Quo Vadis Bayreuth?

  • Besonders über die Tannhäuser-Inszenierung der diesjährigen Festspiele wurde auch hier im Forum bereits ausführlich und detailliert diskutiert; dabei hat sich ein mehrheitlicher Trend der Ablehnung herauskristallisiert. Um also nicht bereits Gesagtes zu wiederholen, möchte ich mich auf einige grundsätzliche Eindrücke und Überlegungen beschränken. Oper muss wie jede andere Kunstform, soll sie nicht museal erstarren, neu gedeutet werden. Bei den Interpretationsabsichten kann man werkgetreu inszenieren, man kann - falls man das wirklich kann - völlig neue Wege gehen, das Werk sogar gehörig gegen den Strich bürsten. Die Tannhäuser-Inszenierung von Sebastian Baumgarten in Bayreuth ist jedoch völlig am Werk vorbeigegangen. Sie war so belanglos, unspezifisch und nichtssagend, dass sie jederzeit austauschbar gewesen wäre. Das Bühnenbild war durchgehend eine monströse Biogasanlage. In diesem Umfeld hätte auch "Tiefland", "Wozzeck" oder irgend etwas anderes gespielt werden können, so wurde halt Wagner in die abstrusen Ideen des Regieteams hinein vergewaltigt. Selbst der Venusberg spielte in dieser tristen Umgebung. Mittelpunkt war eine Art Zirkusmanege, in der widerliche Phantasie-Wesen ekelerregendes Unwesen trieben, ständig herumrammelten, Leichenteile verspeisten. Tannhäuser und Venus fühlten sich in diesem Käfig jedoch scheinbar wohl. Der Zauber des Eros musste in diesem Chaos nicht erstickt werden, er kam niemals auf. Wenn Tannhäuser kein Perverser war, hätte er diesen Venusberg sofort schreiend verlassen müssen. Das war kein Ort der Verführung, sondern die reinste Hölle. In diesem Stil ging es dann weiter, die Biogasanlage und die ständig auf der Bühne herumwuselnden Arbeiter dominierten und erdrückten alles. Diese Regiearbeit konnte keinerlei tragende Idee transportieren.
    Höhepunkt der Peinlichkeiten war für mich, als Elisabeth in einen Kessel der Biogasanlage steigt und Wolfram diesen von aussen verriegelt, Elisabeth also vergast wird. Hier werden Gedanken an schreckliche Zeiten wach. Gerade Bayreuth sollte doch alles daransetzen, solche Assoziationen zu vermeiden.
    Auch musikalisch und sängerisch stellte sich keine Erfüllung ein. Thomas Hengelbrock musizierte kammermusikalisch, feinsinnig und sehr detailverliebt. Der große Atem, der die Tannhäuser-Musik auszeichnet, kam nicht zum Tragen. Die sängerischen Leistungen waren bis auf die Venus gutes Niveau, aber kaum die Spitzenleistungen, die in Bayreuth geboten werden sollten. Schade - Günther Groissböck, der nach allgemeinem Urteil als Landgraf hervorragend sang, musste an diesem Abend aus gesundheitlichen Gründen den Gesangspart an Kwangchul Youn abgeben, der dann von der Seite aus wohl die beste Gesangsleistung des Abends bot. Mein Gesamturteil: Missraten-Misslungen!
    Wenn Bayreuth seine Stellung und seinen Nimbus behalten will, kann es sich solche Flops wie diese Tannhäuser-Inszenierung nicht oft erlauben. Die Frage kann deshalb schon gestellt werden: Bayreuth wohin gehst Du? Gelingt es den Festpielleiterinnen Spitzenkräfte langfristig zu binden, um dadurch maßstabsetzende Wagner-Aufführungen schaffen zu können oder sinkt Bayreuth vollends auf ein Durchschnittsniveau herab. Wenn ich Wagner an anderen Bühnen auf gleichem oder sogar höherem Niveau erleben kann als auf dem Grünen Hügel, dann ist der Nimbus und die künstlerische Reputation von Bayreuth verspielt. Ich hoffe, dass dies nicht geschieht.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Oper muss wie jede andere Kunstform, soll sie nicht museal erstarren, neu gedeutet werden.


    Was soll denn das heißen?
    Ich kann diesen Satz nicht ausstehen.
    :hello:


    Edit: Was sagt'n das Wiktionary?
    Bedeutung: das Museum betreffend, für ein Museum geeignet
    Beispiel: Diese Antiquität ist ein museales Stück.
    Na, ich denke, Wagner ist schon gut genug, um als museal gelten zu können.
    :thumbup:

  • Das soll heißen*, daß die Kunstform der Oper eine lebendige Kunstform ist, die uns in vielen Fällen auch heute noch etwas zu sagen hat. Aktuelle oder zeitlos-allgemeingültige Bezüge aufzuzeigen kann also durchaus ein Anliegen einer Inszenierung sein – diese muß allerdings nachvollziehbar sein und sollte nicht gegen den Geist und die Atmosphäre eines Werkes verstoßen. Dies scheint mir aber seit den letzten Jahren in Bayreuth jedoch der Fall zu sein. (Hier setzt dann natürlich wieder die Frage nach dem persönlichen Geschmack ein.)


    Würden Opern nur noch nach historischem Vorbild oder sklavisch nach dem Libretto inszeniert werden, dann würde diese Kunstform nur noch um sich selber kreisen und letztendlich erstarren und wahrscheinlich stinklangweilig werden, da man als Zuschauer ja immer wieder gleichartige Inszenierungen zu sehen bekäme. Will das (Musik-)Theater also weiterhin überleben, muß es eine lebendige Kunstform bleiben.


