Geistliche Musik, Religion und Atheismus

  • In einem anderen Thread hat Frank Georg Bechyna folgendes geschrieben:


    Zitat


    Persönlich glaube ich nicht an den durch Releigionsunterricht tradierten Gott im Sinner der christlichen Amtskirchen .
    Dennoch kann es - rein theoretisch - spekulativ einen Gott geben .
    Hat diese agnostische Haltung von mir eine direkten Einfluss auf mein Erleben von Musik ?


    Ich denke, dies ist einen eigenen Thread wert, nämlich die Frage, wie stehen Chrsiten, Atheisten oder Agnostiker eigentlich zu geistlicher Musik ?


    Ich bin ja selber ein großer Fan von J.S. Bach, der - neben weltlichen Stücken - ja überwiegend geistliche Musik komponiert hat. Ausserdem bin ich bekennder Atheist. Die Vorstellung der Existzenz eines Gottes ist mir völlig fremd, egal in welcher Form.


    Wenn ich mir aber eine gestliche Kantate anhöre, stellt sich mir unwillkürlich die Frage, ob ein gläubiger Christ diese Musik möglicherweise ganz anders erlebt, als ich. Ich achte eiegtlich nur auf die Komposition, die Struktur des Stückes, weniger auf den religiösen Gehalt. Die Inhalte erscheinen mir oft eher absurd.


    Können religiöse Menschen Inhalte in der Musik wahrnehmen, die mir möglicherweise verschlossen bleiben ? Ist für einen gläubigen Christen das Anhören geistlicher Musik auch ein Akt des religiösen Bekenntnisses ?


    Viele Grüße, Bernd


    P.S.: Wie immer gilt: sollte es einen vergleichbaren Thread bereits geben, bitte ich um Löschung.

  • Lieber Bernd,


    das ist eine vielschichtige Frage. Bei einer Messe z.B. wird der religiöse Sinn erst einmal durch den liturgischen Text transportiert. Die Musik hat dann die Funktion, diesen durch ihre "Sprache" zu verdeutlichen, ist also nur die Sinnverdeutlichung eines vorgegebenen religiösen Sinnes und nicht selber religiös. Ich glaube deshalb nicht, daß sich speziell des Musikhören eines gläubigen Mernschen von dem des Ungläubigen unterscheidet.


    Anders ist es bei der romantischen Vorstellung einer "Kunstreligion", z.B. einem religiösen Klavierstück von Franz Liszt wie "Sursum Corda" z.B. Hier soll die Musik so etwas wie religiöse "Andacht" vermitteln. Das ist aber nicht im Sinne einer Kirchenreligion gemeint, sondern in der Tradition des Pietismus (ich hatte in dem anderen Thread Schleiermacher erwähnt) eine Religiosität als Haltung ohne Kirche und sogar ohne "Gott". Das kann man deshalb durchaus auch säkular verstehen, als "ontologische Erfahrung" etwa im Sinne von Wilhelm Weischedel. Das Blau von Matisse kann unser Bewußtsein in einen Zustand der Zeitlosigkeit entrücken, was das religiöse Bewußtsein "Ewigkeit" nennt. Wie man diese Erfahrung zur Sprache bringt, ist letztlich nicht so entscheidend. Die Erfahrung der mystischen "Entrücktheit" bleibt dieselbe.


    Beste Grüße
    Holger

  • Bei mir ist es ähnlich. ich würde mich nicht als Atheisten sehen - eher als Agnostiker. Ich persönlich glaube nicht, erhebe aber die Nichtexistenz einer Gottheit nicht zu Dogma. Glauben und glauben lassen.


    Dennoch: mein Musikleben wäre ohne geistliche Werke nicht denkbar. Da das Abendland, in dem unsere Musikgeschichte sich zu 90% bewegt, ist christlich geprägt, und also höre ich viel christliche Musik: Messen, Requien, Kantaten etc.


    Bei Kantaten und Oratorien mit einer konkreten, textlichen Glaubensbotschaft stimme ich Dir zu. Allein - bei fremdsprachlichen Werken, dazu zähle ich auch lateinische Messen, glaube ich, dass die Menschen, die den Worten nicht folgen können (wer versteht denn heute noch den lateinischen Mess- oder Requientext, von musikalisch Vorgebildeten, Theologen und Altphilologen mal abgesehen), ein ähnliches Erleben haben wie bei abstrakten Werken wie dem zitieren Liszt oder einer Bruckner-Symphonie.


    Die Trostbotschaft bei Bach bleibt mir leider auch verschlossen. Aber in mir erwächst etwas wie ein Neid: ich wünschte, ich könnte an so etwas glauben, das würde mich manchmal tröste können!

  • Zitat

    Original von Dr. Holger Kaletha
    Ich glaube deshalb nicht, daß sich speziell des Musikhören eines gläubigen Mernschen von dem des Ungläubigen unterscheidet.


