Eine feste Wiener Institution: JULIUS PATZAK

  • Lange habe ich die Tamino-Suchfunktion rauf und runter bemüht, um mehr Infos über Julius Patzak zu bekommen - er hat tatsächlich keinen eigenen Thread, wird nur ab und an mal erwähnt.



    Um dem abzuhelfen, hier jetzt der Julius-Patzak Thread, beginnend mit einem kurzen Lebenslauf:


    Zitat

    Patzak, Julius, österreichischer Tenor, * 9.4.1898 Wien, † 26.1.1974 Rottach-Egern.
    Er begann eine Ausbildung als Dirigent; als Kirchenmusiker und debütierte 1926 als Autodidakt in Reichenberg als Radames.
    1928 kam er an die Münchner Staatsoper, der er bis 1947 angehörte. Dort sang er italienische Partien, wurde bekannt durch seine Mozart-Interpretationen und wirkte in den Uraufführungen von Pfitzners Herz (1931), Strauss' Friedenstag (1938 ) und Orffs Mond (1939) mit.


    Danach war er bis 1959 Mitglied der Wiener Staatsoper, wo er das gesamte Repertoire von Pinkerton bis Lohengrin und Palestrina, einschließlich Operettenpartien, sang.
    In London war er 1951–54 Florestan und Hoffmann; zog es ansonsten vor, innerhalb des Wiener Ensembles aufzutreten. In Salzburg sang er ab 1943 Belmonte, Tamino, 1957 trat er in der Uraufführung von von Einems Dantons Tod auf.


    Daneben war er auch ein bedeutender Oratorien- und Liedsänger in der Nachfolge Karl Erbs, mit dem ihn auch der durchgeistigte Vortrag bei relativ bescheidenen Stimmmitteln verband.

    (Quelle: Reclams Opernlexikon, S. 5904 (c) 2001 Philipp Reclam jun.)



    Ich hoffe auf zahlreiche Beiträge vieler Taminos!

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Julius Patzak,


    Fidelio 1950 unter Furtwängler mit Flaggstadt, Schöffler, Greindl, Dermota, Braun: fonoforum: "Überwältigend Patzak: Er beweist, dass man auch mit wenig Stimme viel Eindruck machen kann.
    Eine von drei CD's Elisabeth Furtwänglers für die einsame Insel."


    1948 Fidelio unter Furtwängler mit Schlüter, Schock, della Casa, Frantz und Edelmann.


    Arabella unter Böhm, schöne Müllerin mit Raucheisen, Fledermaus und Zigeunerbaron unter Kraus.


    Goßartiger Sänger in der Nachfolge von Karl Erb.



    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Mein lieber Harald!


    Zu diesem Sänger habe ich mich an anderer Stelle schon einmal geäußert. Mit meinem Vater, der Patzak persönlich kannte, hatte ich hierzu heftige Auseinandersetzungen. Ich liebe Julius Patzak auch, aber nicht in allen Opernpartien. Seine Stimme war leicht und hatte keinen großen Umfang. Er hat dieses Manko durch seine hervorragende Technik und sein Einfühlungsvermögen kaschiert. Hervorragendes hat er im Liedvortrag geleistet. Auch sein Palästrina suchte neben Karl Erb seinesgleichen. Außerdem lagen ihm lyrische Partien wie Lionel, Hans und Fenton. Aber in schweren Verdi- und Puccinipartien schätzte ich ihn nicht so sehr.


    Gruß Wolfgang.

    W.S.

  • Nicht zu vergessen die legendäre Aufnahme des "Lied von der Erde" neben Kathleen Ferrier unter Bruno Walter mit den Wiener Philharmonikern. - Seine "Schöne Müllerin" ist den Liedfans vielleicht noch wertvoller als die bereits genannte "Winterreise", erhältlich beim Tamino-Werbepartner:


  • Seine Operetten- und Wienerlied-Aufnahmen (Preiser PR89174) zählen für mich zu den charmantesten und berührendsten Aufnahmen überhaupt.
    Der Tito Schipa des deutschen Sprachraumes.


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  • Es ist sehr schade, dass ein Sänger wie Julius Patzak, der Zeit seines Lebens unzählige Liederabende gegeben hat, auf diesem Sektor so wenig hinterlassen konnte. Was für ein Glück, dass wenigstens jemand die Initiative ergriff und den Pensionisten Patzak überredete, noch einmal für eine Winterreise ins Studio zu gehen. Ohne Patzaks Aufnahme wäre die Winterreise-Diskographie um ein Juwel ärmer.


    Die mehrmals formulierte These vom intelligenten Sänger mit begrenzten Mitteln lässt mich immer an eine Ankdote denken, die Burgschauspieler Rudolf Buczolich bei einem Publikumsgespräch erzählte. Als er sich am Anfang seiner Schauspieler-Karriere auch für das Musical interessierte - für Rollen, die im Bereich eines Schauspielers liegen (so verkörperte er vor ca. 15 Jahren in einer sehr erfolgreichen Grazer Aufführungsserie einen exzellenten Henry Higgins), nahm er Gesangsunterricht bei Julius Patzak. Als er bei ihm vorstellig wurde, um trotz seiner sicherlich ungenügenden stimmlichen Mittel doch ein wenig Gesangstechnik beigebracht zu bekommen, wischte Patzak das Stimmproblem mit einer Handbewegung und einem charakteristischen Ausspruch vom Tisch:
    Stimm' brauchst kane, Burli. Singen muasst können!

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


  • Patzak dürfte wohl ein Fall für die Schellack-Restauratoren sein. Aber wenn ich das richtig überblicke gibt es einiges von Patzak bei Preiser. Die Aufnahmen aus den späten 1920er und den 1930er Jahren sind allemal eine Empfehlung. Seine Stimme die später einen unverkennbaren metallischen Klang hatte kommt bei den frühen Aufnahmen von "Was bin ich aufgewacht" aus Werther oder dem Strauß-Ständchen ("Mach auf, mach auf, doch leise mein Kind") noch wunderbar weich.


    Kennengelernt habe ich die markante Stimme von Julius Patzak als Tenor in der 9. Sinfonie von Ludwig van Beethoven. Die "Wiener-Lieder" hat er rech spät noch eingespielt; eine sehr schöne Platte, wie ich finde.
    Liebe Grüße vom Thomas

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat von Thomas Pape

    Patzak dürfte wohl ein Fall für die Schellack-Restauratoren sein.


    Richtig, lieber Thomas!


    Das ist z. B. ein Prachtstück für den Schellack-Freund:


    Gioacchino Rossini
    Der Barbier von Sevilla
    Oper in zwei Akten
    Als Kurzoper für die Heimbühne eingerichtet von
    Hermann Weigert und Hans Maeder
    deutsch gesungen


    Graf Almaviva : Julius Patzak
    Figaro, Barbier : Armin Weltner
    Doktor Bartolo : Eduard Kandl
    Rosine, dessen Mündel : Sabine Meyen
    Fiorille, Bediensteter des Grafen : Karl Anders
    Basilio, Musikmeister : Martin Abendroth
    Marzelline, Beschliesserin : Ida v. Scheele-Müller
    Ein Offizier : Waldemar Henke
    Ein Notar : Carl Walter


    Mitglieder des Chors und des Orchesters der Staatsoper Berlin
    Dirigent: Hermann Weigert
    Auf vier doppelseitigen Platten elektrisch aufgenommen:
    Grammophon 95282/285 (1929)
    (38 Minuten)


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Auch ich würde eher die charakterische, unverwechselbare Stimme in den Mittelpunkt stellen als von "begrenzten stimmlichen Mitteln" sprechen.


    Gern stelle ich nochmal die Preiser CD mit Operettennummern und Wienerliedrn in den Mittelpunkt und unterstreiche das von La Gioconda gesagt. Zudem enthält diese Zusammenstellung neben gängigem Repertoire auch einige heute kaum mehr gespielte (bzw aufgenommenen) Stücke, so zb. "Nur für Natur" aus der Operette "Der Lustige Krieg" von Johann Strauß, eine Nummer mit der um die Jahrhunderwende Alexander Girardi Triumphe feierte.



    Und hier ein weiteres Stimmportrait, mit vorzugsweise OpernArien



    Alternativ, in etwas das gleiche Programm, jedoch mit einer zweiten CD



    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • Harald, Vielen Dank für diesen Thread !


    Als ich gestern den Thread über Ute Vinzing eröffnete, hatte ich auch eine andere wichtige Sopranistin im Hinterkopf, nämlich die Bundschuh und bei den Männerstimmen vorallem Patzak.


    Ich habe leider keine gute Ordnung in meinem "Archiv"........deswegen
    beschränke ich mich zunächst auf zwei Beispiele seiner Gesangskunst, die auch z.Zt. zu erwerben sind.....und die m.E. in eindrücklicher Weise die herausragende Gestaltungskunst von Julius Patzak zeigen.


    Zum einen in BITTNER's "Der BERGSEE" in dem er zwar nicht mit "richtigen Arien" glänzen kann....auf pointierten narrativem Gebiet allerdings einfach exemplarisch darzustellen vermag.
    Ich schätze dieses relativ unbekannte kurze Stück Oper. Als "Grünhofer" hetzt er die Bauern gegen den feudalen Landesherrn auf (nach einer historischen Begebenheit im Salzburg Land um 1525).... Fast "wienerisch" in seiner Art gesungen, mit ketzerischem Unterton.




    Eine der größten Darstellungen in der Interpretationsgeschichte ist für mich sein "Palestrina". Ich kenne und besitze 2 Aufnahmen mit ihm: unter Richard Kraus (dem auch ein eigener Thread gehören sollte) mit dem großartigen Gottlob Fick als Papst Pius, dem jungen Dieskau als Morone, Frantz, Hotter, Kusche, Schlemm, Litz... (vom WDR Köln)


    Die zweite Aufnahme unter Robert Heger gefällt mir insgesamt allerdings besser. Ich kann es nicht gut begründen...aber Robert Heger (nicht gerade einer meiner favorisierten Dirigenten) trifft dieses post-wagnerianische Idiom m.E. besser.
    Es ist ein Mitschnitt aus dem Prinzregententheater vom 24.7.1951. Vielleicht ist der Charakter der LIVE-Aufnahme, die mir das Gefühl gibt, die Aufnahme sei im wahrsten Sinne des Wortes aus einem Guß.


    Für mich ist die Darstellung des Palestrina durch Patzak nicht nur die eindeutig beste der mir bekannten 7 Aufnahmen dieser Oper, sondern ein Highlight in meiner gesamten Sammlung.


    Gruss............."Titan"

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  • Einen wahren Hammer habe ich gestern bei youtube entdeckt. Julius Patzak alias Herodes bekommt von Maria Kouba alias Salome gesteckt, dass sie das Haupt des Jokanaan von ihm fordert. Sowohl stimmlich als auch darstellerisch absolut überwältigend.


    Frage 1: gibt es diese TV-Aufzeichnung als DVD?
    Frage 2: nie zuvor den Namen Maria Kouba gehört. Wenn man sich ihre Salome-Darstellung ansieht und -hört (youtube bietet noch das Finale der Oper an), frage ich mich warum???


    Liebe Grüße vom Thomas

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Lieber Thomas,


    die Dame hieß Maria Kouba, Jg. 1924, sie hat als "Salome" in der ganzen Welt Erfolge gefeiert.


    Zitat von Kutsch Riemens

    Es ist unverständlich, daß von der Stimme der Sängerin, keine kommerziellen Schallplatten vorhanden sind, doch ist damit zu rechnen, daß Mitschnitte von Aufführungen veröffentlicht werden.


    Sie stammt aus Altenmarkt, Österreich und war bis 1962 in Graz engagiert und ging dann nach Frankfurt, wo sie mehr als 20 Jahre blieb und von dort aus weltweit gastierte. Sie war in erster Ehe mit dem tschechischen Dirigenten Stephan Kouba (1919-92) verheiratet.


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Bisher haben wir hier hauptsächlich von Aufnahmen mit Julius Patzak gesprochen, die bis in die Schellack-Zeit zurückreichen.


    Vor mir liegt eine DVD; sozusagen ein "Spätwerk" des Sängers.
    Es handelt sich um eine ZDF-Produktion aus dem Jahre 1964 -


    DER EVANGELIMANN
    Oper von Wilhelm Kienzl


    Inszenierung: Herbert List
    Bühnenbild: Ekkehard Grübler
    Musikalische Leitung: Kurt Eichhorn


    Theater am Gärtnerplatz, München, 1964


    Hier singt Julius Patzak den Matthias Freudhofer, Hedi Klug die Martha und Eva-Maria Görgen die Magdalena.


    Eine sehr schöne Inszenierung und eine bleibende Erinnerung an den Sänger Julius Patzak, der zum Zeitpunkt der Aufnahme schon im Rentenalter war!


    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • In der Rolle des Matthias Freudhofer ist mir von allen mir bekannten Aufnahmen Julius Patzak am liebsten, er verkörpert diese Rolle glaubwürdig wie kein anderer. Das ZDF hat das in der oben erwähnten Aufzeichnung aus dem Münchner Gärtnerplatztheater unter Kurt Eichhorn dokumentiert:



    Wilhelm Kienzl
    DER EVANGELIMANN
    (Aufführung des Bayrischen Staatstheaters am Gärtnerplatz, München), 1964


    Friedrich Engel, Justiziar – Heinz Herrmann
    Martha, dessen Nichte – Hedi Klug
    Magdalena, deren Freundin – Eva-Maria Görgen
    Johannes Freudhofer, Schullehrer – Heinz Friedrich
    Matthias Freudhofer (= Evangelimann) – Julius Patzak
    Xaver Zitterbart – Ekmar Veit
    Anton Schnappauf – Werner Kotzerke
    Friedrich Aibler – Fritz Graas
    Frau Aibler – Evamaria Vilbig
    Hans, ein Bauer – Heinrich Thoms
    Frau Huber – Emilie Guggemos


    Kinderchor von St. Wolfgang, München
    Leitung: Pater Johann Schwägerl
    Musikalische Leitung: Kurt Eichhorn


    Für mich das wichtigste Dokument in meiner Sammlung mit Aufnahmen von Julius Patzak.


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Die gesamte Salome-Aufnahme mit Kouba, Patzak und dem unübertrefflichen Hans Hotter wurde vonr Jahren vom ORF gesendet und zirkuliert in Sammlerkreisen.


    Lieber Harald, zu Deiner Wertschätzung von Patzak als Matthias habe ich doch einen kleinen Einwand. Wenn die Aufnahme auch nur als Querschnitt existiert, ist für mich Sandor Konja doch weitaus stimmschöner (man höre sich an: "Johannnes, ich verzeihe dir!") und steht Patzak (soweit sich das aus einer reinen Ton-Aufnahme schliessen lässt) auch darstellerisch dem damals schon recht alten Patzak in Nichts nach.


    Für mich bleibt Patzak in erster Linie als "Palestrina" das Mass, an dem sich alle Nachfolger messen müssen.

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  • Hallo, m.joho!


    Das kann ich so nicht stehenlassen. Die von Dir angeführte Aufnahme von "Salome" besitze ich nicht. Aber eine andere, wahrscheinlich ältere Aufnahme von "Salome" mit Julius Patzak und Christel Goltz in der Hauptrolle ist für mich unübertrefflich!



    Gruß Wolfgang

    W.S.

  • Pardon Wolfgang,


    Aber gegen Patzak als Herodes habe ich gar nichts gesagt. In dieser Rolle finde ich ihn nämlich auch grossartig!!


    Gruss zurück!

  • Heute vor 115 Jahren geboren:


    Julius Patzak (* 9. April 1898 in Wien; † 26. Januar 1974 in Rottach-Egern) war ein österreichischer Opern- und Liedsänger (Tenor).



