Stimmen, die wir niemals hören werden - Karoline Unger

  • 7. Mai 1824 - Uraufführung von Beethovens 9. Sinfonie. Der völlig ertaubte Komponist steht mit dem Rücken zum Publikum und bemerkt am Ende den aufbrausenden Beifall garnicht. Die Sängerin der Altpartie nimmt den Maestro in den Arm und dreht ihn sanft zu den Zuschauern hin, damit er den Applaus persönlich entgegennehmen kann.


    Die Sängerin hieß Karoline Unger.



    Unger, Karoline, Alt, * 28.10.1803 Stuhlweißenburg in Ungarn (heute Székesfehérvár), † 23.3.1877 auf ihrem Landsitz La Concezione bei Florenz.


    Sie studierte in Wien bei den Pädagogen Mozzati und Bassi sowie bei Mozarts Schwägerin Aloisia Lange und bei Johann Michael Vogl, dann in Italien bei Domenico Ronconi, sowie in Wien bei Antonio Salieri. Ihren ersten Auftritt auf einer Bühne hatte sie 1819 als Cherubino in der Oper Le nozze di Figaro von Wolfgang Amadeus Mozart; große Erfolge feierte sie in ihrer Heimatstadt 1821 auch in der Oper Così fan tutte.


    Ursprünglich mit dem Dichter Nikolaus Lenau verlobt, heiratete sie später den 15 Jahre jüngeren französischen Schriftsteller François Sabatier (1818-1891), der als Übersetzer von Goethes Faust bekannt wurde.


    Sie galt als eine der größten Interpretinnen für das Belcanto-Repertoire, von Komponisten wie Rossini, Bellini und Donizetti, doch war ihr künstlerisches Gestaltungsvermögen nahezu unbegrenzt. Sie war berühmt für ihre dramatische Ausdruckskraft und die Intelligenz ihres Vortrages. Rossini faßte die Vorzüge ihrer Stimme darin zusammen, sie besitze »das Feuer des Südens, die Energie des Nordens, riesigen Atem, eine silberne Stimme und ein goldenes Talent«. Die Weite ihres Tonumfangs, der vom tiefen a bis zum dreigestrichenen d reichte, wurde als sensationell empfunden.


    Höhepunkte in ihrem Repertoire für die Bühne waren die Zerline im »Don Giovanni«, die Rosina im »Barbier von Sevilla«, die Isabella in »L'Italiana in Algeri«, die Imogine in Bellinis »Il Pirata«, die Titelrolle in »Niobe« von G. Pacini neben den Partien, die sie kreiert hatte. Sie war auch kompositorisch tätig und schrieb Lieder, Romanzen und Arietten. Im Konzertsaal galt sie als große Mozart-und Schubert-Interpretin, dessen Lieder sie meisterhaft vortrug.


    Karoline Unger gehörte zu den wenigen deutschsprachigen Sängern des 19. Jahrhunderts, die sich neben den italienischen Stars behaupten konnten. Wie viele Sängerinnen dieser Epoche sang sie ebenso Alt- wie Sopranpartien.




    LG


    :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)