
    Shade, Reinhild Runkel, Thomas Moser, Alfred Muff, Chor des MDR Leipzig, RSO Ffm., Horst Stein


    Eine Aufführung, die mir sehr deutlich vor Augen geführt hat, daß Franz Schrekers Opern nicht nur eine Modeerscheinung der 10-er und 20-er Jahre waren, sondern auch noch heute eine ungeheure Wirkung und Faszination auslösen können. Man muß sie nur auf den Spielplan setzen wie hier geschehen:
    Sa., 24.07.1999 Badisches Staatstheater Karlsruhe:
    Franz Schreker: Der Schatzgräber - Oper in 1 Vorspiel, 4 Akten und 1 Nachspiel 1915-18
    Solisten, Badischer Staatsopernchor, Badische Staatskapelle, Kazushi Ono


    So., 19.12.1999 Mannheim 'Rosengarten': Zwei Opern
    Igor Strawinsky: Le Rossignol - Lyrisches Märchen in 3 Akten 1908-14, Maurice Ravel: L' Enfant et les Sortilèges - Lyrische Fantasie in 2 Teilen 1920-25
    Eirian Davies, Denize, Homberger, Vidal, Dombradi u. a., EuropaChorAkademie, SWR SO, Sylvain Cambreling


    Das erste Konzert, durch das ich in den Live-Genuß der zwar häufig eingespielten, jedoch in Deutschland kaum aufgeführten 'Planets' von Gustav Holst gekommen bin:
    Mo., 01.01.2001 Wiesbaden Kurhaus
    W. A. Mozart: Symphonie Nr. 41 C-dur "Jupiter", KV 551, Gustav Holst: The Planets - Suite in 7 Sätzen, opus 32 1914-17
    Figuralchor Ffm., RSO Ffm., Hugh Wolff


    Eine der emotional bewegendsten Opernabende (wenn auch konzertant) war für mich die Aufführung der selten gespielten Tragödie 'Daphne' von Richard Strauss:
    Sa., 13.03.2004 Kölner Philharmonie:
    Richard Strauss: Daphne - Bukolische Tragödie in 1 Akt, opus 82 1936/37 (konzertant)
    Fleming, Larsson, Dowd, Botha, Youn u. a., WDR Rundfunkchor, WDR SO Köln, Semyon Bychkov



    II. Jugendorchester:


    Die zweite Gruppe von unvergeßlichen Konzertabenden bilden für mich die Konzerte mit Jugendorchestern, die mich stets durch ihren mitreißenden Einsatz und unbändige Energie, gleichzeitig aber auch durch ihr hohes spieltechnisches Niveau restlos begeistert haben:


    So., 23.08.1987 Alte Oper Ffm.:
    Sergej Prokofiew: Klavierkonzert Nr. 3 C-dur, opus 26, Richard Strauss: Eine Alpensymphonie - Symphonische Dichtung, opus 64 1911-15
    Barry Douglas, Klavier, European Community Youth Orchestra, Vladimir Ashkenazy


    Di., 16.08.1988 Alte Oper Ffm.:
    Arnold Schönberg: Gurrelieder - Oratorium in 3 Teilen 1900-11
    Plowright, George Gray, Fassbaender, Langridge, Welker, drei Chöre, European Community Youth Orchestra, Claudio Abbado


    So., 28.03.1999 Alte Oper Ffm.:
    Gustav Mahler: Symphonie Nr. 6 a-moll "Tragische" 1903/04
    Gustav Mahler Jugendorchester, Franz Welser-Möst



    III. Stummfilm mit Orchesterbegleitung:


    Eine im deutschen Konzertleben gleichfalls selten zur Aufführung kommende Gattung sind Stummfilmvorführungen mit Live-Orchesterbegleitung, die für mich zu den bewegendsten Erlebnissen im musikalischen Bereich überhaupt gehören. Die außergewöhnliche Wirkung ergibt sich aus der Kombination der phantastischen Bildersprache des Stummfilmkinos der 20-er Jahre und der Unmittelbarkeit der live dazu gespielten Musik. Von den etwa ein Dutzend Aufführungen dieser Art möchte ich diese drei nicht unerwähnt lassen:


    1988 Alte Oper Ffm.:
    Der Wind - The Wind
    USA 1928 - 1:22:00
    Darsteller: Lillian Gish, Lars Hanson, Montagu Love, Dorothy Cumming, Edward Earle u. a.
    Literarische Vorlage: Dorothy Scarborough; Drehbuch: Frances Marion; Regie: Victor Sjöström
    Musik: Carl Davis (geb. 1936)
    Interpreten: Symphonie-Orchester Kurt Graunke, Carl Davis


    Sa., 01.04.1989 Alte Oper Ffm.:
    Ben Hur - A Tale of The Christ
    USA 1924-26 - 2:22:00
    Darsteller: Ramon Novarro, Francis X. Bushman, May Mac Avoy, Betty Bronson, Claire Mc Dowell u. a.
    Literarische Vorlage: Lewis Wallace; Drehbuch: Carey Wilson; Regie: Fred Niblo
    Musik: Carl Davis (geb. 1936)
    Interpreten: Symphonie-Orchester Kurt Graunke, Carl Davis


    Sa., 03.02.1996 Alte Oper Ffm.:
    Der müde Tod - Ein deutsches Volkslied
    D 1921 - 2:00:00
    Darsteller: Lil Dagover, Walter Janssen, Bernhard Goetzke, Hans Sternberg, Ernst Rückert u. a.
    Drehbuch: Thea von Harbou, Fritz Lang; Regie: Fritz Lang
    Musik: Karl Ernst Sasse (geb. 1923)
    Interpreten: Brandenburgische Philharmonie Potsdam, Manfred Rosenberg



    Schöne Grüße
    Johannes

  • Moin, liebe Forianerinnen und Forianer,


    gibt es bei euch eigentlich unvergessene Konzertabende? Also Konzerte, die ihr nie vergessen werdet, weil sie entweder unglaublich schön oder ganz furchtbar waren? Konzerte, die ihr als persönliche Referenz bezeichnen würdet? Das soll jetzt nicht in Angeberei ausarten. Aber vielleicht verrät es wieder etwas mehr über uns.


    Meine Frau und ich hatten so ein Konzert am Anfang unserer Studentenzeit besucht, damals noch getrennt, dass für uns beide das Mass aller Dinge damals war und heute ca. 20 Jahre später immer noch ist. Aufgrund der Kinder gingen wir in den letzten Jahren leider getrennt in Konzerte, trotzdem hat jeder eine interne Bewertungsskala auf der wir die gleiche Nummer 1 haben. Komme ich also nach Hause und meine Frau fragt mich, wie es mir gefallen hat, dann kann ich locker sagen, fast so gut wie ?????. Dann antwortet sie soooo gut?


    Ich fange mal mit zwei negativen Konzerten an:


    • Zubin Metha , New Yorker Philharmoniker, keine Ahnung mehr, was die an dem Abend gespielt haben, aber es war technisch tip top, nur leider völlig gelangweilt und steril gespielt, absolut überflüssig, Musikhalle Hamburg, Mitte 1980ziger


    • Maazel, Rostropovich, Berliner Philharmoniker: Cellokonzert von Maazel für Rostropovich, Berliner Philharmonie 1998 oder 99, Maazel hat in diesem Konzert alles aufgefahren, was es an Instrumenten gibt , z.B. die komplette Schiessbude mit Wind und Donner. Das Alles hat dann das Cello von Rostropovich ständig im FORTE zugedeckt, so dass man gar nichts von ihm hören konnte. Reine Cello-Passagen waren kaum vorhanden. Die Komposition hatte für mich massivste Mängel. Hinzu kam noch, dass es das Benefizkonzert des Bundespräsidenten war, und ich verdammt viel Geld dafür ausgeben musste. Zum Glück gab es nach der Pause noch eine sehr gute Mahlers 5.te, trotzdem kam ich deprimiert nach Hause. Das war wohl meine einzige Gelegenheit in meinem Leben Rostropovich live Cello spielen zuhören.


