Arnold Schönberg: Die Streichquartette

  • Egal wie man zu Schönbergs Musik steht, ob sie einem gefällt oder nicht, seine Streichquartette sind ein wichtiger Bestandteil der Kammermusik des 20. Jahrhunderts, sie gehören einfach erwähnt, besprochen und gehört.
    Es mag manchen ein wenig seltsam vorkommen, daß gerade ich sie hier vorstelle, die denkbar ungeeignetste Person - aber bisher hat sich eben noch niemand gefunden.. Zudem verfüge ich über eine Aufnahme mit dem aron Quartett, die ich für vorzüglich halte - sowohl musikalisch, als auch tontechnisch.


    Ich werde hier aber lediglich den Anstoß zu diesem Thema geben, weiterführen sollen es dann die Spezialisten der Moderne, deren wir - die letzten Tage haben es gezeigt - doch einige im Forum haben.


    Somit beginne ich mit Schönbergs Streichquartett Nr 1 op 7 in d-moll. welches er in den Jahren 1904 und 1905 komponierte, und welches am 5. Feber 1907 im Wiener Bösendorfer - Saal seine Uraufführung erlebte- oder besser gesagt, erlitt. Ein Teil des Publikums verließ den Saal, vereinzelt wurde sogar gezischt. Gustav Mahler, der im Publikum anwesend war, kam mit einem der Zischer in Konflikt.....


    Hier zwei vorzügliche Aufnahmen aller Schönberg Streichquartette, wobei mir persönlich die etwas "cantablere" Aufnahme des aron Quertett noch einen Hauch besser gefällt als jene des berühmten Lasalle Quartettes.
    Die Preiser Aufnahme wurde mit dem Pasticcio-Preis ausgezeichnet.
    Quasi als Bonus enthält die Aufnahme noch einen Zusatztrack, mit Wortspenden des Komponisten.......




    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    ich muss gestehen, dass ich kaum mit Deinen Thread-Eröffnungen nachkomme, wenn es um die Bewältigung derselben durch aktives Hören geht. Haydns op. 1, dann Schuberts Moments musicaux D780 (bin gerade mittendrin) und jetzt Schönbergs Streichquartette. So ganz nebenbei sind ja noch die beliebtesten (nicht unbedingt bedeutendsten, du erinnerst Dich … ) Liedzyklen und Ligetis Schaffen neben dem CD-Player aufgetürmt. Wie denkst Du Dir das eigentlich? Auch mein Tag hat nur 24 Stunden …


    Aber ich halte diesen Thread zu Schönbergs Streichquartetten für eine ausgezeichnete Idee. Nicht nur, weil ich sie selbst auch hatte und sie schon lange in meinem Herzen bewege , sondern, weil Schönberg trotz aller tonalen, atonalen und zwölftonalen Techniken sich durch Rückgriff auf eine bedeutende (nicht unbedingt beliebte, Du erinnerst Dich ... ) Gattung abendländischer Musik rückversicherte und hochsubstanzielle Beiträge dazu geliefert hat.


    Zudem ist es ausgerechnet ein Streichquartett, mit dem er das Gebiet der atonalen Musik betritt – zumindest der Reihenfolge der Veröffentlichungen nach, nämlich mit dem zweiten in fis-moll op. 10. Der dritte Satz (zumindest über weite Passagen) und der vierte Satz sind atonal. Schönberg ist sich der Bedeutung dieses Schrittes natürlich bewusst, und er untermauert seinen Weg durch die entsprechende Textwahl „ich fühle luft von anderem planeten …“.


    Es ist an der Zeit, mitzuteilen, dass diese Worte mit zentraler Wichtigkeit für die Entwicklung der Musik von keinem Geringeren als Stefan George stammen. Dieser bedeutende Dichter wurde in Bingen am Rhein geboren, am Tor des UNESCO Welterbes Oberes Mittelrheintal, am Schnittpunkt von nicht weniger als vier Weinanbaugebieten: Mittelrhein, Nahe, Rheinhessen, Rheingau.


    Es gibt wohl keinen schlagenderen Beweis als Schönbergs op. 10 für die musikhistorische Bedeutung (nicht unbedingt Beliebtheit, Du erinnerst Dich … )der Achse Wien – Bingen. Welch ein Paradigmenwechsel: Die Aufgabe der Tonalität!


    Ein paar Worte zum ersten Streichquartett d-moll und zu Einspielungen des Werkes mit dem Arditti Quartet und dem Leipziger Streichquartett

  • Entstehungsgeschichte und Uraufführung


    Schönbergs Streichquartett Nr. 1 op. 7 ist keineswegs der erste Gattungsbeitrag des Komponisten. Vorangegangen war ein vollständiges Streichquartett in D-Dur, komponiert 1897, welches erst posthum publiziert wurde. Ferner existieren Fragmente zu einem weiteren Quartett in d-moll, darin insbesondere eine Fuge.


    Die Tonart d-moll ist in Schönbergs frühem Schaffen prominent vertreten. Das Streichsextett „Verklärte Nacht“ op. 4 und die Symphonische Dichtung „Pelléas et Mélisande“ op. 5 stehen ebenfalls in d-moll.


    Erste Skizzen zu op. 7 entstanden im Frühjahr 1904, die Hauptarbeit am Werk fiel jedoch in die Monate April bis September 1905. Die Komposition war am 26. September 1905 abgeschlossen.


    Die Uraufführung ereignete sich am 05. Februar 1907 in Wien durch das Rosé-Quartett. Zwar gab es keinen Konzertskandal wie später bei der Uraufführung des zweiten Streichquartetts fis-moll op. 10, welches bekanntlich im dritten und vierten Satz einerseits einen Sopran einbezieht, andererseits endgültig den Bezirk der tonalen Musik verlässt. Gleichwohl gab es Widerspruch. Einige Hörer zischten. Bekannt ist, dass Gustav Mahler, der der Uraufführung beiwohnte, einem Unzufriedenen zurief „Sie haben nicht zu zischen!“ und die Antwort erhielt „Ich zische auch bei Ihren Symphonien!“


    Der Primarius des Quartetts, Arnold Rosé, war Konzertmeister des Wiener Hofopernorchesters sowie der Wiener Philharmoniker und in dieser Rolle auch in Bayreuth tätig. Er war verheiratet mit Justine, der Schwester Gustav Mahlers.



    Formale Anlage


    Es gibt keine voneinander getrennten Sätze. Das mehr als 45minütige Werk ist formal einsätzig. Die Partitur des Erstdrucks im Dreililien-Verlag (Berlin) ist allerdings durch mehr als dreißig Doppelstriche in Abschnitte segmentiert, ferner gibt es zahlreiche Tempo- und Tempomodifikationsvorschriften.


    Man kann das Stück in der Nähe der vor allem durch Franz Liszt bekannten „Mehrsätzigkeit in der Einsätzigkeit“ sehen. Eine der vielen Möglichkeiten für diese Form ist: die erste Themengruppe hat Kopfsatzcharakter, der langsame Satz stellt den Gegensatz der zweiten Themengruppe dar. Das Scherzo hat Züge einer Durchführung und das Finale ist die Reprise. Jeder Formabschnitt hat also eine Doppelfunktion, einerseits innerhalb einer Sonatensatzfolge im Großen wie andererseits innerhalb eines Sonatenhauptsatzes im Kleinen.


    Man kann op. 7 wie folgt gliedern:


    I. Teil….Hauptsatz (T. 1)
    ….Überleitungsgruppe (T. 97)
    ….Seitensatz (T. 153)
    ….1. Durchführung (T. 213)
    ….Hauptthema (T. 301)
    ….Überleitung zum Scherzo (T. 335)


    II. Teil (Scherzo)
    ….Scherzo (T. 399)
    ….Trio (T. 532)
    ….Scherzoreprise (T. 706)
    ….2. Durchführung (T. 784)
    ….Reprise des Hauptthemas (T. 909)


    III. Teil (Langsamer Satz)
    ….Langsamer Satz (T. 952)
    ….3. Durchführung (T. 1068')
    ….Reprise des Seitensatzes (T. 1082)


    IV. Teil (Rondofinale)
    ….Rondofinale (T. 1122)
    ….Coda (T. 1270)


    Die formalen Scharnierstellen sind manchmal klanglich herausgehoben. Kurz vor der Überleitungsgruppe erklingen die ersten Pizzicati (ab T. 88'), dem Trio des Scherzos gehen die ersten Flageolett-Klänge voraus (T. 528'), das Trio selbst beginnt mit Dämpfern, vor dem langsamen Satz spielen beide ersten Violinen den Ton d1 auf jeweils zwei Saiten, also vierfach, auch tremolierend. Kurz vor der Coda steht der äußere Höhepunkt des Werkes, achtstimmig, die mittleren Streicher tremolierend, C-Dur, rein klanglich schon ein gewaltiges Ereignis.


    Es sei erwähnt, dass formale Analysen von „Verklärte Nacht“ op. 4 und „Pelléas et Mélisande“ op. 5 zu ähnlichen Ergebnissen führen würden.


    Wichtig für das Hören scheint mir die genaue Kenntnis des ersten Themas, welches in vielen Abschnitten des Werkes überraschend auftritt. Ich empfehle das mehrfache Hören des Anfangs des Werkes (Thema in der 1. Violine), bis zur ersten Generalpause (ca. 18 Sekunden), bevor das ganze Werk in Angriff genommen wird.



    Komplexität und Nachvollzug des Werkes


    Ich möchte erwähnen, dass die Komposition (im wörtlichen Sinne von com-ponere = „zusammen-setzen“) so kunstvoll ist, dass die Arbeit mit der Musik am Schreibtisch oder am Klavier mindestens so lohnend ist wie das Hören derselben. Schon Anton von Webern bemerkte 1912: „Es gibt sozusagen keine Note in diesem Werke, die nicht thematisch wird. Diese Tatsache ist beispiellos.“


    Man könnte Dutzende von Querbezügen aufzeigen, sowohl im Großen wie im Kleinen. Nicht nur das Hauptthema ist fast überall kunstvoll in die Struktur einverwoben, auch z. B. in Vergrößerung. Das Scherzothema stammt aus dem Seitensatz, die Themen des langsamen Satzes und des Finales stimmen weitgehend überein oder ähneln zumindest einander.


    Da diese und viele andere Zusammenhänge sich kaum hörend erschließen können, kommt ihnen eine ähnliche Rolle wie der barocken Zahlensymbolik (z. B. bei J. S. Bach) zu: Sie sind integraler Bestandteil des Stückes, aber ein rein auf ästhetisches Erleben ausgerichteter Zugang – etwa beim bloßen Genusshören - wird dem Hörer diese Pretiosen nicht offenbaren. Das Mithören mit der Taschenpartitur (günstiger als eine Hochpreis-CD) muss als Mindestmaß der Auseinandersetzung mit dieser Musik betrachtet werden, um wenigstens einen Teil der Baukunst nachvollziehen zu können.


