Mozart 2010: Neuaufnahmen der Sinfonien

  • Bei genauer Durchsicht des Forums stelle ich fest, dass genau einer der zentralen Fixsterne des Forums -Wolfgang Amadeus Mozart - seit dem Jubiläumsjahr 2006 ein wenig ins Hintertreffen geraten ist, soll heißen, es finden weniger Diskussionen über ihn und seine Werke statt - die Zauberflöte natürlich ausgenommen.


    Es ist in den letzten Jahren einiges über Mozart geschrieben worden - nicht alles war substanziell, aber es war doch Interessantes dabei.


    Indes- die Zeit ist nicht stehen geblieben - neue Mitglieder sind ins Forum gekommen - alte weggegangen.


    Ähnlich verhält es sich auch mit den Einspielungen. Kaum irgendwo wurde über die Aufnahmen der letzten 10-12 Jahre geschrieben, die aufgenommen wurden.


    Hat sich eine neue Ästhetik gebildet ? Sind die Neuaufnahmen Aufgüsse von bereits bekanntem ? (Ich glaube nicht)


    Welchen Stellenwert wird die Mozart Sinfonie in Hinkunft im Konzertleben und auf CD haben ? Diese scheinbar müßige Frage ist durchaus berechtigt, wenn man beobachtet, dass gewisse Komponisten immer häufiger in den Blickpunkt des Forums (und der CD- Veröffnungpolitik) rücken, während andere - und hier zählt meiner Meinung nach Mozart durchaus dazu - ein wenig in den Hintergrund geraten sind.....


    Kurz nachdem ich diesen Beitrag fürs erste abgeschlossen glaubte, habe ich ein wenig im WEB gestöbert, und dort doch einiges gefunden was hörens- oder zumindest erwähnenswert ist -aber auch etliches Mittelmaß - teilweise sogar durch die Tontechnik (zuviel Hall) dazu degradiert.


    MEIN Problem ist, dass ich schon zu viele Aufnahmen von Mozart Sinfonien kenne, als dass ich die "Neuen" ernstlich goutieren könnte. EINE Aufnahme aber hat mir beim kurzen Hineinhören auf Anhieb gefallen, Welche das ist, verrate ich im Laufe des Thfeads. Eine weitere hat gute Chancen...




    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Solange ich Schallplatten, bzw. CDs sammle gehören Mozarts Sinfonien zu meinen bevorzugten Objekten. In meiner Jugend begann ich allmählich das Angebot zu durchforsten und stellte die verschiedenen Stilrichtungen fest, vorerst mehr intuitiv natürlich, denn wie alle Anfänger glaubte auch ich, dass eine Sinfonie stets annähernd gleich klingen müsse - da war ja der Notentext, der unverrückbar war. Irgendwann hörte ich dann, dass es da gewaltige Unterschiede gab.
    Der Mittelpunkt meines Mozartbildes war Karl Böhm, damals der ungekrönte Mozartpapst, der auf diesem Spezialgebiet vergessen ließ, dass es Karajan gab.


    Böhm vertrat den sogenannten Stil der "neuen Sachlichkeit", er machte Schluss mit dem verzärtelnden und auch mit dem verhetzten Mozart, gab im Eleganz, und paarte tänzerische Leichtigkeit mit Fundament von "großen Sinfonien" Was da raus kam war ein Mozart von Erhabenheit, Leuchtkraft und positiver Ausstrahlung.


    Aber es gab auch andere großartigen Dirigenten, die wunderbare Mozart-Interpreten waren, beispielsweise Ferenc Fricsay, dessen Einspielung der Jupiter-Sinfonie auch heute keinen Vergleich zu scheuen braucht, und vielleicht sogar ein bisschen mehr Attacke aufweist als jene von Böhm. Nicht unumstritten war Klemperer, der Mozart in die Nähe von Beethoven rückte - aber ehrlich gesagt, das war schon ganz große Sinfonie - vielleicht nicht mit dem heutigen Mozartbild vereinbar - aber eindrucksvoll. Auch Bruno Walter und Joseph Krips waren renommierte Mozart Dirigenten, letztere ein wenig zur Strenge neigend, was Mozart meiner Meinung nach hervorragend bekam, allerdings nicht so ausgeprägt wie Szell, der schon eine Streitfrage ist - Ich liebe Szells Mozart, der männlich herb aber nie schrill ist.


    Eine andere Linie kam mit Neville Marriner und seiner Academy of St. Martin in the Fields auf: Kammerorchester waren plötzlich in - zum einen weil sie billiger waren, zum anderen weil sie dem plötzlichen Verlangen nach optimaler Durchhörbarkeit besser Rechnung trugen. Aus meiner Sicht wurde hier ein eleganter, etwas zu glatter Mozart geboten. Die Welt war entzückt- ich fand die Aufnahmen (damals) als ein wenig langweilig.


    Ein neuer Trend war plötzlich am Horizont zu sehen: Aufnahmen mit Originalinstrumenten.
    Es gab zwar schon in den siebziger Jahren ein Orchester, welches etliche Mozart Sinfonien auf Originalinstrumenten einspielte: Das Collegium Aureum - aber es war damals doch eine recht exotische Angelegenheit, die weitgehend ohne Folgen blieb.


    Anders war das gut zehn Jahre später, als Christopher Hogwood und seine Academy of Ancient Music begannen Mozart auf Originalinstrumenten aufzunehmen, Die Klassikformationen, welche sich HIP auf die Fahnen heftete schossen wie die Pilze aus dem Boden und die Interpretationen wurden immer eigenwilliger und aggressiver, der Klang war teilweise spitz und unangenehm.


