S. Gubaidulina: Johannespassion

  • Zu Ostern habe ich natürlich die Johannespassion gehört. Nun habe ich auch eine weitere Johannespassion, und zwar diese:



    Und dann habe ich mir nach Bach das Werk der Frau Gubaidulina zu Gemüte geführt. Es war ein grossartiges Erlebnis! Man kennt ja sicher die alten holländischen Meister, die biblische Geschichten in heimische Laubwälder verlegen. In gewisser Weise macht das auch Bach. Bei S. G. ist das anders. Mit dem Textheft als Orientierung (das nicht den russischen Text wiedergibt, aber auf Deutsch die ungefähre Schichtung des Textes nachvollziehbar macht) reiste ich ins alte Israel und erlebte das ganze Drama mit.


    Episoden werden zu grösseren Blöcken zusammengezogen, und mit der Schichtung der Stimmen (Solisten, Chöre) und der Motive wird eine intensive Spannung und Plastizität erreicht. Dazu der Rezitativ als hypnotisierender Donnerbass. Auch das ist Erlebnis, auch wenn man nichts versteht.
    Ich fand auch sehr bemerkenswert, dass keinerlei Illustration (Laubwälder, Paläste) das Vorstellungsvermögen in die Irre führen. Pilatus ist ein denkender, und keinesfalls schlechter Mensch, es sind alles elende Menschen in ihren Hütten, die eben einen Strassenräuber eher als ihresgleichen erkennen als den wundertuenden bescheidenen Jesus.

    Julius

  • Lieber Julius,


    vielen Dank für Deinen werbenden Bericht! In der Tat hat die geistliche Vokalmusik des 20. Jhds., die so viele hervorragende Werke umfasst, diese Werbung verdient - auch jenseits von War Requiem, der Messe von Frank Martin, dem Gloria von Poulenc, den Chichester Psalms von Bernstein und dem Requiem von Duruflé!


    Eine große Hilfe ist es natürlich, wenn die Textvorlage ohnehin vertraut ist - wie dies bei einer Johannes-Passion größtenteils der Fall sein dürfte.


    Bei diesem Werk gäbe es sogar noch eine Alternativ-Aufnahme:


  • Lieber Wolfram,


    die Passion sollte in Russisch komponiert werden. Sie ist auf 2 CDs ungefähr 90 Min lang. Die von Dir zitierte deutsche Fassung kommt mit 1 CD für die 11 Episoden aus, und auf der 2. CD sind dann weitere, andere Stücke.


    Das Russisch hat mich nie gestört. Früher habe ich mir die Passion einige Male komplett angehört, ohne den Text zu verfolgen ("kennt man ja"). Ich muss sagen dass mir deutsche Texte zu verstehen oft Mühe macht, und mich ausserdem manchmal religiöse Texte albern stimmen. Auch stelle ich Musik an, ohne konzentriert zuzuhören. Mein Ostererlebnis bezieht sich auch nur auf "Verrat, Verleugnung, Geisselung und Verurteilung" - da sass ich mit Textheft, weil ich vergleichen wollte. Danach war ich ziemlich geschafft und wollte erstmal nicht weiter hören.


    Vielleicht bin ich mit meinen Hörgepflogenheiten ein Banause, aber etwas ist doch angekommen. Das spricht ja für die Musik.


    Viele Grüsse
    Julius

    Julius