    Das Wissen darum, wie das Stück konstruiert ist, tritt gleichberechtigt neben das akustische Erleben des zeitlichen Verlaufs. Das Erkennen dieser Zusammenhänge kann durch mehrfaches Hören eventuell nur teilweise erreicht werden. – Fazit: Man kann den ablehnenden Teilen des Publikums der Uraufführung keinen Vorwurf machen.

  • RE: Arnold Schönberg: Streichquartett Nr. 1 op. 7 d-moll


    Schönen Dank für diese lichtvollen Anmerkungen, Wolfram. Dass sie teilweise missverstanden würden, war eigentlich absehbar:

    Zitat

    Original von Alfred_Schmidt:


    ... All das aber wird getoppt von Musikstücken, deren Meisterschaft so verborgen ist, daß man erst durch das Lesen der Noten die Genialität erkennen kann (Habe ich das erst neulich im Zusammenhang mit Werken von Schönberg hier gelesen ??) ...


    Nein, Alfred, ich bekenne mich dazu, dass ich das erste Streichquartett einfach so mag - das zweite zwar mehr, das erste aber auch. Einfaches Hinhören genügt, um es zu mögen. Kennen lernen durch mehrfaches Hören hilft, aber ZUHÖREN und Mitfühlen ist völlig ausreichend.


    Ich finde die Stelle gerade nicht, aber war es nicht Schönberg, der deutlich gemacht hat, wie wichtig es ihm ist, dass (seine) Musik sich nicht im Formalismus und einer tollen theoretischen Unterfütterung erschöpft - er sagte dies bereits mit Bezug auf Dodekaphonie -, sondern dass die Musik unmittelbar ihren Hörer emotional anspricht. Ein selbst gesetzter Standard, den er - nicht nur - in allen seinen Streichquartetten erfüllt hat.

  • Natürlich, das hat Schönberg immer wieder gesagt. Seine wunderbare Schrift "Harmonielehre" ist geradezu darauf aufgebaut.


    Es ist schön, dass Alfred die Streichquartette hier zum Thema macht. Nach meinem Gefühl - und meiner bisherigen Überzeugung - sind die Streichquartette Schönbergs neben denen Beethovens und Bartoks das beste, was ich im Bereich der Musik überhaupt kennengelernt habe.


    Zu den einzelnen dieser Quartette kann ich mich natürlich in einem Thread, der das Gesamtquartettschaffen Schönbergs zum Inhalt hat, nicht äußern. Ich selber habe bereits vor einiger Zeit jedes dieser Quartette hier selber zum Thema machen wollen und bereits Einführungsbeiträge verfasst; nachdem ich aber sehen musste, dass noch nicht einmal die "Verklärte Nacht" auf Interesse gestoßen ist, habe ich es gelassen.


    Ich finde, dass alle vier Streichquartette Schönbergs exzellent und sehr gewichtig sind, lebendig, geistreich und voller Schönheit; vielleicht finde ich das zweite etwas steifer als die anderen drei; aber egal.


    Sollte sich jemand, der Schönbergs Kammermusik noch nicht kennt, vornehmen, da mal reinzuhören (was ich kaum glaube), möchte auch ich auf die Gesamteinspielung des Lassalle Quartetts verweisen. Das ist tolle Musik, mittlerweile (leider?) für einen Ramschpreis zu erwerben.


    Uwe

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Lieber Uwe,


    Zitat

    Zu den einzelnen dieser Quartette kann ich mich natürlich in einem Thread, der das Gesamtquartettschaffen Schönbergs zum Inhalt hat, nicht äußern. Ich selber habe bereits vor einiger Zeit jedes dieser Quartette hier selber zum Thema machen wollen und bereits Einführungsbeiträge verfasst; nachdem ich aber sehen musste, dass noch nicht einmal die "Verklärte Nacht" auf Interesse gestoßen ist, habe ich es gelassen.


    ich glaube, bei einem Gesamtoutput von vier Quartetten reicht ein gemeinsamer Thread. Warum sollte man sich hier nicht zu einzelnen Quartetten äußern? Ich fände (bei Schönberg) einen Thread pro Quartett eventuell des Guten zuviel.
    Zitat:
    Es ist schön, dass Alfred die Streichquartette hier zum Thema macht. Nach meinem Gefühl - und meiner bisherigen Überzeugung - sind die Streichquartette Schönbergs neben denen Beethovens und Bartoks das beste, was ich im Bereich der Musik überhaupt kennengelernt habe.


    Ligeti und Schostakowitsch sind auch nicht schlecht .. das ist aber off topic.
    Zitat:
    Das ist tolle Musik, mittlerweile (leider?) für einen Ramschpreis zu erwerben.


    Ja. In letzter Zeit erscheinen immer mehr Top-Aufnahmen für'n Appel und 'n Ei, wohingegen für Bocelli Hochpreis verlangt wird. Verkehrte Welt. Auch off topic.


    Die von Alfred erwähnte Einspielung des Aron-Quartetts bei Preiser wurde in FonoForum seinerzeit sehr gelobt. Ich muss mal die Rezension aus meinem Regel herauskramen. Bei so guter Musik braucht man mehrere Aufnahmen ...

  • Zitat

    Original von Wolfram
    Das Wissen darum, wie das Stück konstruiert ist, tritt gleichberechtigt neben das akustische Erleben des zeitlichen Verlaufs. Das Erkennen dieser Zusammenhänge kann durch mehrfaches Hören eventuell nur teilweise erreicht werden. – Fazit: Man kann den ablehnenden Teilen des Publikums der Uraufführung keinen Vorwurf machen.