    Jahre später vrlor die HIP Bewegung ihr einheitliches Klangbild, es gab "gemäßigte " Aufnahmen, und solche von höchster Expressivität mit teilweise musikalisch unbefriedigenden Ergebnissen.


    Das aus meiner Sicht schlimmste war aber, dass "moderne" Orchster begannen den Sound (ich benutze dieses Wort bewusst) von HIP Formationen nachzuahmen.


    Es dauerte immer wieder Jahre, bis neue Interpreten auf den Plan traten, plötzlich gab es wieder "moderne Orchester, welche sich über Neuaufnahmen wagten, während manche andere in der Versenkung verschwunden waren.


    Als misslungen würde ich beispielsweise die Aufnahmen anlässlich des Mozarts- Jubiläumsjahrs 1991 bezeichnen, welche James Levine mit den Wiener Philharmonikern gemacht hat. Levine bringt es zustande dem Orchester mit dem zweitschönsten Mozartklang der Welt (nach der damaligen Camerata Academica Salzburg) rauhe Töe zu entlocken, und Mozart spröde zu spielen.


    Vorzügliche Aufnahmen lieferte der alte Sandor Vegh mit der Camarata Academica Salzburg ab, den ich immer als legitimen Nachfolger von Karl Böhm und Eugen Jochum gesehen habe, aber auch er ist den beiden nachgefolgt.


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    Genug davon. Ich habe dann eine ziemliche Pause in Sachen Mozartsinfonien eingelegt, zum einen weil ich die neuen Aufnahmen nicht unbedingt akzeptieren konnte, zum andern - und hier mag wohl der Hauptgrund zu suchen sein - weil ich mich ein wenig abgehört hatte. Eine mehrjährige Pause wirkt hier geradezu Wunder.


    2006 hörte ich im Fernsehen die Wiedergabe einer Mozart.Sinfonie unter Bernard de Billy - und war begeistert. Seit Karl Böhm hat mich kein andrer Dirigent so überzeugt. Bei aller Verschiedenheit war doch EINE Gemeinsamkeit zwischen den beiden Dirigenten: Sie wählten stets ihre Tempi so, daß man beim Abhören der Auffassung sein musste - SO UND NICHT ANDERS müsse dieses Werk dirigiert werden. Leider gibt es von dieser Aufführung keine CD.


    Aber ab diesem Moment begann ich mich wieder mit Neuaufnahmen zu befassen- und es war einige dabei, das micht interessierte. Ob die gegenwärtigen Aufnahmen (ich beziehe mich auf die Jahre 2000-2010) mit jene der Vergangenheit werden Mithalten könne, das bleibt abzuwarten.


    Ich könnte nun beginnen einige Aufnahmen aus dieser Zeit (und bitte NICHT FRÜHER) zu erwähnen und zu beschreiben, aber ich möchte eigentlich, dass IHR den Beginn macht....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • ,


    Diese Neuaufnahmen von Mackerras mit dem Scottish Chamber Orchestra gefallen mir besonders gut,weil sie für meinen Geschmack das richtige Tempo und den richtigen Klang (=Sound) haben.
    Schon die älteren Aufnahmen von Mackerras (mit dem Prague Chamber Orchestra) und Hogwood gefielen mir ausgesprochen gut,wobei mir die dunklere Klangfarbe der Mackerras Aufnahmen besser gefiel als die hellere der Hogwood Aufnahmen.
    Die Neuaufnahmen von Mackerras sind zudem als SACDs erschienen und somit technisch auf dem neusten Stand.
    Natürlich kenne ich die Böhm-Aufnahmen auch,aber für mein heutiges Klangempfinden sind sie mir zu langsam,dagegen sind Mackerras Einspielungen viel spritziger.
    Böhms Einspielungen sind wie guter alter Wein,Mackerras Einspielungen wie spritziger Champagner,man kann ja selbst entscheiden,was man lieber mag.

    mfG
    Michael

  • Ich möchte Schneewittchen zustimmen, habe die neuen Aufnahmen mit Mackerras als SACD, trotzdem halte ich seine Gesamteinspielung bei Telarc mit dem Pragern für die gelungenere. Champagner ziehe ich guten alten Wein vor.


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Ich habe eine Weile gesucht, und mich dann in die Mackeras-Symphonien verliebt:



    Auch wenn das keine HIP-Einspielungen sind, fühle ich mich doch 'in Mozarts Händen'. Die Musik atmet Mozarts Geist, und ich bin bis auf Weiteres mit der Aufnahme sehr glücklich!

  • Leider ist ja Mackeras, kurz nachdem ich die erste Doppel-CD mit Mozart-Sinfonien unter seinem Dirigat erworben habe, verstorben.
    Somit ist die Liste Lebender Mozartdirigenten die man auch als solche bezeichenen kann wieder um einen kürzer geworden.


    Ich habe das Internet nach Neuaufnahmen durchforstet und leider nur wenig gefunden, das meinen Beifall findet.


    Wer nun meint ich würde mein Leben lang Karl Böhms Mozartstil nachweinen, der irrt. Ich habe von ihm etliche Aufnahmen - aber auch von vielen seiner Mitbewerber und Nachfolger,


    So empfand ich Fricsays Jupitersinfonie sogar noch besser als jene von Böhm. Aber lassen wir mal für einen Augenblick die Vergangenheit ruhn - wir siehts mit der Gegenwart aus, wobei hier alles gezählt werden kann, das nach 2000 Aufgenommen worden ist.


