Dmitri Schostakowitsch: Klavierkonzert Nr 1 op 35

  • Sagitt meint:


    Angeregt durch ein Konzert der Berliner Philharmoniker möchte ich das erste Klavierkonzert von Shostkovitch op. 35 einbringen. Ein sehr virtuoses Werk. Zitat aus dem Programmheft der Berliner Philharmoniker:
    " Zu seinem Klavierkonzert, das zwischen März und Juli 1933 entstand, bemerkte er: »Es war mein erster Versuch, eine bedeutsame Lücke in der sowjetischen Instrumentalmusik zu schließen, der es an abendfüllenden konzertanten Werken mangelt.« Tatsächlich handelt es sich um das erste Klavierkonzert von Rang, das in der Sowjetunion entstand.
    Bei diesem Stück fällt vor allem die ebenso sparsame wie ungewöhnliche Besetzung ins Auge bzw. Ohr: Das Klavier wird lediglich von einem Streichorchester begleitet; zum Solisten gesellt sich eine einzige Trompete in B, die sowohl als Partner als auch Störfaktor fungiert. Insbesondere in seinem Frühwerk – etwa den Theater- und Filmmusiken – griff Schostakowitsch gerne zur Solotrompete, wenn es darum ging, etwas zu parodieren und karikieren. Und auch im Klavierkonzert, in dem es vor musikalischen Scherzen nur so wimmelt, ist es meistens die Trompete, die für die Pointen sorgt. "


    Es ist ein sehr eingängiges Werk. Shostakovitch zitiert immer wieder, u.a. die Wut über den verlorenen Groschen in der kleinen Kadenz, die er auf Wunsch seines Freundes Lev Oborin in das Konzert hereingeschrieben hat.


    Ich hoffe, es gibt gute Anregungen mit gelungenen Einspielungen. Ich habe eine, die ich aber bestimmt nicht empfehlen kann. Sicher kennen unsere Kenner welche ?

  • Hallo sagitt,


    die Klavierkonzerte Schostakowitsch´s, ja das ist meine Musik !!!


    Ich besitze mehre Interpretationen auf CD die ich hier kurz vorstellen möchte:


    1.) Meine erste Aufnahme von beiden Klavierkonzerten auf CBS-LP, die ich heute zum Glück auch auf CD, allerdings komischerweise bei RCA habe ist auch meine Meinung nach die Beste:
    :] Eugene List, Klavier / Moskauer PH / Maxim Schostakowitsch
    Auf der RCA-CD ist noch eine hervorragende Aufnahme von Schostakowitsch´s Cellokonzert Nr.1 mit drauf.
    Leider kann ich bei jpc diese Super-CD nicht mehr finden, warscheinlich gestrichen.


    2.) Eine weitere CBS-CD hatte ich mir ebenfalls schon wegen des Cellokonzertes Nr.1 op.107 mit Rostropowitsch/Philadelphia Orch./Ormandy gekauft.
    Hier sind die beiden Klavierkonzerte mit Previn, Klavier(Nr.1, op.35); Bernstein, Klavier (Nr.2); NewYorkerPH/Bernstein .
    Auch eine TOP-Aufnahme, die nur klanglich wegen des Alters (um 1960) nicht so überzeugen kann.


    3.) Ein Klang-und Interpretationsfest bietet dann meine voriges Jahr gekaufte SACD mit Hamelin, BBC Scottish SO, Litton.


    Die Sensation ist allerdings für mich das Klavierkonzert Nr.2 von Rodin Schtschedrin, das genau wie die Schostakowitsch-Konzerte voll meinen Musikgeschmack trifft - eine geniales Stück Musik.


    :hello: Bin mal gespannt, welche Aufnahmen hier noch favorisiert werden.

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • sagitt,


    im Thread über den allgemeinen Thread über DSch steht bereits einiges zu den Klavierkonzerten.


    1.


    Wie Argeich den 2. Satz spielt ist unerreicht!


    2.

    E. Leonskaja mit dem St. Paul Chamber Orch. unter H. Wolf.


    Mit auf der CD das zweite Klako. IMO besitzenswert.


    teleton,


    bei Hamelin kann ich Dir nicht zustimmen. Der Klang ist sicher gut aber die Interpretation ist IMO schwar. Einfach unemotional und gerade die Punkte, die sagitt angesprochen hat fehlen in der Interpretation.

  • Ich besitze einige wenige Aufnahmen von Schostakowitsch Klavierkonzert Nr 1, (teilweise wusste ich das gar nicht, weil noch ungehört) welches ja auch als Konzert für Klavier, Trompete und Streicher geführt wird. Bei meiner Recherche in den mir zur Verfügung stehenden Konzertführern fand ich einiege Behauptungen, die ich in der Eile allerdings nicht überprüfen konnte. So sollen hier Zitate aus eine Beethoven Klaviersonate enthalten sein, weiters wurde das Werk auch als Parodie auf den westlichen Konzertbetrieb gesehen.
    Wie dem auch sei: In jedem Fall ein beeindruckendes Werk.
    Damit komme ich direkt zu der heute abgehörten Einspielung, die eine Neuerwerbung in meiner Sammlung ist:
    Es ist eine Aufnahme, die am 22. und 25. Jänner 2016 in Liverpool mit dem Royal Liverpool Orchestra unter Vasiky Petrenko live aufgenommen wurde. Boris Gilburg war der Interpret, Der verwendete Konzertflügel war ein Fazioli.


    Ich habe die Aufnahme in Erster Hinsicht der Interpreten wegen gekauft, Boris Gilburg und Vasily Petrenko - und sie haben meine Erwartungen voll erfüllt. Schon der erste Satz des Konzert sprüht voll Feuer, ist sehr präsent aufgenommen, manche werden sogar meinen, ZU direkt.(mir gefällt es , wie es ist) Das Klangbild ist in jeder Beziehung ANSPRINGEND, das trifft es wohl am Besten. Auch die elegischen Stellen im 2. Satz bleiben nicht auf der Strecke. Der Fairness halber sollte vielleicht noch der Trompeter genannt werden, er heisst Rhys Owens


    Bewusst habe ich fürs erste keine (ermüdenden) Vergleiche mit anderen Aufnahmen gemacht (das werde ich vielleicht nachholen) sondern die Einspielung direkt auf mich einwirken lassen, Das Ergebnis ließ bei mir keine Wünsche offen


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Die Petrenko-Neuaufnahme (gem.Alfteds Vorbeitrag) ist sicher intertessant und wird sicher demnächst meine CD-Sammlung bereichern.


    Ich hoffe, es gibt gute Anregungen mit gelungenen Einspielungen. Ich habe eine, die ich aber bestimmt nicht empfehlen kann. Sicher kennen unsere Kenner welche ?


    Schade, dass Sagitt die Aufnahme, die er nicht empfehlen würde, hier nie genannt hat !?!


    teleton,
    bei Hamelin kann ich Dir nicht zustimmen. Der Klang ist sicher gut aber die Interpretation ist IMO schwar. Einfach unemotional und gerade die Punkte, die sagitt angesprochen hat fehlen in der Interpretation.


    Da die audiphile Klangqualität bei Hamelin/Litton ausgezeichent ist, war das schonmal der erste Bonuspunkt der für die Aufnahe spricht. Ich finde trotz der Bedenken von Richard eine tolle Aufnahme beider Schostakowitsch - Klavierkonzerte.


    Wer aber auch auf die von Richard angesprochene Emotionalität nicht verzichten will ist mit den folgenden russischen Aufnahmen bestens bedient:


    1. Die bereits genannte dürfte mit Schostakowitschs Sohn Maxim darf autentischen Referenzcharakter für sich beanspruchen:
    Eugene List, Klavier / Moskauer PH / Maxim Schostakowitsch (RCA, Melodiya-Aufnahme 1957 - auf LP war es früher eine CBS-LP ! Die CD ist mit dem Cellokonzert Nr.1 mit Chomizer(Cello) gekoppelt.
    - leider ist die CD derzeit nirgens verfügbar -


    2. Ebenfalls mit russischem Feeling und Sound die CD1 aus der Brillant-Serie RUSSIAN ARCHIVES (nur das KK Nr.1):
    Evgeny Kissin, Klavier/ St.Petersburg Chamber Orchestra / Vladimir Spivakov (Brillant, 1988)

    Brillant, 1988 (KK Nr.1)



    :( Eine CD-Aufnahme, in die ich grosse Hoffnungen gesetzt hatte, hat mir gar nicht gefallen (war viel zu lasch), habe ich unlängst "entfernt":
    Rudi/Jansons mit beiden KK und der Sinfonie Nr.1 (EMI)

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Zitat

    Schade, dass Sagitt die Aufnahme, die er nicht empfehlen würde, hier nie genannt hat !?!


    Da er ja glücklicherweise (wenn auch viel zu selten !!) hier bei uns im Forum ist, kann er das ja nachholen, worum ich herzlichst bitte.


    Die von Teleton eher abgewertete Aufnahmen mit Rudi/Jansons war mein erstes Kennenlernen der Klavierkonzerte von Schostakowitsch, der damals alles andere als mein Liebligskomponist war. Angeschafft wurde die Aufnahme lediglich, um eine Repertoirelücke zu füllen und weil sie wenig kostete. Dazu kam, daß K. Burmester zumindest die darauf befindliche Sinfonie Nr 1 in Fonoforum (1995) al "Glücksfall" bezeichnet hatte. Und ich war eigentlich anfangs ziemlich zufrieden, ja geradezu angenehm überrascht. Der Klang ist eher durchsichtig als füllig , wenngleich ein bisschen dezent. Ich hatte damals non den Intentionen Schostakowitsch' noch keine Ahnung - etwas das bei vielen Rezensentern der Gegenwart noch heute der Fall zu sein scheint
    Nachdem ich gestern die Petrenko Aufnahme gehört habe, wollte ich prüfen wie gut die denn sei - und nahme meine alte Rudi/Janssons aufnahrm hervor. Das subjektive Hörerlebnis war so, daß ich Teletons Ettäuschung nach dem Kauf verstehen kann:
    Eine allzu brave, domestizierte Aufnahme war hier zu hören, die echte Schostakowitsch-Liebhaber vermutlich kalt lässt und den harten Kern vielleicht sogar in die Flucht schlägt....
    Ich habe in meiner Sammlung ungehörter CD eine weitere Aufnahme entdeckt - Demnächst wird sie gehört und eventuell werde ich hier ein paar Zeilen drüber schreiben....

