[Auf Anregung von Pius]
Neal Zaslaw schreibt:
ZitatDie g-moll-Symphonie KV 550 mit dem Datum 25. Juli 1788 wurde schon 1793 vom Wiener Musikalienhändler Johann Traeg als eine der letzten und schönsten dieses Meisters angepriesen. Die Intensität und Unkonventionalität, die Chromaik und thematische Arbeit, die Ideenfülle und der tiefere Gehalt – all dies machte sie dem neunzehnten Jahrhundert lieb und teuer. Man rühmte ihren Detailreichtum und nannte sie romantisch [was- offenbar – soviel wie modern und gut bedeuten sollte]. Freilich gab es keine Übereinstimmung über ihre Bedeutung, denn einige fanden in ihr erregte Leidenschaften, die Wünsche und Schmerzen unglücklicher Liebe, während andere griechisch schwebende Grazie erkannten.
Der blanke Hohn: Muzio Clementis Bearbeitung der g-moll-Sinfonie KV 550 für Klavier, Violine, Flöte und Violoncello
Das Autograph der g-moll-Sinfonie ging aus dem Nachlass von Johannes Brahms an die Gesellschaft der Musikfreunde Wien über, wo es sich m. W. noch heute befindet. Brahms erhielt das Autograph als Dank für seine Widmung des Klavierquintetts op. 34 von der Landgräfin Anna von Hessen, geb. Prinzessin von Preußen, welche es wiederum von dem Verleger André erworben hatte. Dieser selbst erwarb den Nachlass der Witwe Mozart. Die Original-Partitur beinhaltet eine Besonderheit: Die eigentliche Partitur umfasst 44 Blatt, davon 85 beschriebene Seiten. Zusätzlich existieren noch 8 Blatt mit 14 beschriebenen Seiten, auf denen noch nachträgliche Änderungen wegen Hinzufügens zweier Clarinetten befinden. Gravierende Änderungen hat es im zweiten Satz gegeben. Dies lässt auf eine tatsächlich stattgefundene Aufführung zu Mozarts Lebzeiten schließen. Eine genaue Datierung ist mangels Beweisen nicht möglich, jedoch besteht die Mögichkeit, dass diese Sinfonie wie auch die Sinfonie Es-Dur KV 543 und C-Dur KV 551 im Rahmen der Konzerte der Tonkünstlersozietät am 16./17. April 1791 aufgeführt wurde.
Wie ich im Jahreszeiten-Thread erwähnt habe, zitiert Joseph Haydn in der Arie Nr. 38 [Es-Dur] Erblicke hier, betörter Mensch nach den Worten erschöpfet [ist] deines Sommers Kraft das Thema des langsamen Satzes aus dieser Sinfonie Mozarts. Ein hommage? Auch Schubert ließ sich von dieser Sinfonie inspirieren: Das Menuett seiner B-Dur-Sinfonie Nr. 5 dürfte ein hommage an das Menuett der g-moll-Sinfonie Mozarts sein. Es steht ebenfalls in g-moll. Die Sinfonie Schuberts hat auch den Beinamen „Mozart-Sinfonie“ erhalten, vermutlich deswegen.
Überhaupt ging von diesem Werk sehr viel Inspiration aus: Die Sinfonie beginnt provokant nicht mit einem premier coup d’archet, sondern mit einer leisen Begleitung, zu der sich die Melodie erfindet. Diese Innovation machten sich auch Beethoven mit seiner 9. Sinfonie, Schubert mit seinem Streichquartett a-moll, Mendelsshon-Bartholdy in seinem Violinkonzert und vielleicht auch Brucker in mehr als einer Sinfonie zunutze. Antonio Rosettis g-moll-Sinfonie ist der Mozartischen sehr ähnlich im ersten und dritten Satz. Sowohl Rosetti in seiner Es-Dur-Sinfonie als auch Carl Maria von Weber in der Ouvertüre zum Freischütz päsentieren die Eingangsmelodie der ersten Satzes auf dem Teller.
Die beiden existenten Fassungen der Sinfonie [1. Fassung ohne Clarinetten, 2. Fassung mit Clarinetten und einschneidenden kompositorischen Änderungen im 2. Satz] geben Anlass genug, Einspielungen der verschiedenen Fassungen vorzustellen. Gleichzeitig ist nach dem Stellenwert dieser Sinfonie gefragt.
Bien cordialement
Ulli