    Ich habe eine Weile gegoogelt und ich habe einige Dirigenten (und natürlich die dazugehörigen Orchester) gefunden, dern Mozartbild mit meinem kompatibel ist, wobei ich sagen muß, dass ich hier einen gewissen Spielraum habe.



    Einer der schönsten Zyklen ist meiner Meinung nach jener unter Adam Fischer, der das Dänische National Kammerorchester dirigiert. Er ist noch nicht vollständig erschienen, und ich kenne das was ich kenne, lediglich von den jpc Soundschnippseln her. Aber das was man dort zu hören bekommt ist durchwegs überzeugend. Leider ist meine monatliche jpc Bestellung schon abgeschickt - aber in 1 bis 2 Monaten wede ich meine Bestellung machen - in Wien wird die Serie vermutlich nicht zu kriegen sein...


    .

    Fischer dirigiert äußert temperamentvoll und dynamisch, jedoch nie unangenehm aggressiv oder gar spröde, sondern er erhält bei allem "Biss" seines Dirigats die typisch mozartsche Silbrigkeit und Lieblichkeit...


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Von den älteren Aufnahmen würde ich unbedingt noch Krips mit dem Concertgebouw Amsterdam ins Kalkül ziehen. Gefällt mir noch besser als Böhm (den ich auch schätze) Die Jupiter von friscay ist für mich auch Referenz.



    grüsse


    Thomas B.

  • Die geringe Beteiligung an diesem Thread hat - wie die Mitleserate - sprich - Anzahl der Seitenaufrufe - beweist, nichts mit Desinteresse zu tun, sondern eher damit, daß die meisten Taminoianer an alten Aufnahmen hängen -und das mit gutem Grund - wie ich beim Abhören neuerer Einspielungen feststellen konnte. - Aber natürlich ist auch bei den alten Aufnahmen nicht alles Gold was glänzt. Die Karl Böhm Aufnahmen mit den Berlinern sind beispielsweise einenHauch zu spüitz und zu unräumlich, die Aufnahmen mit den Wienern waren entweder nie als Zyklus angedacht - oder wurden vorzeitig abgebochen. Heut sind sie kaum mehr erhältliich.


    Aber ich suche ja hier nach NEUEN Aufnahmen der Mozart Sinfonien, und hier schauts relativ traurig aus. Mackeras hat uns zwar den Prager Zyklus hinterlassen, der neue mit dem Scottish Chamber Orchestra wird leider nie vollendet werden (so überhaupt je eine Gesamtaufnahme geplant war)...


    Das meiste was ich sonst aus den letzten Jahren zutage förderte war entweder so ruppig, daß es Mozart gradezu verhöhnt, Parodien gewissermaßen oder aber (bzw des öfteren "NOCH DAZU") in eine künstliche Hallwolke eingebettet, die jeglichen Interpretationsansatz und jeden Orchesterklang vernebelt - vielleicht sogar absichtlich (??)


    Ich habe wirklich genau recherchiert, und nur wenig brauchbares gefunden.


    ABER - - - WER SUCHET, DER FINDET !


    Sehr positiv überrascht war ich jedoch von den Aufnahmen des SWR unter Roger Norrington. Ich möchte an dieser Stelle nicht über Vibrato - Non-Vibrato, Originalistrumente oder nicht diskutieren, sondern feststellen, daß Norringtons Lesart interessant und in gewisser Weise überzeugend ist, dass der Klang zwar forsch, aber nicht unangeracht ruppig ist, dass hier "Große Sinfonie" bei optimaler Durchhörbarkeit geboten wird (Ich kenne die Aufnahmen nur durch die jpc Soundbeispiele - aber das wird sich bald ändern.)



    .


    .


    .


    Vielleicht sind die Meinungen zu den Aufnahmen unterschiedlich, aber jeder, der Interesse hat, kann ja durch Anklicken der Coverbilder in die CDs hineinhören


    Vielleicht wäre noch anzumerken, daß es hier keine Gesamtaufnahme gibt, sondern es wurden 20 Sinfonien aufgenommen. Es gibt sie entweder einzeln



    oder als 6 CD-Box....





    Viel Spaß......



    Mit freundlichen Grüßen aus Wien

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !




  • ABER - - - WER SUCHET, DER FINDET !


    Sehr positiv überrascht war ich jedoch von den Aufnahmen des SWR unter Roger Norrington. Ich möchte an dieser Stelle nicht über Vibrato - Non-Vibrato, Originalistrumente oder nicht diskutieren, sondern feststellen, daß Norringtons Lesart interessant und in gewisser Weise überzeugend ist, dass der Klang zwar forsch, aber nicht unangeracht ruppig ist, dass hier "Große Sinfonie" bei optimaler Durchhörbarkeit geboten wird (Ich kenne die Aufnahmen nur durch die jpc Soundbeispiele - aber das wird sich bald ändern.)


    Ja, die habe ich am Freitag bei 2001 für 29,- bekommen. Die gibt es sicher irgendwann und irgendwo noch billiger, aber so ist das ok. Mein Eindruck ist ähnlich, es ist ein frischer und frecher Mozart, pointiert und vital. Es ist aber nicht so abgründig wie z.B. bei harnoncourt (dessen 'Prager' ich zutiefst verehre. Das Manko der Norrington-Einspielungen ist der sehr störende Beifall. Der Hänssler-Verlag meint das gut mit uns und hat mir auf meine Beschwerde hin erklärt, dass sie uns das Gefühl vermitteln möchten, im Konzertsaal live dabei zu sitzen. Gut gemeint - schlecht gemacht. Beim ersten Mal ist das ganz nett, aber bei CDs, die ich oft und gern höre, ist das für mich deutlich qualitätsmindernd. Ich kann mich daran einfach nicht gewöhnen. Es freut mich ja, dass es den Leuten gefallen hat, aber nun ist es ja auch gut. Es nervt einfach. :cursing: (Gab es hier nicht auch mal so einen schimpfenden Smiley?)