    Und ich glaube, es unterscheidet sich sehr wohl. Natürlich gehe ich als gläubiger Mensch ganz anders an die Texte heran, erlebe sie ganz anders, haben sie einen ganz anderen Sinn, sprechen sie mich auch bedingt durch jahrzehntelange Hörgewohnheiten (v.a. wenn es Texte direkt aus der Bibel sind) ganz anders an als einen nichtgläubigen Menschen. Und dann erlebe ich auch die Musik, wenn sie denn die Verdeutlichung eines Messe- oder Oratorientextes ist, anders. Ob intensiver ist eine ganz andere Frage.


    Als Protestant habe ich aber "Schwierigkeiten" mit liturgischer Musik des Katholizismus. Da ist mir vieles, vor allem der Text, dann eher fremd. Was bei Bach oder Brahms automatisch funkioniert, die Einheit von Text und Musik, muss ich mir bei Mozart, Haydn oder auch Beethoven, Verdi, Rossini etc. immer wieder auch erarbeiten, den Text für mich nämlich übersetzen. So entsteht für mich im Augenblick des Hörens ein leichter Bruch, den ich sozusagen intelektuell kitten muss. Das erleichtert für mich dann nicht das meditative Hören.


    Zudem höre ich Bach und Brahms in einer Kirche ganz anders als im Konzertsaal oder am CD - Player. Der Raum, der "Sitz im Leben" dieser Musik ist ganz entscheidend, damit das Werk mich wirklich umfassend ergreifen (hier eher im Sinne von Besitz ergreifen) kann.


    :hello: Gustav

  • Lieber Bernd,


    Deine Fragestellung hat mich überrascht. Tiefergehende Gedanken habe ich mir bisher zu diesem Thema nicht gemacht. Aber als Christ evangelischen Glaubens ist mir die Trostbotschaft hinter der Musik schon wichtig. Andererseits war mir immer schon klar, daß Atheisten diesen Hintergrund als unwichtig ansehen (es muß ja nicht unbedingt mit „absurd“ bezeichnet werden); aber sie werden eben „nur“ die musikalische Dramatik beispielsweise in der „Matthäus-Passion“, wahrnehmen, der Glaubensinhalt fällt für sie weg. Das muß m.E. aber nicht negativ gewertet werden.


    Wenn Travinius nun schreibt


    Zitat

    Allein - bei fremdsprachlichen Werken, dazu zähle ich auch lateinische Messen, glaube ich, dass die Menschen, die den Worten nicht folgen können (wer versteht denn heute noch den lateinischen Mess- oder Requientext, von musikalisch Vorgebildeten, Theologen und Altphilologen mal abgesehen), ein ähnliches Erleben haben wie bei abstrakten Werken wie dem zitieren Liszt oder einer Bruckner-Symphonie.


    dann stimme ich dem zu. Für mich persönlich sieht es allerdings anders aus: Der lateinische Meßtext (hier schließe ich einfach mal den Requiem-Text mit ein) hat sich mir durch häufiges Hören inwzischen fest eingeprägt. Dazu ist mir auch der deutsche Text aus dem gleichen Grund sofort geläufig. Das hat natürlich auch damit zutun, daß ich einige dieser deutschen Texte, Gloria und Credo beispielsweise, seit dem Konfirmandenunterricht kenne. Vor allen Dingen wurde das Glaubensbekenntnis (Credo) ja zu meiner Zeit noch regelrecht gepaukt - genau wie die Zehn Gebote und alle damit verbundenen Erklärungen aus Luthers Katechismus.


    Deine abschließende Frage, lieber Bernd,


    Zitat

    Können religiöse Menschen Inhalte in der Musik wahrnehmen, die mir möglicherweise verschlossen bleiben ? Ist für einen gläubigen Christen das Anhören geistlicher Musik auch ein Akt des religiösen Bekenntnisses ?


    traue ich mir, zumindest was die Wahrnehmung betrifft, durchaus mit einem "Ja" zu beantworten: Eben aus dem Grund, den Travinius als einen Wunsch, aus Neid geboren, nennt. Aber das nun als religiöses Bekenntnis, als eine Art Ersatz-Gottesdienst, zu werten, ginge mir viel zu weit. Dafür gibt es ja einen anderen Raum: Die Kirche.


    Während ich schrieb, stellte Gustav seinen Beitrag ein: Seine Aussage, mit katholischen Ritus-Texten Schwierigkeiten zu haben, ist mir, wie gerade beschrieben, fremd.

    .


    MUSIKWANDERER

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  • Zitat

    Deine abschließende Frage, lieber Bernd,


    Zitat:
    Können religiöse Menschen Inhalte in der Musik wahrnehmen, die mir möglicherweise verschlossen bleiben ? Ist für einen gläubigen Christen das Anhören geistlicher Musik auch ein Akt des religiösen Bekenntnisses ?


    traue ich mir, zumindest was die Wahrnehmung betrifft, durchaus mit einem "Ja" zu beantworten: Eben aus dem Grund, den Travinius als einen Wunsch, aus Neid geboren, nennt. Aber das nun als religiöses Bekenntnis, als eine Art Ersatz-Gottesdienst, zu werten, ginge mir viel zu weit. Dafür gibt es ja einen anderen Raum: Die Kirche.


    Was die Wahrnehmnung angeht, gebe ich Musikwanderer recht. Ansonsten würde ich auch sagen, es ist ein Akt des religiösen Erlebens, nicht des Bekenntnisses. Das passiert eher, wenn ich als Teilnemer am Gottesdienst selber die Kirchenlieder mitsinge.


    Lieber Musikwanderer!


    Vielleicht habe ich mich bei den lateinischen Textes falsch ausgedrückt. Im Großen und Ganzen weiß ich, welcher Text nun in etwa kommt. Die genaue Übersetzung Satz für Satz, muss ich mir aber erarbeiten. Hinzu kommt, dass z.B. das Glaubensbekenntnis, wie wir es im Konfirmandenunterricht gelernt haben, in der katholischen Liturgie ja nicht auftaucht. Hier spielen die einzelnen Worte nicht nur eine theologische Rolle. Ich meine damit, dass bestimmte Worte oder Wendungen auf vielschichtigste Art etwas in mir anklingen lassen, dass ich bei Übersetzungen so nicht empfinde. Einen Begriff wie "Agnus Dei" kann ich verstandesgemäß und auch gefühlsmäßig nachvollziehen, ich bin aber aufgrund meiner protestantischen Herkunft nicht in ihm beheimatet.


    :hello: Gustav

  • Ich glaube, dass jedes Oratorium, egal ob Christ oder Atheist nicht nur von der Musik berührt wird, sondern auch vom Text. Man muss auch kein Opernsänger sein um gerne eine Oper zu hören und sie inhaltlich zu verstehen.


    Hier gebe ich Travinius recht.


    Zitat

    Allein - bei fremdsprachlichen Werken, dazu zähle ich auch lateinische Messen, glaube ich, dass die Menschen, die den Worten nicht folgen können (wer versteht denn heute noch den lateinischen Mess- oder Requientext, von musikalisch Vorgebildeten, Theologen und Altphilologen mal abgesehen), ein ähnliches Erleben haben wie bei abstrakten Werken wie dem zitieren Liszt oder einer Bruckner-Symphonie.

  • Liebe Musikfreunde :



    Mit " Travinus " würde ich mich auch zu den Agnostikern zählen . ich meine dennoch, dass " Gott " eine theoretische Berechtigung hat und auch bei " Himmelbeerdigungen " ein Äquivalent im Sinne einer Rückkehr zur Schöpfung hat . Wobei sog. Himmelbeerdigungen weit älter sind als der sog. christliche Glaube mit seinen Aufzweigungen .


    Gustavs meinung teielich, dass es einen sehr grossen unterschied macht, ob wir dasselbe werk in einer kirche ( bei Taufen , normalen Gottesdiensten oder Beerdigungen ) hören oder in Konzertsaal oder Musikzimmer . Dies gilt für mich persönlich am intensivsten je leerer eine Kirche oder Kapelle ist und ist völlig unabhängig von der Glaubenszugehörigkeit eines Gotteshauses .


    " Kirchenmusik " im weitesten Sinn soll und muss auf Elemente des religiösesn ursprungs , etwa aus Akrika , enthalten .


    Die Gebetstexte in der römisch - katholischen Kirche sind diesbezüglich höchst lesenswert und waren nach meinen Schulzeiterfahrungen damals nicht ansatzweise vorstellbar . Sie sind für mich , ganz unabhängig von Glaube und Religion , eine tiefe Bereicherung .


    Vehement verneine ich, dass J S Bach oder J Brahms " protestenatische " Komponisten waren !
    ich habe auch in jungen , manchmal doch von der Schul - ideologie her beeinfluste Musikstunden Bach wie Brahms sehr schnell zunächst einfach sehr gerne gehört und auch verinnerlicht . Ich liebe sehr viele der kompositionen von obert Schumann ; dieser war Protestant - und völlig davon unabhängig in dem damals sehr stark katholisch geprägten Rheinland höchst willkommen gewesen .


    Ich verneine nachdrücklich, dass nur Juden oder polnische Katholiken Chopin spielen können .


    Und Verdis " Messa da Requiem " können auch Atheisten kompetent dirigieren und spielen und singen .


    Viele Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Frank!


    Bach und Brahms waren keine protestantischen Musiker, damit wäre ihr Wirkungsgebiet ja doch recht eingeschränkt. Ich meinte nur, dass sie mir als Protestant näher stehen. Das "Deutsche Reqiuem" z.B. war schon gleich beim ersten Hören Heimat für mich, aus unterschiedlichsten Gründen. Gleiches gilt für Bach. Trotzdem haben beide einen universellen Klang.


    :hello: Gustav

  • Zitat

    Original von Gustav
    Lieber Frank!


    Bach und Brahms waren keine protestantischen Musiker, damit wäre ihr Wirkungsgebiet ja doch recht eingeschränkt. Ich meinte nur, dass sie mir als Protestant näher stehen. Das "Deutsche Reqiuem" z.B. war schon gleich beim ersten Hören Heimat für mich, aus unterschiedlichsten Gründen. Gleiches gilt für Bach. Trotzdem haben beide einen universellen Klang.


    :hello: Gustav


    Lieber Gustav,


    ist es der Text oder ist es alleine die Musik?