    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Und hier ist sie schon meine dritte Einspielung des Klavierkonzerts Nr 1 von Schostakowitsch, gespielt von Marc André Hamelin und dem BBC Scotish Symphony Orchestra unter Andrew Litton. Sie lag bei den ungespielten CDs und ich hatte völlig auf sie vergessen. Ich finde, es handelt sich um eine sehr gute und ausgewogene Ausnahme, die zwar einerseits Drive hat, andrerseits indes auch sehr melodisch klingt. Sie liegt irgendwo zwischen der harmlos-braven Jansons/Rudi Aufnahme und der doch sehr "bissig-aggressiven" von Petrenko/Giltburg. Mag aber sein, daß manchem die ein wenig "giftig" klingende Petrenki/Giltburg Lesart mehr gefält, was allerdings auch an der Tontechnik liegen kann. Wie immer man das auch beurteilt: Eine Aufnahme mit der man zufrieden sein kann......

    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Meine Neuaufnahme, durch Tamino und speziell Alfreds Vorstellung diese Woche ausgelöst, ist eine absolute Neuproduktion von 2016 und daher klanglich auf absolut aktuellem Stand.
    *** Die NAXOS-CD wird durch die hochinteressante Klavierversion des Pianisten Boris Giltburg der Streichquartette Nr.2, 3.Satz und Nr.8 (komplett alle 5Sätze) ergänzt ... sehr belebend diese mal in der Klavierversion zu hören !
    Die Ausführenden sind: Boris Giltburg / Royal Liverpol SO / Vasily Petrenko.
    Die Spieldauern sind etwas breiter, was der Qualität nicht schadet, da es gar nicht zwingend auffällt, denn wo es zügig zugeht, klingt auch total straff und mit Biss:
    KK Nr.1 - 23:23
    KK Nr.2 - 19:59


    Im Gegensatz zu der Sinfonien-GA mit Petrenko, bei der mir bei vielen Sinfonien und Sätzen daraus so manche Emotionen auf der Strecke bleiben, sind diese Neuaufnahmen der Klavierkonzerte Nr.1 und 2 in jeder Hinsicht stimmig, perfekt und mit der gebotenen Spannung dargeboten - von Solist und Orchester.
    Ich finde: Diese Aufnahmen können sich nicht nur mit den Besten von den so zahlreich vorhandenen Aufnahmen messen - :!: nein mit den Allerbesten und damit deutlich den modernen Referenzanspruch für sich einnehmen.
    Von Petrenko und Giltburg wird kein Element überspielt oder unterschlagen, es ist alles perfekt da. Beim Klavierkonzerte Nr.1 bin ich (wie Alfred) auch genötigt den Solotrompeter Rhys Owens zu erwähnen, denn so astrein hört man die Solotrompete in keiner mir bekannten (und das sind fast alle) Aufnahme - Klangqualität überragend, was ich bei NAXOS selten so audiophil erlebt habe.


    :angel: Volle Kaufempfehlung, einfach Klasse - ein MUSS für Schostakowitsch-Liebhaber (wie mich):



    NAXOS, 2016, DDD


    dieser Beitrag ist eine identische Kopie aus dem ALLGEMEINEN SCHOST KK Thread - Das Originaal bleit von dieser Aktion unverändert aus seinem ursprünglichen Platz bestehen - MOD 001 Alfred

    Gruß aus Bonn, Wolfgang

  • Im Thread fand eine inzwischen gestrichene Aufnahme des Labels cpo keine Erwähnung.


    Das Konzert gefällt mir. Es kommen Zitate vor. Man denkt, das kenne ich, doch schon geht's im musikalischen Ablauf munter weiter.


    Die Deutsche Kammerakademie Neuss mit Lavard Skou Larsen am Dirigentenpult begleiten Valentina Igoshina, die in die Tasten greift und den Trompeter Thomas Hammes. Wie bei diesem Label üblich lässt das Booklet keine Wünsche offen.


    Beigepackt sind das 2. Klavierkonzert, das der Komponist für seinen Sohn Maxim komponiert hatte und die Bühnenmusik zu Hamlet Op. 32a in Weltersteinspielung.


    Die Solistin verfügt über die nötige Technik, die aber nicht zum Selbstzweck eingesetzt wird. Gegensätze werden ausgekostet. Für den zweiten Satz nimmt sie sich viel Zeit. Und der Trompeter Thomas Hammes, aus den Reihen des Orchesters, verdient besonderes Lob für seine Lippenkünste.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928