    Wolfgang Amadeus Mozart:


    Symphonien Nr. 8, 12, 16, 19, 22, 25, 28, 29, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 38, 39, 40, 41
    RSO Stuttgart, Roger Norrington


    Trotzdem: Vor dem Klatschen kommt herrlichste Musik. Immerhinque.


    Freundliche Grüße von Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Die geringe Beteiligung an diesem Thread hat - wie die Mitleserate - sprich - Anzahl der Seitenaufrufe - beweist, nichts mit Desinteresse zu tun, sondern eher damit, daß die meisten Taminoianer an alten Aufnahmen hängen -und das mit gutem Grund - wie ich beim Abhören neuerer Einspielungen feststellen konnte.


    Nein, der Grund ergibt sich ganz einfach aus dem Preis.

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  • Ein Grund für das (vielleicht nur temporär?) geringere Interesse mag dieser sein:


    Wenn ich es richtig erinnere, dann sind die frühen Haydn-Sinfonien allemal interessanter als die frühen Mozart-Sinfonien. Daher ist eine GA der Mozart-Sinfonien weniger attraktiv als eine GA der Haydn-Sinfonien. Zumal die meisten Taminoianer wahrscheinlich die späten Sinfonien (was immer "spät" bei Mozart heißen mag) sowieso haben.


    Mit anderen Worten: Die Anschaffung einer GA der Haydn-Sinfonien schließt wohl bei den meisten größere und gewichtigere Lücken, als dies eine GA der Mozart-Sinfonien täte.


    Ich habe mir in einer schwachen Stunde mal die GA der Mozart-Sinfonien unter Trevor Pinnock zugelegt, bin aber nicht so richtig glücklich damit. Natürlich kann ich dies nur durch Vergleich der späten Sinfonien mit anderen Aufnahmen begründen.

  • Ja, so eine Mozart-Gesamtaufnahme liefert schon viel mühsames Material ...
    Ich finde allerdings an der Pinnock-schen nichts auszusetzen und brauche daher keine andere, weshalb ich also auch gar nicht weiß, wer das sonst noch alles eingespielt hat.


    Ich denke auch, dass es nur wenige Leute gibt, die voller Begeisterung zig Sinfonien eines 8-Jährigen in zig Vergleichseinspielungen "brauchen". :hello:

  • Zitat

    Ich denke auch, dass es nur wenige Leute gibt, die voller Begeisterung zig Sinfonien eines 8-Jährigen in zig Vergleichseinspielungen "brauchen".



    ... so ist es! Lieber zum elftenmal Nr. 35 - 41 als zum zweitenmal Nr. 1 - 10.

  • Also - von Gesamtaufnahmen war ja hier nur am Rande die Rede.
    Inwieweit Haydns frühe sinfinien interessanter sind als jene von Mozart kann ich schwer beurteilen, aber da gäbe es viel dazu zu sagen, vor allem daß Haydn als Kind - soweit mir bekannt - keine Sinfonien komponiert hat, seine ersten dürften wohl so um 1759 herum entstanden sein - da war er immerhin schon 27.


    Daß Mozarts frühe Sinfonien eher uninteressant seine, das war mal in einer Klassikzeitung zu lesen. Seither wird es kritiklos nachgebetet....
    Aber ich will dem gar nicht widersprechen, weil ich im Falle Mozarts persönlich auch die "großen" Sinfonien bevorzuge.


    Dennoch habe ich den Verdacht, daß die geringe Wertschätzung der Frühwerke teilweise auch eher neutralen (euphemistische Umschreibung für "lustlos") Interpretationen anzulasten ist.....


    Haydns Gesamtaufnahme wurde eigentlich hauptsächlich deshalb gekauft, weil sie dank Brilliant classics um n´Appl und ´n Ei verhökert wurden. Qualität spielte da keine Rolle mehr - auch nicht, daß es sich um eher konventionelle Aufnahmen mit einem "zusammelgestoppelten" Orchester handelte....


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    Zitat

    Daß Mozarts frühe Sinfonien eher uninteressant seine, das war mal in einer Klassikzeitung zu lesen.


    ich freue mich (manchmal), wenn andere zu denselben Urteilen kommen. Ich muss allerdings zugeben, dass die Voraussetzung meines Urteils denkbar schwach ist - ich kenne diese Werke nur aus der Pinnock-Einspielung und habe sie nur ein einziges Mal gehört.


    Die Haydn-Sinfonien (ja, ich habe die Brillant-Box mit Adam Fischer) fand ich von Nr. 1 an interessanter, "verrückter", geistreicher als den ganz frühen Mozart.


    Dass es vielleicht nicht (nur) an Pinnock liegt, wenn ich die frühen Mozart-Sinfonien nicht so toll fand, kann ich - ebenfalls nur schwach - vermuten, weil ich die Sturm-und-Drang-Sinfonien Haydns unter Pinnock um Klassen besser finde. So meine ich, dem Interpreten Pinnock mit Repertoire zwischen 1760 und 1780 durchaus wohlgewogen zu sein.


    So viel also zu den Voraussetzungen meines Urteils. Wenn Du mir sagen könntest, in welcher Klassikzeitung etwas zu Mozarts frühen Sinfonien stand, dann würde mich interessieren, welche die Voraussetzungen jenes Urteils waren - so sie denn dort genannt sind.