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  • (1) Liebe musica :


    Dies ist eine sehr gute Frage .



    (2) Lieber Gustav :



    Ich darf daran erinnern , dass bis in die 1960er Jahre z. B. in Italien kaum Werke von J S Bach gespielt worden sind .
    Prof. Piero Rattalino hat in einem seiner sehr umfangreiche teste ausdrücklich darauf hinbgewiesen, dass es ausgerechnet Alexis Weissenberg mit jüdischen Wurzeln und in dem katholische gesprägten Spanien lebend gewesen ist, der durchgängig vor seinem Pariser und New Yorker Comback stets Bach ( Partiten , Goldberg, Italienisches Konzert usw. ) gespielt hat .
    Das war damals sehr selten gewesen .


    Da ich Alexis Weissenberg niur weit über 30 Jahre persönlich kenne : Mir wäre doch nie in den Sinn gekommen , ihn nach sinem Glauben zu fragen .


    Die Musik von Johannes Brahms oder von J S Bach hat mir sehr viel von dem gegeben , wa s ich nie in Religionen finden konnte .


    Und prägende Persönlichkeiten für mich selbst habe ich, soweit wichtig, genauso bei evengalischen geistlichen und in deren familien finden können ( z. B. Familie Pastor Zelller früher in Düsseldorf ).


    Mit derselben Freude und demselben Gewinn habe ich seit meiner kindheit auch in jüdischen familien leben können . Das Thema Religion war wirklich relativ uninteressant gewesen . Ich habe allerdings auch für mich sehr viel lernen können; eben weil es diese Freiheiten im Denken gab !


    Beste Grüsse Euch beiden !


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin


  • Lieber Frank,
    hier auch wieder die Frage, die Musik oder der Text? Wenn es der Text ist, ist es religiös, nämlich die Bibel.


    Ich gehöre auch keiner Religion an, doch die Texte der Oratorien, z.B. Elias oder Brahms Requiem fahren mir durch die Glieder, ob ich sie selber singe oder höre.
    Wobei mich lateinische Messen im Ablauf der Liturgie überhaupt nicht bewegen, weil ich den Text nicht verstehe, obwohl ich sie mein Leben lang gesungen habe in katholischen Kirchen. Doch da zählt wieder die reine Musik, z.B. auch das Mozart Requiem oder andere bekannte Messen.


    :hello:

  • Zitat

    Original von musica


    Lieber Gustav,


    ist es der Text oder ist es alleine die Musik?


    Liebe Musica!


    In diesem Falle beide, ich kann da nicht trennen. Hinzu kam der Raum, der Hamburger Michel.


    :hello: Gustav


  • Lieber Gustav,


    ja, kann ich gut verstehen. Alles zusammen muss Gänsehaut machen, egal welcher Religion man angehört.


    Interessieren würde es mich doch, ob z.B. Juden oder Moslems genau so empfinden, wie spielt da der Text eine Rolle.

  • Hallo allerseits,


    zunächst möchte ich mich einfach mal für die Beiträge bedanken. Ich hatte etwas gezögert, den Thread überhaupt aufzumachen, weil Religiösität eine doch zutiefst persönliche Angelegenheit ist und ich mir unsicher war, ob meine Fragen nicht als zu intim empfunden werden.


    Insofern bin ich sehr erfreut festzustellen, dass bei diesem Thema, dass der eine oder andere durchaus als heikel ansehen kann, so ernsthafte, sachliche und nachdenkliche Beiträge gekommen sind. Nochmals: vielen Dank !


    Zitat

    Original von Travinius
    Die Trostbotschaft bei Bach bleibt mir leider auch verschlossen. Aber in mir erwächst etwas wie ein Neid: ich wünschte, ich könnte an so etwas glauben, das würde mich manchmal tröste können!


    Genau dieses Gefühl habe ich oft auch. Wahrscheinlich bleibt einem nicht-religiösen Menschen genau diese Botschaft verschlossen.


    Mich beschlich beim Hören geistlicher Werke immer die Ahnung, dass diese Musik für einen wirklich gläubigen Mensch mehr an Sinn und Bedeutung transportiert, als ich selber jemals erfahren könnte. Insofern hatte ich die Vermutung, dass ein religiöser Hörer diese Musik anders rezipiert als jemand, dem die Glaubensinhalte gleichgültig sind. Die Beiträge von musikwanderer und Gustav haben mich in dieser Auffassung bestätigt.


    Viele Grüße, Bernd

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  • Lieber Frank!


    Viele Wege führen nach Rom!


    Und viele Wege führen zu Gott oder zu einem persönlichen Heil, wo immer man es findet. Die Freiheit im Denken und die Freiheit des Suchens und Findens und die Freiheit der Entscheidung, nämlich die Freiheit ja oder nein sagen zu können. Nie und durch nichts darf das eingeschränkt werden.


    Auserwähltseinwollen, ob bei Christen, egal welcher Konfession, ob bei Juden, Muslimen oder wem auch immer, zeugt nur von menschlicher Dummheit und Selbstüberschätzung.


    Deshalb sollte man diese Diskussion vielleicht auch nicht auf ausgewiesen religiöse Musik beschränken. Ich höre gerade aus Dido und Aeneas: "Führ mich durch dunkle Schatten" mit Martha Mödl. Wahrlich keine Kantate oder ein liturgischer Text. Und trotzdem Text und Musik und Interpretation erschaffen einen Raum, in dem, denke ich, Gläubige wie Ungläubige wie Agnostiker mit ihren unterschiedlichen Fragestellungen sich bewegen können.


    :hello: Gustav

  • dann denke ich doch auch an die Oper, wieviele geistliche Arien, Gebete sind in vielen Opern enthalten, es muss nicht ausgesprochene geistliche Musik sein.
    Wie geht man als Nichtgläubiger z.B. dem Gebet der Desdemona aus Othello um, oder das Regina coeli laetare aus der Cavalleria Rusticana?

  • Zitat

    Original von musica
    Interessieren würde es mich doch, ob z.B. Juden oder Moslems genau so empfinden, wie spielt da der Text eine Rolle.


    Liebe Musica!


    Was die Juden angeht, kann dir sicherlich Frank besser weiterhelfen, einiges hat er ja in seinem Beitrag weiter oben schon gesagt.


    Bei vielen Muslimen habe ich eher eine grundsätzliche Berührungsangst mit allem festgestellt, was nicht zur islamischen Religion gehört, somit auch mit "westlicher" religiöser Musik, wie "offen" sie auch immer ist. Aber meine Erfahrungen beschränken sich auch da vor allem auf Muslime, die nicht unbedingt "weltoffen" aufgewachsen sind.


    Was islamische religiöse Musik angeht, kenne ich mich nicht aus. Ich wüsste z.B. nicht, ob Koranverse auch vertont wurden. So weit ich weiß, ist z.B die Musik der Derwische, die ja eher einer mysthischen Richtung angehören, zusammen mit dem Tanz Mittel, um in eine meditative Trance zu kommen und dabei ohne Text.


    :hello: Gustav

  • Ich finde dieses Thema hoch interessant.
    Schade, wenn vielen Religionen, diese schöne Musik vorenthalten bleiben MUSS, auch wenn man den Text ausklammert.

  • Liebe Musica!


    Sie bleibt manchen Kulturen und Religionen natürlich nicht nur aus religösen Gründen vorenthalten. Die spezielle Harmonie westlicher klassischer Musik ist nicht für jedes Ohr geschaffen, wie ja auch viele Westeuropäer sich mit Klängen aus dem Orient, Indien, China und ähnlichen Kulturen schwer tun.


    :hello: Gustav

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  • Zitat

    Original von Gustav
    Liebe Musica!


    Sie bleibt manchen Kulturen und Religionen natürlich nicht nur aus religösen Gründen vorenthalten. Die spezielle Harmonie westlicher klassischer Musik ist nicht für jedes Ohr geschaffen, wie ja auch viele Westeuropäer sich mit Klängen aus dem Orient, Indien, China und ähnlichen Kulturen schwer tun.


    :hello: Gustav


    Ja, das stimmt natürlich. :hello:

  • Es gibt hier ja auch eine Ebene des Wissens oder Vertrautseins mit den Geschichten und Inhalten (die heute auch bei Gläubigen nicht immer vorausgesetzt werden kann). Das kann man sich allerdings, ebenso wie die Übersetzungen der Liturgie (von der ja die Kernelemente keineswegs nur katholisch sind), im Prinzip anlesen.


    Man nehme etwa:


    Am Abend, da es kühle war,
    Ward Adams Fallen offenbar;
    Am Abend drücket ihn der Heiland nieder.
    Am Abend kam die Taube wieder
    Und trug ein Ölblatt in dem Munde.
    O schöne Zeit! O Abendstunde!
    Der Friedensschluss ist nun mit Gott gemacht,
    Denn Jesus hat sein Kreuz vollbracht.
    ....

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Hallo Johannes,



    Das ist ein imo schönes Beispiel. Ich kann mir vorstellen, dass gerade die beiden Schlusszeilen für Christen tröstlich und beruhigend sind, während sie mich z.B. überhaupt nicht berühren. Darin steckt eine tiefe Dimension, die man - oder besser: die ich - als Aussenstehnder nur erahnen kann.


    Viele Grüße, Bernd

  • Spirituelle Kunst hat auf einen dafür empfänglichen Rezipienten natürlich eine ganz andere Wirkung. Dabei kann auch der konkret religiöse Inhalt eine Rolle spielen. Dazu muss man keiner Konfession angehören. Recht deutlich sind die Unterschiede in der alten Musik vor allem vor dem Barock bemerkbar, dem "spirituellen Stil" gehören Messen und Motetten an, dem "weltlichen" Chansons und Madrigale. Man kann das wahrnehmen auch ohne den Text zu verstehen, die Musik selbst ist spirituell oder nicht.


    Vor ein paar Jahren habe ich hier einen ähnlichen Thread gestartet, damals war ich noch nicht in der Lage, das zu "erfahren" und auseinanderzuhalten.

