Schubert, Franz – Die Legende um die 7. Sinfonie

  • Die Legende um Schuberts 7. Sinfonie
    „Gmunden-Gasteiner Sinfonie“ D 849


    Unmittelbar verbunden mit dem merkwürdigen „Loch“ in der Zählung Schubertscher Sinfonien ist die Legende um seine 7. Sinfonie. Ist es eine Legende?


    ??? ???


    Die Fakten


    Durch zwei Briefe aus den Sommermonaten 1825 ist belegt, dass Schubert während dieser Zeit an einer Sinfonie arbeitete. Ottenwalt schreibt am 19. Juli 1825 an Josef von Spaun:


    […] Übrigens hat er [Schubert] in Gmunden an einer Symphonie gearbeitet, die im Winter in Wien aufgeführt werden soll […].


    Schubert hielt sich nachweislich vom 4. Juni bis 15. Juli 1825 in Gmunden auf. Moritz von Schwind schrieb am 14. August 1825 an Franz Schubert:


    […] Wegen Deiner Sinfonie können wir uns gute Hoffnung machen. Der alte Hönig ist Dekan der juridischen Fakultät und wird als solcher eine Akademie geben. Dies kann wohl Gelegenheit geben, vielmehr es wird darauf gerechnet, daß sie aufgeführt wird […].


    Hiernach hält sich Schubert für etwa drei Wochen in Bad Gastein auf.


    Ein Manuskript einer Sinfonie, das die Jahreszahl 1825 oder obige Ortsangaben trägt, ist bis heute nicht bekannt geworden. Allerdings bezeugt ein undatierter Brief Schuberts, dass er der Gesellschaft der Musikfreunde eine Sinfonie gewidmet und per Brief übersandt hat. Der Brief ist in Schubert. Die Dokumente seines Lebens, gesammelt und erläutert von Otto Erich Deutsch auf S. 380 abgedruckt. Es lässt sich belegen, dass der Brief zwischen dem 9. und 12. Oktober 1826 bei der Gesellschaft der Musikfreund in Wien einging [vgl. K. F. Pohl Die Gesellschaft der Musikfreunde des österreichischen Kaiserstaates und ihr Conservatorium, Wien 1871, S. 16]. Im gleichen Monat erhielt Schubert ein Bewilligungsschreiben der GdM über ein Honorar von 100 fl., jedoch ohne Bezugnahme auf das übersandte Werk. Die fehlende Bezugnahme ist nach Pohl absichtlich vermieden worden.


    Ferdinand Schubert bot am 3. April 1835 in der Neuen Zeitschrift für Musik neben den mit Tonarten bezeichneten nummerierten Sinfonien Nrn. 1 bis 6 lediglich noch eine Sinfonie in c-moll an: seine letzte. Woher die Unkenntnis des Bruders über die „unvollendete“ Sinfonie Nr. 8 rührt, ist nicht bekannt. Jedenfalls führt auch Pater Leopold Puschl in der NZM 1839 eine im J. 1825 7te Symph: in C moll in Gastein componirt auf.


    Die Sinfonie muss, sofern es sich nicht um eine Verwechslung mit der „Großen“ Sinfonie C-Dur D 944 handelt, als verschollen gelten.


    Interessant ist, das Bruder Ferdinand die „Große“ eigenhändig abgeschrieben und 1839 als „Nr. 7“ an den Verlag Breitkopf & Härtel sendet. Daher rührt zumindest die verwirrende Nummerierung der Sinfonien nach der Sechsten. Bruder Ferdinand war die Existenz der „Unvollendeten“ nicht bekannt, weshalb die „Große“ als „letzte“ – somit Nr. 7 galt. Später wurde die „unvollendete“ zu Nummer 8.