    Zitat

    Haydns Gesamtaufnahme wurde eigentlich hauptsächlich deshalb gekauft, weil sie dank Brilliant classics um n´Appl und ´n Ei verhökert wurden. Qualität spielte da keine Rolle mehr - auch nicht, daß es sich um eher konventionelle Aufnahmen mit einem "zusammelgestoppelten" Orchester handelte....


    Hm. Ich meine, die Dorati-Aufnahme hätte sich auf Schallplatte auch nicht ganz schlecht verkauft - zu anderen pekuniären Bedingungen. Dito die leider unvollendete Serie unter Christoph Hogwood - damals sogar zum Hochpreis, DM 100,- (d. h. mindestens öS 700,-) für je 3 CDs. Wurde gekauft - ohne Ansehen des Preises.


    (NB. Würde der Böhm-Mozart bei Brillant vertickt, würden sich gewisse Kreise ja auch nicht beschweren ... ... es sei denn, dies würde als Blasphemie bezeichnet, weil der göttliche Mozart in einer seiner besten und zeitlosesten Interpretationen unter Wert gehandelt würde ... Perlen vor die Säue ... )


    Ich meine auch, für schlechtere Interpretationen schon mehr bezahlt zu haben als im Falle Haydn/Fischer. (Etwa Brahms-Sinfonien mit Bernstein [DG] oder Lohengrin mit Solti und Domingo/Norman - alles zum Hochpreis. Für den damaligen Preis dieser beiden Boxen - umgerechnet zusammen weit über €100,- - bekomme ich heute die Haydn/Fischer-Box. Was soll daran schlecht sein?)


    Für einen Tipp bzgl. einer Aufnahme, die Mozarts frühe Sinfonien spannend wiedergibt, wäre ich sehr dankbar - das würde diese Diskussion sofort erübrigen.

  • Diese Aufnahme ist überraschenderweise nicht nur preiswert - sondern auch gut - ich besitze 6 CDs aus dieser Serie (in anderer - schönerer - Verpackung)
    Bemerkenswert ist der charakteristische Eigenklang der Mozart Akademie Amsterdam, eine HIP Formation ohne den agressiven Tenor mancher Konkurrenzorchester....


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • ich wollte damit auch sagen, dass es ständig Neuaufnahmen von Mozart-Sinfonien gibt.
    Mir erschließt sich daher nicht, worauf du eigentlich hinaus willst.
    Und dass nicht in jedem Jahr ein neuer Komplett-Zyklus gestartet werden kann, ist ja wohl logisch.

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Inwieweit Haydns frühe sinfinien interessanter sind als jene von Mozart kann ich schwer beurteilen, aber da gäbe es viel dazu zu sagen, vor allem daß Haydn als Kind - soweit mir bekannt - keine Sinfonien komponiert hat, seine ersten dürften wohl so um 1759 herum entstanden sein - da war er immerhin schon 27.


    Na eben, darum ist es ja auch nicht verwunderlich, dass seine frühen Sinfonien so viel interessanter sind.

  • Zitat

    Original von Liebesraum
    ich wollte damit auch sagen, dass es ständig Neuaufnahmen von Mozart-Sinfonien gibt. Mir erschhließt sich daher nicht, worauf du eigentlich hinaus willst. Und dass nicht in jedem Jahr ein neuer Komplett-Zyklus gestartet werden kann, ist ja wohl logisch.


    Von ganzen Zyklen war ja auch nur am Rande die Rede, eher schon von Einzelveröffentlichungen, Wobei angemerkt sei, da0 im Falle Beethoven, aber auch Mahler sehr wohl eine ganze Kaskade von Neuaufnahmen unterschiedlicher Qualität auf den geneigten Klassikhörer losgelassen wurde - jede mit Superlativen der Kritik überhäuft....


    So habe ich lediglich angeregt, Resüme über die Mozart - Sinfonie-Aufnahme der letzten 10-12 Jahre zu ziehen - und das fällt nicht grade berauschend aus.


    Vor 20 und mehr Jahren war das Angebot von Neuaufnahme ungleich vielfältiger und Qualitativ hachstehender, Karl Böhm,. Bruno Walter, Ferencz Fricsay, Josef Krips und Neville Marriner,Otto Klemperer Leonard Bernstein, George Szell, Sandor Vegh sowie John Eliot Gardiner...


    Über Solti und Karajan breite ich (in bezug auf Mozart) gnädig den Mantel des Vergessens...


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Ich stimme grundsätzlich zu, dass die Aufnahmen von Mozart-Sinfonien in den letzten zehn Jahren nicht gerade die großen Zugpferde am Klassikmarkt waren. Die exorbitanten jüngsten Aufnahmen von Mackerras bei Linn Records (nicht zu verwechseln mit dem Telarc-Zyklus) und die extremen Aufnahmen von René Jacobs sind da vielleicht eher die Ausnahmen, die die Regel bestätigen. Minkowski wäre immerhin noch zu nennen und Harnoncourt bei mittleren und frühen Mozart-Sinfonien. Wahrscheinlich gab es noch mehr Gutes oder zumindest Erwähnenswertes.


    Es wäre eventuell hilfreich, bei dem o. a. Vergleich ähnlich große Zeiträume zu betrachten. Die von Alfred angegebene Spanne reicht von Bruno Walter bis Bernstein und Gardiner. Ich habe nicht lückenlos recherchiert, aber Bruno Walter ist 1962 verstorben - ich meine, seine Aufnahmen der Mozart-Sinfonien seien Ende der 1950er Jahre entstanden. Die Aufnahmen von Bernstein (mit den Wienern) sind von Ende der 1980er Jahre, dito die Gardiner-Aufnahmen.


