Zu Ostern habe ich natürlich die Johannespassion gehört. Nun habe ich auch eine weitere Johannespassion, und zwar diese:
Und dann habe ich mir nach Bach das Werk der Frau Gubaidulina zu Gemüte geführt. Es war ein grossartiges Erlebnis! Man kennt ja sicher die alten holländischen Meister, die biblische Geschichten in heimische Laubwälder verlegen. In gewisser Weise macht das auch Bach. Bei S. G. ist das anders. Mit dem Textheft als Orientierung (das nicht den russischen Text wiedergibt, aber auf Deutsch die ungefähre Schichtung des Textes nachvollziehbar macht) reiste ich ins alte Israel und erlebte das ganze Drama mit.
Episoden werden zu grösseren Blöcken zusammengezogen, und mit der Schichtung der Stimmen (Solisten, Chöre) und der Motive wird eine intensive Spannung und Plastizität erreicht. Dazu der Rezitativ als hypnotisierender Donnerbass. Auch das ist Erlebnis, auch wenn man nichts versteht.
Ich fand auch sehr bemerkenswert, dass keinerlei Illustration (Laubwälder, Paläste) das Vorstellungsvermögen in die Irre führen. Pilatus ist ein denkender, und keinesfalls schlechter Mensch, es sind alles elende Menschen in ihren Hütten, die eben einen Strassenräuber eher als ihresgleichen erkennen als den wundertuenden bescheidenen Jesus.