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Besonders hinweisen möchte ich auf Franz Schmidts Oratorium Das Buch mit sieben Siegeln, das Patzak unter Anton Lippe und den Münchner Philharmonikern 1962 im Grazer Stefaniensaal aufgenommen hat, und natürlich auch auf Salmhofers Heiteres Herbarium (Text: Waggerl) aus 1956, wo er vom Komponisten am Klavier begleitet wird.


    Die besonders charakteristische Stimme und das Gestaltungsvermögen Patzaks beeindrucken bei jedem Wiederhören aufs Neue.

    Arrestati, sei bello! - (Verweile, Augenblick, du bist so schön!)

  • Mir geht das auch so, lieber Milletre - obwohl diese Stimme für mich immer wieder aufs Neue gewöhnungsbedürftig ist. Neulich habe ich mir seinen Adam im "Vogelhändler" hervorgesucht, woran sich auch herummäkeln ließe. Aber wie das gesungen ist, wie genau, wie leicht - das ist einfach genial. Mir kommt es immer so vor, als tanze Patzak auf den Noten.


    Ich muss mir die "Schöne Müllerin" neu zulegen, auf die weiter oben verwiesen wird. Ich hatte meine alte LP ausrangiert, weil die Aufnahme ja in die Raucheisen-Liededition von Membran übernommen wurde. Jetzt höre ich endlich hinein und traue meinen Ohren nicht. Die Überspielung ist völlig verunglückt, viel zu tief, viel zu langsam. Alles ist hin.


    Herzliche Grüße nach Wien von Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

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  • Heute vor 40 Jahren ist er am Tegernsee gestorben;


    Julius Patzak (* 9. April 1898 in Wien; † 26. Januar 1974 in Rottach-Egern) war ein österreichischer Opern- und Liedsänger (Tenor).



    Hier ein Radio-Tipp für kommenden Dienstag:


    Di, 28. Januar, 15:05 Uhr - Ö 1
    Apropos Musik
    mit Gottfried Cervenka
    Julius Patzak - zum 40. Todestag


    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Eine meiner meistgespielten Aufnahmen mit Patzak ist dieser "Zigeunerbaron". Allerdings nicht diesen Querschnitt, sondern die Gesamtaufnahme:


    W.S.

  • Die von "La Goiconda" und mir empfohlenen Preiser CDs sind bereits nicht mehr lieferbar. Wohl dem, der sie hat. Wenigstens einige Titel daraus finden sich auf der soeben veröffentlichten DECCA-Aufnahme, die hier abgebildet ist. Die Aufnahmen stammen aus den Jahren 1950-53 und klingen für ihr Alter relativ gut, vor allem die Stimme ist unverfärbt, ihr typisches Timbre gut erkennbar. Hier wurden (was ich nich so sehr liebe) Opernarien, mit Operette und Wienerlied gemisch. Immerhin ein Stimmportrait - noch dazu zu einem moderaten Preis (derzeit 7.99 Euro).


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Im Gegensatz zu Dir, lieber Alfred, liebe ich solche gemischte musikalische Kost über die Maßen auch wenn sie in diesem konkreten Fall schon etwas krass ausgefallen ist. Dafür hören wir aber die Übernahmen von alten Schallplatten 1:1. Das ist ganz wichtig bei dieser schönen Decca-Serie. Die etwas wüst anmutenden Zusammenstellungen sind auch der Tatsache geschuldet, dass es sich bei den Originalen oft um die mittleren LPs handelte oder gar um Singles. Was Patzak schließlich in den acht Wiener Heurigen-Lieder mit dem Schrammel-Quartett veranstaltet, ist auch nach mehr als sechzig Jahren, die seit der Aufnahme vergangen sind, ein Wunder an gesanglichem Raffinement. Er beschwört mit seinem Wienerischen Dialekt, den er idiomatisch vollkommen beherrscht, die Epoche herauf, in der diese Lieder entstanden – nämlich als Reaktion auf die großen urbanen Umwälzungen der Stadt in der Mitte des neunzehnten Jahrhunderts. Es schwingt viel Melancholie darin, Sehnsucht nach der guten alten Zeit, die aber so gut nun auch wieder nicht gewesen ist in Patzaks Interpretation. Wer genau hinhört, entdeckt diesen Zweifel als feine Ironie. In diesen Liedern erweist sich Patzak als Meister der Zwischentöne und der Gesangslinie. Hätte Patzak nur diese Lieder eingespielt, er hätte einen Platz im Sänger-Olymp sicher.