    Das ist ein Satz, der sicher ebenso für Beethoven oder Brahms passt. Bei Schönberg muss ich zugeben, ohne Hilfe nicht einmal die Formteile bei seinen großen klassizistischen Zwölfton-Kammermusikwerken erkennen zu können. Ich habe aber nun dank des tollen DG-Booklets zu der LaSalle-Aufnahme zumindest beim dritten Strqu die Formteile hörend abgrenzen können (ohne Partitur) und frage mich, ob es nicht doch möglich ist, zu lernen, wie Schönberg gerne neue Formteile beginnt, sodass man dann vielleicht beim Bläserquintett auch ohne Hilfe den Formablauf erkennen kann?


    Uwe:
    Das ist doch hier jetzt der ideale Ort, deine Beiträge zu den Strqu einzustellen!

  • Kolisch Quartett


    Dem Kurzstückmeister plappere ich jetzt nach und erwähne auch noch einmal das tolle DG-Booklet zu den Lassalle-Aufnahmen. Ich finde es sehr informativ - und ziemlich anschaulich und leicht verständlich.


    Eine Einspielung, die ich mir vor einigen Jahren zugelegt habe, finde ich auch sehr interessant, nämlich die Einspielung der vier Schönberg-Quartette vom alten Kolisch Quartett. Die Aufnahmen sind von 1936 und 1937. Eine Abbildung habe ich zum Reinstellen leider nicht gefunden Das Coverbild zeigt die vier Musiker mit ihren Instrumenten..


    Ich finde es faszinierend, diese alte Aufnahmen aus der Zeit des Komponisten zu hören. Mich überkommt da fast bei jedem Hören ein kleiner Schauer, der Gänsehaut verursacht.


    Ein kleines Bonbon auf der CD sind drei kurze gesprochene Kommentare Schönbergs.



    Uwe, der auch Ligeti und Schostakowitsch nicht schlecht findet

    Ich bin ein Konservativer, ich erhalte den Fortschritt. (Arnold Schönberg)

  • Ich wollte nochmal die Kritik zur Einspielung des Aron-Quartettes bei Preiser suchen. Das habe ich getan und bin fündig geworden.


    Giselher Schubert schreibt in FonoForum Juli 2004:
    "Die Interpretationen des dritten und vierten Quartetts, beides Hauptwerke des Schönbergschen zwölftönigen Klassizismus, fallen sogar schlechterdings bestechend aus und halten jedem Vergleich stand. Die analytisch-strukturelle Beherrschung dieser hoch komplexen Partituren entspricht zugleich der spieltechnischen Meisterleistung des Ensembles."


    Das klingt so, als ob meine Wunschliste mal wieder um eine Box länger geworden wäre ...


    Weiß jemand, was es mit dem "Presto C-Dur" und "Scherzo F-Dur" auf sich hat, die dieser Einspielung beigegeben wurden? Sind das Quartettfragmente, die zwischen Quartett Nr. 0 und Nr. 1 entstanden sind?

  • Zitat

    Weiß jemand, was es mit dem "Presto C-Dur" und "Scherzo F-Dur" auf sich hat, die dieser Einspielung beigegeben wurden? Sind das Quartettfragmente, die zwischen Quartett Nr. 0 und Nr. 1 entstanden sind?


    Ich zitiere aus dem Preiser Booklet:


    Bei Schönbergs Scherzo in F-Dur handelt es sich um den ursprünglichen Satz seines Streichquartetts in D-dur. (Ohne Opuszahl, 1897)


    Das Presto ist noch älter, undatiert, aber mit Sicherheit VOR 1897, ein Vorläufer der Streichquartette...


    (Sogar in meinen Ohren ein wunderbares Stück....)


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Die Einspielung der Schönbergquartette mit dem Aron-Quartett ist in der Tat sehr gelungen. Vor allem Nr. 3 und Nr. 4. Expressive + deutliches Musizieren.Und die Sonatenhauptsatzform der Kopfsätze kommt in schöner Deutlichkeit zum Ausdruck.


    Die Sonatenhauptsatzform der beiden letzten Schönbergquartette (in den Kopfsätzen), die wesentlich offener gestaltet ist, als im Bläserquintett, soll in der Bedeutung nicht überbewertet werden. Denn es wäre kleinlich + beschränkt, diese beiden großartigen Quartette in irgend so eine billige + blöde neoklassizistische Schublade abzutun. Die Studioatmosphäre hat sich in dieser Einspielung mit Aron nicht lähmend, wie im Falle von La Salle ausgewirkt.


    Ich halte die La Salle-Einspielung (nebenbei: La Salle der ganzen 2. Wiener Schule) leider für überbewertet, trotz des guten Booklets (obwohl ich LaSalle sehr verehre). Wenig gelungen sind auch die Einspielungen der Schönbergquartette mit den Juillards (aus den frühen 50zigern , mono), dem Leipziger Streichquartett und den Ardittis. Das alles wird von diesen aufgezählten Quartetten viel zu buchstabengetreu und trocken musiziert. Ausdruck, Emotionen, Drive, Schrägheiten, Agressivität, wohlklingende Schärfen, Süffigkeit der Schönbergschen Themen werden viel zu oft bzw. in entscheidenden Momenten umgangen und z.B. die tollen und fetzigen Feinheiten und Verästelungen im Rhythmus kommen überhaupt nicht richtig rüber. Vor allem die Kopfsätze verlieren mit dieser Spielweise. Sehr , sehr schade.


    Live-Mitschnitte des 4. Quartetts mit Brentano (26.01.09, Bielefeld) und mit dem Clearing-Quartet (2001, Berlin) überzeugten leider auch nicht..


    Recht gut gefallen mir die Einspielungen von Quartett Nr. 4 mit dem Prazak Quartett und dem Quatuor Psophos



    Das Kolisch-Quartett bietet – wie Prazak und Quatuor Psophos – schon wesentlich mehr, aber oft klingt es mir in der Intonation zu schräg. Gleiches gilt auch für diese Einspielung des Schoenberg Quartets


    Vom Emerson Quartett, welches die Quartette/Trio von Anton Webern so fantastisch auf CD einspielten, konnte man sich bisher noch keinen Schönberg reinziehn. Wie lange wollen die uns denn noch vertrösten ? X(



    Das Wihan-Quartett bietet eine noch fetzigere Einspielung des 4. Schönbergquartetts als mit Aron (als Fillup dazu einen tollen Pfitzner).. Leider gibt es mit denen keine weiteren Schönbergquartette Auch diese Wiedergabe kann – wie die vom Aron Quartett - ohne Vorbehalte empfohlen werden.


    Das Nordwestradio (Bremen) sendete vor Jahren eine großartigen Livemitschnitt der Schönbergschen Quartette Nr. 3 und Nr. 4 mit dem Parrenin-Quartett (aus den 60zigern, Bremen , trotzdem schon stereo). Leider ist gibt es diese Wiedergabe nur als Radio-Mitschnitte und nicht als kommerzielle CD. Denn diese Wiedergabe stellt alles bisher Gehörte in den Schatten. Mit was für einem emotionalen Drive kommen diese Quartette da rüber ! Und der Eindruck hat sich nach mehrere Male Wiederreinziehn nicht relativiert.


    Das Parrenin Quartett setzte sich wie LaSalle sehr für die Pflege der klassischen und zeitgenössischen Moderne ein (~ 50ziger und 60ziger Jahre). Ist leider nie so bekannt geworden.


    Schönbergs Quartette - vor allem Nr. 3 und 4 - gehören (nebst seinem unvergleichlichen späten Streichtrio op. 45 und seiner Fantasie für Violine und Klavier op. 47) zu den Gipfelwerken der Kammermusik bzw. der Musik überhaupt und erreichen damit mühelos einen ebenbürtigen Platz in der Hall of Fame neben z.B. Nono, Beethoven, Schubert, Ferneyhough (zuletzt sein hammermäßiges 6. Streichquartett in Donaueschingen 2010), Webern, Carter, Skalkottas, Brahms, Berg ... wer weiß was das 21. Jahrhundert an künftigen Meisterwerken uns schenken wird.. ..


    Schönberg begann noch die Komposition eines 5. Streichquartetts. Sein zu früher Tod (er wurde ja nicht mal 80 Jahre alt) hat uns um ein ganz großes Meisterwerk betrogen:
    http://www.youtube.com/watch?v=lmUzydxDCVA“


    Diese sehr lesenswerte + unterhaltsame Novelle von Hartmut Lange (geb. 1937) hat die Erarbeitung 4. Streichquartetts von Schönberg zum Thema:


    :hello:

    Einmal editiert, zuletzt von Amfortas08 ()

  • (1874 – 1951)


    Fünf Streichquartette nebst zweier Einzelsätze hat Arnold Schönberg hinterlassen:


    Presto C-Dur (vor 1897)
    Scherzo F-Dur (1897)
    Streichquartett Nr. 0 D-Dur (komponiert 1897, UA 1898')
    Streichquartett Nr. 1 d-moll op. 7 (komponiert 1904-05, UA 1907)
    Streichquartett Nr. 2 fis-moll op. 10 (komponiert 1907-08, UA 1908')
    Streichquartett Nr. 3 op. 30 (komponiert 1927, UA 1927)
    Streichquartett Nr. 4 op. 37 (komponiert 1936, UA 1937)


    Es gibt wohl ein noch früheres Streichquartett (vor 1897) in C-Dur, das bis dato unveröffentlicht ist. Der blinde Wiener Komponist Joseph Labor (1842 – 1924), ein Schüler von Simon Sechter, hörte einen Satz daraus und sagte dann ganz ruhig zu Schönberg: „Sie müssen Komponist werden!“. – Schönberg erzählte zu diesem oder einem anderen Frühwerk später die Anekdote, dass er die Partitur einem Verleger zeigte, welcher diese mit den folgenden Worten zurückgab: „Scheinbar glauben sie, wenn das Seitenthema aus der Krebsumkehrung des Hauptthemas gebildet ist, dann ist das Werk auf alle Fälle gut!“ – Das ist ein interessanter Blick auf frühe Versuche späterer Zwölftontechniken.


    Das Presto C-Dur ist eine der frühesten erhaltenen Kompositionen Schönbergs. – Das Scherzo in F-Dur war ursprünglich der zweite Satz des Streichquartetts Nr. 0 D-Dur und wurde nach einer durch Zemlinsky angeregten Revision völlig ersetzt.


    Die Einzelsätze, das Frühwerk in D-Dur und das Quartett d-moll op. 7 sind tonal.


    Im zweiten Quartett vollzieht sich der Übergang zur (freien) Atonalität: Die ersten beiden Sätze sind tonal, die beiden letzten Sätze sind atonal, aber nicht dodekaphon oder einer anderen Ordnung unterworfen. Dieses Quartett op. 10 bezieht im dritten und vierten Satz eine Sopranstimme mit ein.


    Die Quartette Nr. 3 und Nr. 4 sind zwölftönig.