    Das heißt, den letzten zehn Jahren wird ein Zeitraum von über dreißig Jahren entgegen gesetzt.


    Trotzdem möchte ich der von Alfred grundsätzlich festgestellten Tendenz zustimmen, es war mehr los in Sachen Mozart in der Zeit 1945 - 1980 - mit einer Neubelebung in den Hochzeiten von HIP (Harnoncourt, obgleich mit Concertgebouw, Hogwood, Gardiner, Östman bei den Opern). Um das zu belegen, müsste man aber etwas tiefer schürfen.

  • Ja genau, vielleicht mit Liste pro Jahrzehnt, was es denn da gegeben hat.
    Die Aufnahme von Pinnock ist von 1992-1995, verglichen zu Bruno Walter, der 1962 gestorben ist, also ganz neu.


    Das freut mich jetzt, dass ich eine so aktuelle Einspielung habe. :D

  • Lieber Alfred,


    gerade in den letzten 12 Jahren ist sehr viel Neues an Mozart-Sinfonien aufgenommen worden:



    1997-2002


    Die Symphonien
    Mozart Akademie Amsterdam, Jaap ter Linden


    Symphonien Nr. 14, 18, 20, 21, 25, 27-31, 33-36, 38-41
    Kölner Kammerorchester, Müller-Brühl


    Symphonien Nr. 33, 36, 38, 40, 41
    Virtuosi Saxoniae, Ludwig Güttler


    Symphonien Nr. 31-36, 38-41
    Padova e del Veneto Orchestra, Maag


    Symphonien Nr. 14, 21, 29
    Schlierbacher Kammerorchester, Fey


    Symphonie Nr. 25
    Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Frans Brüggen


    Symphonie Nr. 29
    Camerata Roman, Levon Chilingirian



    2002


    Symphonien Nr. 39-41
    Anima Eterna, Jos van Immerseel


    Symphonie Nr. 41 "Jupiter"
    Berlin PO, Perlman



    2003-2005


    Symphonien Nr. 1, 4-27;Symphonien KV 19a, 42a, 45a "Lambacher",
    45b, 75, 76, 81, 95-97, 111 / 120, 141a, 196 / 121;Andante zu KV 132;
    Menuett KV 409
    Concentus musicus Wien, Nikolaus Harnoncourt



    2004


    Symphonien Nr. 34, 36, 38-41
    Mozarteum Orchester Salzburg, Soudant, Bolton


    Symphonie Nr. 31 KV 297 "Pariser"
    Freiburger Barockorchester, Gottfried von der Goltz


    Symphonie Nr. 41 "Jupiter"
    Boston Baroque, Pearlman



    2005


    Symphonien Nr. 40 & 41
    Les Musiciens du Louvre, Marc Minkowski


    Symphonien Nr. 39 & 41
    Mannheimer Mozartorchester, Fey


    Symphonien Nr. 35 & 36
    Prague Philharmonia, Jiri Belohlavek



    2006


    Symphonien Nr. 38 & 41
    Freiburger Barockorchester, Rene Jacobs


    Symphonien Nr. 8, 12, 16, 19, 22, 25, 28, 29, 31, 32, 33, 34, 35, 36, 38,
    39, 40, 41
    RSO Stuttgart, Roger Norrington


    Symphonie Nr. 35
    Duisburger Philharmoniker, Jonathan Darlington


    Symphonien Nr. 33, 35, 38
    SWR SO, Sylvain Cambreling


    Symphonien Nr. 15-18
    Danish Radio Sinfonietta, Adam Fischer


    Symphonien Nr. 40 & 41
    Manchester Camerata, Douglas Boyd



    2007


    Symphonien Nr. 29, 33, 35, 38, 41
    Mozart Orchestra, Claudio Abbado


    Symphonien Nr. 38-41
    Scottish Chamber Orchestra, Charles Mackerras


    Symphonien Nr. 19-21, 26
    Danish Radio Sinfonietta, Adam Fischer



    2008


    Symphonien Nr. 31, 39-41
    Ensemble Orchestral de Paris, John Nelson


    Symphonien Nr. 22-25, 27
    Danish National Chamber Orchestra, Adam Fischer


    Symphonien Nr. 25, 26, 29
    Le Cercle de l'Harmonie, Jeremie Rhorer


    Symphonien Nr. 39 & 40
    Freiburger Barockorchester, Rene Jacobs



    2009


    Symphonien Nr. 29, 31, 32, 35, 36
    Scottish Chamber Orchestra, Charles Mackerras


    Symphonien Nr. 12-14;Symphonie KV 96
    Danish National Chamber Orchestra, Adam Fischer



    Kennst du all diese Aufnahmen, Alfred?

  • Zitat

    Kennst du all diese Aufnahmen, Alfred?



    Ich "kenne" natürlich nicht "alle", habe aber in viele davon hineingehört, und muß sagen, daß manches davon auch gar nicht wert ist, daß man es kennt, sei es wegen mittelmäßiger Orchester, rabiater, oder nichtssagender Interpretationen, bzw unanhörbarer Tontechnk.


    Aber an sich ist es ja der Sinn eines solchen Threads derlei zur Sprache zu bringen...


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Vor 20 Jahren gab es mit Sicherheit keine Neuaufnahmen von Böhm usw. Klar zum 200. Todestag 1991 wurde vieles neu auf die Beine gestellt.


    Aber das Angebot ist noch vielfältiger geworden: die alten, neuen und nun aktuellen Einspielungen sind im Angebot.


    Dazu kamen viele Ausgrabungen von Einspielungen der Mozart-Sinfonien z.B. Leinsdorf, Suitner.




    LT

  • Zitat


    Original von Kurzstueckmeister




    Na eben, darum ist es ja auch nicht verwunderlich, dass seine frühen Sinfonien so viel interessanter sind.



    Ich sage hier mal was absolut Ketzerisches und erwarte hier, dafür gesteinigt zu werden. Ich finde, dass Mozart einige hervorragende Sinfonien geschrieben hat, aber Haydn war als Sinfoniker viel bedeutender und erfindungsreicher, vor allem in seinen Sturm- und Drang-Sinfonien. Die höre ich viel öfter als Mozart-Sinfonien. Und da ich gerade dabei bin: Mozart und Janacek halte ich für die besten Opernkomponisten überhaupt, aber etwa das geistliche Werk von Mozart erscheint mir als reichlich konventionell und für total überschätzt (bis auf das Requiem).

    Aller Anfang ist schwer - außer beim Steinesammeln (Volksmund)

  • Zitat

    Original von Alfred


    "ich "kenne" natürlich nicht "alle", habe aber in viele davon hineingehört, und muß sagen, daß manches davon auch gar nicht wert ist, daß man es kennt, sei es wegen mittelmäßiger Orchester, rabiater, oder nichtssagender Interpretationen, bzw unanhörbarer Tontechnk.[/size]


    Aber an sich ist es ja der Sinn eines solchen Threads derlei zur Sprache zu bringen..."


    Wer kennt schon alle, auch wenn er sie im Regal hätte, im Ohr hat man doch immer nur seine Lieblingsaufnahmen. Dass die Aufnahmen von Böhm mit den Wienern besser gefallen als die mit den Berlinern ist nachvollziehbar. Bei Mackerras z.B. sehe ich das anders. Die Aufnahmen bei Telarc mit den Pragern sind weicher, in die zwei Doppelalben habe ich nur vergleichsweise bei Sinf. 40 und 41 hineingehört. Für meine Ohren ist der Klang der Streicher zu wenig seidig, es klingt fast schrill. Ähnlich die Aufnahme unter Jacobs. Ich habe einige Aufnahmen mit Haydn-Sinfonien unter Adam Fischer. Ganz hervorragend. Bleibt abzuwarten, wenn die letzten von Mozart vorliegen, um einen Vergleich anstellen zu können.


    Neben den genannten von Böhm und Mackerras gehören für mich zu den besten:
    Sinf. 32 - 41 Scottish Chamber unter Saraste
    Sinf. 29,33,40 Orpheus Chamber
    Alle 41 English Chamber unter Tate
    Alle 41 The English Concert unter Pinnock


    LG, Bernward


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Es ist ein wenig off topic. Ich hatte diesen Thread allerdings zum Anlass genommen, meine Aufnahmen der letzten sechs Mozart-Sinfonien noch einmal nach und nach durchzuhören.


    Bruno Walter hatte den Blick für die Dramatik, für das Helldunkel. Leider gibt es einige antiquierte Temporückungen, und gerade bei den Menuetten stört mich der breite Strich der Streicher noch mehr als in den anderen Sätzen. Es fehlt an Charme.


    Otto Klemperer war mir der liebste unter den non-HIP-Zugängen. Alles wohlaustariert, Tempi, Gewichte, Klangbalancen. Großartig, dabei nicht langweilig - eine geradezu klassische Interpretation, die die Musik keinesfalls verniedlicht.


    Karl Böhm fand ich irgendwie zu glatt, zu belanglos. Ich bin froh, andere Aufnahmen zu kennen - sonst hätte ich diese Musik nach dem ersten Hören vermutlich wieder weggelegt. (Bei seinen vielgepriesenen Zauberflöten ist der Dirigent ja auch nicht unbedingt der entscheidende Kaufanreiz.) - Ich möchte sagen, dass ich die Wagner- (Ring, Tristan), Strauss- (Elektra, Ariadne, FroSch, Daphne und Capriccio) und Alban-Berg-Opernaufnahmen unter Böhm sehr schätze! Ebenfalls die Haydnschen Jahreszeiten. Nur der Mozart, der ist mir zu glatt, zu gefällig, zu nivelliert. IMHO war Mozart bei weitem nicht so harmlos, wie Böhm uns glauben machen will.


    Den Beweis für die letzte These möchte ich mit folgender Aufnahme antreten: Bei Harnoncourt wurden mir wieder die Ohren geputzt und das Gehirn kam wieder in Gang. Das ist geistreicher Mozart, der seinem Publikum eine um die andere Pointe serviert und sich wie ein Schelm darüber freut, dass es immer anders kommt, als man denkt ... einige interpretatoriische Einzelentscheidungen sind sicher diskussionswürdig, aber aufregend sind nur die Interpreten, über die man sich aufregen kann (wo habe ich das neulich gelesen?).


    Harnoncourt und Klemperer heißen also bisher meine Favoriten. Bernstein (WPO, DG) und Pinnock habe ich noch vor mir sowie Einzelaufnahmen mit Gardiner, Hogwood und Marriner.

  • Lieber Wolfram,


    Ich finde nicht, daß Du off topic bist, denn die Bewertung HEUTIGER Aufnahmen geschieht ja immer - ob man es will oder nciht - am Maßstab GESTRIGER Einspielungen. Und hier est es schon bemerkenswert, daß ETLICHE Poster zu den gestrigen Aufnahmen mehr zu sagen haben, als zu den heutigen.


    Natürlich möchte ich mich - wie könnte es auch anders sein - zu Karl Böhm äußern. Fürs erste möchte ich festhalten, daß die DGG bei der Aufnahme der Mozart Sinfonien mit Böhm und den Berliner Philharmonikern nicht die glücklichste Hand hatte. Für die Tontechnik zeichnete (auch wenn die heute erhältlichen Budgetwiederveröffentlichungen das nicht mehr dokumentieren) Günter Hermanns, der auch sämtliche Aufnahmen der Karajan Beethoven-Sinfonien zu verantworten hatte - und denen ebenso immer ein zu glatter Klang nachgesagt wurde.
    Die Wiener Aufnahmen - es gab leider nicht allzuviele - (leider auch von Hermanns tontechnisch betreut) haben zumindest etwas mehr Kern im Baßbereich, klingen somit kerniger, erdiger und straffer - ein "männlicherer" Mozart.
    Böhms Mozart hat stets was beschwingtes, leicht tänzelndes, zugleich Positives, Freudig Triumphierendes Er ist feurig - aber nicht über alle Maßen.
    Und - das ist wichtig - es war der Mozart den man in Wien (und in Salzburg) hören wollte. (Die restliche Musikwelt wird ja in Wien - soweit es Mozart und Schubert betrifft - sowieso kaum ernstgenommen. )


    Wer aber Harnoncourts Mozart mag, der kann selbstverständlich jenen von Böhm nicht mögen. Böhms Mozart war "wienerisch" bis zum geht nicht mehr (obgleich er in Wirklichkeit Grazer war)
    Deshalb wurde er geliebt. Böse Zungen behaupten, die Wiener Philharmoniker könnten - auch heute noch - zig Jahre nach seinem Tod -die Wiener Klassiker so spielen, wie Böhm sie dirigiert hätte, würde er noch leben.


    Daß dies nicht unbedingt stimmt - davon legt die grausige Aufnahmeserie von Mozart-Sinfonien unter James Levine (für 1991 Mozarts 200 Todestag eingespielt) ein beredtes Zeugnis ab....


    Aber wir haben uns schon wieder von den Aufnahmen der Gegenwart entfernt....
    Zitat:

    Zitat

    Nur der Mozart, der ist mir zu glatt, zu gefällig, zu nivelliert. IMHO war Mozart bei weitem nicht so harmlos, wie Böhm uns glauben machen will.



    Wenn ich die Aussagen in diesem Forum lese - dann war eigentlich KEIN Komponist "harmlos"
    Ich würde sagen Mozarts Popularität beruhte zum Gutteil darauf, daß man ein vom Rokoko geprägtes Bild von ihm hatte, daß nie Schrilles ungefälliges bei ihm vorkam -


    Irgendwie dürfte diese Vorstellung heute noch existieren, denn so wäre erklärlich, wieso es gewisse - in Deutschland durch Kritik und Forum gelobten Aufnahmen - in Wien in keinem Klassik-Fachgeschäft zu kaufen gibt....


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Lieber Alfred,


    danke für Deine Hinweise auf die Tontechnik bei Böhm!
    Zitat:
    Wer aber Harnoncourts Mozart mag, der kann selbstverständlich jenen von Böhm nicht mögen.


    Eine steile These! Dazu kann ich wenig sagen. Ich kann mich erinnern, dass Harnoncourt mal schrieb, dass schlechte, belanglose Aufführungen der Matthäus-Passion und von Mozarts Sinfonie g-moll KV550 ein wesentlicher Anlass für ihn waren, seinen sicheren Job bei den Wiener Symphonikern an den Nagel zu hängen und zurück zu den Quellen zu gehen.
    Zitat:
    Böhms Mozart war "wienerisch" bis zum geht nicht mehr (obgleich er in Wirklichkeit Grazer war)


    Na ja, was heißt das schon ... die Wiener haben Mozarts Figaro schließlich abgelehnt, die Prager haben darob gejubelt. Insofern weiß ich nicht, was ich von einer Mozart-Interpretation halten soll, die den Wienern gefällt oder der das Attribut "wienerisch" zugeschrieben wird ... ... aber ich will keinen Einzelfall verabsolutieren. - Jedenfalls könnte man - wenn man einen extremen Standpunkt einnehmen wollte - auf Basis der zeitgenössischen Figaro-Rezeption die Meinung vertreten, "wienerisch" wäre "unmozartisch" und umgekehrt. Aber so weit würde ich nicht gehen wollen, es wäre auch eine unangemessene Verallgemeinerung.
    Zitat:
    Ich würde sagen Mozarts Popularität beruhte zum Gutteil darauf, daß man ein vom Rokoko geprägtes Bild von ihm hatte, daß nie Schrilles ungefälliges bei ihm vorkam -


    Ich würde es so sagen: Mozart war so gut, dass selbst nach der Verniedlichung immer noch genug übrig blieb, was man zu gegebener Zeit für hörenswert halten konnte. Seine Musik ist ziemlich unverwüstlich und erträgt sogar Böhm - seine Einspielungen sind ja keineswegs schlecht. Sie berauben Mozarts Musik halt um einige Dimensionen, was schade ist.
    Zitat:
    Irgendwie dürfte diese Vorstellung heute noch existieren, denn so wäre erklärlich, wieso es gewisse - in Deutschland durch Kritik und Forum gelobten Aufnahmen - in Wien in keinem Klassik-Fachgeschäft zu kaufen gibt....


    Dieses interessante Phänomen einer regional abweichenden Rezeption ist ja nicht auf Wien und Mozart beschränkt. Christian Zacharias wird in Frankreich hochgeschätzt, in Deutschland ist er eher unter ferner liefen. Die Briten scheinen ihr Lindsay-Quartett geliebt zu haben. Usw. usw.

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