  • Liebe musica :


    in den Heiligen Messen der römisch - katholischen Kirche wurde es immer als Crux angesehen, dass viel zu viel Latein gesprochen ( oder meist gebrummelt ) wurde . Die Texte der Kirchenlieder in den Messen waren meist in Deutsch gesungen worden .
    Ausnahmen in bestimmten Hochämtern kann man vernachlässigen .


    Die breite " Masse " ist dann trotz der Einführung der jeweiligen Landessprachen in den Gottesdienst noch viel dramtischer zurückgegangen als dies vermutet worden ist .


    Interessanterweise gilt dies auch für Kirchengemeinden, die in den sog. bildungsintensivsten Stadtteilen liegen .


    Unter den Kirchenliedern gab es schon immer regelrechte " Hits " .


    Dennoch muss man festhalten, dass der dramatische Rückgang
    der Kirchenbesuche in den Grossstädten nichts mit der Musikauswahl und / oder der Wahl der Sprache(n) zu tun hat .


    Dies hängt fast ausschliesslich damit zusammen , dass die Kirchen eine kirchensteuerfinazierte Einrichtung sind ; oft vergleichbar wie politische Parteien .


    " Früher " ist ein Gläubiger wie ein Gast in eine bestimmte Kirche , konfessionsunabhängig , gegangen auch weil dort eine besondere Orgel stand, ein bestimmter Organist spielte , ein angesehner Chor gesungen hat .


    Dies ist immer stärker aus dem Blick der Menschen verschwunden .


    Die meisten Kinder werden halt getauft , weil es so üblich ist . Bei " Mischehen " ist dies dann in der Regel die Religionszugehörigkeit der Mutter , die bevorzugt wird .


    Aus dem grunde einer solchen " Mischehe " sollte ich z.B. nach dem Zweiten weltkrieg in Bayern nicht getauft werden . Der katholische Pfarrer Ritter ( Name stimmt ) hat dies beharrlich abgelehnt .


    Es gibt zig solcher Beispiele , die ich kenne .


    Die W i r k u n g auf mich selbst aus der kirchenmusik selbst oder Musik, die in Kirchen gespielt oder gesungen wird ( Du kennst dich darin bekanntlich bestens aus ) ist die der Musik als solcher im Sinne einer Wirkungsästhetik und meiner Bereitschaft, diese Musik in mich aufzunehmen .


    Musik hat dem Kirchenbesucher sehr viel mehr zu bieten als die Amtskirchen bereit sind, diese Musik in sich aufzunehmen .


    Beste Grüsse


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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  • Lieber Fank,


    in diesem Zusammenhang muss - was die katholische Kirche betrifft - auf die Liturgiereform im Nachgang zum 2. Vatikanischen Konzil hingewiesen werden, die die seit 1503 geltende Liturgie abgelöst hat. In der alten Liturgie kam es hauptsächlich darauf an, dass ei Priester zu bestimmten Zeiten den Gottesdiesnt feierte. Die Gläubigen waren in dem Sinne völlig gleichgültig. Es wurde erwartet, dass sie dem Gottesdienst beiwohnten aber nicht an ihm Teil hatten.


    Die Einführuzng der Landessprachen sollte übrigens nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Gottestdienst nach wie vor ein lateinischer ist. Auch die neue Liturgie hat eine lateinische Textgrundlage, die dann in die jeweiligen Sprachen übersetzt wird.


    Die Frage der Gottesdienstbesuche lässt sich einfach erklären: in den 1950er Jahren war die Nachkriegszeit und den Leuten ging es schlecht. Und wenn es den Leuten schlecht geht, dann beten sie. Der rest nun ist bekannt: der Anteil Gläubige der beiden christlichen Religionen ging von 90 % in den 1950er auf 60% heute zurück.


    Aber zu den protestantischen Musikern zurück: bach und Brahms waren insofern protestantisch, als sie deutsche liturgische Texte vertonten. Brahms "Deutsches Requiem" bezieht sich auf biblische Texte in der Übersetzung von Martin Luther, desgleichen Bach. Das ist nun ur-protestantisch, da die katholische Kirche für liturgischen Gebrauch nur kanonisierte liturgische Texte (lateinisch, versteht sich) zugelassen hat. Auch kennt die evangelische Kirche den Begriff "Messe" nicht; sie spricht vom "Gottesdienst".


    Inwiefern in einer Zeit von patchwork-Religion und versuchter Ökumene solche Feinheiten für die Wahrnehmung noch relevant sind, steht auf einem anderen Blatt.


    Selber würde ich mich als religiös und gläubig bezeichnen. Kirchenferne ist für mich undenkbar. Und aus dieser Perspektive nehme ich liturgische Musik durchaus auch wahr. Erstaunlicherweise sind es allerdings nicht die großen Messen, die mich bewegen, sondern die Musik Bruckners, die für mich durch und durch religiös und auf Transzendenz angelegt ist. Das hat durchaus Konsequenzen für meine Aufnahmenpräferenz.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna:
    Vehement verneine ich, dass J S Bach oder J Brahms " protestenatische " Komponisten waren !


    Das ist in der Tat eine Aussage, über die seit Jahrzehnten vehement gestritten wird - nicht nur in interessierten Laienkreisen, sondern auch in der Musikwissenschaft. Zumindest, was Johann Sebastian Bach betrifft.


    Ich erinnere mich mal zurück in meine Kinder- und Jugendzeit: An jedem Sonntagmorgen um 8 Uhr brachte der damalige NWDR die Sendung "Die Bach-Kantate". Darin wurde die entsprechende Kantate des Sonntags nicht nur musikalisch vorgestellt, sondern auch durch den Musikwissenschaftler Prof. Hans-Joachim Moser erläutert. Ich habe diese Sendungen, soweit es möglich war, jeden Sonntag gehört.


    Innerhalb dieser Sendereihe vertrat Prof. Moser immer wieder die These, die Kantaten Bachs, seine Passionsmusiken und das Weihnachts-Oratorium seien in "Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen" geschrieben worden. Und daß er keine Probleme mit der Komposition der h-Moll-Messe gehabt habe, und sei es nur, um ein begehrtes Amt, einen begehrten Titel zu erhalten, beweise, daß der Protestant Bach viel zu universell, nicht kirchlich, gedacht habe.


    Ich denke, diese Meinung ist heute allgemein akzeptiert - nur nicht von mir. Ich habe da eine dezidiert andere Meinung.


    Mir ist damals, schon altersmäßig, nicht klar gewesen, was die von Prof. Moser aufgestellte These bedeutete. Aber zu irgendeinem späteren Zeitpunkt wurde ich Zeuge eines Streitgesprächs über dieses Thema und neben der Zustimmung zu Prof. Mosers These hörte ich erstmals Widerspruch. Und der besagte, hier natürlich nur sinngemäß zitiert, daß ein so umfangreicher Schatz an geistlicher Musik nicht einfach nur mit "Vertragserfüllung durch den Thomaskantor" erklärt werden kann; da komme auch eine innere Überzeugung, eine immer hörbare Identifizierung des Musikers mit dem geistlichen Text zum Ausdruck, die sich musikalisch niemals in Floskeln verliere, sondern den Text regelrecht exegetisch deute.


    Und diese Auffassung habe ich mir zu Eigen gemacht und vertrete sie auch heute noch. Aber: Ich bin weit davon entfernt, sie zu allgemein gültiger These zu erheben - jeder kann eine andere Meinung haben!


    Bei Johannes Brahms bin ich allerdings anderer Meinung. Das zeigt der Lebensweg des Meisters, das zeigen seine hin und wieder geäußerten Ansichten über Glaubensfragen (die ich quellenmäßig nicht belegen kann, die ich aber mal in irgendeiner Biografie gelesen habe). Und: Die zu Bachs Zeiten durchaus stärkere Bindung an die Religion, an den Glauben, war zu Brahms' Zeiten längst nicht mehr so gegeben.

    .


    MUSIKWANDERER

  • Auch, wenn ich weiter oben geschrieben habe keiner Religion anzugehören, bin ich ein sehr gläubiger Mensch, vielleicht gläubiber als mancher, der viel zu oft in die Kirche rennt um nach außen hin gesehen zu werden. Die Gebete in den Kirchen, die ich erlebt habe wenn ich dort gesungen habe, scheinen mir viel Lippenbekenntnisse zu sein, doch das ist ein anderes Thema.


    Die Messe, der Liturgie entsprechend, ist latein, außer der deutschen Messe von Schubert. Doch noch nie hat mir jemand die lateinische Messe übersetzen können, damit ich den Inhalt verstehe. Darum habe ich fleißig etwas gesungen, dessen Inhalt mir nicht bekannt war und das besonders jahrzehntelang am Heiligen Abend. Dieser besondere Abend wurde natürlich durch Weihnachtslieder ausgeschmückt, so dass es für mich letztendlich doch festlich war, von der Predigt abgesehen, der ich, man möge mir verzeihen, nichts abgewinnen kann.


    In der Pius Bruderschaft wird noch die alte lateinische Tratition gepflegt, wie mir eine Freundin bestätigt, der sie angehört. Die Strenge der Tradition wirkt sich natürlich auch in der Musik aus.

  • Lieber Thomas :



    Ein sehr interessanter Text von Dir ,den ich nachdenkend und auch nachdenklich mehrfach gelesen habe .


    Dass das " Kirchenvolk " immer ein Ergenis der Massenpsychologie wie der Sehnsucht nach einem ewigen Leben war dürfte feststehen .


    Der besuch von Messen bzw. Gottestdiensten in Notzeiten ist mir schon bekannt . Die Notzeiten weltweit haben aber nicht abgenommen .


    ich weiss es aus einem konkreten bericht von gestern aus der katholischen Kirche genau , wie sehr deren Werbungen in Flyern mit der gelebten Wirklichkeit geradezu brutal auseinanderklaffen .


    Der Besuch einer Kirche völlig unabhängig von der zugrunde liegenden religion ist für mich weder eine Pflichtveranstaltung noch dazu da , um gesellschaftlich als angepasstes Mitglied (an)gesehen zu werden .
    Es gibt sie auch in den grossen Städten . Diese persönlich so geschätzten Orte der inneren Einkehr , der Besinnung , des Nachdenkens . Ich meine, dass der Mensch dies braucht . Und meine Erfahrung mit eigenen Besuchen meiner ganz bevorzugten Kirche in Düsseldorf ( übrigens in der absoluten Stadtmitte; daher so ruhig ? )
    beweist doch, dass es auch andere Menschen gibt, die diese Momente des Innehaltens im Alltag suchen .


    Dies hat nichts damit zu tun , ob ich an eine ( mögliche ) Existenz Gottes glaube . Die Führung der " gottesbewiese " im Sinner der Theologenausbildung ist ein Thema , das man für sich behandelnd müsste . Nach meinem Verständnis liegt der Schöpfung ein genauer Bauplan zugrunde . Dieser ist notwendig für die existenz von leben . inwieweit dann sog. Zufälle eine Rolle spielen ist dann schon wieder eine Frage im Spannungsfeld zwischen ( nicht beweisbaren ) Glauben und ( vermutetem ) Wissen .


    Du schätzt die Kompositionen von Anton Bruckner sehr .


    Ich nehme sehr viel aus der " Pastorale " - Symphonie von Ludwig van Beethoven . Bruno Walter hat einmal sehr präzise formuliert :" Wer die Natur nicht liebt, der kann Beethovens " Pastorale " nicht verstehen und dirigieren" .


    Natur ist für mich dann gleichzusetzen mit Gott, Schöpfung , aber auch Demut , lebensfreude , Gewalten un deren Auflösung eben im konkrten Fall in dem Schlussatz dieser Symphonie .


    Die von Dir erwähnten sprachlichen Zugeständnisse der Amtskirche in Rom an die virtuelle Einheit der Christen sind nicht mehr als ein notwendiges Nachgeben wegen der Massen von Analphabeten an die Aufrechterhaltung der eigenen Macht . Wer schon grosse Probleme hat, die eigene Sprache lesen zu können, der wird sich kaum heute noch dauerhaft damit abfinden, Latein lernen zu müssen .
    Argentinien ist für die Situation in Mittel- und Südamerika ein recht aufgeklärtes Land . Der Anteil der Katholiken ( auf dem Papier liegt ( überraschend ? ) nur bei 50 Prozent der Bevölkerung .


    Wenn ich Dich richtig verethe , dann bist zu ( aus meiner Sicht im übrigen zu Recht ! ) skeptisch im Hinblick auf eine Ökumenisierung , die dann nur zustande kommen kann, wenn jeder teil Wesentliches seiner Lehre vorbehaltlos aufgibt . Zum jetzigen Zeitpunkt halte ich dies für nicht sinnvoll .


    Um bei der Musik zu bleiben . Ich denke, dass die meisten Komponisten in iregndeiner Form religiös waren . Dieas hat nichts damit zu tun , ob sie Kirchgänger waren .


    Der Satz von Vladrimir Horowitz , der bekanntlich Jude war , dass er für seinen erfolg auch bereit sei, notfalls Katholik zu werden sei dann doch erwähnt, weil eine Religionsbekenntnis oft hilfreich ist für Karrieren .


    Dies ist aber zunächst nicht Ziel der Urchristen gewesen . Aber auch hier beginnen schon die Kritiker , wenn sie z. B. Paulus als den grossen Denker und Chefstrategen der jungen Kirche bezeichnen .
    Spästens mit Paulis formuliert die Kirche Christi ihre weltlichen Machtansprüche . Konstantin , wahrlich kein Christ , hat durch sein " Bekenntnis " zum Christentum diese Lage kühl berechnend für seine eigenen Machtansprüche ausgenutzt .



    Dir beste Grüsse


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von musikwanderer
    Innerhalb dieser Sendereihe vertrat Prof. Moser immer wieder die These, die Kantaten Bachs, seine Passionsmusiken und das Weihnachts-Oratorium seien in "Erfüllung vertraglicher Verpflichtungen" geschrieben worden. Und daß er keine Probleme mit der Komposition der h-Moll-Messe gehabt habe, und sei es nur, um ein begehrtes Amt, einen begehrten Titel zu erhalten, beweise, daß der Protestant Bach viel zu universell, nicht kirchlich, gedacht habe. [...]


    Aber zu irgendeinem späteren Zeitpunkt wurde ich Zeuge eines Streitgesprächs über dieses Thema und neben der Zustimmung zu Prof. Mosers These hörte ich erstmals Widerspruch. Und der besagte, hier natürlich nur sinngemäß zitiert, daß ein so umfangreicher Schatz an geistlicher Musik nicht einfach nur mit "Vertragserfüllung durch den Thomaskantor" erklärt werden kann; da komme auch eine innere Überzeugung, eine immer hörbare Identifizierung des Musikers mit dem geistlichen Text zum Ausdruck, die sich musikalisch niemals in Floskeln verliere, sondern den Text regelrecht exegetisch deute.


    Der zweite der zitierten Absätze steht aber nicht im Widerspruch zum ersten.
    Bach war also ein religiöser Mensch, der in Erfüllung vertraglicher Pflichten massenhaft geistliche Musik geschaffen hat, wobei er sowohl protestantische als auch katholische Kirchenmusik produzierte, insofern universell dachte.

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