    Fazit


    Für die Existenz der Gmunden-Gasteiner-Sinfonie [Nr. 7] spricht, dass Ferdinand Schubert, selbst Musiker und Komponist [also vom Fach] neben den einzeln aufgeführten Sinfonien Nrn. 1-6 [also neben der bekannten 4. Sinfonie in c-moll] eine weitere Sinfonie in c-moll als seine letzte, nach seinem Kenntnisstand also Nr. 7, nennt. Dies war 1835.


    Dagegen spricht, dass Ferdinand Schubert 1839 die „Große“ [heute als Nr. 9 bezeichnete] Sinfonie in Abschrift als Nr. 7 dem Verlag Breitkopf & Härtel anbietet.


    Die Schubertforschung geht also von der Existenz dieser Sinfonie aus, was die Einordnung der „Großen“ als Sinfonie Nr. 9 [seine letzte] rechtfertigt. Die Gmunden-Gasteiner muss also als verloren gegangen gelten. Möglich wäre jedoch, dass Schubert bereits 1825 in Gmunden und Gastein an der „Großen“ arbeitete, es nicht zu der erhofften Aufführung kam und er somit die Abschlussarbeiten auf 1828 verschob. Unter musikalischen Aspekten halte ich es jedoch für ausgeschlossen, dass die 9. vor der 8. komponiert resp. konzipiert wurde.


    Es sei noch erwähnt, dass Deutsch unter D 729 ein Sinfonie-Fragment in E-Dur aus dem Jahre 1821 anführt. Es handelt sich um den Entwurf aller vier Sätze [I. Adagio – Allegro / II. Andante / III. Scherzo: Allegro / IV. Allegro giusto]. Es ist auch möglich, dass dieser Torso als Nr. 7 zu betrachten ist, gerade wegen der fragmentarischen Form. Es widerspricht allerdings der Tonartenangabe des Bruders und Puschls und der Annahme des fertig gestellten Werkes. An einer Vervollständigung des Torsos versuchten sich u.a. Felix Mendelssohn-Bartholdy und Johannes Brahms. Eine „vollständige“ Vervollständigung hat J. F. Barnett, der seine Rekonstruktion am 5. Mai 1883 im Londoner Crystal Palace aufführte, angefertigt. Weiterhin ist Felix Weingartner zu nennen. Seine Version wurde am 9. Dezember 1934 im Wiener Musikvereinssaal aufgeführt.


    Die Sinfonie E-Dur gibt es in folgender Einspielung in der Rekonstruktion von Felix Weingartner:



    RUNDFUNK-SINFONIE-ORCHESTER BERLIN • Heinz Rögner


    [enthält auch die Sinfonie-Fragmente D 615, 708A, 936A in der Rekonstruktion von Peter Gülke, welcher die Staatskapelle Dresden selbst leitet]


    Bezüglich der Verwirrungen um die Zählungen der "Unvollendeten" und der "Großen" könnte hier noch etwas ergänzt werden...


    Bleibt abzuwarten, was das Entdecker-Jahr 2005 ans Tageslicht befördert…

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Lieber Ulli,


    ich kann dazu nur sagen, daß ich wohl nicht diese Sinfonie, wohl aber die Fragmente vor Urzeiten von eben diesem Güllke, der sie auch auf eben jener CD spielt, die Du angibst, gehört habe. Das war sehr interessanter Stoff. Mir haben diese Fragmente damals ( hatte sie auf einer vom Radio, wo sie Güllke im Rahmen eines von ihm kommentierten Konzerts vorstellte, mitgeschnittenen Musikcassette) sehr gefallen ( zum Beispiel die 10., auch ein Scherzo einer anderen Sinfonie, tolle Sachen).


    Wie gefällt Dir denn die CD, bzw. die auf ihr enthaltene Musik?


    "Vervollständigte Fragmente" sind natürlich immer so eine Sache. Beethovens 10., Finale von Bruckners 9., Mahlers 10. Mich überzeugt da nur Mahlers 10., weil die wohl vollständig auf Mahlersches Material zurückgreifen kann. An "verständnissinnige Ergänzungen" "einfühlsamer Bearbeiter" glaube ich nicht. Selbst ein hervorragender Schubertexperte wird letzlich doch nur geschmackvolle Füllsel hervorbringen, wenn er versucht, ein Schubertwerk zu "ergänzen". Wenn die Instrumentation noch nicht festliegt, kann man vielleicht daraus noch etwas ästhetisch befriedigendes machen, aber sagen wir mal eine nette Rückführung zur Reprise sich auszudenken, weil die einfach fehlt, wird nie befriedigend sein.


    Herliche Grüße
    Martin

  • Salut, Martin,


    die Fragmente D 615, 708A, 936A kenne ich sehr gut. Gülke hat sie bei Peters editiert [in seiner Version, versteht sich] und mit einem recht ausfürhlichen Kommentar versehen. Ich habe jedenfalls Kopien von Schuberts Originalkomposition [es ist eine Klavierstudie] zur 10. Sinfonie. Das ist geniale Musik. Ich habe mich lange Jahre mit einer Rekonstruktion beschäftigt und dies aufgegeben - es gibt zu viele Unstimmigkeiten im Notentext und Schubert kann ich nicht mehr fragen. Allein - diese Klavierskizzen zu spielen ist höchster Genuß und überragt sogar in Teilen die späten Klaviersonaten.


    Von Gülkes Rekonstrukten halte ich wenig - ein Schnellschuß. Aber der 2. Satz [Andante] D 936A und der 3. Satz [Scherzo] D 708A sind wegen der relativen Vollständigkeit des Notentextes recht gut rekonstruierbar und Gülke auch recht ordentlich geglückt. Das Andante der 10. könnte man bereits als Vorgriff auf Mahler bezeichnen.


    Beethovens 10. ist sowieso reiner Quatsch - ein Würfelspiel, mehr nicht.


    Ich habe die selbe Einspielung wie oben gezeigt, jedoch [leider] ohne die Weingartner-Rekonstruktion von D 729.


    Liebe Grüße
    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Ist denn Schuberts 10. auf dieser Scheibe drauf? Wenn Du sie geniale Musik nennst, so kann ich das nur bestätigen. Ich habe sie jetzt Jahrzehnte nicht gehört ( weil meine Kassette irgendwann hinüber war). Ich erinnere mich da an 2 Sätze, ein Allegro und ein Andante oder Adagio. Vor allem der langsame Satz war großartig, aber ich erinnere mich auch noch an den ersten. Mir ist diese Musik nie aus dem Kopf gegangen. Dann halt ein Scherzo, daß auch prachtvoll war, und das Güllke selber mit Mahler verglich ( aber Vergleiche hinken natürlich immer). Dann noch ein Finalsatz glaube ich, der mir auch nie aus dem Kopf gegangen ist und mitten im Satz abbrach. Ich glaube, da war sogar noch mehr.


    Ich bin sehr dafür, daß Fragmente auch aufgeführt und durch Einspielung einer weiteren Öffentlichkeit bekannt gemacht werden. Darin liegt überhaupt nichts fragwürdiges ( in der Literatur ist es etwas selbstverständliches, von großen Schriftstellern vollkommene Werkausgaben zu haben, die auch alle Fragmente umfassen, und die Entsprechung zum Buch ist für Otto Normalverbraucher die CD, denn Partituren kann er nicht lesen). Allerdings bin ich der Meinung, daß sie so aufgeführt werden sollten, wie sie eben da stehen. Wenn ein Musikstück dann an irgendeiner Stelle einfach abbricht - ja dann bricht es eben ab. Ich verstehe diesen Ergänzungswahn nicht. Kafkas Romane etwa sind auch Fragmente und sogar sehr berühmte Fragmente, man kann sagen, daß Kafka einer der berühmtesten Schriftsteller ist, dessen Weltruhm in erster Linie auf Fragmenten beruht.