    So nun aber zu meinen persönlichen 5 the Best of Favoriten.
    Bei mir gibt es eine ganz klare No.1 und dann mehrere Konzerte, die ich eher als gleichwertig bezeichnen würde.


    • Schubert: Streichquintett, ABQ, Schiff, Opernhaus Zürich, 2002 oder 2003, ständig Gänsehaut


    • Simply Baroque Tournee: Yo Yo Ma, Amsterdam Baroque Ensemble, Ton Koopman, Berlin Konzerthaus am Gendarmenmarkt, 1999, ein völlig neuer Bach für mich


    • Debussy-Abend: ABM, Musikhalle Hamburg, späte 1980ziger, besser als das Musee d'Orsay


    • Debussy, Ravel, Bartok etc-Liederabend Jessye Norman, Musikhalle Hamburg, späte 1980ziger, 1 h Zugaben, unglaublich


    Aber die TOP 1 ist und war:

    • Klavier-Recital, Horowitz, Musikhalle Hamburg, ich glaube das war 1986, ein Kind freut sich 2 h stundenlang wie zu Weihnachten und dann zieht es sein Einstecktuch heraus und winkt und lacht !


    Damit wisst ihr nun auch, wie der Satz mit den Fragezeichen heisst. Fast so gut wie Horowitz! :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:


    Jetzt bin ich aber auf eure unvergessenen Konzerte gespannt.

    Grüsse aus Rhosgobel


    Radagast

  • Hallo,


    für mich unvergesslich, auch wenn ich damals erst zehn Jahre war: Leonard Bernstein besucht die Oberpfalz und gibt ein Konzert in Waldsassen in der Basilika. Gespielt haben sie Mozart (Sie, das sind das Sinfonie Orchester des bayrischen Rundfunks inklusive Chor)
    Heute könnte ich es wahrscheinlich auf Grund von größerer Erfahrung mehr genießen und besser einschätzen, Problem nur: Bernstein ist kurz nach diesem Konzert gestorben, möglicherweise war es sogar sein letztes ?(


    Hat mich als Kind damals sehr berührt, unglaublich.


    Gruß, Flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Zitat

    Original von pianoflo
    Bernstein ist kurz nach diesem Konzert gestorben, möglicherweise war es sogar sein letztes ?


    Bernsteins letztes Konzert: Tanglewood, 19.August 1990 (gestorben am 14.Oktober 1990)


  • hallo, radagast,
    ein tolles thema, darf ich nur auf meinen thread 'sternstunden und meilensteine' hinweisen, der genau das gleiche thema zum inhalt hat - aber wohl leider nicht ganz so gut wie eigentlich von mir angenommen wurde? :rolleyes:
    beste grüße

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

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  • Moin Klingsor,


    ich habe wirklich eine halbe Stunde vorher im Forum gesucht, weil ich mir dachte, so einen Thread muss es doch geben. Aber nach Meilensteine hätte ich nie gesucht und auf Sternstunden bin ich einfach nicht gekommen. (Liegt vieleicht am Cognac :] ).


    Allerdings klingt dein Titel deutlich besser als mein Profaner.

    Dann werde ich mal deinen Thread aufsuchen.

    Grüsse aus Rhosgobel


    Radagast

  • Hallo klingsor + Radagast,


    ich war einmal so frei und habe die Threads zusammengefügt.
    Da Jörg der Erste war, durfte der Thread seinen gewählten Namen behalten. Radagast hat ja auch zugegeben, dass der Titel schöner ist. ;)



    petemonova, Moderator

  • Moin petemonova,


    und ich wundere mich, wieso ich kein Link mehr setzten kann und mein Vorschlag den Thread zusammenzulegen, nicht akzeptiert wird.


    Du bist ja schneller als die Polizei erlaubt!!!

    Grüsse aus Rhosgobel


    Radagast

  • ThomasBernhard:


    Danke für die Aufklärung. Wäre natürlich schön gewesen, wenn ich von mir behaupten könnte, das letzte Konzert einer Legende gesehen zu haben.


    Gruß, flo

    "Das Leben ist zu kurz für schlechte Musik"


    Wise Guys 2000

  • Moin Guercoeur,


    auch ich kann


    Zemlinsky, Eine florentinische Tragödie und der Geburtstag der Infantin an der Hamburger Staatsoper unter Albrecht Ende der 1980ziger bieten. Da das niemand sehen wollte, habe ich es mindesten dreimal in der Saison, in der die Wiederaufnahme war, gesehen. :D


    Ähnliches gilt für Schrekers Schatzgräber auch in HH unter Albrecht ca. 1989/90. Der hat mich noch mehr beeindruckt.


    Grauenhaft war dagegen Zemlinskys Traumgörge 1988/89 am Goethe-Theater in Bremen. In dieser Aufführung waren wirklich alle (Orchester, Dirigent, Sänger und Regisseur) völlig überfordert.


    Und auch das Gustav-Mahler-Orchester unter Abbado ungefähr 1987 mit Mahlers 5ten habe ich in sehr guter Erinnerung. Klar waren die jungen Damen und Herren am Ende fix und fertig und es gab falsche Töne zwischen durch, aber der Elan und die Spielfreude haben das Konzert zu einem Erlebnis gemacht.


    For zwei oder drei Jahren gab es auch endlich in der Zürcher Tonhalle eine Serie von Stummfilmen mit Orchesterbegleitung. Ich habe mit meiner damals 8-jährigen Tochter Chaplins "The Kid" gesehen und gehört. Wir waren sehr beeindruckt und können es nur weiterempfehlen.

    Grüsse aus Rhosgobel


    Radagast

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  • Zitat

    Original von ThomasBernhard
    Bernsteins letztes Konzert: Tanglewood, 19.August 1990 (gestorben am 14.Oktober 1990)


    Ich hatte Karten für ein Bernstein-Konzert im November oder Dezember 1990. Mein bitterster Gang zur Konzertkasse, denn Bernstein hatte ich bis dahin live nie gehört.

    Grüsse aus Rhosgobel


    Radagast

  • na, lieber radagast, da hat ja alles sein schönes 'thread-ende' gefunden ... und ist zugleich ein anfang für hoffentlich viele neue beiträge ... :D
    herzliche grüße :hello:

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

  • Hallo Radagast,


    schön zu hören (lesen), daß Du ähnlich wunderbare Aufführungen von Zemlinsky- und Schreker-Opern erlebt hast!


    Bezüglich Gerd Albrecht möchte ich jedoch kritisch anmerken:
    So sehr ich im großen und ganzen seine Interpretationen schätze und um seine wichtigen Pioniertaten in Bezug auf die in den Nachkriegsjahren vergessenen / vernachlässigten Komponisten weiß, so unverzeihlich finde ich seine Manie, die meist ohnehin schon sehr kurzen Opern Zemlinskys u. a. (sowohl in Aufführungen als auch in Einspielungen) dermaßen zu kürzen - man muß schon sagen, zu verstümmeln. :angry: Eine Praxis, die ich nie verstanden habe und wohl auch nie nachvollziehen werde können.
    Ich nehme an, daß er dies bei den Hamburger Aufführungen nicht anders praktiziert hat?
    Glücklicherweise sind ja mittlerweile etliche andere wirkliche Gesamtaufnahmen dieser Opern erschienen. :)


    Herzliche Grüße
    Johannes

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  • Hallo,


    mein wohl beeindruckendstes Erlebnis mit der Musik:


    Ich bin groß geworden mit deutschen Schlagern, Dieter Thomas Hecks Hitparade. In meiner Jugend habe ich dann die klassische Musik kennengelernt. Mit einem Freund besuchte ich zum ersten mal ein Konzert: es war dierkt eine Oper, der Fidelio in Düsseldorf. Wir saßen in der ersten Reihe. Das Einstimmen der Instrumente war für mich phantastisch. Aber als dann nach einer Pause der erste Akkord gespielt wurde, hatte ich den Eindruck, die Musikwolke durchdringt mich körperlich wie geistig und zieht weiter.


    Auch nach fast 30 Jahren ist diese Sternstunde noch absolut präsent.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Liebe Forianer,


    welche Momente im Konzertsaal bzw. im Opernhaus fandet ihr persönlich am bewegendsten?


    Diese Frage soll sich in erster Linie auf Live-Erlebnisse beziehen, aber durchaus auch auf Video- bzw. DVD-Aufnahmen.


    An einer Stelle im Forum wurde z.B. - so meine ich mich zu erinnern - eines der letzten Konzerte - wenn nicht das letzte - von Günter Wand als besonders bewegend beschrieben.


    Ich selbst bin insofern leider (noch) ziemlich erfahrungsarm, aber vielleicht können die etwas betagteren Herrschaften von ihren viel zahlreicheren Erlebnissen berichten.


    P.S.: Auf dieses Thema kam ich, weil ich mir vor kurzem das letzte Konzert Karajans in Berlin vom 31. Dezember 1988 anschaute, wo ich es doch als sehr ergreifend empfand, als sich der todkranke 80jährige noch ein letztes Mal - trotz fast vollständiger Bewegungsunfähigkeit - dem Berliner Publikum präsentierte und sich im Finale von Tschaikowskys Klavierkonzert Nr. 1 noch einmal zu alter Vitalität aufbäumte. Ein wunderbares Zeitdokument, daß uns glücklicherweise auf Video erhalten geblieben ist. :jubel:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Mein sehr bewegendes Konzert in der Berliner
    Philharmonie ein Konzert mit dem Dirigenten
    OTTO KLEMPERER
    Berliner Philharmoniker.
    Er war sehr schlecht beinander und
    mußte gestüzt von 2 Herren aufs Podium.
    Dirigierte das Konzert im Sitzen.
    U.a. Beethoven "Pastorale".
    Es war ein Erlebnis der besonderen Art.
    Das Orchester folgte seinen spärlichen
    Bewegungen so konzentriert, eine
    Sternstunde. Am Schluß für Klemperer
    und das Orchester Ovationen. Ein
    unvergeßenes Konzert!




    :):) =)

    mucaxel

  • Lieber mucaxel,


    erinnerst Du Dich noch in etwa an das Jahr? Dürfte ja so Ende 60er/Anfang 70er gewesen sein? :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Leider weiß ich das nicht mehr ganz genau
    wann das Otto Klemperer in der Berliner
    Philharmonie gewesen ist!
    Muß aber glaube ich im Jahr 1962 oder 1963
    gewesen sein.



    :hello:

    mucaxel

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  • 1) "...MIT HAUT UND HAAREN ERGRIFFEN" - y e p p, kann man so nennen :yes: :yes:
    "Mahagonny" (Regie Kurt Horres) (Rheinoper-Aufführung - wie auch die unter 2) genannte)
    HELMUT PAMPUCH (allererste Szene nach der Pause :P), der sich als "Jack O`Brien" höchst eindringlich und buchstäblich zu Tode frisst 8o 8o
    ...habe selbst 30 Jahre lang Schokozeugs mir reingesemmelt wie nicht gescheit
    - dass ich`s heut`weitgehend im Griff habe: So GANZ unbeteiligt dran wird der gute Pampuch (plus natürlich Weill, Brecht und Horres) daran nicht sein...


    hab natürlich länger überlegt, ob ich mir hier und heute dieses unapetittliche Beispiel erlauben kann
    - just 1 Tag bevor Helmut Pampuch auf dem D`dorfer Nordfriedhof beerdigt wird...


    KLAR bei einem normalen Menschen ;) wär`s wohl gradezu Leichenschändung was ich da grade betreibe
    - aber ach ER war ein Theatertier allererster Güte :jubel: und würd es mir schon nachsehen...



    2) DIE ÜBERRASCHENDSTEN (OPERN-)SCHAUSPIELER
    ...irre ich oder war "Offiziersbursche" Pampuch bei der Horres-Regie von Giselher Klebes "Jacobowsky und der Oberst" ganz zuletzt allein auf der Bühne ??
    Als J. und O. jedenfalls die alten Wagner-Kämpen Hermann Becht und Wolfgang Schmid............
    Ich mag auch die Hollywood-Verfilmung (Regie Fred Zinnemann ?) recht gerne
    - aber allein darstellerisch haben die beiden IMO Dannie Kaye und Curd Jürgens noch getoppt...
    - und grade W.Schmid bot die überzeugende Karrikatur eines edlen Helden :P


    3) DER BERRÜHRENDSTE "REGIETHEATER"-EINFALL
    na an den entsprechenden "Konwitschny oder warum doch :D" (oder so) - Auseinandersetzungen
    habe ich mich ja (aus diversen Gründen) kaum bis nie beteiligt...
    ...aber die - nach der Flattermaus jedenfalls - wohl populärste aller Operetten würd`ich konventionell inszeniert wohl schlichtweg nicht ertragen...
    - war also durchaus dankbar, dass Peter K. sich das Lächelland zur Brust genommen hat :)
    UND ... in eine LEHAR-Operette einen HEINER MÜLLER-Text hineinmogeln...
    also ich fands genial...


    ENDE TEIL 1
    TEIL 2 demnächst in diesem Forum


    :hello:
    Micha

  • 4) mein ERSCHÜTTERNDSTES Konzerterlebnis
    ...bereits anderswo hier entsprechend gewürdigt - aber dennoch :yes: :
    "Wittener Tage f. neue Kammermusik" 1993 - SchönbergEnsemble Amsterdam (unter Reinbert de Leeuw) mit
    der 1. vollstd. öffentl. Wiedergabe der "Komposition I.-III." von G a l i n a U s t v o l s k a y a
    Dieses Nachmittagskonzert bestand dankenswerterweise nur aus diesen 40 Min. !
    Ich bin dann anschliessend noch 2, 3 Std. (ging am WE ja gratis mit entspr. MonatsTicket)
    mit diversen Zügen irgendwo zwischen D`dorf, W`tal u. D`mund hinundhergefahren...
    Ustvolskaya hatte hier (in MIR jedenfalls) das musikalisch eingelöst, was weiland Kafka von einem guten Buch forderte...
    - wie ein Beil zu sein für das Eis in uns...


    5) mein ... IRRSTES Konzerterlebnis
    "Klavierfestival Ruhr 2005" - PierreBoulezTag im Duisburger "Landschaftspark Nord"
    T a m a r a S t e f a n o v i c h :jubel: legt eine Interpretation von Boulez`2.Sonate hin,
    die den neben mir sitzenden Pianisten
    (der sie gleichfalls in- und auswendig kannte - und ich Dussel vergass, ihn nach seinem Namen zu fragen - Herbert Henck vielleicht ??)
    nur noch verblüfft hat... ...nur knapp 10 technische Fehler könne bei diesem absurd schweren Stück eigentlich gar nicht sein......
    - selbst Boulez wirkte mir anschliessend leicht irritiert


    6) der SCHOCKIERENDSTE Moment in der Oper...
    Die 2. von mir besuchte Aufführung des Rheinopern-"DonCarlos" (Regie Christoph Loy)
    Urgestein MALCOLM SMITH hatte bereits bei meiner 1.Aufführung den Großinquisitor gesungen
    - um sich ebenso wacker wie gekonnt und berührend (der allerletzte Ton brach ihm dann hörbar für alle weg...) durch den Auftritt zu mühen...
    Vor dem Vorhang gab`s dann - so jedenfalls meine Empfindung - für ihn eine Art "Abschiedsjubel"...........
    nun also (2, 3 Jahre drauf) meine Vorstellung II. - Smith war nicht angekündigt, sang am Ende aber doch...
    Mitten im Auftritt greift er sich so schnell wie heftig mit verschreckter Miene ans Herz 8o 8o .........................
    naja - 4, 5 Sekunden später gings weiter......
    ich habe nie herausbekommen (wollen?), ob`s ein (mir nicht mehr erinnerlicher) Regieeinfall war oder...................


    7) der STÄRKSTE Moment vor dem Vorhang
    JOSE VAN DAM solo nach der von mir besuchten Vorstellung von Messiaens "St.Francois" in der Bochumer Jahrhunderthalle...
    DANKETHANKSMERCI an DEN Hauptdarsteller in einer DER Opern nach 1945 !!!


    ACHT) mein PRÄGENDSTES LP-Erlebnis
    (war noch eine dieser 25cm-Scheiben - und eigentlich eine Fehlbestellung meines Vaters :P)
    VACLAV TALICH dirigiert (1937) die Tschechische Philharmonie mit JOSEF SUK`s "Serenade für Streichorchester Es-Dur op.6"
    ;) ;) :yes: :yes: =) =)
    bis hier und heute hat jegliche spätromantische Musik (mittlerweile ja nicht grade mein Steckenpferd ;))
    so recht keine Chance bei mir, die nicht so etwa DIESE schlichte schwelgerische Schönheit zu bieten hat...


    SO - für heut`genug geschreibselt
    :hello:
    Micha

  • Zitat

    Aber die TOP 1 ist und war:

    • Klavier-Recital, Horowitz, Musikhalle Hamburg, ich glaube das war 1986, ein Kind freut sich 2 h stundenlang wie zu Weihnachten und dann zieht es sein Einstecktuch heraus und winkt und lacht !


    Lieber Radagast!


    Genau dieses Konzert hätte ich als meine persönliche Sternstunde auch genannt und (Gruß an Pianoflo) ein Jahr später habe ich dann sein wirklich letztes Konzert auch noch erleben dürfen. Allerdings fiel es schon gegen 1986 ab, da fehlte doch noch mehr die Kraft. Unvergessen bleibt es trotzdem. Schön eigentlich, dass sein Durchbruch damals in Hamburg stattfand und seine Karriere hier auch wieder endete. So schließen sich wirklich Kreise.


    (Mit Bernstein erging es mir ähnlich wie dir. Wir waren in Mailand und überlegten, ob wir uns Lenny in der Scala ansehen sollten. Er dirigierte allerdings nur einen Teil, der Rest wurde von Meisterschülern gestaltet. Deshalb fuhren wir, Snobs, die wir waren ("Ach, Bernstein können wir nächstes Jahr beim SHMF auch noch sehen.") nach Livorno zu einer Freilichtaufführung von Mascagnis Piccolo Marat, ("Sowas sieht man sonst nie.") Stimmte, Bernstein aber auch nicht mehr.)


    Unvergessene Stunden gab es so viele, häufig verbunden, auch hier, mit dem ersten Mal:
    -Das erste Mal in der Scala, Turandot mit Dimitrova/Martinucci/Maazel und der Fort-Knox-Inszenierung von Zeffirelli (Gold überall).
    -Das erste Mal in Wien, 1993 (?) Rosenkavalier mit einer unglaublich ergreifenden Popp, wenig später war sie tot.
    -Das erste Mal Bayreuth, Parsifal 2009. So alt muss man werden, um endlich die Heiligen Hallen betreten zu dürfen.
    -Das erste Mal Deutsches Requiem im Hamburger Michel (eine Kirche, für alle Nicht-Hamburger) mit M. Price. (Ebenda erstmalig Menuhin und Rostropovich mit den entsprechenden Bach-Solo-Werken) Das Gefühl, eine Heimat zu haben.


    Ich glaube, ich höre auf, sonst wird es endlos.
    :hello: Gustav

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  • Ich erlaube mir, das hier zu zitieren, damit es nicht "verloren" geht:



    Lieber, geschätzter Milletre,


    du hast also tatsächlich Herbert von Karajans allerletztes Konzert live miterlebt? Was für eine Ehre! Durch kein Geld der Welt aufzuwiegen.


    Beste Grüße in herzlicher Verbundenheit
    Joseph

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões