Die Zeiten der großen "Individualinterpreten" ist vorbei. (??)

  • Thomas Sternberg schrieb im Thread:


    Ludwig van Beethoven: Sinfonien Nr 1-9 Welcher Zyklus ist der Beste ?


    Zitat

    Die Zeiten der großen, ich nenne sie mal "Individualinterpreten", ist vorbei. Sie werden wohl nie mehr in einer solchen Masse und in einem so kurzem Zeitraum auftreten.


    Das halte ich insofern für eine gewagte Aussage, weil gerade derzeit - unter dem Mäntelchen der HIP solche äusserst individuellen Interpretationen stattfinden. Ich weiß, diese Aussage wird wieder einigen Widerspruch hervorrufen, aber es ist schon sehr eigenartig, wie nahe die heutigen Interpretationen an der aggressiven Musik unserer Zeit angesiedelt sind und "unschöne Stellen" geradezu forciert werden
    "Was ist denn das grausliches, das Du jetzt schon wieder hörst?" - Die Antwort lautet dan stets Mozart, Schubert oder Beethoven.
    Und natürlich ist - bei aller Ähnlichkeit - jede Interpretation noch zusätzlich individuell gefärbt....
    Im Augenblick versucht - aus meiner Sicht -fast jeder neue Interpret "Akzente" zu setzen.
    Zwar sind ultraschnelles Spiel (was fälschlicherweise oft mit Spannung gleichgesetzt wird) und übertrieben rhythmische Akzente scheinbar bei fast allen heutigen Interpreten vorhanden, jedoch gibt es innerhalb dieses Konsens einen breiten Spielraum, Interpretationen NOCH ungeniessbarer zu machen.


    Aber - und hier hat Thomas Sternber recht - der Unterschied zwischen den einzelnen Interpreten zueinander ist DERZEIT kleiner, als er es vor Jahrzehnten war. Hier kommt natürlich - auf einem schrumpfenden Markt - ein weiterer Aspekt ins Spiel:
    Einerseits will man auffallen um jeden Preis - andrerseits auf der jeweiligen Modewelle mitschwimmen.


    Und die derzeitige Mode - ich meine nicht nur die musikalische - ist - alles auf den Kopf -und in Frage zu stellen - was einst Gültigkeit hatte. Das fängt bei der zwangsverordneten Sparlampe an, welche ein potthässliches Licht liefert, und geht über Fast-Food und Fertigteilbauten - Paperbacks als Ersatz für "wirkliche" Bücher weiter. Ja es gelingt den Meinungsmachern sogar, den Leuten einzureden, wurmstichige unansehliche Äpfel seien "BIO" (und somit teurer) und schlechter Bohnenkaffe sei "Fair Trade"- Dummköpfe aller Länder vereinigt Euch


    Was hier wie ein Angriff auf die Gegenwart klingt - und es auch ist - hat nur scheinbar wenig mit klassischer Musik zu tun, denn sie ist - ich habe lange gebraucht dies zu sehen und zu akzeptieren - stets ein Spiegel der Zeit in der sie interpretiert wird. Manche stoßen sich noch heute an "bombastischen" Beethoven-Interpretationen, weil sie ihrer Meinung nach an absolutistische Machtstrukturen erinnern. Dennoch werden solche interpetationen - auch heute noch - und vielleicht in Zukunft noch mehr - immer wieder auftauchen, weil sie nämlich beim Publikum gut ankommen.


    Meine Vorliebe indes gilt nicht nur "majestätischen" Interpretationsansätzen - sondern vor allem den "schönen"
    Von nichts trennt man sich schwerer, als vom Guten, Perfekten, Schönen.
    Herbert von Karajan hat es auf den Punkt gebracht, als er seinen Musikern zurief: "Spielen Sie so schön Sie können."


    Denn genau das war der damalige Trend der Zeit: Schwachstellen der Kompositionen waren auszumerzen und überzeugend zu cachieren, das Erhabene, Schöne sollte nicht durch niedriges getrübt werden, das Publikum sollte zufriedengestellt werden.
    Diese Interpretationen waren daruf ausgerichtet, das Werk möglichst elagant aufpoliert darzustellen - quasi "übermenschlich" - von jeglichem Irdischen befreit.
    Man feierte dies Richtung als Triumph über die unvollkommene Vergangenheit - und war überzeugt den "Stein der Weisen" in Sachen Interpretation gefunden zu haben.


    Ich kann nicht in die Zukunft sehen, kommende Entwicklungen voraussagen.


    Aber eines ist gewiss:


    Es werden neue individuelle Interpreten aufs Podium steigen und uns mitteilen warum sie so - und nicht anders spielen. Und einmal mehr wird man glauben bei den idealen Interpretationen angekommen zu sein...
    Unverrückbar bis in alle Ewigkeit


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Da hast du, Alfred, große Worte gelaqssen ausgesprochen. Denn Schönheit in der Kunst und insbesondere in der Musik ist ein wahrhaft himmlisches Gut.


    Ich erinnere mich einer Radiosendung aus der Schweiz, wo diverse Klaviertrioformationen mit den beiden Schubert-Trios verglichen wurden. Ich war überzeugt, dass die unbeschreiblich schön und ausdrucksstark spielenden Capucon-Brüder mit Tamestit die Palme zugesprochen bekommen, doch die waren dann im Ranking die ersten, die aus der Wertung fielen. Begründung: Sie spielen zu schön!


    Oder ein befreundeter Klavierinterpret internationalen Ranges auf meine Frage, wie ihm die Beethoven-Einspielungen Guldas gefielen, sinngemäß: Himmlisch, großartig, aber so kann man Beethoven heute nicht mehr spielen!


    Vissi d'arte - addio, del passato!

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)


  • Ich glaube, dass es zu allen Zeiten eher geradlinige und eher "originelle" Interpreten gab. Gedämpft wurde letzteres vielleicht eine Zeitlang durch den Perfektionszwang der Schallplatte. Aber es gab auch in den 1960ern und 1970ern Gould, Horowitz oder Celibidache (dass die in Wien keine Rolle spielten, weiß ich schon, ist allerdings egal, es waren angesehene Künstler).


    Unter heute aktiven gibt es auch nicht nur Mustonen, Pletnev, Harnoncourt, Thielemann, sondern auch angesehene Künstler mit weniger eigenwilligen und umstrittenen Interpretationsansätzen.
    Abgesehen davon ist ein Drang zur Originalität ein naheliegender Effekt eines übersättigten Marktes, in dem eine ziemlich begrenzte Anzahl von Standardwerken immer wieder neu plaziert und verkauft werden muss.


    Zitat


    Aber - und hier hat Thomas Sternber recht - der Unterschied zwischen den einzelnen Interpreten zueinander ist DERZEIT kleiner, als er es vor Jahrzehnten war. Hier kommt natürlich - auf einem schrumpfenden Markt - ein weiterer Aspekt ins Spiel:
    Einerseits will man auffallen um jeden Preis - andrerseits auf der jeweiligen Modewelle mitschwimmen.


    Da bin ich nicht so sicher. Meinem Eindruck nach herrschte, gerade im angeblich goldenen Hifi-Zeitalter eine größere Homogenität als bis etwa in die 1950er. Der hochsubjektivistische, "romantische" Zugang wie er von Furtwängler, Mengelberg u.a. verkörpert wurde, spielte zwischendurch überhaupt keine Rolle. (Ich glaube nicht, dass Thielemann der neue Furtwängler ist. Aber bei ihm, teils auch bei Barenboim (Beethoven-Sinfonien) zeigen sich zumindest einige dieser Merkmale.) Bei Solisten, besonders Pianisten, wäre es auch ziemlich naiv, dass in einem internationalen, extrem professionalisierten und kompetitiven Umfeld sich nationale oder regionale Besonderheiten erhalten lassen würden. Man darf nicht vergessen, dass fast alle berühmten Pianisten und Geiger des 20. Jhds. ihre Ausbildung vor 1914 erhielten. Seitdem ist das Abendland zweimal untergegangen und es hat sich auch sonst einiges getan.


    Zitat


    Denn genau das war der damalige Trend der Zeit: Schwachstellen der Kompositionen waren auszumerzen und überzeugend zu cachieren,


    Ich warte immer noch auf ein einziges plausibles Beispiel einer "Schwachstelle" eines Stümpers wie Beethoven oder Mozart, die von Klangmagiern wie Böhm oder Karajan ausgebügelt werden mussten. Was zum Henker ist damit gemeint?


    Zitat


    Man feierte dies Richtung als Triumph über die unvollkommene Vergangenheit - und war überzeugt den "Stein der Weisen" in Sachen Interpretation gefunden zu haben.


    Aber eines ist gewiss:


    Es werden neue individuelle Interpreten aufs Podium steigen und uns mitteilen warum sie so - und nicht anders spielen. Und einmal mehr wird man glauben bei den idealen Interpretationen angekommen zu sein...
    Unverrückbar bis in alle Ewigkeit


    Das ist eben gerade nicht so. Das ist m.E. der wesentliche Unterschied. Dass sich heute niemand mehr so etwas einreden lassen wird, was eine findige Plattenindustrie eine Zeitlang offenbar geschafft hat. perfect sound and interpretation forever. Freilich wie bei Persil: immer das weißeste Weiß bis zum nächsten, was dem Kunden als ultimativ bestes angedreht werden muss.


    In einer Zeit vor Plattenaufnahmen (also der eigentlich "goldenen" Zeit, in der die Musik, um die es geht, komponiert wurde!) wäre niemand auf solch einen Fetischismus gekommen. Denn alle Interpretationen waren flüchtig, verschwunden, sobald sie zu Ende erklungen waren, und nur als Erinnerungen der Zuhörer erhalten.

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Denn genau das war der damalige Trend der Zeit: Schwachstellen der Kompositionen waren auszumerzen und überzeugend zu cachieren, das Erhabene, Schöne sollte nicht durch niedriges getrübt werden, das Publikum sollte zufriedengestellt werden.


    Ich bewundere immerwieder das erhabene Genie eines Böhms und Karajan, das so meilenweit über die eher mittelmäßigen Begabungen eines Beethoven, Mozart oder Schubert hinausreicht, daß diese Interpreten feststellen können, wo diese Komponisten der zweiten ReIhe versagt haben und zudem auch noch über die nötigen kompositorischen Mittel verfügen, diese verbessern zu können.


    OBIGES ZITAT LÄSST MICH AN DER SINNHAFTIGKEIT EINES SOLCHEN FORUMS IMMNS ZWEIFELN. MAN DARF GERNE DIE INTERPRETATION EINES KARAJANS ODER BÖHMS BEVORZUGEN, NUR ÜBER KOMPOSITIONEN IN DIESER FORM ZU URTEILEN, DARF MAN SICH NUR ERLAUBEN, WENN MAN EIN SOLIDES FACHWISSEN VORWEISEN KANN UND SCHON MIT ERNSTZUNEHMENDEN KOMPOSITIONEN IN ERSCHEINUNG GETRETEN IST. ALLES ANDERE IST SCHARLATANERIE ODER NACHBETEN DERSELBIGEN, BEI DER ICH MICH WEIGERE AUF DIESER EBENE NOCH AN EINER DISKUSSION TEILZUNEHMEN.

  • Hallo flutedevoix,


    Du weißt aber schon, daß durchgängige Großschreibung in Internetforen als Schreien interpretiert wird und als extrem unhöflich gilt?

    Einer acht´s - der andere betracht´s - der dritte verlacht´s - was macht´s ?
    (Spruch über der Eingangstür des Rathauses zu Wernigerode)

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  • Ja, denn so ist es gemeint!
    Der von mir zitierte Abschnitt empfinde ich als maximale Unhöflichkeit den Komponisten gegenüber und läßt mich aufschreien!!

  • Lieber Flûtedevoix,


    die Überheblichkeit, die hinter solchen auf Stammtischniveau vorgetragenen Meinungen ("Einerseits will man auffallen um jeden Preis", "unschöne Stellen werden gerdezu forciert") steht, offebart sich nur selten so klar wie in der von Dir genannten Schelte der Komponisten.


    Ich meine auch, dass dies nicht mehr zu übertreffen sei. Ich vermute ferner eine unheilvolle Mischung aus einer grundkonservativen Einstellung (was ja nicht schlecht sein muss), gepaart mit Lokalchauvinismus und dem Irrglauben, was man zur Zeit seiner Jugend gelernt hatte, wäre bis dahin schon immer wahr gewesen und erst ab dann hätte sich alles begonnen zu ändern, garniert mit diversen Enttäuschungen des Lebens usw.


    Das Diskutieren darum scheint sinnlos. Wenn es Altersstarrsinn wäre - ich bin ferne, das auch nur zu vermuten -, wäre es ebenso zwecklos.

  • Ja, denn so ist es gemeint!
    Der von mir zitierte Abschnitt empfinde ich als maximale Unhöflichkeit den Komponisten gegenüber und läßt mich aufschreien!!


    Jetzt musst du mir aber erklären, wie eine Beschreibung der Haltung von Interpreten eine "maximale Unhöflichkeit den Komponisten gegenüber" sein kann.


    Außerdem ist Schreien immer ein Mangel an Argumenten, und das wiederum ist maximale Unhöflichkeit den anderen Forumsteilnehmern gegenüber!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Im Nachgang fiel mir noch ein:


    Die beiden folgenden Zitate treffen von allen Dirigenten, die mir gerade in den Sinn kommen, am ehesten auf Herbert von Karajan zu.


    Einerseits will man auffallen um jeden Preis - andrerseits auf der jeweiligen Modewelle mitschwimmen.


    Dass Karajan auffallen wollte, kann man schon am Briefwechsel zu seinem ersten Engagement an der Berliner Staatsoper ablesen. Details auf Anfrage. - Dass Karajan die Mode getroffen hat, kann man wohl kaum bestreiten. Insbesondere in puncto Aufnahmetechnik - es musste immer das Neueste vom neuen sein.



    Manche stoßen sich noch heute an "bombastischen" Beethoven-Interpretationen, weil sie ihrer Meinung nach an absolutistische Machtstrukturen erinnern.


    Auch bei Beethoven wurde Karajan (bei seinem ersten Zyklus mit dem Philharmonia Orchestra) als derjenige wahrgenommen, der die Werke konsequent entschlackt hat und "modern" spielte.

  • Dass Karajan die Mode getroffen hat, kann man wohl kaum bestreiten.


    Meines Erachtens eine fundamentale Fehleinschätzung. HvK schaffte es, dass sein Stil zur "Mode" wurde, er hat sie gemacht!


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Nun, sich herauszunehmen, es besser als der Schöpfer des Werkes zu wissen empfinde ich als zutiefst unhöflich, denn es ignoriert dessen kompositorischen Willen, der sich in den vorliegenden Werken äußert. Gerade bei einem Komponisten wie Beethoven, der an endgültigen Fassungen lange feilte. Dies ist ja an einen Soizzen nachvollziehbar. Wenn man als Interpret mit einigen Stellen nicht leben kann, darf man halt das Werk nicht aufführen. Ich möchte noch einmal betonen, daß es hier nicht in erster Linie um einen interpretatorischen Ansatz geht, sondern um die EInstellung, man muß die Kompositionen "verbessern", damit sie seiner persönlichen Vorstellung entspricht.


    Was die Argumente angeht, befinde nicht ich mich im Dilemma, sondern die Vertreter der von mir zitierten Stelle. Wenn man wirklich solchen hahnebüchernen Unsinn vertreten will, dann muß man Roß und Reiter benennen, dann muß man benennen, wo sich die angeblichen Unzulänglichhkeiten der Kompositionen finden, warum sie unzulänglich sind und warum man glaubt, das Wollen des Komponisten besser zu kennen als dieser es in seiner eigenen Handschrift zu Papier gebracht hat. Wenn dies erfolgt, bin ich gerne bereit die Sachargumente zu würdigen und in die Diskussion einzusteigen. Solange dies allerdings nicht erfolgt, habe ich die Argumente in Form des vom Komponisten autorisierten Notenmaterials auf meiner Seite und erlaube mirdie Haltung, Werke seien gegenüber der Fassung des Komponisten zu"verbessern", weil er es ja ganz anders gemeint habe, als unzulängliches Geschwätz zu kennzeichnen. O Tempora o Mores!


    Wie gesagt, ich bin auf die Sachargumente gespannt!!!!!!!

  • Nun, sich herauszunehmen, es besser als der Schöpfer des Werkes zu wissen empfinde ich als zutiefst unhöflich, denn es ignoriert dessen kompositorischen Willen, der sich in den vorliegenden Werken äußert.

    Nun fällt dir dein Herumschreien endgültig selbst auf den Kopf. Alfred hat ja nicht selbst geurteilt sondern eine Einschätzung über die Haltung vergangener Pultgrößen abgegeben. Über diese kann man diskutieren, aber dein virtuelles Ausfälligwerden war völlig fehl am Platz.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Ich warte immer noch auf ein einziges plausibles Beispiel einer "Schwachstelle" eines Stümpers wie Beethoven oder Mozart, die von Klangmagiern wie Böhm oder Karajan ausgebügelt werden mussten. Was zum Henker ist damit gemeint?


    Wie gesagt, ich bin auf die Sachargumente gespannt!!!!!!!


    Ein verständlicher Wunsch, oder? Ganz egal ob eigene oder zitierte Meinung.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Nun fällt dir dein Herumschreien endgültig selbst auf den Kopf. Alfred hat ja nicht selbst geurteilt sondern eine Einschätzung über die Haltung vergangener Pultgrößen abgegeben. Über diese kann man diskutieren, aber dein virtuelles Ausfälligwerden war völlig fehl am Platz.


    :hello:



    Vielleicht wäre es gut, davon auszugehen, daß der Schreiber dieser Zeilen durchaus in der Lage ist zu erkennen, daß von Alfred Meinungen über die interpretatorische Haltungen widergegeben wurden. Das macht diese Haltung, gegen die ich aufschreie nicht besser, nicht weniger dreist, nicht weniger unhöflich dem Komponisten gegenüber.
    Weiterhin meine ich aus der Formulierung erkennen zu können, daß Alfred sich diese Meinung zu eigen gemacht hat und in seinem Beitrag als empfehlenswert und richtig vertritt. Wenn dies so ist und nur dann, dann richtet sich mein Aufschreien auch gegen ihn, eben weil er diese Meinung vertritt. Wenn dem nicht so ist, dann besteht auch kein Grund für ihn oder für jemanden anderen, sich getroffen zu fühlen. Aber seien wir doch mal auf seine Antwort gespannt.


    In weiter gespannter Erwartung von Sachargumenten verbleibt erst einmal
    flutedevoix

  • ... Das macht diese Haltung, gegen die ich aufschreie nicht besser, nicht weniger dreist, nicht weniger unhöflich dem Komponisten gegenüber. ...


    Das erachte ich als eine völlig inakzeptable Haltung. Willst du jetzt anfangen, über jede historische Entscheidung von Interpreten, die dir nicht behagt, virtuell loszubrüllen? Das wäre ein Unding.


    Außerdem wird dir z.B. jeder Dirigent, der diese Bezeichnung verdient, seine Tempowahl begründen können. Diese Gründe können gut, weniger gut, oder sogar ziemlich zweifelhaft sein. Darüber kann man sehr wohl diskutieren, sie aber generell als Unhöflichkeit dem Komponisten gegenüber abzutun ist einfach nur lächerlich.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Naja, das ist ja jetzt aber ein ziemlich unwürdiges Rückzugsgefecht, lieber flutedevoix 8):D


    Aus beispielsweise den Anpassungen, die Mahler an Beethovens Neunter vorgenommen hat oder an Schumanns Sinfonien, aus den Anpassungen, die Szell an Schumann vorgenommen hat - ich kenne die Manuskripte selbst nicht - wird sich ja vermutlich erkennen lassen, was diese Nichtskönner :cursing: dazu getrieben haben mag, Beethoven und Schumann zu verbessern :thumbdown: .


    Wenn's Dich so aufregt, dann leg doch mal dar, wo und wie die Herren sich irrten, als sie diesen Weg gingen, um Beethoven und Schumann für den romantischen Orchesterapparat im großen Konzertsaal anhörbar zu machen. Das unterstelle ich sogar mal Karajan, dass es ihm darum ging, die Spielbarkeit für die vorhandene Besetzung an den vorhandenen Orten zu fördern.

  • Man kann genau nachlesen, was Mahler bewog, Retuschen bei der Instrumentierung von Sinfonien Beethovens und Schumanns vorzunehmen. Man lese die Mahler-Biografie von Kurt Blaukopf. Ich weiß nicht mehr jedes Detail genau, aber Mahler führte u. a. ins Feld:


    - andere Raumakustik/andere Resonanzen/größere Räume als zur Zeit Beethovens und Schumanns
    - andere Balance zwischen den Instrumenten der Beethovenzeit und der Schumannzeit als zur Zeit Mahlers (z. B. waren Flöten und Posaunen zu Beginn des 19. Jhds. deutlich leiser)
    - gewisse Töne waren für Naturtrompeten, Naturhörner und Pauken einfach nicht spielbar (man denke z. B. an die Hornstelle vor dem 2. Thema im Kopfsatz von Beethovens 5. Sinfonie, die in der Reprise von Fagotten gespielt wird, weil die Hörner die entsprechenden Töne in der Tonart der Reprise nicht oder nicht ungestopft spielen können)
    - ein weiteres Beispiel: Schumann wollte, dass die Trompeten eingangs seiner 1. Sinfonie den Beginn des 1. Themas des 1. Satzes spielen: b-b-b-b-b-g-a-b. In der ersten Probe merkte er, dass die (Naturtrompeten) dazu gestopfte Töne verwenden mussten, was ihm nicht gefiel. So verlegte er die Stelle (auf Vorschlag eines beteiligten Trompeters!) eine Terz höher, wie wir sie heute kennen.


    Mahler hat also nie gesagt, Beethoven oder Schumann wären Stümper. Und von "Verbesserungen" hat er m. W. auch nicht gesprochen. Er hat klar argumentiert, warum er meinte, aus dem Geist der Komposition unter den zu seiner Zeit gegebenen Bedingungen die notwendigen Entscheidungen getroffen zu haben. - Über diese Entscheidungen kann man gerne streiten, aber nicht über die Beweggründe. Jedenfalls hat Mahler nicht (Zitat) "Schwachstellen ausmerzen und überzeugend cachieren" wollen.


    Jetzt bitte ich doch mal Alfred, in ähnlicher Weise zu benennen, welche (Zitat) "Schwachstellen ausgemerzt und überzeugend cachiert" wurden - durch Karajan, Böhm oder wen auch immer. Alfred hat behauptet, dass dies geschehen sei - jetzt möge er bitte seine Äußerung nachvollziehbar machen oder zurücknehmen.

  • Zitat

    Außerdem wird dir z.B. jeder Dirigent, der diese Bezeichnung verdient, seine Tempowahl begründen können


    Lieber Theophilus


    Ich würde einfach um eine saubere Argumentation bitten. Es war nicht von Tempo die Rede!!
    Im Gegenteil es war die Rede von Schwachstellen, die auszumerzen waren und überzeugend zu cachieren. Das hat nichts mit dem Tempo zu tun!

  • Ich würde einfach um eine saubere Argumentation bitten. Es war nicht von Tempo die Rede!!


    Und warum glaubst du habe ich extra deswegen "z.B." hinzugefügt?



    Wolfram

    Zitat

    Man kann genau nachlesen, was Mahler bewog, Retuschen bei der Instrumentierung von Sinfonien Beethovens und Schumanns vorzunehmen. ...
    Mahler hat also nie gesagt, Beethoven oder Schumann wären Stümper. Und von "Verbesserungen" hat er m. W. auch nicht gesprochen.


    Ja, danke dafür, dass du jetzt anfängst, mit Wortklaubereien zu kommen. Wie würdest du denn Mahlers Bemühungen in einem Begriff anders als "Verbesserung der Aufführungspraxis" bezeichnen? Aber da du es offenbar nicht mitbekommen hast: es geht im Moment nicht um irgendwelche "Verbesserungen" früherer Interpreten an Werken alter Meister, sondern darum, dass ein Mitglied als Reaktion auf ihm missliebige Meinungen beginnt, virtuell herumzubrüllen. Das kann er bei sich zu Hause machen, aber es ist keine angemessene Reaktion in einem Internetforum.