    Derzeit scheinen die folgenden Gesamtaufnahmen dieser Werke verfügbar zu sein: Diejenige mit dem LaSalle-Quartett, die bei DG entstand und nun in Lizenz von Brillant verlegt wird, gekoppelt mit Werken von Alban Berg und Anton von Webern. Die Aufnahme mit dem Leipziger Streichquartett liegt auf drei einzelnen CDs vor und beinhaltet auch die „Verklärte Nacht“ in der originalen Version für Streichsextett. Ferner gibt es eine Aufnahme mit dem Aron Quartett bei Preiser. Diese drei Gesamtaufnahmen beinhalten alle fünf Quartette, diejenige des Aron-Quartetts sogar die beiden Einzelsätze. Das Schoenberg Quartet hat in einer 5CD-Box sämtliche Werke Schönbergs für Streicher vorgelegt: das Streichtrio, die Streichquartette, das Streichsextett „Verklärte Nacht“ und noch weitere Werke.


    Als historisches Dokument sind die Aufnahmen des Kolisch-Quartetts unverzichtbar. Neben den fünf Quartetten Schönbergs wurden Werke von Alban Berg und Anton von Webern eingespielt.






    Darüber hinaus habe ich noch eine Aufnahme der Quartette Nr. 1 – 4 vom arditti quartet, die vergriffen zu sein scheint.


    Es gibt weitere Aufnahmen einzelner Werke.

  • Im Jahre 1895 trat Arnold Schönberg als Cellist in das Amateurorchester Polyhymnia ein, welches von Alexander von Zemlinsky geleitet wurde. Zemlinsky wurde aufmerksam auf den jungen Musiker, begann ihn zu unterrichten, beauftragte ihn mit der Erstellung des Klavierauszugs zu seiner Oper „Sarema“ und machte ihn in Wiener Musikkreisen bekannt.


    Als Schönberg das Quartett in D-Dur komponierte hatte, setzte sich Zemlinsky für eine Aufführung des Werkes ein. Als Vorstandsmitglied des Wiener Tonkünstlervereins konnte er diese auch durchsetzen. So fand die Uraufführung im Jahre 1898 im Bösendorfer-Saal des Wiener Musikvereins statt und machte offenbar starken Eindruck, denn das angesehene Fitzner-Quartett setzte es in der nächsten Saison auf das Programm eines seiner Abonnements-Konzerte.


    Im Nachgang zur Uraufführung besprach Zemlinsky das Werk eingehend mit seinem Schüler und regte umfassende Änderungen an. Die Ecksätze wurden überarbeitet, der zweite Satz wurde durch einen anderen ersetzt (die originale Fassung ist erhalten, siehe den obigen Beitrag). – Zum dritten Satz sind in der Literatur widersprüchliche Aussagen zu finden. Der Autor des Beiheftes zur Preiser-Box des Aron-Quartetts vermutet, dass dieser Satz wahrscheinlich ebenfalls völlig ersetzt wurde. Im Schönberg-Standardwerk „Der konservative Revolutionär“ von Willi Reich heißt es hingegen, dass der Komponist lediglich zwei der Variationen strich, den Satz ansonsten unverändert beließ.


    Das Quartett wurde erst im Jahre 1951 im Nachlass Schönbergs wiederentdeckt und im Jahre 1966 verlegt. Es ist viersätzig:


    I. Allegro molto
    II. Intermezzo: Andantino grazioso
    III. Andante con moto
    IV. Allegro


    Schönberg selbst sagte, dass er in dieser Zeit stark von Mozart, Beethoven, Brahms und Dvorak beeinflusst gewesen sei. Ich höre in den Ecksätzen am ehesten Dvorak heraus, im zweiten Satz aber durchaus Anklänge an Brahms.

  • (Die Spielzeiten beziehen sich auf die Aufnahmen mit dem LaSalle-Quartett und mit dem Aron-Quartett, in dieser Reihenfolge.)



    Der erste Satz steht in Sonatenhauptsatzform. Das erste Thema beginnt im Unisono, eine Vierklangsbrechung (D-Dur mit sixte ajoutée, also d – fis – a – h) im punktierten Rhythmus (0:00/0:00). Sofort folgt eine überraschende Wendung nach Fis-Dur (phrygischer Halbschluss), Generalpause. Ein zweiter Gedanke hebt in h-moll an (0:20/0:17), findet aber mit Motivik des ersten schnell in Dur-Gefilde zurück. – Bei 0:53/0:50 beginnt die Überleitung zum zweiten Thema, der tragende Gedanke in H-Dur wird ausführlich entfaltet, nach der 1. Violine darf ihn auch das Cello vortragen. Eine Kadenzformel mit dem hartverminderten und verkürzten Dominantseptnonakkord (1:15/1:12) scheint nach Es-Dur (!!) leiten zu wollen …


    (Der hartverminderte verkürzte Dominantseptnonakkord von Es-Dur hat – enharmonisch verwechselt – dieselben Töne wie ein Sekundakkord auf d, also E7, ist aber hier B7 ohne Grundton, mit kleiner Non und verminderter Quint und steht auf der Terz: d – as – ces – fes.)


    … wird jedoch sequenzartig fortgesponnen, und das rhythmische Motiv wird – oh Wunder – zum zweiten Thema in der Bratsche (1:30/1:25), welches aber in H-Dur beginnt und schnell – mit Übernahme durch die 1. Violine – nach D-Dur moduliert. Das ist nicht ganz lehrbuchgemäß: Als Nebentonart wurde eindeutig H-Dur eingeführt statt der Dominante A-Dur. Ab 1:50/1:44 folgt die Schlussgruppe in h-moll/H-Dur, das erste Thema wird darin nochmals angespielt. Nur das Aron-Quartett spielt die „erste Klammer“ samt Wiederholung der Exposition, das LaSalle-Quartett geht sofort in die „zweite Klammer“, in der eine überraschende harmonische Wendung (Dominantseptakkord von F-Dur) die Exposition beendet – Generalpause.