    Ich bin nun mal kein Musiker und verstehe wenig von diesen Dingen. Schon den Begriff "Rekonstruktion" verstehe ich einfach nicht. Ich kann mir schon auch als Nichtmusiker vielleicht vorstellen, daß man in der Musik möglichweise schon das eine oder andere ergänzen kann, weil es festliegt ( oder weil es zumindestens sehr naheliegt). Aber wie kann man etwas rekonstruieren, was nicht da ist? In der Literatur würde Dir doch jeder Literaturwissenschaftler da einen Vogel zeigen.


    Gruß Martin

  • Hallo, Martin,


    "auf der Scheibe" ist alles drauf, was Dein Schubert-Fragmente-Herz begehrt. Die X. - bzw. das Fragment davon - ist D 936A, drei Sätze. Der erste erinnert ein wenig an die Klaviersonate "Die Reliquie" [die meiner Meinung nach auch eher ein Sinfonie-Konzept ist]. Der zweite [Andante] ist das "mahler'sche" Geniestück, welches Du meinst. Ein Scherzo ist in der X., soweit ich mich entsinne, nur schemenhaft skizziert - Gülke arbeitet es nicht aus. Das Finale ist nicht gut gelungen.


    Der "plötzlich endende Satz" ist das Finale von D 708A. Hierzu gehört auch das wenig scherzhafte Scherzo.


    Zu Rekonstrukten habe ich mich bereits irgendwo hier ausführlich geäußert. Allerdings halte ich Dein Argemuent, dass derjenige, der nicht Noten lesen kann, diese Musik hören darf, für ausgezeichnet. Dieser Aspekt kam mir als Egoist natürlich noch nie in den Sinn... :D


    "Rekonstruieren" kann man nur etwas, das schoneinmal "konstruiert" war - und zwar auf dem Papier, nicht im Kopf - da gebe ich Dir Recht.


    cordialement
    Ulli

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  • Zitat

    Original von Ulli
    Unter musikalischen Aspekten halte ich es jedoch für ausgeschlossen, dass die 9. vor der 8. komponiert resp. konzipiert wurde.


    das kommt ja ohnehin nicht in frage, da d759 aus 1822 ist.
    :hello:

  • Salve, observator!


    Die Schubert-Forschung gibt diese Vermutung an, die ich der Vollständigkeit halber auch im Eröffnungs-Thread zitiert habe. Man muss - denke ich - schon zwischen „Konzeption“ und „Komposition“ [in dem Falle also Ausarbeitung, Instrumentierung] unterscheiden.


    Liebe Grüße
    Ulli

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  • aber das hiesse ja, dass d944 vor 1822 (beginn der partiturniederschrift von d759) zumindest konzipiert hätte werden müssen...


    aber vielleicht stehe ich im moment auf der leitung, weil ich heute andauernd von meiner erwerbsarbeit abgelenkt werde :wacky:

  • Salve, Observator:


    Der Trick mit der Leitung ist folgender:


    Angenommen, die "Große" ist mit der "Gmunden-Gasteiner" identisch, so würde die "Unvollendete" als Nr. 7 und die "Große" als Nr. 8 gelten müssen. Dies wäre dann richtig. Komischer Weise wird aber häufig D 944 als Nr. 7 und die "Unvollendete" stets als Nr. 8 bezeichnet [auch hier gibt es mit Sicherheit Ausnahmen]. Das rührt wohl daher, dass Bruder Ferdinand nichts von der "Unvollendeten" gewußt haben muss.


    Die Arbeiten an D 944 haben dann vermutlich 1825 begonnen.


    Liebe Grüße
    Ulli

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  • nein, ich glaube, das lag daran, dass brahms bei seiner aga einfach alle "vollendeten" reihte und dann die unvollendete anschloss. von den fragmenten d615, d708a und d936a wusste er nichts.
    und in der neuen schubertausgabe ist eben genau d759 die nr 7 und d944 die nr 8!
    :hello:

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  • Salve,


    ita est. Dann war eben Brahms derjenige, der den Fehler machte, indem er nicht wusste, dass die "Unvollendete" gar nicht unvollendet ist.