    Eine wunderbare Serie! :)


    Gruß Rheingold

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ich möchte daran erinnern, dass Julius Patzak, der am 9. 4. 1898 in Wien geboren wurde, am 26. Januar 1974 in Rottach-Egern starb.


    Heute ist sein 41. Todestag.


    Da Theophilus ja schon im Beitrag Nr. 6 auf sein Liedschaffen hingewiesen hat, möchte ich als Erinnerung heute diese Doppel-CD nennen:

    Da ich sie bisher nicht in meiner Sammlung hatte, habe ich sie heute bestellt. Seine eindringliche Interpretation von "Trockne Blumen" aus der "Schönen Müllerin" ließ mich direkt an Fritz Wunderlich denken.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

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  • Die Aufmachung der CD, die Willi im Januar im Gedenken an Julius Patzak eingestellt hatte, wirkt auf mich verstörend. Es hat den Anschein, als würde Patzak als Gottvater aus seinem Himmel auf die Erde herabblicken. Erst wenn das Booklet entfaltet wird und die Rückseite betrachtend hinzu kommt, tritt in einem Ausschnitt das Gemälde „Der Mönch am Meer“ von Caspar David Friedrich hervor (Foto oben), in das das Konterfei des Sängers hineinmontiert wurde. Es drängt sich einem nicht auf, von diesem berühmten Bild auf Franz Schuberts Die schöne Müllerin und Winterreise zu schließen. Offenbar soll für die Einsamkeit in beiden Liederzyklen ein bildhafter Ausdruck gefunden werden. Etwas anderes fällt mir nicht ein. Doch diese Lieder sind für mich das glatte Gegenteil der romantischen Monumentalität des Gemäldes. Sie sind intim und in sich gekehrt.


    Das ist auch der Ansatz von Patzak, seine schmale Stimme lässt gar keine andere Wahl. Seine Müllerin war über Jahre die Reverenz. Ich hatte die Platte schon als junger Mensch in meiner bescheidenen Sammlung, weil alle sie hatten, fand zunächst aber gar keinen Zugang. Ich hielt die Interpretation für eigenbrötlerisch und altmodisch. Und zu sperrig. Meine Offenbarung in frühen Jahren war der junge Fritz Wunderlich. Er schien mit seiner Stimme die ganze Welt umarmen zu wollen. Seine gute Laune gewann selbst diesen traurigen Liedern eine ganz neue Seite ab. In der Jugend, wo Fröhlichkeit und Traurigkeit oft eng beieinander sind, kommt das gut an. Patzak ist intellektueller und damit anstrengender, er fordert beim Zuhörer mehr Geduld und Ausdauer ein. Nicht, dass er die Lieder seziert. Mitunter ist er aber nahe dran. Er lotet jeden Buchstaben aus, singt betont auf die Vokale hin, um dadurch die Konsonanten zum Klingen zu bringen. Es schwingt, wenn er ein N singt oder ein M oder ein G. Das muss nicht jedermanns Sache sein, große Kunst im Vortrag ist es allemal. Auch nach so langer Zeit, denn die berühmte Aufnahme mit Michael Raucheisen am Klavier entstand immerhin 1943 beim Reichsrundfunk in Berlin. Eine zweite, von Walter Klien begleitete Einspielung, stammt von 1954.


    Im Laufe der Jahre waren von der ersten Aufnahme, die gemeinhin als die gelungenere gilt (auch bei mir), etliche LP-Ausgaben im Umlauf, auch das DDR-Label Eterna hatte diese Müllerin im Katalog. Leider ist die Überspielung auf CD im Rahmen der großen Raucheisen-Edition bei Membran total verunglückt. Patzak ist dort nicht wiederzuerkennen, er klingt dumpf, viel zu dunkel und schleppend. Fast wie ein Bass. Deshalb ist die Neuauflage bei Preiser Records willkommen, weil sie so wunderbar transparent ist. Preiser hat sich für eine Kopplung mit der Winterreise entschieden, die 1964, also gut zwanzig Jahre später, in Wien entstand. Um diese Zeit hatte Patzak seine aktive Karriere bereits beendet. Der Verschleiß im Vergleich mit der früheren Produktion ist nicht zu überhören, wenngleich das Timbre so unverwechselbar ist wie eh. Über beide Dokumente sind im Forum bereits viele Worte verloren worden.


    Mich beeindruckt die Ehrlichkeit des Sängers. Er versucht gar nicht erst zu tricksen, er bekennt sich zu seinen Defiziten und setzt sie offensiv als Ausdrucksmittel ein. Geblieben ist die Hinwendung zum Detail, der genaue, sinnstiftende Umgang mit der Sprache. Wenn man – um nur ein Beispiel zu nennen – nicht wüsste, was ein Totenacker ist, Patzak kann das aus der Mode gekommene Wort allein durch Ausdruck erklären. Begleitet wird er von Jörg Demus, der den Jahren nach der Sohn hätte sein könnte. Sein Spiel ist sensibel, immer an den beschränkten Möglichkeiten des vortragenden Sängers orientiert. Für mich ist die Zusammenstellung dieses CD-Doppelalbums allein wegen des Zeitraums, den die Aufnahmen beider Zyklen umfassen, gut gewählt.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Eigentlich alles, was du sagst, lieber Rüdiger, habe ich genauso empfunden. Gerade bei der Auswahl dieser Doppel-CD habe ich längere Zeit mit dem Durchhören sämtlicher Hörbeispiele verbracht. Bei der Schönen Müllerin beginne ich bei einer neuen Aufnahme immer mit dem Lied "Trockene Blumen", weil Wunderlich da m. E. die ganze Ausdrucksskala von tieftraurig bis freudestrahlend in komprimierter Form absolutt überzeugend darbot. Und genauso überzeugend war das für mich, zumindest, das, was zu hören war, bei Patzak. Weiterhin beeindruckte mich bei der älteren Aufnahme die Natürlichkeit der Tongebung. Bei der Winterreise beginne ich immer mit dem Lied Nr. 21 "Das Wirtshaus".
    Die Winterreise-Aufnahme hat mich regelrecht erschüttert, einerseits durch die, wie du sagst, absolute Ehrlichkeit Patzaks, das anzubieten, was seine Stimme noch hergibt, und das bei dem Mount Everest unter den Liederzyklen, den jemand ohne Sauerstoffmaske und in leichter Sommerkleidung besteigen will, andererseits aber auch durch die überragende Begleitung von Jörg Demus. Demus ist auch der Grund, warum mir eine von den sieben Fischer-Dieskau-Winterreisen, die ich in meiner Sammlung die Liebste ist, nämlich die mit Demus.
    Ein Weiteres: Julius Patzak ist meines Wissens der einzige Tenor, der die Schöne Müllerin und Die Winterreise in einer Doppel-CD veröffentlicht hat. Fritz Wunderlich wäre der zweite gewesen, dem dies möglich geworden wäre, denn, wie im Booklet seines letzten Liederabends kurz vor seinem Tode Anfang September 1966 in Edinburgh zu lesen war, hatte er zusammen mit seinem väterlichen Freund Hubert Giesen schon mit den Proben zur Winterreise begonnen. Ich bin fest davon überzeugt, dass er mit Giesen das Gesamtergebnis der Paarungen Peter Schreier/Swjatoslaw Richter und Peter Pears/Benjamin Britten übertroffen hätte. Leider hat es nicht sollen sein.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).