    Was nun Bayreuth betrifft, so scheint die Festspielleitung testen zu wollen, wie lange man gegen den Publikumsgeschmack gehen kann („Meistersinger“, „Tannhäuser“), ohne dass die Zuschauer ausbleiben. Hier lässt sich übrigens eine Parallele zu Helge Schneider ziehen: Der ehemalige Intendant des Landestheaters Schwaben in Memmingen, Norbert Hilchenbach, war der Meinung, dass Schneider wahrscheinlich austesten wolle, wie schlecht und „unlustig“ er noch werden könne, ohne dass sein Publikum ihn im Stich lassen würde.


    Nun, Helge Schneider ist mir relativ egal, aber um die Bayreuther Festspiele täte es mir leid. :(




    *wenn ich operus richtig interpretiere

  • Das soll heißen*, daß die Kunstform der Oper eine lebendige Kunstform ist, die uns in vielen Fällen auch heute noch etwas zu sagen hat.

    Aber doch nicht wegen der "Neudeutung" des Regisseurs.


    Zitat

    Würden Opern nur noch nach historischem Vorbild oder sklavisch nach dem Libretto inszeniert werden, dann würde diese Kunstform nur noch um sich selber kreisen und letztendlich erstarren und wahrscheinlich stinklangweilig werden, da man als Zuschauer ja immer wieder gleichartige Inszenierungen zu sehen bekäme.

    Das halte ich für Unsinn. Ob sich die Oper weiterentwickelt, hängt davon ab, ob weiterhin neue Opern komponiert werden. Ob da etwas erstarrt oder nicht, hat mit Wagner gar nichts zu tun. Soviel zur Kunstform Oper im allgemeinen.


    Es ist doch absurd, so zu argumentieren. In erster Linie geht es bei der Wagner-Pflege ja um die Musik. Diese wird "nach historischem Vorbild" und "sklavisch nach dem Libretto" dargeboten (es erfolgt keine Modernisierung durch Verwendung von Synthesizern oder Neubeleuchtung durch Verwendung von Zitaten modernerer Musikströmungen). Warum soll nun durch eine rabiate Umgestaltung der Bühnenshow verhindert werden, dass Wagner "stinklangweilig" wird?


    Zitat

    Will das (Musik-)Theater also weiterhin überleben, muß es eine lebendige Kunstform bleiben.

    Lebendig ist Wagner, wenn er gespielt wird. Dazu muss man ihn nicht mutieren.


    :D

  • Zitat

    Wenn Bayreuth seine Stellung und seinen Nimbus behalten will, kann es sich solche Flops wie diese Tannhäuser-Inszenierung nicht oft erlauben. Die Frage kann deshalb schon gestellt werden: Bayreuth wohin gehst Du?
    Gelingt es den Festpielleiterinnen Spitzenkräfte langfristig zu binden, um dadurch maßstabsetzende Wagner-Aufführungen schaffen zu können oder
    sinkt Bayreuth vollends auf ein Durchschnittsniveau herab. Wenn ich Wagner an anderen Bühnen auf gleichem oder sogar höherem Niveau erleben kann als auf dem Grünen Hügel, dann ist der Nimbus und die künstlerische Reputation von Bayreuth verspielt. Ich hoffe, dass dies nicht geschieht.

    Es ist nicht ausgemacht, ob Bayreuth musikalisch jemals führend war, was Wagner betrifft.
    Für mich ist z.B. Knappertsbusch Münchner Götterhämmerung orchestral sehr viel interessanter als seine Bayreuther Wiedergabe.


    Und auch in früheren Jahren wurden Regiearbeiten als mittelmäßig bis belanglos kritisiert z.B. der Ring von Wolfgang Wagner, Peter Hall und Alfred Kirchner (das wären bereits 3 Ringe als Flops !)


    Ferner wird Besucherschwund attestiert und von einigen Usern natürlich dafür das sog. Regietheater verantwortlich gemacht; erwartungsgemäß ohne seriöse Belege. Als „Beleg“ gelten dann üblicherweise manch dumme Plattitüden von einigen Bayreuth-Besuchern zitiert vom Deutschlandfunk.


    Es bleibt somit noch unklar, worin tatsächlich die Ursachen für das sinkende Interesse an Bayreuth zu finden sind. Mittelmäßige orchestrale Qualität z.B. der schleppende Ring unter Thielemann und z. Tl. wenig interessante Regiearbeiten könnten eine von mehreren Ursachen bilden, aber ebenso wären "externe" Gründe denkbar. Ein genauere Marktanalyse wäre u.U. von Nutzen.

    Zitat

    Lebendig ist Wagner, wenn er gespielt wird. Dazu muss man ihn nicht mutieren.

    was verstehst du denn unter "mutieren" ?
    :hello:

  • Lieber Amfortas,


    in den 50er und 60er Jahren agierten lauter großartige Dirigenten in Bayreuth: Knappertsbusch, Keilberth, Kempe, Karajan, Cluytens, Böhm, Sawallisch und einige mehr. Viele Aufnahmen aus der Zeit werden zurecht als referenzträchtig geführt: "Fliegender Holländer" unter Kna, Keilberth und Sawallisch; "Tannhäuser" unter Cluytens und Sawallisch; "Lohengrin" unter Sawallisch; "Tristan" unter Böhm; "Die Meistersinger" unter Knappertsbusch und Karajan; "Der Ring" unter Kna, Keilberth, Kempe, Böhm; "Parsifal" unter Kna. Ob Knappertsbusch nun in München noch ne Nuance besser war, ist wohl eher subjektiv. Vielleicht ist es aber so, daß es damals einfach überall musikalisch führende Interpreten gab. Und in Bayreuth eben ganz besonders.


    Die "Goldene Ära" von Neubayreuth fällt wohl ziemlich genau zusammen mit Wieland Wagners Wirken (1951–1966). Natürlich gab es auch danach noch überragende Dirigate und Produktionen ("Tristan" unter C. Kleiber; "Die Meistersinger" unter Wallberg; z. T. auch der "Parsifal" und "Ring" unter Boulez), aber irgendwie nahm die Dichte doch ab Ende der 60er Jahre ab.


    LG
    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Was mir in diesem Jahr bei meinem ersten Bayreuth Live Erlebnis aufgefallen ist, das es vor allem an guten Sängerinnen mangelt. Eine Frau Dasch als Elsa ist eine einzige Katastophe, Frau Kaune als Eva versteht man auch kaum und bei Frau Theorin als Isolde hat man überhaupt nichts verstanden. Auch was die Dirigenten angeht hat Bayreuth , wenn Thielemann nicht dirigiert, eher den Charme eines Provinztheaters. Und was mir auch merkwürdig vorkam, das ich keine Mühe hatte führ die Vorstellungen Karten zu bekommen und mir wurden sogar Freikarten in einer sehr guten Platzkatheogorie angeboten. Mein Sitznachbar meinte, was ich auch schon mal geschrieben habe, das es seitdem Dirigenten wie Sinopoli oder Levine in Bayreuth nicht mehr dirigieren, es mit den Bayreuther Festspielen immer schlechter aussehen würden und das sogar die Salzburger Festspiele mitllewreile elitärer sind als Bayreuth.

  • Werter Amfortas,


    Du magst den Zusammenhang des Zuschauerschwundes mit dem mittlerweile ausschliesslichlichen Regietheater noch so so sehr leugnen, aber auch Du wirst Dich Offensichtliches nicht ebenso abstreiten können, wie das Reietheater den Gehalt der Werke verfehlt ;) .


    Nebenbei gesagt, war es beim Deiner Ansicht nach schleppenden Thielemann-Ring (ich fand diesen Ring musikalisch grossartig- im Gegensatz zur Dorst-Regie) recht schwierig an Karten zu kommen.


    Rodolfo, Du hast noch den gesanglichen Tiefpunkt dieses Jahres vergessen: Frau Friede als Venus und Clevemann als Tannhäuser...

  • Würden Opern nur noch nach historischem Vorbild oder sklavisch nach dem Libretto inszeniert werden, dann würde diese Kunstform nur noch um sich selber kreisen und letztendlich erstarren und wahrscheinlich stinklangweilig werden, da man als Zuschauer ja immer wieder gleichartige Inszenierungen zu sehen bekäme. Will das (Musik-)Theater also weiterhin überleben, muß es eine lebendige Kunstform bleiben.


    Das glaube ich nicht. Dann wäre die Oper ja schon lange vor dem Beginn des Regietheaters gestorben bzw. deren Besucher vor Langeweile. Das Gegenteil war aber der Fall: Vor dem Regietheater und dem gebetsmühlenartig repitierten Sätzlein "Oper muss wie jede andere Kunstform, soll sie nicht museal erstarren, neu gedeutet werden" besser besucht.


    Kurzum: Mir ist der Missbrauch dieses Satzes ebenfalls zuwider, da "neu deuten" heute als Freibrief für jedweden Regieexzess bzw. -abszess benutzt wird. Beinahe jeder Intendant in Deutschland hat sich diesen Satz schon mal ins Vorwort für die Saisonvorschau geklaubt. Überzeugt hat es mich dann aber dennoch nie, wenn ich die Inszenierungen sah.



    Und ergänzend zu dem, was m.joho schreibt, möchte ich bemerken, dass ich amfortas für einen Gegenbeweis bzw. einen "seriösen Beleg" dankbar wäre. Denn sonst ist das, was er behauptet nur eine - wie nannte er es so schön?, ah ja: eine "dumme Platitüde".

  • Werter Amfortas,


    Du magst den Zusammenhang des Zuschauerschwundes mit dem mittlerweile ausschliesslichlichen Regietheater noch so so sehr leugnen, aber auch Du wirst Dich Offensichtliches nicht ebenso abstreiten können, wie das Reietheater den Gehalt der Werke verfehlt .


    Nebenbei gesagt, war es beim Deiner Ansicht nach schleppenden Thielemann-Ring (ich fand diesen Ring musikalisch grossartig- im Gegensatz zur Dorst-Regie) recht schwierig an Karten zu kommen.


    Rodolfo, Du hast noch den gesanglichen Tiefpunkt dieses Jahres vergessen: Frau Friede als Venus und Clevemann als Tannhäuser...


    Frau Friede und Herrn Clevemann habe ich nicht vergessen, sondern erfolgreich verdrängt. Bei Frau Friede habe ich zum ersten Mal erlebt das ein Sänger ausgebuht worden ist. Und was die Regie betrifft denke ich mal , das man es keinem Recht machen kann. Selbst die doch sehr konventionelle Meistersänger Inszenierung von Wolfgang Wagner fanden die meisten doch eiher langweilig als spannend. Und damit Musiktheater weiterhin lebendig bleibt, brauche ich keine schwangere Venus oder Inszenierungen die visuell vollkommen überfrachtet sind, so das die Handlung auf der Bühne zur Nebensache wird.

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  • Zitat

    aber auch Du wirst Dich Offensichtliches nicht ebenso abstreiten können, wie das Reietheater den Gehalt der Werke verfehlt .

    Was du als Offensichtliches unterstellst, ist unbewiesen. Und die Verfehlung des Gehaltes bleibt ebenso bloße unbewiesene Pauschal-Meinung.

    Zitat

    Und ergänzend zu dem, was m.joho schreibt, möchte ich bemerken, dass ich Amfortas für einen Gegenbeweis bzw. einen "seriösen Beleg" dankbar wäre. Denn sonst ist das, was er behauptet nur eine - wie nannte er es so schön?, ah ja: eine "dumme Platitüde".

    Ich habe im Zusammenhang des Besucherschwundes von Bayreuth in diesem Thread überhaupt keine Behauptung aufgestellt.
    Im Gegensatz zu dieser deiner gebetsmühlenartigen Pseudo-Kausalität, die jedweden seriösen Anspruch verfehlt.:

    Zitat

    Das glaube ich nicht. Dann wäre die Oper ja schon lange vor dem Beginn des Regietheaters gestorben bzw. deren Besucher vor Langeweile. Das Gegenteil war aber der Fall: Vor dem Regietheater und dem gebetsmühlenartig repitierten Sätzlein "Oper muss wie jede andere Kunstform, soll sie nicht museal erstarren, neu gedeutet werden" besser besucht.

    :hello:

  • Zitat

    Würden Opern nur noch nach historischem Vorbild oder sklavisch nach dem Libretto inszeniert werden, dann würde diese Kunstform nur noch um sich selber kreisen und letztendlich erstarren und wahrscheinlich stinklangweilig werden, da man als Zuschauer ja immer wieder gleichartige Inszenierungen zu sehen bekäme.


    Es is schon eigenartig mit welchem Beharrungsvermögen derlei immer wieder verbreitet wird, wo doch jeder weiß, daß es nicht wahr ist.
    Es ist eine Schutzbehauptung der Regisseure, die nur verfälschende Inszenierungen zustandebringen. Die einzigen,die sich bei konventionellen Inszenierungen langweilen sind sie wohl selbst weil sie die Story gar nicht verstanden haben - oder sich in den Zeitgeist der Handlung nicht hineindenken können oder wollen.Was ist da wohl einfacher, als eine eigene Story zu entwerfen - und unter dem Namen des Librettisten zu vermarkten.....
    Übrigens hat die Riege derer, die gegen die zerstörerische Regie in Salzburg und Bayreuth zu Felde ziehen einen prominenten Mitstreiter dazubekommen. Placido Domingo äussert sich in einem NEWS-Interwiev dezidiert ablehnend: "Als Operndirektor würde ich so etwas nie zulassen"


    http://www.news.at/articles/11…ido-domingo-damit-problem


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Im Zusammenhang mit dieser Diskussion fällt mir das Interview mit Annette Dasch ein, dass vor einigen Tagen publiziert wurde, und im Forum offensichtlich bisher keine Erwähnung fand.
    Frau Dasch tritt da nicht nur für das moderne Regietheater ein, sondern greift mit ihren Worten indirekt die Gegner desselben an.


    Hier der betreffende Auszug:


    Frage: Im Moment wird sehr aufgeregt über Sinn und Unsinn des Regietheaters diskutiert. Ihre Position?
    Dasch: Ich habe das natürlich auch gelesen in Ihrer Zeitung. Und mich inbesondere ‚gefreut‘ über einen ,wahnsinnig klugen‘ Brief von einer Gesangsprofessorin, die sinngemäß schrieb: Das, was in der Musik passiert, gäbe es – Beispiel Mona Lisa – in der bildenden Kunst niemals. Da habe ich mir gedacht: Kennt die Dame eigentlich Andy Warhol? Wenn wir uns auf einem solchen Niveau unterhalten, dann weiß ich nicht mehr, in welchem Land ich lebe. Leider wird diese Debatte auf einem derart niedrigen Niveau geführt, dass man eigentlich schon wieder zweifeln muss daran, ob Oper überhaupt noch Sinn macht. Wenn die Leute so reden, dann haben die Freunde der sogenannten Werktreue die wahren Inhalte dieser Stücke nicht begriffen. Wenn ihr es für die wahren Inhalte haltet, dass man im Ritterkostüm herumsteht und hehre Sachen von sich gibt, dann seid ihr dermaßen schiefgewickelt! Nein, wenn Oper und Theater in der heutigen Zeit überhaupt eine Berechtigung haben, dann doch nur, wenn wir Theater als heutige Menschen machen. Um zu erfahren, wie sich heutige Menschen an diesen Werken reiben. Weil nur so eine Auseinandersetzung mit der eigenen Kultur stattfindet. Auseinandersetzung aber kann nicht bedeuten, dass ich mich nur in den Sessel setze und mich berieseln lasse. Dann kann ich auch RTL gucken. Solche Meinungen machen mich tief traurig und lassen mich wirklich zweifeln. Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass Leute, die überhaupt ins Theater gehen, schon mal auf der guten Seite sind. Anscheinend liege ich da völlig falsch. Wobei eines auch klar ist: Es gibt natürlich gute und schlechte Inszenierungen. Heute wie damals. Aber wenn schon jemand zornig wird, wenn es nicht altmodisch aussieht, dann kann man nur sagen: Dann geht einfach nach Wels! Und schaut euch dort die Aufführungen an. Oder geht ins Museum und nehmt nicht mehr am Leben teil. Eigentlich ist diese Debatte unerträglich!


    Frage: Sie geraten in Wallung …
    Dasch: Ja, weil ich vieles von dem, was da geäußert wird, einfach für unsensibel und dumm halte. Und es nicht verstehen kann. Ich kann einfach nicht verstehen, wie man sich seiner Zeit so verschließen kann. Das hätte einen Robert Schumann oder auch Richard Wagner auf die Palme gebracht. Da bin ich mir hundertprozentig sicher. Außerdem wird nach meinem Dafürhalten mit dem Begriff Werktreue Schindluder getrieben. Viele nämlich meinen damit nicht die Treue zum Werk, sondern die Treue zu einer Aufführungspraxis, die sie in ihrer Jugend erlebt haben. Für mich bedeutet Werktreue: das Stück ernst nehmen. Und das meint, das Stück neu zu lesen. So, wie man es eben selber, aus seiner Zeit heraus, versteht und sieht. Ich will doch nicht den Figaro so sehen, wie ihn schon meine Eltern und Großeltern gesehen haben.


    Im selben Interview verteidigt sie natürlich die Lohengrin-Inszenierung, in der sie die Elsa verkörperte. Auch die Ratten auf der Bühne machten für sie Sinn.
    Zitat: "Das ist keine blöde oder sinnlose Provokation mit diesen Ratten, sondern das hat einen Sinn."


    Hier kann man das gesamte Interview lesen.


    Für Freunde des modernen Regietheaters wird das wie Balsam auf der Seele sein. Die Gegner werden über Frau Dasch sicher anders denken.


    Natürlich hat jeder Mensch das Recht auf seine eigene Meinung. Nur sollte die Sängerin sich so ausdrücken, dass sie Leute, die nicht ihrer Meinung sind, nicht derart vor den Kopf stößt.
    Aber ein Gespür für ihr Publikum scheint Frau Dasch sowieso nicht zu haben. :no: Man denke nur an ihren Fauxpas in der letzten Woche auf der Waldbühne. Dem bereits ewig wartenden Publikum ins Gesicht zu schleudern, dass man (das Publikum) keine Ahnung hat und anscheinend nicht einmal die Beginnzeit auf den Tickets lesen kann, ist kein Umgang mit dem Publikum. Noch dazu, wo sie dann ja selbst als die Dumme hingestellt wurde, weil auf den Tickets gar keine genaue Beginnzeit aufgedruckt war. Peinlich. Peinlich. :rolleyes: Aber das nur am Rande.


    Gregor

  • Lieber Amfortas,


    wenn Du die Münchner "Götterdämmerung" vom 1. September 1955 unter Knappertsbusch meinst, die auf ORFEO veröffentlicht ist, dann hast Du m. E. recht. Musikalisch und sängerisch eine Sternstunde. Völlig anderer Meinung bin ich allerdings im Urteil über den Wolfgang Wagner/Kempe Ring von 1960 - 1964. Diese Ring-Inszenierung mit der fabelhaften Idee, der sich im Verlauf des Dramas immer mehr zerklüftenden Scheibe, die gelungene Licht- und Personenregie, fand ich eine der spannendsten und eindruckvollsten. Dabei noch Sänger wie Nilsson, Hopf, Stewart, Frick, Cordes usw. Herz was willst Du mehr!
    Der Nimbus Bayreuths hat sich doch durch die besondere Atmosphäre, den mystischen Kultcharakter der geschaffen wurde
    -übrigens bereits damals eine nahezu geniale Marketingleistung- und im Schnitt herausragende Leistungen gebildet. Ich glaube somit kann man durchaus von führend gewesen sprechen. Ob das heute noch so ist und in der Zukunft gehalten werden kann, genau da fangen meine Fragen und Zweifel an.
    Deine Idee einer neutralen, professionellen Marktuntersuchung und danach die Umsetzung der Ergebnisse, wäre eine wirkliche Hilfe und Zukunftssicherung für Bayreuth. Ich befürchte jedoch, dass jeder der Wagner-Gene hat so sendungsbewußt ist, dass er überzeugt ist, den Stein der Weisen und das letzte Urteil in Sachen Wagner zu besitzen, so dass er niemals Marketinginstrumente benutzen wird. Vielleicht wäre es schon ganz hilfreich, wenn die Festpielleitung unsere Diskussionen im Tamino-Forum lesen würde. Vox populi und die Meinung der Kenner aus den Tamino-Reihen zu erfahren und zu berücksichtigen wäre zumindest interessant.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

  • Zitat

    Übrigens hat die Riege derer, die gegen die zerstörerische Regie in Salzburg und Bayreuth zu Felde ziehen einen prominenten Mitstreiter dazubekommen. Placido Domingo äussert sich in einem NEWS-Interwiev dezidiert ablehnend: "Als Operndirektor würde ich so etwas nie zulassen"

    Komisch ist dabei aber, dass in der Los Angeles Opera unter dem Generaldirektor Domingo (seit 2003) der Ring des Nibelungen mit dem Dirigenten Conlon und dem Regisseur (pardon, dem Opernzerstörer :thumbsup: ) Freyer geschmiedet wurde.


    http://www.youtube.com/watch?v=vAi0rzUkhpA
    http://www.youtube.com/watch?v=f_Cx7imX71E

    Zitat

    Natürlich hat jeder Mensch das Recht auf seine eigene Meinung. Nur sollte die Sängerin sich so ausdrücken, dass sie Leute, die nicht ihrer Meinung sind, nicht derart vor den Kopf stößt......


    Für Freunde des modernen Regietheaters wird das wie Balsam auf der Seele
    sein. Die Gegner werden über Frau Dasch sicher anders denken.
    ...

    Man braucht nicht mal Anhänger des sog. Regietheaters sein, um in der Lage zu sein, die Argumentation von Frau Dasch zum größten Teil nachzuvollziehen...
    :hello:

  • Liebe Taminos,


    was für ein unsinniger Sturm im Wasserglas ist das denn?!? Die Reaktionen einiger Mitglieder auf meinen kurzen Beitrag „Das soll heißen…“ in diesem Thread haben mich – gelinde gesagt – überrascht.

    Zitat kurzstueckmeister: "Warum soll nun durch eine rabiate
    Umgestaltung der Bühnenshow verhindert werden, dass Wagner
    "stinklangweilig" wird?"


    Wo habe ich in meinem Beitrag je von einer „rabiaten Umgestaltung der Bühnenshow“ gesprochen? (Der Begriff „Bühnenshow“ ist hier eh etwas merkwürdig gewählt.)


    Zitat kurzstueckmeister: "Ob sich die Oper weiterentwickelt,
    hängt davon ab, ob weiterhin neue Opern komponiert werden."


    Das sicher auch, aber das war nicht das Thema.


    Zitat kurzstueckmeister: "Lebendig ist Wagner, wenn er
    gespielt wird. Dazu muss man ihn nicht mutieren."


    Schön wärs, wenn Wagner immer „lebendig“ wäre, wenn er gespielt wird. Aber das ist ein pauschales Statement, das im Grunde nichts besagt.


    Zitat Knusperhexe: "Kurzum: Mir ist der Missbrauch dieses
    Satzes* ebenfalls zuwider, da "neu deuten" heute als Freibrief für
    jedweden Regieexzess bzw. -abszess benutzt wird."


    Das ist verallgemeinernder Unfug, da auch die viel geschmähte „heutige Regie“ durchaus beachtliches auf die Beine stellt.


    Zitat Alfred: "Es ist schon eigenartig mit welchem
    Beharrungsvermögen derlei immer wieder verbreitet wird, wo doch jeder weiß, daß
    es nicht wahr ist."


    Ach? Jeder weiß das? Also ich nicht – und ich weigere mich, das so zu akzeptieren. :D


    Zitat Alfred: "Es ist eine Schutzbehauptung der Regisseure,
    die nur verfälschende Inszenierungen zustandebringen."


    Hier kommt wieder die Frage des eigenen Geschmacks ins Spiel. Nicht jeder wird nämlich das Gleiche Verständnis von „verfälschenden Inszenierungen“ haben.


    Zitat Alfred: "Die einzigen, die sich bei konventionellen
    Inszenierungen langweilen sind sie wohl selbst weil sie die Story gar nicht
    verstanden haben - oder sich in den Zeitgeist der Handlung nicht hineindenken
    können oder wollen."


    Willst Du mich beleidigen? X(


    Zitat Alfred: "Übrigens hat die Riege derer, die gegen die
    zerstörerische Regie in Salzburg und Bayreuth zu Felde ziehen einen prominenten
    Mitstreiter dazubekommen. Placido Domingo äussert sich in einem NEWS-Interwiev
    dezidiert ablehnend: "Als Operndirektor würde ich so etwas nie
    zulassen""


    Das ist sein gutes Recht. Und im Falle des diesjährigen „Tannhäuser“ in Bayreuth stimme ich ihm da auch zu. Da hätten bei der Festspielleitung alle Alarmglocken schrillen müssen, daß das nicht funktionieren kann.



    Ich bin der Meinung, daß es nur gute oder schlechte Inszenierungen gibt. Ob diese dann konventionell, traditionell, werkgetreu (wenn es sowas gibt) oder dem Regietheater zuzurechnen sind, ist mir offen gestanden wurscht.
    Aber all das sind subjektive Einschätzungen. Hier kann man nicht pauschalisieren, was in diesem Forum leider
    immer wieder mit konstanter Borniertheit gemacht wird.



    *Zitat operus: Oper muss wie jede andere Kunstform, soll sie
    nicht museal erstarren, neu gedeutet werden.

  • Zwei Dinge vorneweg:


    1. Ich selber war noch nie live bei den Bayreuther Festspielen.
    2. Ich will mich nicht an der - auch hier wieder aufbrechenden - leidigen Diskussion zum Thema Regietheater beteiligen.


    Was aber m.E. Bayreuth inzwischen fehlt, ist der wirkliche Wille und vielleicht inzwischen sogar die Fähigkeit, durch künstlerische Innovation in der Wagner-Rezeption Maßstäbe zu setzen oder Richtungen zu weisen. Was Wagners Werk angeht, ist Bayreuth eben nicht mehr das Maß aller Dinge. Selbst mittlere und kleine Häuser sind heutzutage in der Lage, einen kompletten Ring auf die Beine zu stellen (Darmstadt, Halle, Lübeck, Hannover). Auf den Einfall, den Ring auf vier Regiesseure zu verteilen und damit ein mindestens interessantes Konzept abzuliefern, ist man nicht in Bayreuth, sondern in Stuttgart gekommen! Ein sog. Public Viewing einzurichten und mit jugendgerechten Aufführungen auch den Nachwuchs an Wagners Werk heranzuführen ist zwar löblich, aber nicht neu - ähnliches gibt es an anderen Häusern schon lange. Das innovativste an Bayreuth 2011 war mit Thomas Hengelbrock am Pult noch das Engagement eines ausgewiesenen HIP-Experten für den Tannhäuser, welches aber leider durch die anscheinend ziemlich vergurkte Inszenierung m.E. viel zu sehr in den Hintergrund gerückt ist.


    Dem Eindruck des elitären wird nicht unbedingt dadurch entgegengewirkt, dass man das Kartenkontingent praktisch zu Hälfte an Wirtschaft und Prominenz vergibt. Hängen bleiben dann nur die Bilder von all den wichtigen Leuten, die über den roten Teppich flanieren. Wo ist das Opernbegeisterte "Normalpublikum"? Da wirkt Salzburg offener ...


    Egal also, ob mit oder ohne Regietheater, ob mit oder ohne weltbestem Ensemble: Bayreuth sollte versuchen, wieder spannend zu werden, neugierig zu machen, denn die Konkurrenz ist groß!

    mfG Michael


    Eine Meinungsäußerung ist noch kein Diskurs, eine Behauptung noch kein Argument und ein Argument noch kein Beweis.

  • Zitat

    „verfälschenden Inszenierungen“

    ich vermute, es gibt wieder so mal eine Art "Definitionsproblem", nämlich (ohne h): was wären den "unverfälschte" Inszenierungen ?
    Vorhin wurde in einen anderen Thread die Frage nach der Definition eines "echten" bzw. "unechten" Wagnerianers aufgeworfen...
    ...man könnte, aber muss nicht unbedingt über diese Definitionen debattieren..

    Zitat

    Selbst mittlere und kleine Häuser sind heutzutage in der Lage, einen kompletten Ring auf die Beine zu stellen (Darmstadt, Halle, Lübeck, Hannover).

    .. und z.B. auch Kassel unter Paternostro..



    :hello:

  • Auch Personen die ich persönlich als unerträglich betrachte geben gelegentlich gute Ratschläge


    Originalzitat A. Dasch

    Zitat

    Aber wenn schon jemand zornig wird, wenn es nicht altmodisch aussieht, dann kann man nur sagen: Dann geht einfach nach Wels! Und schaut euch dort die Aufführungen an.


    Genau !!
    Bedauerlicherweise werden die Subventionen nur bis 2013 gewährt, weil sie dann nach Linz (wo "modern" inszeniert werten soll) fliessen sollen.
    Sponsoren werden also dringend gesucht. Oder Wählergruppen mit politischem Einfluß....



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Vorhin wurde in einen anderen Thread die Frage nach der Definition eines "echten" bzw. "unechten" Wagnerianers aufgeworfen...
    ...man könnte, aber muss nicht unbedingt über diese Definitionen debattieren..


    Hallo, Amfortas
    Was soll das denn jetzt? Die Frage hast Du doch selbst aufgeworfen in Deinem Beitrag Nr.12. Ich zitiere Dich:


    was wären denn unechte Wagnerianer ? Gibt es denn bestimmte Kriterien
    für eine Selektion zwischen echten und unechten Wagnerianern ?


    ... und wenn man eine Frage stellt, will man doch normalerweise auch eine Antwort haben. Du hast einige bekommen, auch wenn sie Dir nicht unbedingt gefallen.
    Herzliche Grüße
    CHRISSY

    Jegliches hat seine Zeit...

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  • Zitat

    Du hast einige bekommen, auch wenn sie Dir nicht unbedingt gefallen.

    im Gegentum. Ich kann mit deiner Definition sehr gut leben

    Zitat

    das sind die Kenner und leidenschaftlichen Liebhaber des Werkes und der Musik.

    denn, das ist nicht die abwegigste Definition. Und die Regie der Götterhämmerung und des Lohengrins zeigen, dass z.B. kompetente und kluge Köpfe wie Peter Konwitschny und Hans Neuenfels zu den echten Wagnerianern zuzurechnen sind, die sich gründlich mit Wagners Werk auseinandersetzen.
    :hello:

  • Und die Regie der Götterhämmerung und des Lohengrins zeigen, dass z.B. kompetente und kluge Köpfe wie Peter Konwitschny und Hans Neuenfels zu den echten Wagnerianern zuzurechnen sind, die sich gründlich mit Wagners Werk auseinandersetzen.


    Wobei mir einfällt, dass du mir immer noch die Antwort schuldig bist, wieso du den "Rattengrin" für eine gelungene Inszenierung hältst. ?(


    Viele Grüße


    Mme. Cortese

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • hab mir schon gedacht, dass du insistierst .. ja ja ich weiß ich weiß.. bitte noch um Geduld..
    Zunächstmal ganz kurz..


    Was mir noch nicht ganz ausgereift in der Neuenfels-Arbeit scheint, ist der Kostümwechsel des Chores und auch z.Tl. einiges Momente in 2. Hälfte des 2. Aktes. Aber das gilt keinesfalls für den eindrucksvollen Schluss, wo Elsa die Schwan-Bewegungen versucht zu imitieren..


    In keiner anderen Inszenierung habe ich bisher erlebt, wie die Härte der Unfreiheit auf der handelnden Personen (ein oft wiederkehrendes Moment in Wagners Werk) lastet; durch die tierartige Kostüme
    .. die "Ratten" lassen verschiedene Deutungen zu: z.B. gesellschaftlicher Zwang der handelnden Personen ist gleichzeit Ausdruck des Naturzwangs, dem Tiere stärker unterworfen sind als Menschen mit technischen Errungenschaften..
    ... ich habe diese "Idee" von Neuenfels - trotz meiner anfänglicher Verständnisschwierigkeit - nie als Klamauk betrachtet...
    Die Lohengrin-Oper gerät durch die Neuenfels-Regie zu einer Parabel, was mir durchaus genehm ist....


    Mir gehts nicht darum, dich von diesem Lohengrin zu überzeugen, sondern zu versuchen deutlich zu machen, dass Neuenfels sich mit dem Lohengrin sehr gründlich auseinandergesetzt hat und keinesfalls am Werk "vorbeiinszeniert" hat..


    . ich will versuchen demnächst noch mehr darüber zu berichten... dauert aber noch..
    :hello:

  • wie die Härte der Unfreiheit auf der handelnden Personen (ein oft wiederkehrendes Moment in Wagners Werk) lastet; durch die tierartige Kostüme
    .. die "Ratten" lassen verschiedene Deutungen zu: z.B. gesellschaftlicher Zwang der handelnden Personen ist gleichzeit Ausdruck des Naturzwangs, dem Tiere stärker unterworfen sind als Menschen mit technischen Errungenschaften..


    Gleich eine Gegenfrage: Wenn da eine höhere Macht, wer immer das sein mag, ein Experiment anstellt, sei es bezüglich Unfreiheit, Verführbarkeit, Vertrauenskrisen - wieso sind dann Elsa, Lohengrin und die anderen handelnden Personen nicht auch Ratten?


    Nebenbei: Bevor wir uns eine Rüge einfangen, lass uns lieber in den Lohengrin-Thread zurückkehren!

    Gott achtet mich, wenn ich arbeite, aber er liebt mich, wenn ich singe (Tagore)

  • Was soll das alles. Ratten haben im Lohengrin nicht zu suchen. Beim fliegenden Holländer wäre ich mir aber nicht so sicher.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ratten haben im Lohengrin nicht zu suchen.


    Diese Meinung kann ich nachvollziehen und respektieren.


    Aber die Gegenfrage sei erlaubt: Sind das Menschen, die da ihr Mäntelchen in den Wind hängen und sich nach dem Erscheinen einer (eigentlich zunächst ziemlich fragwürdigen) Lichtgestalt so mir nichts dir nichts von Telramund abwenden und ihrem neuen Führer zujubeln?

  • In Wels wurde weitgehend auf privater Initiative und Finanzierung von Wagner Enthusiasten bewußt ein Gegenpol zu dem heute vorherrschendem Regietheater aufgebaut. Das ist eine fantastische Leistung, die einen konträren Gegenpol zum an anderen Bühnen praktizierten und oft übertriebenen Modernismus um jeden Preis darstellt. Mekka für Wagner-Tradtionalisten und Anschauungsunterricht für alle, die einmal konventionellere Inszenierungen erleben wollen. Auch im Vergleich zu modernen
    Regiedeutungen.
    Wie schön, dass es Wels gibt und hoffentlich bleibt dieses Festival auch erhalten. Meines Erachtens liegt die Lösung aber auch nicht im Welser Modell mit seiner so starken bewußt einseitigen Ausrichtung und damit Begrenzung der theatralischen Möglichkeiten. Die Oper und Wagner im speziellen sollte für alle Ideen, Entwicklungen und Strömungen offen sein. Weder traditionell festgezimmert noch gewalttätig modernistisch. Wagner selbst war es, der forderte:"Kinder schafft Neues". Oper muss ganzheitlich gesehen und interpretiert werden. Wenn darauf ein Spielplan ausgerichtet wird, dann werden wir traditionell ausgerichtete Inszenierungen erleben, die uns begeistern und moderne, die uns durch kühne, neue Ideen elektrisieren.
    Grundvoraussetzung dabei ist, dass die Regisseure ihr Handwerk auch wirklich verstehen, nur dann kann Überdurchscnittliches entstehen, egal welches Konzept umgesetzt werden soll. Die Regiekönner vom Range eines Rennert, Hartmann oder Herz sind heute offenbar sehr selten, dadurch erproben sich zu viele Anfänger, Schauspielregisseure, Provokanten, verirrte Dramaturgen ja Diletantten an den großen Werken der Opernliteratur und müssen mangels Qualifikation nahezu zwangsläufig scheitern.
    Wer Spitzenleistungen will, dem muss es gelingen, Spitzenkräfte auf allen Gebieten zu gewinnen. Erst durch die Bündelung von Erstrangigen werden Aufführungen von höchstem Rang möglich. Das gilt auch oder ganz besonders für Festivals und Bayreuth, wenn es einen Ausnahmestatus beanspruchen will.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!


  • Ich bin von den Socken.
    :D
    Dabei dachte ich schon, dass ich im deutschsprachigen Raum nie einen halbwegs unverzerrten Wagner zu Gesicht bekommen werden würde.
    ;(
    Habe die Termine 2012 schon vorgemerkt.
    Das gibt es offenbar schon seit 1995 und ich weiß nichts davon.
    :cursing:

  • was für ein unsinniger Sturm im Wasserglas ist das denn?!? Die Reaktionen einiger Mitglieder auf meinen kurzen Beitrag „Das soll heißen…“ in diesem Thread haben mich – gelinde gesagt – überrascht.


    Ja, stimmt, Du bist noch nicht lange hier.
    :D
    Aber wir haben hier 10.000e Beiträge zu dem Thema, dass Dich die Reaktionen überraschen, überrascht wiederum mich.

    Zitat

    (Der Begriff „Bühnenshow“ ist hier eh etwas merkwürdig gewählt.)


    Passend zur merkwürdigen ... Bühnenshow.
    :whistling:

  • Das Dasch-Zitat:

    Wenn wir uns auf einem solchen Niveau unterhalten, dann weiß ich nicht mehr, in welchem Land ich lebe.


    Zitat

    Ich bin bisher immer davon ausgegangen, dass Leute, die überhaupt ins Theater gehen, schon mal auf der guten Seite sind.


    :hahahaha:
    Der zweite Satz ist ja Diskussion auf höchstem Niveau.
    :thumbup:
    Dass es nur gute und schlechte Kunst gibt, kenne ich ja schon aus diversen Postings, jetzt gibt es noch die gute und die schlechte Seite.
    Ich fühle mich ja bei den Bad Boys wohler.

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