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Aber da du es offenbar nicht mitbekommen hast: es geht im Moment nicht um irgendwelche "Verbesserungen" früherer Interpreten an Werken alter Meister,


    Mir ist klar, dass Du als Moderator eventuell andere Dinge im Blick hast als ich. Nein, ich habe das nicht mitbekommen, weil ich die Sache im Fokus hatte. Danke für Deinen freundlichen Hinweis.


    Mir wäre jedenfalls wichtig, dass wir mehr über die Sachthemen reden als darüber, wer hier eventuell wie laut geschrieen haben mag oder nicht.


    Ich könnte zu Stil und Niveau von Alfreds Eröffnungsbeitrag auch meine Anmerkungen machen und meine Einschätzung auf die Ausstrahlung, die dieses Forum mit solchen Beiträgen des Chefs erzielt, zu Protokoll geben. Ich würde es aber noch mehr begrüßen, wenn Alfred doch mal etwas konkreter würde, damit wir wissen, wovon er überhaupt redet.

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  • Mir wäre jedenfalls wichtig, dass wir mehr über die Sachthemen reden als darüber, wer hier eventuell wie laut geschrieen haben mag oder nicht.


    Ganz meine Meinung!


    (Und ich habe meinen Moderatorenhut noch nicht aufgesetzt - in der Hoffnung, dass es auch ohne geht.)


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Zitat

    Aus beispielsweise den Anpassungen, die Mahler an Beethovens Neunter vorgenommen hat oder an Schumanns Sinfonien, aus den Anpassungen, die Szell an Schumann vorgenommen hat - ich kenne die Manuskripte selbst nicht - wird sich ja vermutlich erkennen lassen, was diese Nichtskönner dazu getrieben haben mag, Beethoven und Schumann zu verbessern .


    Nun, grundsätzlich muß man unterschieden zwischen Werke auf eine Besetzung anpassen oder Schwachstellen ausmerzen. Kompositorische Veränderungen im Sinne von Unzulänglichkeiten der Komponisten auszumerzen kann ich in diesen Instrumentationsretuschen nicht erkennen. Ich bin sogar jemand, der offensiv vertritt, eine 2. Brandenburgisches Konzert heute in einer Aufführung mit mordenen Instrumenten in veränderter Solistenbesetzung spielen zu lassen: Querflöte, Oboe, Violine und Horn. Denn nur diese Besetzung kommt dem ursprünglichen Mischklang einigermaßen nahe und präsentiert das Konzert als das, was es ist ein Concerto grosso, ein Gruppenkonzert, und kein Trompetenkonzert unter wohlwollender Mitwirkung dreier weiterer Solisten.
    Ich verhehle auch nicht, daß dies aus meiner Sicht nicht der richtige Weg ist, daß ich es für werkdienlicher erachte die Kompositionen auf Instrumente der Entstehungszeit in angemessenen Räumen zu spielen. Eben aus dem Grund, daß dann keine Retuschen vorzunehmen sind. Denn eines ist klar, die Komponisten haben für die Mittel ihrer Zeit geschrieben. Es gibt ja auch da Bearbeitungen unterschiedlicher Güte, wenn man etwa an dei "Verschlimmbesserung" des Mozart-Requiems denkt, erschienen im Breitkopf-Verlag, in der ein ganzer Holzbläser-Satz (Flöten, Oboen) ergänzt wurde und damit einhergehend eine ganze Qualität des Werkes geopfert wird.

  • Ich verhehle auch nicht, daß dies aus meiner Sicht nicht der richtige Weg ist, daß ich es für werkdienlicher erachte die Kompositionen auf Instrumente der Entstehungszeit in angemessenen Räumen zu spielen.


    Weswegen ich z. B. das Brandenburgische Nr. 1 + 6 in der Aufnahme mit "Il Giardino Armonico" für sehr gelungen halte.

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler