Die Geschichte der Musik kann man lesen als Geschichte ihrer Neuerungen und Veränderungen. Wer hat zum ersten Mal zur Einstimmigkeit eine zweite Stimme hinzufügt? Wer schreib die erste Oper? Wann kam der Basso continuo außer Gebrauch? Wo entstanden die ersten Streichquartette? Und so weiter, und so weiter.
Alles verändert sich ständig. Wir verändern uns, indem wir älter werden, indem sich unser Äußeres ändert, in dem unsere Leistungsfähigkeit nachlässt, indem wir neue Interessen und Hobbies entdecken und andere ablegen.
Auch unsere Mitmenschen ändern sich, unsere Lebensbedingungen, die Arbeitswelt, die Technik, mit der wir uns umgeben, das Klima und die Gesetze. Alles ist im Fluss. Ob es uns gefällt oder nicht, das ist so. Wir müssen lernen, mit den Veränderungen umzugehen und Schritt zu halten.
Manche dieser Veränderungen sind vorhersehbar und so können wir uns auf sie einstellen und an sie gewöhnen. Andere Veränderungen kommen relativ überraschend und unerwartet, so dass sie uns unvorbereitet treffen. Wir werden ins kalte Wasser geworfen und müssen schwimmen, wenn wir nicht untergehen wollen.
Veränderungen als solche machen keine Angst.
Wir haben nur dann Angst vor Veränderungen, wenn wir denken, diese nicht bewältigen zu können, wenn wir uns schwach oder hilflos fühlen, uns also nicht zutrauen, mit dem Neuen und Unbekannten umgehen zu können. Schätzen wir unsere Fähigkeiten, mit neuen Situationen umzugehen, als gering ein oder überschätzen die tatsächlichen Gefahren, die auf uns zukommen könnten, dann haben wir Angst vor Veränderungen.
Die Angst vor Veränderungen, die wir nicht bewältigen können, weil wir sie nicht verstehen, kann uns dazu bringen, unangemessen darauf zu reagieren. Die Geschichte der Musikrezeption ist voll davon.
Hier möchte ich einladen, Beispiele zusammen zu tragen, in denen Menschen, denen neue Musik geboten wurde, offensichtlich damit überfordert waren, deren Größe zu erkennen und daher heftig und hilflos reagierten. Insbesondere wäre ich an Fehlurteilen konservativer Musikkritiker interessiert, und möchte gleich das erste voranstellen: