Was macht Mozarts Musik so populär ?

  • Hier, wie versprochen - oder angedroht - ein neuer Thread zum Thema "Phänomen Mozart"
    Vermutlich wird der eine oder andere mir einmal mehr vorwerfen, daß dieser Thread einen nichtssagenden oder nichtpassenden Titel hat, bzw. daß das Thema gar nicht mehr aktuell ist - weil Mozarts Musik nämlich derzeit überhaupt nicht populär sei. Oder aber, daß der Thread einen verschwommenen Start hat, der keine genauen Vorgaben zum Threadziel. All diese Vorwürfe , dei noch gar nicht gemacht wurden nehme ich mit Demut zur Kenntniss - und hoffe dennoch auf einen interessanten Threadverlauf.
    Wir können also ganz gut mir der Frage beginnen, ob denn Mozarts Musik heutzutage überhaupt noch "populär" sein - wenn ja - Warum - wenn nein - warum nicht (mehr?).
    Was sind die charakterischen Merkmale von Mozarts Musik - was macht sie für manche so anziehend - und für andere belanglos ?


    mit freundlichen Grüßen
    aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Stimmt das überhaupt? Ist Mozarts Musik denn populär? Und in welchem Sinne?


    Wie hoch ist der Anteil von Menschen, die mal Geld ausgegeben haben, um Mozarts Musik zu hören (das wäre ein Beispiel für einen Maßstab, nicht unbedingt ein guter) - sei es für eine Opern- oder Konzertkarte oder für eine CD/DVD oder einen Download? Ich tippe mal: im einstelligen Prozentbereich. Da haben die Beatles, die Kastelruther Spatzen, James Last oder André Rieu ganz einfach andere Zahlen vorzuweisen, aus denen man eine gewisse Popularität durchaus ableiten könnte.


    Oder soll "populär" so verstanden werden, dass als Grundgesamtheit die Menge derjenigen Menschen betrachtet wird, die regelmäßig (mindestens 1x pro Woche?) bewusst klassische Musik zur Freizeitgestaltung wählen? Dann wäre das Wort "populär" (von "populus" = Volk) eventuell nicht ganz treffend gewählt. Dieses Thema wurde ja schon diskutiert: Ist "klassische Musik" elitär?


    Oder geht es eher um "beliebt bei Klassikhörern"? Oder gar um "bedeutend für viele Klassikhörer"? Auch hier wurde ja schon diskutiert, dass zwischen beiden ein Unterschied besteht: Wird denn Bedeutung per Plebiszit entschieden?


    Fragen über Fragen.

  • Mit "populär" hast Du schon das genau richtige Wort getroffen, meine ich.
    "Populär" wird heute ja auch mit "Pop" abgekürzt, womit ein -sehr grob gesagt- sehr eingängiger Musikstil gemeint ist, der sich unter anderem durch seine "Ohrwurmqualitäten" auszeichnet, wie z.B. das bekannte "Yesterday" der Beatles.


    Einen Vergleich Pop/Mozart möchte ich hier jedoch nicht anstellen, weil das angesichts der unfassbar überragenden Qualität der Musik Mozarts eine Beleidigung für eben diese darstellte. Die Gemeinsamkeit der "Eingängigkeit" erklärt sich zu einem recht grossen Teil aus dem nicht zu erklärenden Talent Mozarts, aus wenigen einfachen Tönen unglaubliche und unsterbliche Melodien zaubern zu können, die viele wenigstens mitsummen können, auch jene Zeitgenossen, die in einem Kammerchor, der sich mit Gesualdo oder Trond Kverno beschäftigt, wahrscheinlich keinen Ton finden würden.


    Wie gesagt, das wunderbare bei Mozart ist ja, dass die allgemeine Qualität unter der melodischen und sonstigen Eingängigkeit keineswegs leidet - im Gegenteil.


    Vielleicht mag man auch Mozart, weil seine Musik so menschlich nachvollziehbar klingt?
    In seinen Opern gibt es Affekte wie Ehrfurcht ( Sarastro etc...), viel Humor (Papageno), grosse Liebe ( Tamino!)....sehr viel Abwechslung eben.


    Es gibt sehr spritzige und feurige Stücke, es gibt Tragisches zu hören, auch Abgründiges, was betroffen machen kann.
    Seine Musik kann sehr heiter, anmutig und elegant klingen, einem das Herz erfreuen. Sie kann einen aber auch - wie es nur Schubert noch kann- sehr melancholisch stimmen. Auf diese Eigenart hat einmal auch die Pianistin Uchida sinngemäss hingewiesen.


    Mozarts Kunst, von einen auf den anderen Affekt musikalisch überzuleiten, ist auf unverständlich hohem Niveau.
    Böhm erzählt von einer Autofahrt, bei der ihn Richard Strauss auf zwei Takte in einer Mozart-Oper aufmerksam machte.
    Mozart brauchte tatsächlich nur zwei Takte um von heiter auf tief-traurig und ernst überzuleiten ( ich glaube, es war so herum).
    Strauss bemerkte, dass er, der sehr an seinen Werken hing, dafür einige Opern vernichten würde, wenn er nur diese zwei genialen Takte hätte schreiben können...


    Hier komme ich zum Punkt des Wunderns über das Wunderkind:
    Wenn irgendeiner ein übergrosses Talent mitbekommen hat, dann er....nun ja, Bach schwebt ja ohnehin über allem ( meine Meinung...)
    In einem Brief an seinen Vater Leopold berichtet er, dass er übrigens schon die neue Oper fertig komponiert habe.
    Er müsse sie nur noch aufschreiben....
    Wenn man hier nicht das Wort Genie in den Mund nehmen darf, wann eigentlich dann?


    Diese Genialität bezieht sich auch auf viele Lösungen im Bereich des Tonsatzes, die vielleicht nicht jeder bewusst wahrnimmt. Trotzdem werden diese Dinge auch dafür sorgen, dass die Leute Mozarts Musik populär finden, diese also lieben.
    Als ich einmal zwei Sänger mit dem Duet "Bei Männern welche Liebe fühlen" auf dem Klavier begleitete, um mit diesem Auszug aus der Zauberflöte dem Publikum, das sofort danach von uns gespielte Variationswerk für Cello und Klavier von Beethoven näherzubringen, ist mir aufgefallen, dass sein Tonsatz, die Lösungen für seine Harmonisierungen gegenüber denen von Beethoven (beziehe mich auf das Thema, Satz 1) einfach noch zauberhafter, für mich jedenfalls genialer waren.
    Das Erwachen der zärtlichen Empfindung kommt in der Orchesterbegleitung Mozarts, die ich als Klaviersatz spielte, so ergreifend und genial berührend heraus.


    Es gibt sicher noch viele andere Gründe für die Popularität der Musik Mozarts, aber ich möchte es vorerst damit bewenden lassen.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Spinnen wir es noch etwas weiter:


    Angenommen, man kommt zur Beurteilung, daß Mozarts Musik bei Klassikhörern beliebt ist:
    - in welchen Aufnahmen?
    - zu welchen Anlässen?
    - vor welchem Hintergrund, etwa weil man den Namen kennt, vielleicht wegen der kleinen Nachtmusik oder der Zauberflöte?

  • Meister Wolfram fragt:


    Stimmt das überhaupt? Ist Mozarts Musik denn populär? Und in welchem Sinne?


    Wie hoch ist der Anteil von Menschen, die mal Geld ausgegeben haben, um Mozarts Musik zu hören (das wäre ein Beispiel für einen Maßstab, nicht unbedingt ein guter) - sei es für eine Opern- oder Konzertkarte oder für eine CD/DVD oder einen Download? Ich tippe mal: im einstelligen Prozentbereich. Da haben die Beatles, die Kastelruther Spatzen, James Last oder André Rieu ganz einfach andere Zahlen vorzuweisen, aus denen man eine gewisse Popularität durchaus ableiten könnte.


    Aber wie werden die Zahlen im Jahre 2200 sein?


    Mozart ist jetzt über 200 Jahre im, wie Busoni schrieb, Limbus und seine Musik wird immer noch gerne gehört, auch gekauft. Und ich bin überzeugt, daß diese geniale Musik auch in naher, weiter und ganz ferner Zukunft noch gehört, gespielt und geliebt werden wird. Ich bin aber auch überzeugt, daß viele von denen, die heute tolle Verkaufszahlen haben, dann im Orkus verschwunden sein werden.


    An dieser Stelle ein kleiner Einschub. Meister Glockenton schrieb:


    Böhm erzählt von einer Autofahrt, bei der ihn Richard Strauss auf zwei Takte in einer Mozart-Oper aufmerksam machte.
    Mozart brauchte tatsächlich nur zwei Takte um von heiter auf tief-traurig und ernst überzuleiten ( ich glaube, es war so herum).
    Strauss bemerkte, dass er, der sehr an seinen Werken hing, dafür einige Opern vernichten würde, wenn er nur diese zwei genialen Takte hätte schreiben können...


    Genau dieses Zitat kenne ich auch - aber ich kenne es als einen Ausspruch von Johannes Brahms, nachzulesen in der Brahms-Biographie von Hans Gal. ?(


    Aber Glockenton hat noch mehr geschrieben, was ich voll unterschreiben möchte. So zum Beispiel (gekürzt):


    Die (...)"Eingängigkeit" erklärt sich zu einem recht grossen Teil aus dem nicht zu erklärenden Talent Mozarts, aus wenigen einfachen Tönen unglaubliche und unsterbliche Melodien zaubern zu können (…)Hier komme ich zum Punkt des Wunderns über das Wunderkind:
    Wenn irgendeiner ein übergrosses Talent mitbekommen hat, dann er....nun ja, Bach schwebt ja ohnehin über allem ( meine Meinung...)
    In einem Brief an seinen Vater Leopold berichtet er, dass er übrigens schon die neue Oper fertig komponiert habe.
    Er müsse sie nur noch aufschreiben....
    Wenn man hier nicht das Wort Genie in den Mund nehmen darf, wann eigentlich dann?


    Als ein weiteres Beispiel für Genialität - oder auch fotografisches Gedächtnis - in jedem Fall aber ein Beispiel für eine außergewöhnliche Leistung: die Miserere-Kopie von Allegri...


    :hello:

    .


    MUSIKWANDERER

  • Da haben die Beatles, die Kastelruther Spatzen, James Last oder André Rieu ganz einfach andere Zahlen vorzuweisen, aus denen man eine gewisse Popularität durchaus ableiten könnte.


    Am schlagendsten sind hierbei die Beatles. Sie sind zwar nicht schon 220 Jahre tot, aber immerhin lösten sie sich vor 42 Jahren auf, sind also auch schon reichlich historisch. Ihre Musik ist also schon etwa ein halbes Jahrhundert lang in so ziemlich allen Gehirnen eingeohrwurmt, wie es Mozart gerade noch mit der kleinen Nachtmusik ist. Die Beatles genießen den Ruhm, die beste Popgruppe aller Zeiten zu sein, innovativ, bekömmlich und klassisch, und werden zudem weniger als klischeehafte Zuckerkugel rezipiert, wirken eher noch "aktuell" (wobei ich mich aber frage, welche Reichweite das Computerspiel hat, das Mozarts Requiem als Soundtrack benutzt?) auch insofern, als nichts nachgekommen ist, das ähnlich konsensbehaftet in der ersten Reihe stehen dürfte, wie sie - Michael Jackson etwa, der King of Pop der frühen 80er befindet sich doch in der allgemeinen Meinung bereits auf dem Abhang einige Entfernung unterhalb des Beatles-Gipfel. Und wenn manche Rockmusik in einer sich bereits elitärer dünkenden Hörerschaft ebenso klassisch zu sein hat wie die Pop-Götter, so ist diese genauso alt wie die "reifen Beatles" (die ja als Beatles altersmäßig ebensowenig reif wurden wie Mozart). Wobei ich nur bei der Rockmusik bleiben mag, die es wirklich in die Bestsellerlisten geschafft hat.


    Also der langen Rede kurzer Sinn: Die Beatles waren auch keine Eintagsfliegen und verkaufen sich immer noch viel besser als Mozart. Oder?

  • Also der langen Rede kurzer Sinn: Die Beatles waren auch keine Eintagsfliegen und verkaufen sich immer noch viel besser als Mozart. Oder?


    Das ist doch, was Alfred meint! Wegen dem Hässlichkeitskult der Modernen und HIPisten ist Mozart gar nicht mehr populär!
    Es sind vielleicht nur noch drei seiner Opern unter den zehn meistgespielten in Deutschland, nicht mehr vier oder fünf! Die Leute hören lieber modernistisches Zeugs wie Verdi, Wagner, Puccini und Strauss.... wenn sie nur noch ein Drittel ihrer Zeit Mozart hören, nicht mehr mindestens 50%, ist das klar zu wenig für eine angemessene Würdigung.
    Mozart ist ab dann unpopulär, wenn er nicht mehr gefühlt der mit riesigem Abstand am häufigsten gespielte und am meisten vergötterte Komponist ist. An den Jubiläten 1991 und 2006 hat man diesen Verfall der Mozart-Popularität ja ebenfalls bemerkt. Alle Welt sprach 2006 von Schumann und Schostakowitsch, dass Mozart da auch ein Jubliäum hatte, hat man kaum mitbekommen....

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich sag mal so, was ich meine:


    Wenn ich Otto Normalverbraucher frage, warum Mozarts Musik so populär sei, dann könnte ungefähr folgende Antwort kommen:


    "Wieso populär? Die ganze klassische Musik ist nicht populär."


    Darum würde ich gerne wissen, in welchem Sinne Mozarts Musik populär sein soll.

  • Zitat

    An den Jubiläten 1991 und 2006 hat man diesen Verfall der Mozart-Popularität ja ebenfalls bemerkt.


    Jetzt fehlt nur die Hiobsbotschaft, dass der Absatz von Mozartkugeln rückläufig ist. :D
    Was tun? Umbenennen?
    Gruß S.

  • Dass ausgerechnet Mozart heute nicht mehr unter Klassikfreunden populär sei, kann ich mir nicht wirklich vorstellen, aber ich kenne da keine Statistiken.
    Bei mir ist er es jedenfalls mehr denn je, bei den Orchestersachen meistens durch Interpretationen von zurecht sehr anerkannten Mozarts-Päpsten wie Harnoncourt oder Böhm, je nach Werk.
    Dass ich mich mit so einer Aussage ggf. zwischen alle Stühle setze, ist mir gleichzeitig so bewusst wie völlig egal. Man kann durchaus unterschiedliche bis gegensätzliche Interpretationen ein und desselben Werkes sehr mögen. Für mich ist wichtig, dass es für sich genommen auf höchstem Niveau, mit geistiger Durchdringung und musikantischem Feuer gespielt wurde und mich so überzeugen kann.
    Bei den Violinkonzerten ist es bei den neueren Einspielungen vor allem Julia Fischer, die den "Ton" Mozarts für mich so traf, dass die Glut meiner Liebe zu dieser Musik erneut angefacht wurde, bei den Klavierkonzerten sind es die selbstdirigierten Konzerte der Pianisten Uchida, die ich allen Interessierten nur empfehlen kann (DVD)


    musikwanderer


    Ich habe in der Tat aus der Erinnerung zitiert. Das Zitat kommt von einer Pressekonferenz Böhms, die auch bei youtube zu sehen ist:



    und zwar ab ca. 12.58.


    Es geht um eine Streicherüberleitung vom lebensfrohen Minuett zum tragischen Maskenterzett.
    Vielleicht kannte Strauss eine ähnliche Aussage von Johannes Brahms und hat gegenüber Böhm "in die gleiche Kerbe geschlagen"?


    Wenn es nun schon zwei Komponisten gibt, die bereit gewesen wären, für zwei Takte Mozart Eigenes zu entsorgen, dann zeugt das wohl aus berufenen Mündern von der Qualität dieser Musik.
    Dass Mozarts Musik beim Publikum deswegen (also z.B. wegen dieser zwei Takte....)nun beliebt sei, behaupte ich indes nicht.
    Wolfram wies ja schon zurecht darauf hin, dass viele Dinge in der Musikwelt populär sind, denen ich jedenfalls ( muss man ja leider vorsichtig dazusagen) nicht einmal zu 0,01% eine Qualität dergestalt beimesse, durch welche man sie überhaupt mit Recht in einem Atemzug mit klassischer Musik, geschweige denn mit derjenigen Mozarts nennen dürfte.
    Ich denke auch, dass diese Mozartmusik in erster Linie bei Klassikfreunden populär ist, also bei Gruppe, die ohnehin eine gesellschaftlichen Minderheit darstellt.


    Mitverantwortlich dafür wird, wie schon von mir erwähnt, die melodische Fassbarkeit und Anmut sein, aber auch die anderen Gründe, die ich versuchte anzuführen.
    Melodien wie "La ci darem la mano" (Reich mir die Hand mein Leben), "Bei Männern, welche Liebe fühlen", "Ein Vogelfänger bin ich ja" oder die Themen der "Kleinen Nachtmusik" sowie der Beginn der Nr. 40 g-moll sind deswegen so beliebt und bekannt, weil sie so (scheinbar) einfach wie genial sind.
    Das wirklich Geniale ist eben oft "einfach". Einige auftaktige Dreiklangs-Arpeggioen im 6/8-Takt, dann wieder eine aufsteigende Dominantseptimskala vom dritten Ton an beginnend, und damit verbunden (letzter Ton Septime wird zum Quartvorhalt, der sich in die Tonikaterz auflöst) wieder zurück auf die Tonika Es-Dur: Damit habe ich die ersten Töne von "Bei Männern welche Liebe fühlen" in etwa beschrieben. Es scheint so simpel zu sein, doch leider kommt und kam nur W.A.Mozart auf genau diese "einfachen" Ideen.


    Im Bereich der Sprache ist es ja ähnlich. Komplizierte Texte können viele verfassen, aber eine ganze Welt von Empfindungen mit einfachen Worten in einem Gedicht wie "Über allen Gipfeln ist Ruh" auszudrücken, ist eben gerade der Ausdruck von Genialität.


    In letzter Konsequenz wird man erkennen, dass man im Zusammenhang mit Mozart mit seinen Erklärungsversuchen irgendwann scheitern wird, dafür aber um so mehr sich staunend von dieser Musik verzaubern lassen darf.
    Ja, vielleicht ist das ein Grund: Weil diese Musik so viel Zauberhaftes an sich hat, jedenfalls in jeder guten Interpretation, siehe die von mir oben erwähnten Mozart-Interpreten/innen.
    Und ich will und werde nicht dahergehen und den Versuch unternehmen, das Zauberhafte zu erklären.


    :hello:


    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

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  • Zitat von kurzstückmeister:


    Am schlagendsten sind hierbei die Beatles. Sie sind zwar nicht schon 220 Jahre tot, aber immerhin lösten sie sich vor 42 Jahren auf, sind also auch schon reichlich historisch. Ihre Musik ist also schon etwa ein halbes Jahrhundert lang in so ziemlich allen Gehirnen eingeohrwurmt, wie es Mozart gerade noch mit der kleinen Nachtmusik ist.

    Aber ja doch! Ich glaube schon, daß die Beatles Musikgeschichte geschrieben haben, vielleicht könnte man sogar noch Elvis dazu zählen. Die Verkaufszahlen ihrer Platten und CD's sind sicherlich enorm. Ich kenne sie nicht.


    Kann man trotzdem Vergleiche mit Mozart anstellen?


    Die Beatles und Elvis (und wer weiß noch wer) interpretieren sich selber und verkaufen „ihre“ Musik. Mozart wird rund um die Welt von tausenden Interpreten bei soundsoviel Labels oder in Konzertsälen bzw. Theatern gespielt.


    Nochmal ein Satz von Glockenton, der mir gefällt und dem ich zustimme:


    In letzter Konsequenz wird man erkennen, dass man im Zusammenhang mit Mozart mit seinen Erklärungsversuchen irgendwann scheitern wird, dafür aber um so mehr sich staunend von dieser Musik verzaubern lassen darf.


    Liebe Grüße vom

    .


    MUSIKWANDERER

  • Nochmal ein Satz von Glockenton, der mir gefällt und dem ich zustimme:


    In letzter Konsequenz wird man erkennen, dass man im Zusammenhang mit Mozart mit seinen Erklärungsversuchen irgendwann scheitern wird, dafür aber um so mehr sich staunend von dieser Musik verzaubern lassen darf.


    Der Satz ist ja schön, gilt aber für jede Art von Kunst.


  • Einmal in dem Sinne, dass einige Stücke von Mozart zu den klassischen Stücken gehören, die auch Nichtklassikhörern bekannt sind. Allerdings vermute ich, dass hier "Eine kleine Nachtmusik", "Türkischer Marsch" usw. von "Für Elise", "Largo", Hallelujah", "Air", "Ode an die Freude", "Träumerei", einer Reihe von Arien und Chören der italienischen Oper und nicht zuletzt den Hochzeitsmärschen von Mendelssohn und Wagner mindestens erreicht werden.


    Dann aber, dass er sicher einer der populärsten Komponisten innerhalb der Klassik ist. Vielleicht wird Musik von Beethoven, Schubert, Chopin, Verdi, Puccini und noch ein paar anderen ähnlich häufig aufgeführt. Die meistgespielten Sinfonien, so habe ich es in Erinnerung, seien Beethovens 5. und die Unvollendete. Mag sein, dass auch noch Beethovens 3., 6., 7. oder 9. sehr häufig gegeben werden. Aber die beiden letzten Sinfonien Mozarts sind, wenn überhaupt, nur sehr knapp dahinter.


    In der Oper sind im deutschsprachigen Raum seit Jahrzehnten mindestens 3, oft sogar 4 von Mozart unter den Top Ten.


    http://www.die-schoensten-oper…df/statistik_30_opern.pdf


    International fliegt sicher die Entführung aus den Top Ten und es mag sein, dass es knapp wird, ob Mozart oder Verdi oder Puccini der meistgespielte Opernkomponist weltweit ist, aber er ist bei den Aufführungszahlen sicher ganz vorne mit dabei.


    Auch die anderen Instrumentalwerke werden sehr häufig aufgeführt und aufgenommen. Wenn man alles zusammennimmt, ist Mozart vielleicht tatsächlich der am meisten öffentlich gespielte Komponist. Ich würde vermuten, dass in der Instrumentalmusik sicher Beethoven, dann auch Brahms oder Chopin (vermutlich noch immer statistisch der klar dominierende Komponist beim Soloklavier, höchstens Beethoven käme da mit, aber wohl nicht Schumann, Liszt, Bach, Rachmaninoff usw.) evtl. sogar noch häufiger zu hören sind. (Und wenn man die ganzen saisonalen Kirchenkonzerte usw. nimmt, hat auch Bach eine gewisse Chance).
    Aber da Beethoven nicht mal in Deutschland in die Opern Top Ten kommt und keiner der internationalen Top Five der Oper außer Mozart (Verdi, Puccini, Rossini, Donizetti, Bizet) häufig gespielte Instrumentalwerke komponiert hat, stehen die Chancen für Mozart recht gut.
    Und angesichts des mäßigen technischen Schwierigkeitsgrades der Klavier- und Kammermusik dürfte er auch privat ein häufig musizierter Komponist sein.


    Nimmt man diese Fakten/Vermutungen zur Aufführungshäufigkeit ist es nicht ganz leicht, sich vorzustellen, wie Mozart (im Bereich des klassischen Musikbetriebs) noch populärer sein sollte.

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Hallo,


    1. Ich sehe mich genötigt, etwas weiter auszuholen. Dabei mag die Durchnummerierung meines Beitrages eine Sachabhandlung suggerieren, soll sie aber nicht werden, es erleichtert nur die Argumentationsführung. Dass mit folgendem Beitrag ein Teil meiner Denke (ein für mich typisches Wort des Zeitgeistes, doch davon später) sichtbar wird, ist unvermeidbar.


    2. Der Fingerabdruck jedes Menschen ist individuell einmalig (welch ein Wunder der Schöpfung). Noch vielmehr gilt dies für sein Gehirn.


    3. Die Musikverarbeitung geschieht im Gehirn (Thread "Fragen und Antworten der Hirnfoschung…"), für Komponisten und Hörer der Musik. Dabei ist das Gehirn neben vielen rein steuerungsmäßigen, funktionalen Aufgaben, mit seinen stammesgeschichtlich eher älter geprägten Anteilen vor Allem für die Gefühlslage des Menschen zuständig - und dann (nebenbei) auch noch für die rationale Ebene.


    4. Es wird keine zwei Menschen geben, die ein Musikstück bis ins letzte Detail identisch hören. Dies ist auch zeit- und sozialabhängig (sehr!) unterschiedlich. Das Forum ist der schlagende Beweis dafür!


    5. Ob es mir in meinem individuellen Hörerlebnis weiter hilft, wenn Wissenschaftler, Experten aller Art meinen Höreindruck z. T. (!) bestätigen - es mag für das Selbstbewusstsein und soziale Kontakte hilfreich sein; ich freue mich, wenn "wok" z. B . meinen negativen Höreindruck von Hermann Prey ähnlich hört - das wiederum hat aber mit Musik nur am Rande zu tun.


    6. 3. + 4. sind natürlich auch Komponisten unterworfen. Und ich bin der festen Meinung, dass die individuellen Lebensumstände eines Komponisten viel stärker auf seine Werke Einfluss haben, als dies für mich im Forum nachvollziehbar wird. Dabei gibt es auch wieder individuell große Unterschiede.
    Für optisch prägnante Merkmale gibt es das Wort augenfällig, für auditive wäre hörfällig die Entsprechung, das Wort gibt es aber nicht, aber genau das möchte ich ausdrücken, wenn ich meine, dass z. B. Mahlers Musik besonders "hörfällig" sein Individuum preisgibt, angefangen von frühkindlichen und pubertären Erlebnissen und deren Verarbeitung bis in seine späte Lebensphase hinein.


    7. Auch Mozart reihe ich unter 6. ein, wenn auch weit weniger drastisch hörbar, er sendet feinere Signale aus.


    a) Dass er Constanze, die Schwester von Aloysia (seine 1. große Liebe), die ihn (unter Zeugen) barsch abwies, heiratete, dürfte nicht unbeachtet bleiben.
    b) Mozarts aufwendiger Lebensstil, der sorglose, ja verschwenderische Geldumgang beider Eheleute, seine Spielleidenschaft usw. (von Armut keine Spur!) sind Fakt
    c) Inwieweit Mozarts Briefe ans "Bäßle" Rückschlüsse auf die Art seiner glücklichen Ehe zulassen? 6 Kinder (von denen 2 überlebten) in 8 Jahren war für damalige Verhältnisse wohl üblich, die daraus resultierende körperliche Anfälligkeit Constanzes?
    d) Inwieweit sich Mozarts Ausnahmesituation (Wunderkind) und die vielen Konzertreisen in früher Kindheit mit seinem Vater auf sein Verhältnis zu eigenen Kindern ausgewirkt hat?
    e) Seine "größte Liebe galt der Musik". Sein rastloses Schaffen, man beachte nur z. B. die (Un?)-zahl (sanft erzwungen?) seiner kirchenmusikalischen Werke besonders aus der Salzburger Zeit; aber auch die Vielzahl seiner großen Werke und die daraus resultierende zeitliche Beanspruchung mögen ein Schlaglicht auf seine Lebensumstände werfen.
    f) Welchem Paar in der Zauberflöte wohl seine Liebe galt (für mich hörbar keine Frage!) und welche Paarung er für erstrebenswert hielt (eine Kombination aus Beiden, gibt es das?)?


    Dies Alles (im Groben) lässt für mich den wahrscheinlich nicht ganz falschen Schluss zu, dass Mozart keinen besonders ausgeglichenen (gleich bleibend temperierten) Charakter hatte, was ich bitte nicht falsch verstanden haben möchte: Er konnte binnen Kurzem von Freude auf Trauer und umgekehrt "schalten".


    8. Menschen (das ist keine Anspielung auf Mozart) mit (wie oft?) depressiven Verstimmungen - ich spreche nicht von Depression! - mag zweierlei hilfreich sein:
    Ein aufmunterndes Gespräch, vielleicht auch mit derben Späßen, um ein Lachen zu erreichen.
    Ein Eingehen auf die momentane Stimmung, auch wenn dabei vordergründig keine (erwünschte?) Änderung der Stimmungslage erreicht wird.


    9. Im Folgenden kann ich mich nun endlich Mozarts Musik nähern, dabei lasse ich jede musikwissenschaftlichen und formalen Aspekte außen vor und gehe rein von meinem individuellen Hörendruck (1.) aus, was wegen meiner Schlussfolgerungen (siehe unten) für mich sinnvoll erscheint.


    10. Ich habe eine Doppel-CD mit dem Kammerorchester "Carl Philipp Emanuel Bach" unter Hartmut Haenchen; es ist aber letztlich fast gleichgültig, welche Interpretation zur Hand ist. Auf die letzten Details kommt es eh' nicht an, die sind sowieso zu individuell hörbar (4.), es geht nur um den grundsätzlichen Höreindruck.


    11.Nachdem es zur "Sinfonia concertante. Es-Dur KV 364 bzw. 320d" bereits einen Thread gleichen Namens gibt, verweise ich auf diesen; die Beträge dort möchte ich um Nachstehendes ergänzen:


    Der häufige Wechsel zwischen Dur und Moll fällt mir auf, dabei sind die Wechsel in der Mitte des 1. Satzes, bei den Pianostellen, besonders auffällig und geben einen intensiven Höreindruck. Ein insgesamt freundlicher, bei den Einsätzen der Bläser sogar etwas festlicher Klangeindruck.


    Ganz anders der 2. Satz. Ein von Wehmut und Trauer bestimmter Satz, in dem sich die Soloinstrumente quasi "die Hand reichen" um der Trauer, dem schmerzlichen Gefühl gemeinsam Ausdruck zu geben. Dabei entsteht bei mir nie der Eindruck von Larmoyanz, wie ich das z. B. bei Mahler oft höre. Es hört sich wie tiefe Trauer an, fern jeder Sentimentalität oder Gefühlsduselei. Ein Klagelied/-duett - ich finde das Wort Lied sehr treffend die Musik hörend - das ohne übertriebenen Pathos daher kommt.


    Für mich gibt es kaum einen größeren Unterschied im musikalischen Ausdruck, zwischen den zum Ende kommenden Takten des 2. Satzes und den beginnenden Takten des 3. Satzes. Welch ein Jubel im Orchester! Dieser Jubel steigert sich noch in höchstem/n Maß/Tönen bei Violine und Viola. Und dennoch: Immer wieder kleine Molleinfärbungen, des 2. Satzes gedenkend (oder überhaupt mahnend, des Jubels bewusst zu werden, ihn noch besser zu hören).


    12. Wann höre ich Mozart? Der Stimmungslage und den allgemeinen Umständen entsprechend - die deutschen Tänze oder die frühen Divertimenti auch schon mal zur Hausarbeit. Das Konzert für Flöte, Harfe und Orchester KV 299 (auch auf obiger CD) habe ich schon so oft gehört, dass ich es - nur für mich - mit pfeife, auch wenn ich dabei oft einen Oktavwechsel für "mein Pfeiferl" vornehmen muss. Seine übrigen Werke wie auch andere klassiche Musik.


    13. Kein Erklärungsversuch, was…
    Ich höre eine Reihe seiner Werke in einer Harmonik, in einer Abfolge von Modulationen, die den Regeln des Quintenzirkels folgt, was für mich bedeutet: Mein Gehirn empfängt Hörimpulse, die meinen abgespeicherten Hörerwartungen eher entsprechen als z. B. serielle Musik und damit schneller und emotional erfolgreicher verarbeitet werden. Und wenn die Hörerwartung nicht erfüllt wird, ist es bei Mozart eine andere (positive) Art der Überraschung als bei serieller Musik.


    Dabei ist die Frage, wer von Beiden die besseren melodiösen Einfälle hatte, Mozart oder Schubert, für mich?




    Schlussendlich zur Frage "Was macht…" meine Antwort:


    In einer Zeit, in der "Bildung", als einziger Rohstoff in der rohstoffarmen BRD hoch gepriesen wird, in der es aber letztlich nur um die dem Neo-Kapitalismus dienende "Bildung" geht - Fachidioten, um den wirtschaftlichen Erfolg zu optimieren - kann/darf Mozart nur noch für allerkleinste Randgruppen populär sein.


    Diesem Ziel der Verdummung, Vereinheitlichung der Denke, Bedienung der Emotionen auf dem denkbar niedrigsten Niveau, Nivellierung der Individualität, problemlosen Manipulationsmöglichkeiten weiterer Bevölkerungsschichten, zu den ohnedies in der Überzahl vorhandenen, dienen weite Teile der einflussreichen Kreise - ich spreche absichtlich nicht von der Politik, die diesen Kreisen schon längst hörig ist. (Man beachte die neueste Entwicklung, wer den Eurobonds absolut nicht zustimmt - um dem Stimmungstief zu entkommen - was populistisch Sinn macht, wer will schon, dass die BRD für die Schulden Anderer mit aufkommt? Und die europaweit plötzlich akzeptierte Finanz-Transaktionssteuer - eine Totgeburt, solange nicht weltweit möglich.)


    Bachelor, der stetige Verfall des Programmangebotes (Vielzahl der Auswahl und Qualität) in den auditiven und visuellen "öffentlich (für wen öffentlich, wer hat hier mit welchen Interessen das Sagen?) rechtlichen Medien", das tatsächlich zu verbessernde und nicht nur schön zu redende Schulsystem usw. sprechen eine deutliche Sprache, von dem "Einfluss" der Politik will ich gar nicht reden, der ist sowieso katastrophal. Und zu dem Vorbild und Einfluss kirchlicher Institutionen im weitesten Sinn …"da schweigt des Sängers Höflichkeit".


    Herzliche Grüße
    zweiterbass

    Wer die Musik sich erkiest, hat ein himmlisch Gut bekommen (gewonnen)... Eduard Mörike/Hugo Distler

  • Oh - da gab es schon eine ganze Menge an Antworten - völlig überraschend für mich. Daher bitte ich um Nachsicht wenn ich scheinbar etliche Beiträge übergehe und mich vorerst nur den ersten in diesem Thread widme - Das andere wird - wenn die Umstände es erlauben - zu gegebener Zeit nachfolgen.


    Zitat

    Stimmt das überhaupt? Ist Mozarts Musik denn populär? Und in welchem Sinne?


    Wolfram greift hier den angebotenen Ball auf - und schlägt gezielt zurück. ;)
    Denn das ist in der Tat jene Frage, die auftaucht - und die sich auch mir derzeit stellt - wenn ich den Threadtitel ernst nehme


    Das Wort "populär" ist in der Tat gezielt gewählt - und ich habe es bewusst Bezeichnungen wie "beliebt!", "berühmt" oder "bewundert", sowie einigen weiteren möglichen Attributen vorgezogen. Mozart war - zumindest in meiner Jugend "populär"
    Das ging bis hin zum vertraulichen "Wolferl", wie selbst Leute den Komponisten nannten, die allenfalls wussten, daß er die Zauberflöte komponiert hatte und bestenfalls eine Arie daraus kannten.
    Hier stellt sich weiters die Frage, welche Werke Mozarts einer breiteren Öffentlichkeit namentlich bekannt sind, bezw. wer sie schon mal gehört hat - und unter welchen Bedingungen. Ich meine, daß Zauberflöte und "Kleine Nachtmusik", jene Werke sind, die einem breiteren Publikum vom Hören her bekannt sind, aber es stellt sich hier die Frage wie typisch sie eigentlich für Mozart sind....


    Zitat

    Oder geht es eher um "beliebt bei Klassikhörern"?


    Auch das ist durchaus ein möglicher Aspekt.
    Vielelcht sollte man aber an Stelle dessen eher ein "von Klassikhörenr als bedeutend eingestuft " setzen...
    Oder aber sich die Frage stellen wie viel Prozent der sogenannten Klassikhörer (allein dieser Begriff ist schon unscharf) Mozart als vituelle Sonne des Sonnensystems "Klassik" betrachten, etwas das - so meine ich zumindest - in meiner Jugend fast niemand in Zweifel zog.


    Aber auch als "Streitobjekt" im Taminoforum nimmt Mozart derzeit eine untergeordnete Stellung ein.
    Einige scheinen ihn kritiklos zu mögen, andere finden ihn eher als uninteressant, auf jeden Fall kann ich mich an keine "großen" Mozartthreads in unserem Forum erinnern. Allenfalls wird noch darüber diskutiert, wie denn das heutige Mozartbild beschaffen, und ob es gegenüber jenem vergangener Zeiten gegenüber "richtiger" sei......


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich möchte einfach nur konstatieren, warum für mich Mozart diesen Stellenwert hat, den er hat:


    Mozarts Musik gehört für mich zum Größten - und das sind nicht 100 Werke von 20 Komponisten, die ich hier meine - was uns die Musik geschenkt hat aufgrund seiner Ehrlichkeit und seiner Menschlichkeit. Ich höre in Mozarts Musik immer einen Menschen mit allen Ecken und Kanten, mit allen Widersprüchen, die ich, wenn auch in einer anderen Art, in mir und allen Menschen erkennen kann. Mozart ist der einer der ganz wenigen, die dieses "Mensch sein" in allen Facetten auch musikalisch artikulieren konnten. Nicht die großen Helden sind bei ihm die musikalischen Sympathieträger, sondern die "normalen" Menschen. Nicht umsonst blieben seine Da-Ponte-Opern und die Zauberflöte im musikalischen Gedächtnis aller Zeiten so verhaftet und nicht seine Opere Serie.
    Mozart ist für mich nicht apollinische Schönheit ohne Ecken und Kannten, er kannte sehr wohl auch die ganz dunklen Ecken, die Häßlichkeit der menschlichen Existenz. Daß er all diese Facetten in seiner Musik zum Ausdruck gebracht hat, das macht ihn zu diesem Ausnahmekomponist. Es ist seine Ehrlichkeit! Genau diese fordere ich auch von seinen Interpreten ein, Mozart ist niemals nur schön und angenehm, er ist immer voller Haken und Öse, voller Brüche, voller Wiedersprüche!

  • Zitat

    Johannes: Und angesichts des mäßgen technischen Schwierigkeitsgrades der Klaver- und Kammermusik dürfte er auch privat ein häufig gespielter Komponist sein.

    Kennst du das Zitat, lieber Johannes, mit dem Alfred Brendel einen amerikanischen Kollegen, ich glaube Edwin Fischer, zitiert hat: "Mozart ist für Laien zu leicht und für Profis zu schwer".


    Was er damit wohl gemeint haben mag?


    Liebe Grüße


    Willi ?(

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Das Wort populär steht ja für "beliebt" und von daher kann man wohl eindeutig sagen, dass Mozart's Musik sehr populär ist.
    Er genießt interessanterweise nicht nur einen hohen Stellenwert unter Klassikliebhabern sondern auch bei Menschen die eher wenig mit Klassischer Musik zu tun haben. Man hat doch schon öfter gehört "wenn Klassische Musik, dann nur Mozart".


    Natürlich darf man Mozart mit der gegenwärtigen Populärmusik nicht vergleichen. Kann man das überhaupt?


    Sicher können die Verkaufszahlen beim Absatz von Mozart-CDs nicht mit gegenwärtigen Interpreten der Pop-Musik wie Lady Gaga oder Robbie Williams mithalten. Das ist klar. Dafür ist die Nachfrage im Vergleich zur Pop-Musik auch zu gering.


    Das Entscheidende ist das Mozart sich ja als Dauerbrenner herausgestellt hat. Die Kompositionen dieses Mannes werden inzwischen seit mehr als zwei Jahrhunderten gehört.
    Es stellt sich die Frage ob es auch Vertreter der Pop-Musik geben wird, die eine derartige Langlebigkeit erreichen werden. Wie viele Intepreten haben wir in den letzten Jahren kommen und auch wieder gehen gesehen?
    Nur wenige haben nach dem Ende ihrer Karrieren weiterhin den Markt beeinflußt. Es wurden hier ja schon einige Beispiele genannt.
    Elvis Presley zum Beispiel ist der erfolgreichste Solokünstler der Musikgeschichte und die Verkaufszahlen seiner Alben haben sich seit seinem Ableben 1977 inzwischen sogar verdoppelt (mehr als eine Milliarde abgesetzter Tonträger!) und es gehen jeden Tag noch tausende seiner CDs über die Ladentische.
    Dann sicher auch noch Abba, die sich vor dreißig Jahren aufgelöst haben und nach wie vor mehr als dreitausend CDs pro Tag verkaufen. Nicht schlecht für eine Band, die seit 1982 nichts Musikalisches mehr nachgelegt hat.


    Auch wenn Mozart-CDs nicht in solcher Stückzahl abgesetzt werden, ist er trotzdem für die Klassik das, was Elvis und Abba eben für die Pop-Musik sind. Sie alle haben gemeinsam, dass sie neue Wege der Musik gegangen sind. Musik, die bis heute nachwirkt, und das sicher auch in Zukunft tun wird. Mozart als auch Elvis und Abba haben Musikgeschichte geschrieben.


    Mozart ist nach wie vor der Topseller im Klassikbereich. Also scheint er doch nach wie vor sehr populär zu sein.


    Man denke nur an das Jubliläumsjahr 2006. Da konnte man Mozart gar nicht entkommen. Man konnte keine Zeitung aufschlagen ohne nicht darin einen Artikel über ihn zu finden. Im Fernsehen wurden Sendungen über ihn gemacht und es wurde intensiv über den Komponisten und Menschen Mozart diskutiert. Jeder Prominente meinte etwas über Mozart sagen zu müssen und erklärte was der Komponist und seine Musik ihr/ihm bedeute. Alles Mozart.


    Nur zum Vergleich. 2011 befinden wir uns im Liszt-Jahr. Bislang hat man aber nicht viel mitbekommen und das wird sich wohl auch bis zum eigentlichen Geburtstag im Herbst nicht dramatisch ändern.



    Was Mozarts Musik so populär macht?


    Die Einzigartigkeit seiner Musik. Mozart erkennt man doch immer sofort. Es genügen ein paar Takte und die wirst von der Kraft und vom Ausdruck seiner Musik erfaßt.
    Mozart schaffte es mit seiner Musik alles an Emotionen auszudrücken, die die menschliche Seele kennt. In einem Moment ist er bzw. seine Musik voller Freude, Überschwang und Jubel und schon kurz darauf kann sie wieder voller Trauer und Melancholie sein.
    Und dann ist da natürlich noch sein unglaublicher Melodienreichtum.


    Gregor

  • Wenn man mich fragt, besteht Mozarts "Geheimrezept" in der Kombination zweier Eigenschaften: Genialität und Popularität. Mozart war einerseits ohne allen Zweifel das größte Genie der Musikgeschichte, wobei ich den Geniebegriff hier nicht im Sinne der Genieästhetik des Sturm und Drang verstehe, der eher auf Beethoven passen würde, sondern im Sinne der Gabe, aufgrund einer gleichsam angeborenen - freilich durch Unterricht und Übung zur Entfaltung zu bringenden -, unerschöpflichen musikalischen Einfallskraft und perfekten Beherrschung der Kompositionstechnik in kürzester Zeit das Vollkommene zu schaffen (was Beethoven durchaus nicht immer gelang). Andererseits verstand er es wie kein zweiter, seinen Kompositionen durch den gezielten Einsatz bestimmter musikalischer Figuren Eingängigkeit zu verleihen, die sich auch musikalisch Ungebildeten ohne Weiteres mitteilt, oder anders gesagt: Mozart war auch ein Meister der musikalischen Rhetorik, wobei diese Eigenschaft bei ihm eben besonders ausgeprägt war (anhand seinen Briefe zur "Entführung aus dem Serail" lässt sich das sehr schön studieren).


    Wo immer diese beiden Eigenschaften zusammenkommen, entstehen klassische, d. h. sowohl künstlerlich vollendete als auch populäre Kunstwerke. So war es bei Sophokles, so war es bei Shakespeare und so war es auch bei Mozart.

  • In welchem Kontext populär?


    Bei der breiten Masse "Die kleine Nachtmusik", 2-3 Arien aus der Zauberflöte, Figaro-Ouvertüre, Anfangsthema der großen g-moll-Sinfonie?


    Bei vorwiegenden Klassikhörern?


    Im professionellen Bereich bei Dirigenten und Interpreten?


    oder in dem Zusammenhang gesehn das die meisten der Mozart-Zeigenossen bei den heutigen Spielplänen im Regelfall nicht vorzufinden sind?


    Erstes würde ich nicht wirklich populär nennen wollen, eher stark reduziert "bekannt" weil gemocht und geliebt wird Mozart vollumfänglich von der breiten Masse nicht (was ja sowieso auch die ganze Klassik betrifft)
    Frage wäre somit warum ein paar Gassenhauer bis heute so bekannt sind? Gewisse Eingängigkeit, Themen mit Ohrwurmcharakter usw. spielen sicher eine Rolle. Da müßte man vielleicht noch weiter ausholen.


    Bei Zweitem würde ich widersprechen - so wie sich das für mich persönlich darstellt polarisiert Mozart innerhalb der Klassikszene - meist ist es so das man ihn entweder überaus schätzt und verehrt oder garnichts mit ihm anfangen kann und von Letzterem gibts mehr als genug (Klischees wie zu fröhlich, süßlich, oberflächlich usw. kann man von sehr vielen Klassikhörern lesen bzw. hören)
    Also eine besondere Popularität gegenüber anderen bekannten Komponistennamen kann ich da nicht feststellen.


    Bei Drittem sehe ich eigentlich die größte Wertschätzung, wenn ich so Interviews oder Biographien von Dirigenten und Interpreten lese ist meist eine sehr hohe fachkundige Meinung über Mozart vorhanden, oftmals eine große Bewunderung und Lob in höchsten Tönen. Natürlich auch über einige andere Komponisten aber man kann hier schon gewisse Unterschiede zwischen den Zeilen und Worten heraushören/lesen. Eigentlich müßte man daraus schlußfolgern das Mozarts Musik erst so richtig in seiner Genialität erfasst werden kann wenn man sich in gewisser Weise tiefgründig, näher damit auseinandersetzt - natürlich bei Vielem in der Klassik, aber vielleicht gerade umso mehr bei Mozart wo vieles nicht so augenscheinlich sonder mehr subtil angelegt ist.


    Was Letzteres anbelangt hatten wir bei Tamino schon mal das Diskussionsthema - bilde ich mir zum. jetzt ein.


    lg
    Thomas

    „Eine Erkenntnis von heute kann die Tochter eines Irrtums von gestern sein.” (Marie von Ebner-Eschenbach)

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  • Zitat

    âme: Eigentlich müsste man daraus schlussfolgern, dass Mozarts Musik erst so richtig in ihrer Genialität erfasst werden kann, wenn man sich in gewisser Weise tiefgründig, näher damit auseinandersetzt.

    So ähnlich sehe ich die Sache auch, lieber âme. Ich kann insofern die Themenfrage dieses Threads so auch nicht positiv beantworten. Ich könnte eher damit leben, dass Wort "populär" durch das Wort "herausragend" zu ersetzen.
    Als ich mich, über die Zauberflöte und die letzten drei Sinfonien hinaus, mich endlich mit Mozart näher auseinandersetzte, und das ist noch gar nicht so viele Jahre her, da habe ich mich gut ein Jahr lang fast ausschließlich mit seinen Klavierkonzerten beschäftigt und habe sie immer wieder zyklisch gehört, Brendel, Schiff, Perahia, Uchida, Pires, Zacharias, Barenboim, Schmidt, und allmählich erfuhr ich nähere Einblicke in diese ungeheuren musikalischen Kosmos. Ähnlich habe ich es dann mit den Klaviersonaten gemacht. Von den Opern hatte ich ja neben der Zauberflöte auch den Don Giovanni, die Entführung aus dem Serail, Cosi fan tutte und Figaros Hochzeit öfter gehört und höre sie auch heute noch immer wieder, sehe auch DVD's, und die geistlichen Vokalwerke höre ich schon aus anderen Gründen besonders, weil ich einige von ihnen (Missa brevis in b KV 140, Missa brevis in d KV 194, Messe in C-dur KV 317 "Krönungsmesse", Requiem d-moll KV 626 und Ave verum KV 618) schon häufiger mit aufgeführt habe (als Chortenor). Wenn man jedoch einmal begonnen hat, sich auf Mozart einzulassen, wird es ganz sicher zu einem Lebenswerk.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Mit populär meine ich (und das scheint mir das übliche Verständnis) sehr häufig aufgeführt und gehört, nicht nur "bei Experten angesehen" und natürlich nicht im Vergleich zu Vanhal, sondern zu Brahms oder Chopin usw.


    Ich sehe keinen Grund an den Statistiken zu Opern, die ich oben zitiert/verlinkt habe, zu zweifeln. Demnach ist Mozart klar der populärste (meistinszenierte, -gespielte und angeschaute) Opernkomponist in Deutschland und international unter den Top 3. Bei der Instrumentalmusik habe ich keine Statistik. Es mag sein, dass bei typischen Sinfonie/Abonnementskonzerten der Mozart-Anteil etwas gesunken ist. Denoch ist er nach wie vor hoch. Eher noch höher in der Kammermusik. Vermutlich ist Beethoven der populärsten Instrumentalkomponist, aber Mozart kann nicht weit dahinter sein. Wer sollte denn sonst kommen? Brahms? Bach spielt beim traditionellen Sinfoniekonzert kaum mehr eine Rolle, Chopin nur Klavier. Dass Haydn, Bruckner oder Mendelssohn populärer und häufiger gespielt würden als Mozart kann ich mir nicht vorstellen.
    Insbesondere wenn man Laien- und semiprofessionelles Musizieren berücksichtigt. Willi erwähnte die Salzburger Messen in der praktischen Kirchenmusik; man nehme auch Schülerkonzerte u.ä. Da wird kaum eines ohne eine Klavier- oder Violinsonate von Mozart stattfinden. (Mir fallen spontan drei semiprofessionelle Kammerkonzerte ein, bei denen ein Freund von mir mitgespielt hat, es war immer Mozart dabei (einmal eine Violinsonate, einmal ein Trio und einmal ein Divertimento und ein Streichquintett)


    Wie gesagt, kann ich das nicht statistisch belegen, aber es würde mich sehr wundern, wenn Mozart bei Nicht-Oper nicht unter den Top 3 wäre. Man könnte nun noch die beiden Bereiche gewichten, aber man kann es auch übertreiben. Insgesamt ist Mozart mit ziemlicher Sicherheit einer der drei populärsten (im obigen Sinne) Komponisten, wenn nicht der populärste.
    Dass es (wenige Hörer gibt, die Mozart nicht schätzen, kann durchaus sein, ändert aber nichts. Es gibt sicher sehr viel mehr Hörer, die Wagner nicht schätzen, dennoch ist er vermutlich unter den 5 populärsten Opernkomponisten. Mir ist nicht recht klar, wie man zu dem Eindruck kommt, dass es viele Mozart-Verächter gäbe. Ich vermute, dass (wie bei einigen anderen) das Unverständnis der dezidierten Mozarts-Fans ist, dass überhaupt jemand von der Musik nicht begeistert sein könnte, während sich Brucknerianer und Wagnerianer meist bewusst sind, dass ihr Idol polarisiert.

    Struck by the sounds before the sun,
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich sehe keinen Grund an den Statistiken zu Opern, die ich oben zitiert/verlinkt habe, zu zweifeln. Demnach ist Mozart klar der populärste (meistinszenierte, -gespielte und angeschaute) Opernkomponist in Deutschland und international unter den Top 3.


    Hm. Darf man analog argumentieren, dass Regietheater die populärste Form der Operninszenierung ist, ganz einfach, weil sie am häufigsten Anwendung findet?


    :hello:

  • Hm. Darf man analog argumentieren, dass Regietheater die populärste Form der Operninszenierung ist, ganz einfach, weil sie am häufigsten Anwendung findet?


    Natürlich darf man das, verehrter Wolfram, und um weitere Analogien zu bemühen, so war ja Stalin auch ungemein populärer als Schostakowitsch, jedenfalls bis 1953.


    Doch der Tag der Befreiung vom Joch des pseudo-intellektuellen Wahnsinns ist, hoffe ich, nicht mehr fern. :hello:


    Eben, daher diese Diskussion, falls gewünscht, bitte anderswo weiterführen, und fortan hier beim Thema bleiben. Und so peinlich-martialische Vergleiche von Opernbesuchern mit wirklichen Opfern sind völlig daneben und eine zynische Verharmlosung von Terrorregimes. So etwas werde ich in Zukunft ebenfalls löschen!
    JR

  • Doch der Tag der Befreiung vom Joch des pseudo-intellektuellen Wahnsinns ist, hoffe ich, nicht mehr fern.


    Lieber hami 1799,


    soeben habe ich das Heft 5 "Opernglas" teilweise gelesen, ich habe das Ding abonniert. In der Einleitung des Chefredakteurs Tiedemann ist erstmals leise bis mittelstarke Kritik am Regietheater zu lesen. Und auch in der Aufführungskritiken mehrt sich die Kritik an unsinnigen Einfällen. Das war bisher nicht immer so, da wurden die wenigen regietheaterfreien Stücke zerdroschen.


    Paßt zwar nicht in diesen Thread, aber als Antwort an Deinen Beitrag.


    La Roche


    Eben, daher diese Diskussion, falls gewünscht, bitte anderswo weiterführen, und fortan hier beim Thema bleiben.
    JR

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.

  • Ich kann nur für mich sprechen: Bisher fand ich kein Werk, dass mich ansprach. Das Requiem sah ich einmal live; ich wurde damit nicht warm. Für mich klingt Mozart meist zu altbacken-höfisch. Er befindet sich auch in der Lücke zwischen meinen Interessen: die fangen irgendwo hinter Beethoven an oder befinden sich weiter zurück im Barock. Ich werde mir allerdings bei Gelegenheit das Klarinettenkonzert anhören, weil ich auch selbst spiele.


    Ich meine auch beobachtet zu haben, dass ältere Leute für die Ecke Mozart/Haydn offener sind als jüngere, die eher zur Spätromantik, ich sage mal ab Mahler, über Sibelius bis Schostakowitsch und Rautavaara tendieren. Ich werfe mal noch ein paar Streubomben und behaupte: Mozart ist out. Populäre- und Herzensangelegenheit ist er in Rentner- und Pensionärskreisen.


  • Hm. Darf man analog argumentieren, dass Regietheater die populärste Form der Operninszenierung ist, ganz einfach, weil sie am häufigsten Anwendung findet?


    Es ist wesentlich populärer, als es viele Mitglieder dieses Forums wahrhaben wollen, ja! Bzw. es werden nicht wenige Inszenierungen begeistert aufgenommen, die von einigen hier lautstark als Verfehlung gebrandmarkt würden.
    Die Frage wäre, welches alternative Maß zur Verfügung stünde (Die Anzahl der Platteneinspielung geht ja in dieselbe Richtung, insofern besteht hier keine Diskrepanz zu den Live-Opern).
    Und mir ist noch nie bewusst ein zorniger Leserbrief begegnet, der sich beklagte, dass schon wieder Mozarts Figaro inszeniert würde und nicht endlich mal was anderes. (Wobei so eine Beschwerde angesichts der seit Jahrzehnten kaum veränderten Top 20 des Opernbetriebs keineswegs unberechtigt wäre. Insofern scheint mir eine eventuelle Diskrepanz, die beim sog. Regieteheater vielleicht zwischen den Theatermachern und einem (aussterbenden) Teil des Publikums besteht, hier nicht gegeben zu sein.
    Insgesamt sehe ich daher keinen Grund, aus den Statistiken nicht die naheliegenden Schlüsse zu ziehen, zumal Mozart hier ja keine Sonderrolle hat. Die Skepsis könnte man mit gleichem Recht gegenüber der Popularität von La Traviata oder Tosca äußern. Wenn es verzerrende Faktoren gibt (die gibt es sicher), dann sehe ich nicht, warum sie Mozart besonders oder einseitig betreffen sollten.


    Es nervt mich etwas, dass ich das schon wieder sagen muss, aber ich werden diesen thread gnadenlos edieren, wenn er sich in eine weitere idiotische Diskussion zum sog. Regietheater verwandelt.

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  • Insgesamt sehe ich daher keinen Grund, aus den Statistiken nicht die naheliegenden Schlüsse zu ziehen, zumal Mozart hier ja keine Sonderrolle hat. Die Skepsis könnte man mit gleichem Recht gegenüber der Popularität von La Traviata oder Tosca äußern. Wenn es verzerrende Faktoren gibt (die gibt es sicher), dann sehe ich nicht, warum sie Mozart besonders oder einseitig betreffen sollten.


    Mozart hat eine ganz besondere Sonderrolle! Alle käuen es wider -noch der letzte Speedmetalhörer im Suffkopf- dass Mozart ja ein Genie war und seine Musik gut sei. Wider besseren Wissens und wider persönlicher Erfahrung! Das ist so ein ähnlicher Herdeneffekt wie bei Beethovens Neunter. Alle beteuern, dass sie sooo toll ist, kaum jemand wird sie bis auf das Chorthema wirklich kennen. Man will ja dazugehören! Ich sehe Mozart und die Neunte Beethovens als DIE großen musikalischen Gruppenzwang-Induktoren.

  • Das ist so ein ähnlicher Herdeneffekt wie bei Beethovens Neunter. Alle beteuern, dass sie sooo toll ist, kaum jemand wird sie bis auf das Chorthema wirklich kennen. Man will ja dazugehören! Ich sehe Mozart und die Neunte Beethovens als DIE großen musikalischen Gruppenzwang-Induktoren.

    Für wen sprichst du eigentlich? Wer will wo dazu gehören? Gerade bei der Neunten bevorzuge ich die 3 ersten Sätze und ich bin sicher nicht allein mit dieser Ansicht.
    Einen Gruppenzwang habe ich überhaupt noch nie erlebt, denn ich habe niemanden in meinem Bekanntenkreis, der sich für klassische Musik interessiert.
    Und Mozarts Klarinettenkonzert? Wer diese formvollendete Schönheit nicht begreift, sollte doch wenigstens davon absehen, sich darüber abfällig zu äußern.


  • Mozart hat eine ganz besondere Sonderrolle! Alle käuen es wider -noch der letzte Speedmetalhörer im Suffkopf- dass Mozart ja ein Genie war und seine Musik gut sei. Wider besseren Wissens und wider persönlicher Erfahrung! Das ist so ein ähnlicher Herdeneffekt wie bei Beethovens Neunter. Alle beteuern, dass sie sooo toll ist, kaum jemand wird sie bis auf das Chorthema wirklich kennen. Man will ja dazugehören! Ich sehe Mozart und die Neunte Beethovens als DIE großen musikalischen Gruppenzwang-Induktoren.


    Das ist relevant, wenn Du in der Fußgängerzone fragst, wer schon mal die Namen der Komponisten gehört hat. Aber Du glaubst nicht im Ernst, dass Musiker, Theatermacher und langjährige Klassikhörer wegen Herdentrieb Mozart gut finden. Es geht nicht um Lippenbekenntnisse, sondern darum Arbeit, Zeit und Geld in die Aufführung von Mozarts Opern usw. zu stecken bzw. dafür zu zahlen, diese anhören zu dürfen.


    Natürlich ist gerade der Opernbetrieb sehr träge, was sich an der geringen Zahl der seit Jahrzehnten gleichen "Favoriten" zeigt. Aber Don Giovanni hat hier sicher keine Vorteile gegenüber Tosca oder Rigoletto. Diese Sachen sind alle wirklich ehrlich populär, ich verstehe nicht, warum man das in Zweifel ziehen sollte.


    Unterschiedliche Präferenzen in unterschiedlichem Alter sind hier nicht entscheidend, es geht um den Gesamteffekt. Ich bin auch keineswegs sicher, dass das verallgemeinerbar ist. Selbst wenn ich das nicht unproblematisch finde, sind Zauberflöte und Entführung oft als "Kinderopern" im Programm, letztere habe ich sogar mal in einer (natürlich stark bei der Musik gekürzten) Version mit relativ jungen Schülern gesehen. Ich selbst habe beinahe vom Klassikeinstieg an auch Mozart gehört und sehr geschätzt.


    Es ist m.E. auch nicht der Punkt, dass Mozart "aus den falschen Gründen" außerordentlich populär sein könnte. Darüber kann man sicher diskutieren. Aber die Sachlage zu bestreiten, dass es sich bei Mozart um einen der ca. drei populärsten Komponisten handelt, scheint mir absurd. Wer bitte, außer Beethoven, käme bei der Instrumentalmusik in Frage? (Bach m.E. nicht, von dem ist nicht allzuviel wirklich populär) Bei der Oper vielleicht Verdi und Puccini, wobei ich nicht glaube, dass sie einen echten Vorsprung haben. Beides zusammengenommen, sind wir wieder bei Mozart, da Fidelio deutlich weniger populär ist als die 5 berühmten Mozartopern und Bach oder Brahms oder Chopin überhaupt nicht bei Opernfans punkten können.


    Man kann über alles diskutieren, aber wenn offensichtliche Daten und Fakten grundsätzlich in Zweifel gezogen werden, ist das ein bißchen anstregend, weil man dann keine Basis hat. So skeptisch man gegenüber den Statistiken sein mag, zuverlässiger als gefühlte Popularität und anekdotische Belege aus dem eigenen Umfeld sind sie wohl allemal, oder?

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