    Zitat

    Die Zählung der Sinfonie als "Nr. 7" geht auf die Alte Gesamtausgabe zurück, die den sieben vollendeten Sinfonien die "Unvollendete" als achte nachordnete. Später, um die "Unvollendete" chronologisch einzuordnen, gab man der Sinfonie in C auch die Nr. 9 und zählte als Nr. 7 die fragmentarische Sinfonie in E 729.


    Franz Schubert. Thematisches Verzeichnis seiner Werke von Otto Erich Deutsch. Anmerkung zu D 944


    Das sagt allerdings alles nichts darüber aus, wo nun die zweite c-moll-Sinfonie abgeblieben ist. Irgendein Schlamper bei der GdM muss sie versteckt haben...


    m.s.
    Ulli

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  • oder der ferdl hat sich nicht mehr genau an die tonart erinnern können, bevor er sie sich von der gesellschaft zum abschreiben geborgt hat ("irgndwos mit c muass es gwesn sei..."). :D
    :beatnik:

  • Salve,


    wahrscheinlich hat er zeh mool gefragt... bis sie es rausrückten!


    Genug der Scherze - die Partitur muss her!


    Liebe Grüße
    Ulli

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  • Zu der Gasteiner Sinfonie kann ich sicherlich die genauesten Angaben machen:


    1973 hat ein ehmaliger Schulfreund meines Vaters (Gunther Elsholz, Schubert Fan und beruflich Komponist) in seinem zweit Haus in Berlin beim Aufräumen in seinem Keller ein Bündel Noten gefunden, auf dem "Sinfonie in E die Franz Schubert 1825" stand. Das ganze waren Notenblätter mit Einzelstimmen der einzelnen Instrumente mehrfach. Also zB. 1 Violine 30 mal, 2te Violine 20 mal usw.
    Herr Elsholz (gest. Jan 2005) schrieb aus diesen Einzelblättern dann die komplette Partitur, und gab dem Arbeitskollegen meines Vaters (Reimut Vogel) die Partitur mit der Bitte für eine Aufführung zu sorgen.
    (Herr Vogel ist dafür berühmt gewesen, dass er nicht lange mit sich reden lässt, sondern sich "mit der Axt einen Weg schlägt )


    So kann ich mich zumindest als einer der ersten zählen, der die partitur dieses Stückes (und auch die Orginalstimmblätter) persönlich in der hand hielt.
    Herr Vogel brachte die Stimmblätter erst einmal zur Kripo und lies diese untersuchen. Es steht also fest, dass das Papier aus den jahren 1820 bis 1850 stammt, gernauso wie die Tinte mit der geschrieben wurde, die Eisengallustinte ist.


    das merkwürdige an der Sinfonie war, das sie a) in E Dur geschrieben war, was Schubert ja hasste, b) ausserdem sehr schwierig zu spielen war (untypisch für Schubert); c) zweiter satz = Scherzo; dritter = andante con moto; d) im vierten satz eine Solovioline mitspielt. ua.


    Natürlich taten sich die Dirigenten schwer mit der Aufführung, da, falls es sich irgendwann herausstellte, dass es eine Fälschung sei, sie als Dödel dann dastehen....
    So verweigerte Maazel die Aufführung, sagte aber (wörtlich): Wenn das eine Fälschung ist, würde ich vor dem Fälscher meinen Hut ziehen.


    Am 6.12.1982 führte sie dann Georg Alexander Albrecht im Opernhaus in Hannover auf.( Nach dem Bartok Klavierkonzert Nr.1, was die Schubertforscher Dürr und Feil zur Weisglut brachte )


    Natürlich war ich (damals 18 jahre alt) dabei und unterhielt mich anschließend noch mit beiden in einem Cafe.
    Beide tippen wohlbemerkt auf eine Fälschung. Schubertforscher Goldschmidt (DDR) plädiert auf echt, verstarb aber einige Wochen vor der Aufführung.


