Wann das 2. Streichquintett G-Dur op. 111 entstand, ist nicht ganz klar. Im Frühjahr 1890 war Johannes Brahms zum Wandern in Oberitalien, den Sommer verbrachte er wie im Vorjahr in Bad Ischl. Dort überarbeitete er sein Klaviertrio H-Dur op. 8 und schuf damit die Fassung, in der dieses Werk heute meist gespielt wird. Ferner schrieb er sein zweites Streichquintett in G-Dur nieder. – Eventuell war es bereits vorher in Teilen komponiert, eventuell enthält dieses Werk Gedanken, die einer ursprünglich geplanten 5. Sinfonie zugedacht waren.
In den beiden vorangegangen Jahren hatte er einige sehr nachdenkliche Werke komponiert, die teilweise Todesgedanken formulieren. So etwa in den 1888 fertiggestellten Liedern op. 105, insbesondere in den beiden recht bekannten „Immer leiser wird mein Schlummer“ (Nr. 2) und „Auf dem Kirchhofe“ (Nr. 5), aber auch in den „Drei Motetten“ op. 110 für gemischten Chor. Auch die Violinsonate d-moll op. 108 sowie die „Fest- und Gedenksprüche“ op. 109 für gemischten Chor zeigen noch einmal Brahms in seiner ganzen Strenge, in seinem Ernst, in der klaren Herbheit seiner Tonsprache.
Mit dem Quintett in G-Dur wollte Brahms sein kompositorisches Schaffen beenden. An seinen Verleger Simrock schrieb er im Dezember 1890: „Sie können mit diesem Zettel Abschied nehmen von meinen Noten – weil es überhaupt Zeit ist, aufzuhören [ … ]“. Um so erstaunlicher mag es vor dem Hintergrund der oben genannten Werke sein, dass op. 111 so lebendig, so jugendlich, so klangschwelgerisch, geradezu optimistisch und freundlich daherkommt.
Kalbeck, der erste Biograph von Johannes Brahms, berichtet eine Anekdote: Nach einer Probe des Werkes habe er den Komponisten gefragt, ob es nicht die geheime Überschrift „Brahms im Prater“ habe. Dieser soll vergnügt schmunzelnd erwidert haben: „Getroffen“ und soll mit schelmischem Augenblinzeln hinzugefügt haben: „Nicht wahr? Und die vielen hübschen Mädchen drin.“ Die an Walzer erinnernden Abschnitte mögen ein Indiz dafür sein, dass der Bericht zutreffen könnte.
Das zweite Quintett ist im Vergleich zum früheren Johannes BRAHMS: Streichquintett F-Dur op.88]Streichquintett in F-Dur op. 88[/url] klanglich opulenter, bisweilen geradezu orchestral angelegt, mit Akkorden in weiten Lagen, Doppelgriffen und Tremoli.
Das Werk ist viersätzig:
I. Allegro non troppo, ma con brio (G-Dur, 9/8')
II. Adagio (d-moll, 2/4)
III. Un poco Allegretto (g-moll, 3/4)
IV. Vivace ma non troppo presto (G-Dur, 2/4)
Die Besetzung ist wie im ersten Streichquintett dieselbe wie bei Mozart, Beethoven und Mendelssohn: Zur Besetzung eines Streichquartetts mit 1. Violine, 2. Violine, Bratsche und Violoncello tritt eine 2. Bratsche.
Folgende drei Aufnahmen des Werkes liegen mir vor (die des Amadeus-Quartetts habe ich in der links abgebildeten, älteren Box; diese Aufnahme ist heute in der rechten Box verfügbar):
Das Amadeus-Quartett wurde verstärkt durch den Bratscher Cecil Aronowitz. Das Raphael Ensemble ist eigentlich ein Streichsextett und hat seinem 2. Cellisten Timothy Gill bei dieser Aufnahme eine Pause gegönnt. Das Leipziger Streichquartett hat den Bratschisten Hartmut Rohde hinzugezogen. – Beide „2. Bratscher“ waren bzw. sind gesuchte Kammermusiker und haben regelmäßig mit den Ensembles zusammen gearbeitet, mit denen auch diese Aufnahmen entstanden.