Wenn der Musikfreund heute den Namen Marschner hört, kann es sein, dass er an den bekannten Dirigenten, Komponisten, Violinisten und Geigenpädagogen Wolfgang Marschner denkt.
Aber es ist auch durchaus möglich an den Komponisten Heinrich Marschner (1795-1861) zu denken, der Opernfreunden durch seine Opern „Hans Heiling“ /
"Der Vampyr“/ und "Der Templer und die Jüdin" bekannt ist. Diese Werke Marschners ließen erst den Stimmtypus „Bariton“ für Hauptpartien entstehen.
Heinrich Marschner wurde von Mendelssohn und Schumann zwar geschätzt, aber Marschners Ruhm verblasste schon zu seiner Lebenszeit.
Mindestens den älteren Operngehern ist die Oper „Hans Heiling“ noch ein Begriff auf den Spielplänen der Opernhäuser.
Allerdings wird in einem Forumsbeitrag vom Jahre 2007 berichtet, dass „Hans Heiling“ an der Deutschen Oper Berlin aufgeführt wurde und der Zuschauerraum nach der 3. Vorstellung leer war. Einen Kommentar möchte ich dazu nicht schreiben, denn es soll hier in diesem Thread um den Liedkomponisten Heinrich Marschner gehen.
Die Aussagen über das Liedschaffen Marschners sind recht unterschiedlich. In der Literatur heißt es einerseits: „Im Lied ist es Marschner, im Vergleich zu seinem Opernoeuvre, nicht gelungen, zu einem charakteristischen Personalstil zu gelangen.“
Andererseits: “Doch findet sich neben allem Bühnenglanz auch mitunter echte liedhafte Intimität.“
Helmut Deutsch, als gestandener Liedbegleiter wohl durchaus kompetent, schreibt:
„Denn in diesem Oeuvre von 420 Liedern finden sich Schätze, die Marschner würdig an die Seite der berühmtesten Liedkomponisten seiner Zeit stellen."
Folgt man dieser Aussage, dann ist es ein Muss, diesem Komponisten auch hier ein Forum zu geben
Nach meinem Kenntnisstand bieten aktuelle Liedsänger kaum Lieder dieses Komponisten an; wenn, dann zusammen mit anderen Komponisten. So finden sich zum Beispiel vier Marschner-Lieder auf einer „gemischten“ EMI-CD von 1994, die mit dem Bariton Olaf Bär heraus kam.
Möchte man den Liedkomponisten Heinrich Marschner näher kennen lernen, muss man praktisch auf historische Aufnahmen zurückgreifen – und findet wahre Kostbarkeiten, wenn man Freude an diesem Genre hat.
Von den 420 Marschner-Liedern habe ich lediglich 30 in meiner Liedsammlung und zehn verschiedene Sängerinnen und Sänger interpretieren diese Stücke.
Vielleicht können andere Forianer hier noch ihre Meinungen, Anregungen und Erfahrungen einbringen.
Ich stelle einen humorvollen Text von Friedrich Rückert ein, der von Heinrich Marschner entsprechend vertont wurde.
Dieses Lied habe ich von zwei Sängern verfügbar: Arno Schellenberg und Olaf Bär
Der betrogene Teufel, op.87 Nr.1
Friedrich Rückert
Die Araber hatten ihr Feld bestellt,
Da kam der Teufel herbei in Eil;
Er sprach: Mir gehört die halbe Welt,
Ich will auch von eurer Ernt mein Teil.
Die Araber aber sind Füchse von Haus;
Sie sprachen: Die untere Hälfte sei dein!
Der Teufel will allzeit oben hinaus:
"Nein," sprach er, "es soll die obere sein!"
Da bauten sie Rüben an einem Strich,
Und als es nun an die Teilung ging,
Die Araber nahmen die Wurzeln für sich,
Der Teufel die gelben Blätter empfing.
Und als es wiederum ging in's Jahr,
Da sprach der Teufel in hellem Zorn:
"Nun will ich die untere Hälfte fürwahr!"
Da bauten die Araber Weiz und Korn.
Und als es wieder zur Teilung kam,
Die Araber nahmen den Ährenschnitt,
Der Teufel die leeren Stoppeln nahm
Und heizte der Hölle Ofen damit.