    Vor Beginn der Aufführung wurden Ankreuzzettel ausgeteilt mit den Fragen: Ist Schubert, ist nicht Schubert; will ich wieder hören; will ich nie mehr hören.
    natürlich wurde alles angekreuzt. Die meisten Stimmen aber bekam:
    Ist Schuber und will ich wieder hören.


    Um das ganze mal hier zu beenden:
    Ich habe alle Zeitungsausschnitte und Faxe usw über diese Sinfonie. Auch besitze ich eine Platte dieser Konzertaufnahme, die den Konzertmusikern als Andenken geschenkt wurde.

  • Frage an Daskalos:


    Hat die von Dir beschriebene [aufgefundene] Sinfonie etwas mit D 729 zu tun [außer der identischen Tonart]?


    Die Gmunden-Gasteiner soll ja laut Aussage des Bruders Ferdinand Schubert in c-moll stehen.


    Addio
    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

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  • nein, absolut nichts.


    Allerdings sind sehr viele Teile daraus aus verschiedene Schubertwerken "geklaut".


    Vielleicht noch ein Hinweis.
    Schubert war ja Beethoven Fan und war auch bei der Uraufführung dessen neunte (1823) dabei und sagte nach deren Aufführung:
    "Genial, sowas möchte ich auch schreiben!" (Oder so ähnlich)


    Man vergleiche mal:
    Beide sind sehr schwer zu spielen, beide haben 2ter satz und 3ter vertauscht und beide haben einen besonderen 4ten satz:
    (Chor bzw Solovioline)

  • Salut,


    das Vertauschen von II und III finde ich nicht sonderlich bemerkenswert - umso abwechslungsreicher; eine gängige Prxis bereits im 18. JH [z.B. Mozart: Sinfonie F-Dur, KV 75: I Allegro - II Menuetto/Trio - III Andantino - IV Allegro/Rondeau oder Divertimento D-Dur KV 167A: I - Largo/Allegro - II Menuetto/Trio - III Adagio - IV Finale Presto]. Auch Rosetti in seiner g-moll-Sinfonie hält sich an diese etwas seltenere Reihenfolge, das Menuett steht als 2. Satz, gefolgt von langsamem Satz und Finale.


    Die Verwendung einer Solovioline im Finalsatz finde ich auch nicht überaus einfallsreich, wenn auch bemerkenswert. Haydn hat dies in seiner Sinfonie "Le Soir" bereits übertroffen gehabt: Menuett = Kontrabass-Solo, Finale = zwei Soloviolinen.


    Da war Beethoven doch etwas sehr viel genialer.


    Dennoch würde mich die Einspielung dieser Sinfonie, von wem auch immer sie stammt, brennend interessieren.


    Addio
    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hab hiermal (Dank an Cosima :D ) einiges Interessantes reingesetzt. Hoffe man kann es lesen....


    Zeitungsausschnitte betreffs der Sinfonie




    Faksimile fax von Gülke an Elshorz vom 03.03.83 :D


    Einmal editiert, zuletzt von Daskalos ()

  • Den Beginn des 2ten Satzes (Elshoz´s Schrift)



    Und sogar eine käufliche CD (1te) gefunden.
    Darunter eine weitere käufliche mit Schubertvollendungen von Elsholz


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  • Salut,


    ersteinmal herzlichen Dank für die Bereicherung dieses Threads durch die "Stuttgarter Sinfonie" in Artikeln und Noten. Ich erinnere mich jetzt sogar, etwas davon gehört zu haben [90er Jahre]. Es muss aber in irgendeinem Fachartikel [vermutlich NZfM] einen Satz gegeben haben, der mich dies nicht weiter zu verfolgen veranlasste. Gülkes Brief, denke ich, kann man weitestgehend folgen und zustimmen [soweit lesbar].


    Dennoch ist es sehr interessant!


    Vielleicht kann Alfred noch irgendwie die LAdezeiten der Bilder verkürzen?


    Merci beaucoup
    Ulli

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    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Hallo, In Bezug auf die Ladezeiten lässt sich nichts machen, die Qualität und damit die Lesbarkeit ist sowieso sehr schlecht..


    Ich persönlich hab mir die Bilder runtergeladen und dann mit einem Bildbearbeitungsprogramm optimiert und angesehen.


    Man kann , so meine ich, ohne weiteres von einer (alten) Fälschung ausgehen, die Gutachten sind ja mehr als vernichtend, wenngleich sich Gülke eine Hintertür offen gelassen hat. - Deinnoch - seine Beweisführung scheint mir schlüssig zu sein.


    Der Zeitungsartikel aus den frühen achtzigern ist IMO lesenswert, er ist interessant und zugleich humorvoll geschrieben.


    Ich sehe allerdings keinen Grund, warum man die Sinfonie - Plagiat hin -Plagiat her - Fälschung hin- Fälschung her - nicht gelegentlich spielen sollte.


    Allein, daß sie hypothetisch als Schubert-Originalwerk in Betracht kam - macht das Werk schon interessant....


    Es fragt sich, ob die "Gasteiner Sinfonie" - so es denn eine gäbe - und sie erhalten wäre - je auf soviel Interesse gestoßen wäre - wie jenes Phantom, das seit nahezu 200 Jahren die Musikwissenschaft beschäftigt.



    Beste Grüße aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Betreffs der Person Daskalos - die ja Alfred Schmidt auch zu kennen scheint
    (http://www.lichtpforte.de/Weis…s/hauptteil_daskalos.html)


    wollte ich noch erwähnen, dass ein ähnlicher Guru vor 5 Jahren in unserem Dorf Yogaschulungen getätigt hatte und auch für einige Monate in unserer Nachbarschaft gewohnt hatte.
    Er gehört zu den wenigen, die "das dritte Auge" besitzen (bitte keine überflüssigen Kommentare wie ichs bei anderen Foren gewohnt bin :D )
    Naja und irgendwann fragte ich ihn halt:
    Meister, eine Frage... Das hier ist Schubert ... das hier Elsholz ... das eine gefundene Sinfonie. Ist die von Schubert oder Elsholz?
    Er schloss die Augen, senkte den Kof ein wenig, wobei er mit dem Zeigefinger seine Strin stützte. Dann murmelte er etwa 30 sek unverständliche Laute.
    Schließlich sah er zu mir auf und lächelte. Elsholz hat sie geschrieben! Ich sehe auch dass er ein großes Genie auf dem Gebiet der Musik ist!
    (Elzholz ist beruflich Komponist und hat vieles von Schubert vollendet)
    Das 200 Jahre alte Notenpapier incl. Eisengallustinte hat er in seinem Keller gefunden, da ein Vorfahre von ihm Kopist war. Und so setzte er aus lauter Teielen den neuen Schubert zusammen. dabei machte er allerdings auch einen Fehler: Ein Flötenton ist in der Sinfonie, der zwar heute spielbar ist allerdings nicht zu Schuberts Zeiten.


    Soviel noch zum Schubert :baeh01:

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  • Frage an Daskalos:


    Ich habe diese bemerkenswerte Sinfonie in E vor Jahren auch mal auf Kassette gehabt, leider inzwischen verloren. Ich kann mich erinnern, dass ich vor allem vom Scherzo begeistert war, einem echt genialem Stück. Auch Teile des Andante und vom Finale waren fantastisch Schubert nachempfunden.


    Leider kann ich die Bilder, auf die in diesem Thread bezug genommen wird, nicht mehr entdecken.
    Kannst Du sie nochmal zugänglich machen?


    Gerd

    "When I was deep in poverty, you taught me how to give" Bob Dylan