    Bei 2:19/4:27 beginnt dann die Durchführung mit dem ersten Thema in F-Dur, doch rasch wird weiter moduliert und in vielfältiger Weise kontrapunktisch gearbeitet, Sequenzen überschlagen sich, bis das Stück wiederum mit der Kadenzformel des hartverminderten Dominantseptnonakkordes einen Ruhepunkt zu finden scheint (um 3:00ff/5:02ff). In der Folge hat zunächst das Überleitungsmotiv das Wort. Nach einigen Generalpausen gibt es Andeutungen des ersten Themas, die die Reprise vorbereiten. Diese beginnt ab 3:52/6:04 mit dem ersten Thema im Cello, welches von jubelnden hohen Streichern umspielt wird. – Der Überleitungsgedanke steht dieses Mal in D-Dur (4:30/6:42), zuerst in der Bratsche, dann in der 1. Violine. Dann wiederum die Kadenzformel mit dem Hartverminderten, schließlich das zweite Thema in D-Dur (5:07/7:17), wie sich das gehört. - Die Coda beginnt dann nach einer weiteren Generalpause bei 5:58/8:09.


    Der kurze zweite Satz, ein Intermezzo mit der Tempovorschrift Andantino grazioso, ist dreiteilig in A - B - A‘ - Form angelegt. Die Bratsche eröffnet mit dem ersten Thema in fis-moll (0:00/0:00). Nach einer Generalpause (sie sind häufig in diesem Werk … ) folgt eine Stelle mit einer raffinierten Instrumentierung, die die Klangwelt der „Verklärten Nacht“ op. 4 vorwegzunehmen scheint (0:20/0:24). Dann setzt die Bratsche wieder an und spinnt den Faden mit einem zweiten Motiv fort, die Musik bewegt sich nach A-Dur. Bei 0:46/0:54 übernimmt die erste Violine die Führung mit dem anfangs gehörten Thema, wiederum in fis-moll. In dieser Tonart schließt der A-Teil auch. – Der B-Teil beginnt ab 1:13/1:24 mit gesteigerter Bewegung, die erste Violine führt zunächst, doch wechselt sie sich bald mit der Bratsche ab. Nach eine kurzen Überleitung mit weiteren Generalpausen sind wir bei 2:03/2:19 im A‘-Teil, der zunächst den A-Teil notengetreu wiederholt, soweit ich das höre, jedoch überraschenderweise in Fis-Dur endet, worauf eine kleine Coda (ab 3:15/3:41) den Satz in dieser Tonart beschließt. – Nachdem h-moll/H-Dur die eigentliche Nebentonart des Kopfsatzes war, ist fis-moll/Fis-Dur für das Intermezzo eigentlich die logische Wahl.


    Der dritte Satz ist ein Variationensatz in b-moll. Fast nach Art eine Chaconne oder Passacaglia beginnt das Cello alleine – und in der Tat könnten diese acht Takte als Variationenbass dienen, die ungerade Taktart (3/4?) verstärkt diesen Eindruck. – Aber das Thema besteht aus zweimal acht Takten, die Bratsche kommt hinzu und rundet das Thema mit weiteren acht Takten ab. (Bem.: Die Taktart könnte auch 6/8 sein – dann wären es zweimal vier Takte. Das kann ich ohne Partitur nicht sagen.)


    Bei 0:32/0:32 beginnt die erste Variation, eine Violine hat zunächst das Thema, wenn ich richtig höre, sind in dieser Variation nur drei Streicher am Werk.


    Auch die zweite Variation (ab 1:02/1:03) scheint zunächst nur drei Musiker zu beschäftigen, das Thema ist in der Mittelstimme versteckt. Wesentlicher ist, dass Schönberg hier das Prinzip der zweimal acht Takte aufbricht. Sowohl die ersten also auch die zweiten acht Takte werden jeweils in variierter Form wiederholt, wir haben also viermal acht Takte in a-a-b-b-Folge.


    Die dritte Variation beginnt dann erst bei 1:54/2:00 mit heftigen triolischen Figuren. Auch hier a-a-b-b.


    Die vierte Variation (2:50/2:48') hebt mit Komplementärrhythmen zwischen 1. Violine an Mittelstimme an, ebenfalls a-a-b-b, die Bewegung wird nochmals gesteigert.


    Mit der fünften Variation (3:57/4:07) wendet sich die Musik nach Dur, wird deutlich ruhiger und steht in einer geraden Taktart. Ein metrischer Stolperer ist auch eingebaut, nämlich ein überzähliger halber oder ganzer Takt im Übergang zur zweiten Hälfte der ersten Hälfte des Themas. Wiederum ist die Form a-a-b-b.


    Der Übergang zur sechsten Variation ist verschleiert, bei 5:59/6:24 hebt eine Violine mit der Urform des Themas an. Die Form ist wieder a-b, die Taktart ist wieder ungerade. Eine kleine Coda lässt den Satz ruhig verklingen.


    Die Form des vierten Satzes erinnert zwar an eine Sonatenhauptsatzform, das erste Thema wird jedoch eigentlich nicht durchgeführt, sondern tritt jedesmal weitgehend unverändert auf. Daher ist wohl „Sonatenrondo“ der treffendere Begriff.


    Zuerst ist jedoch ein Motto zu hören, das an das erste Thema von Dvoraks Cellokonzert erinnern mag (0:00/0:00). Bei 0:06/0:07 folgt dann das erste Thema, vorgetragen von der Bratsche, die 1. Violine übernimmt sogleich. Das Motto leitet die weitere Fortführung ein, bis das erste Motiv des ersten Themas die Gruppe beschließt. Bei 0:42/0:42 ist die Überleitung zum zweiten Thema anzusetzen, jenes beginnt bei 0:57/0:56 und steht in a-moll. Bei 1:24/1:19 folgt die Schlussgruppe.


    Die „Durchführung“ hebt mit dem Motto an (1:40/1:35), um sofort das erste Thema folgen zu lassen. Die danach folgenden Takte haben dann tatsächlich Durchführungscharakter. Bei 2:37/2:27 beginnt bereits die Reprise, bei 3:12/3:00 folgt das zweite Thema, nun in d-moll. Ein vorletzter Einsatz des Mottos bei 3:54/3:40 leitet über zur Coda à la Stretta.


  • Beide Aufnahmen des Streichquartetts Nr. 0 D-Dur von 1897 sind in umfangreichen Boxen enthalten. So wird dieses frühe Werk nur in wenigen Fällen den Ausschlag zur Anschaffung geben - ich fasse mich kurz:


    Ich fühle mich durch beide Einspielungen gut über das Werk informiert. Das Weglassen der Wiederholung der Exposition im Kopfsatz in der Aufnahme des LaSalle Quartet ist natürlich nicht in Ordnung. Das Aron-Quartett profitiert von besserer Klangtechnik und scheint mir auch mehr musikantischen Schwung für die Dvorak-nahen Ecksätze mitzubringen. Darum ist deren Einspielung mein Favorit.

  • Das in Köln ansässige Asasello Quartett, dessen Mitglieder aus verschiedenen Ländern kommen, haben im letzten Jahr auf Genuin eine Doppel-CD mit den vier nummerierten Streichquartetten von Arnold Schönberg herausgebracht. Inzwischen sind mehrere Rezensionen erschienen, die die Darbietungen in ein sehr günstiges Licht rücken (a, b). Zeit sich mit diesen Werken wieder einmal näher zu beschäftigen?


    16.11.2016: Für die Einspielung der Streichquartette Arnold Schönbergs erhält das Asasello Quartett den renommierten, unabhängigen Kritikerpreis Preis der deutschen Schallplattenkritik. In der Bestenliste 4/2016 wird die CD „Insights" in der Kategorie "Kammermusik" als beste Einspielung des vierten Quartals 2016 ausgezeichnet.


    "Schönbergs Streichquartette sind keine kleine Nachtmusik. An intellektueller Wachsamkeit fordern sie viel von den Interpreten", schreibt Jury-Mitglied Thomas Rübenacker. "Umso verblüffender, wie selbstverständlich sie auch klingen können, bei allem analytischen Durchdringen dominant spielerisch und immer dem Hörer zugewandt. Hier bewährt es sich, dass das noch junge Asasello-Quartett von Walter Levin trainiert wurde, Gründungsmitglied des mit neuer Musik vertrauten LaSalle Quartets."


    Auch die GENUIN-Künstlerin Eva Resch wird von Rübenacker lobend erwähnt: "Im zweiten Streichquartett fis-moll, das mit der Vertonung zweier Gedichte von Stefan George zur Kantate wird, einer Grabplatte über der Ehe des Komponisten, tritt die Sopranistin Eva Resch hinzu. Ihr hinreißender Vortrag, der auch nervöses Flackern der Faktur nicht unterschlägt, vollendet diese „neue“ Interpretationsidee." (Info: Genuin)

  • "Die Arbeit an den Schönber--Streichquartetten war so etwas wie ein Tauchgang. Ruhig bleiben und gleichmäßig atmen, wenn man an den Riffen entlang zieht und diese farbige Miniaturwelt bestaunt: kleine Korallenbäumchen mit winzigen Fischen im Geäst, dann den Kopf wenden, den Blick ins unendliche Blau, ein Napoleonfisch zieht vorbei, Mikrokosmos/Makrokosmos alles gleichzeitig und von allem zu viel, weil das Leben so ist."


    So poetisch beschreibt das Asasello Quartett seine Auseinandersetzung mit den vier Streichquartetten von Arnold Schönberg (das frühe 0. Quartett in D-Dur) wurde nicht aufgenommen). Und so klingt die Aufnahme auch, nichts harsches, kratzbürstiges, demonstrativ Modernes haftet ihr an, sondern wir hören ein fast sinnliches Quartettspiel auf höchstem Niveau.


    Das erlaubt auch, mit dem Schwierigeren anzufangen, die erste CD startet nämlich mit dem vierten Quartett. Dieses wie auch das dritte sind rein dodekaphon komponiert, schwierig zu hörende Werke, die auch oft spröde herüberkommen. Nicht so hier.

  • Das Kuss-Quartett hat kürzlich diese Scheibe herausgebracht:



    Aus einer Rezension:
    »Für den Komponisten war das Werk Meilenstein und Wendepunkt seines Schaffens, an dem er seinen eigenen Stil gefunden hat. Auf seiner neuen CD stellt das Kuss Quartett Schönbergs Werk dem 3. Streichquartett von Brahms gegenüber. Verstärkt wird das Ensemble diesmal von Mojca Erdmann, die ausgewählte Lieder Schönbergs interpretiert.«

    Einer der erhabensten Zwecke der Tonkunst ist die Ausbreitung der Religion und die Beförderung und Erbauung unsterblicher Seelen. (Carl Philipp Emanuel Bach)

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