Wie Todesahnung...Welcher Sänger hinterließ als Wolfram den nachhaltigsten Eindruck?

  • Liebe Wagnerfreunde,


    Wolfram von Eschenbachs Lied an den Abendstern ist eine der ergreifendsten Szenen in Wagners Tannhäuser.


    Live durfte ich schon Bernd Weikl und Wolfgang Brendel erleben, auf Tonträgern sind mir die Aufnahmen von Hermann Prey und Eberhard Waechter ans Herz gewachsen.


    Welche Wolfram-Sänger haben Euch besonders beeindruckt?


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Liener Siegfried,


    natürlich Waechter, aber auch Bryn Terfel hat mir auf dieser CD gut gefallen:



    (okay, paßt nicht ganz, da er nur "den Abendstern besingt", aber gefallen hat's mir trotzdem ;) )

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Live gesehen habe ich 1991 Andreas Schmidt und 2007 Michael Volle (beide sehr beeindruckend), auf Konserve ist meine Nr. 1 Herbert Janssen (Bayreuth 1930), gefolgt von Dietrich Fischer-Dieskau (Bayreuth 1954) und dem m.E. zu Unrecht als langweilig geschmähten Victor Braun (Solti-Aufnahme).


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Zitat

    Original von GiselherHH
    [...] dem m.E. zu Unrecht als langweilig geschmähten Victor Braun (Solti-Aufnahme).


    Wow, ich hätte nicht gedacht, daß das noch jemand so sieht!


    Ich finde Braun sogar geradezu ideal.


    Vielleicht Soltis beste Opern-Aufnahme überhaupt.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • live gesehen und gehört und niemals vergessen - solch eine traurige brüchigkeit, differenziertheit... zum herzerweichen. ...roman trekel in der berliner staatsoper ... eine insgesamt wunderbare einspielung

    --- alles ein traum? ---


    klingsor

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  • Für mich war diese Rolle, als wäre sie Fischer-Dieskau auf den Leib geschrieben.
    Deshalb ist er für mich die Erfüllung als Wolfram, und ich kenne die Partie, durch und durch, weil ich sie selber einstudiert und gesungen habe. Es gibt natürlich viele guten Sänger, die den Wolfram gesungen haben (Schlusnus, Schmidt-Walter, Wächter, Herbert Janssen u.v.a.),
    aber Fischer-Dieskau bleibt immer für mich die Nummer 1.
    Die Rolle kommt natürlich einem Liedersänger sehr entgegen.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Zitat

    Original von Joseph II.
    ...
    Vielleicht Soltis beste Opern-Aufnahme überhaupt.
    :hello:


    Nein. Da gibt es schon noch Salome und Elektra! Unter den Wagner-Opern noch Rheingold und Parsifal, die zumindest auf ähnlicher Stufe stehen...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!



  • Dem kann ich nur zustimmen.
    Auch Thomas Hampson und Bern Weikl finde ich als Wolfram gut.

  • Der Wolfram war in jungen Jahren vielleicht die beste Partie von Bernd Weikl. Hervorragend in Stimme, Erscheinung und Darstellung.
    Für mich der Idaltyp in dieser Wagnerrolle.
    Herzlichst
    Operus
    :hello: :jubel:

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • An erster Stelle steht bei mir Eberhard Wächter, in Spiel und Gesang eine Idealfigur.
    An zweiter Stelle Bernd Weikl.


    Bryn Terfel schätze ich auf der CD auch sehr.


    Liebe Grüße vom
    Operngernhörer :hello:

  • Wächter, unbedingt: Eleganz, Leidenschaft, Charme, Melancholie, alles echt. Mit ein wenig Abstand Andreas Schmidt, den ich live sah. Auf der Platte gefällt er mir nicht so. Auf Platz 3 bei mir, fast eine Kuriosität, George London unter Szell an der MET. Das Ende von Akt 1 ist so langsam, dass nur ein London mit seiner Riesenstimme und entsprechender Amplitude das überhaupt bewältigt kriegt. Verrückt, aber sauschön!
    Viele andere machen das auch schön: Trekel, Weikl, Hampson, bestimmt auch Volle, den ich ein paar Mal gehört habe, aber nicht in der Rolle.
    Fischer-Diekau denkt mir einen Tick zu viel beim Singen in dieser Rolle, Prey einen Tick zu wenig, aber auch sie berühren und darauf kommt es ja an.

    Der Jugendtraum der Erde ist geträumt
    Grillparzer
    Macht nix!
    grillparzer

  • Dietrich Fischer-Dieskau, Roman Trekel (himmlisch in Bayreuth mit Christian Thielemann als Dirigenten) und Markus Brück.

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  • Janssen habe ich durch Titan´s Thread Sänger und ihr Schicksal unlängst kennen gelernt. Hat mich sehr beeindruckt.


    Victor Braun bei Solti mag ich vom Timbre auch sehr; Waechter kenne ich von einem 56er Querschnitt unter Leitner (DG), Dieskau vom Konwitschny-Tannhäuser. Im Gegensatz zu Herbert Henn läßt letzterer mich zwiespältig - bei keinem senkt sich so unheilschwanger die Todesahnung in die Dämmerung; keiner bringt so viel Licht in die gestirnte Nacht, keiner singt den Doppelschlag so schön - aber daß es ein Liebeslied ist, höre ich nicht; es gibt nicht die verhaltene, kraftvolle Leidenschaft wie bei Waechter (und etwa auch Janssen, Schlusnus, vom Stimmtyp her, letzterer aber mir bereits etwas zu nobel-väterlich).


    Mein Ideal wird ein mir einmal bei Aspekte vor ca. 30 Jahren gezeigter Filmausschnitt bleiben - alles schwach erinnert; ein italienische Film, der evt. zur Zeit des 2. Weltkriegs spielte. Da ging durch eine sonnengleißende Mittagslandschaft ein deutscher Soldat, blauäugig, attraktiv, und sang das "Lied an den Abendstern" - es war klar, daß er tot war; es war eine ganz frappierende Szene, ein Traum. Das ist mein idealer Wolfram; die Intensität seiner blauen Augen und seiner gelassenen, unbeweglichen Züge - alles das Gegenteil von Fischer-Dieskau. Ganz so singt es freilich niemand.


    Kennt jemand den Film?


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Hallo Forianer,


    es muss auch wie Todesahnung klingen.
    Meine Favoriten Andreas Schmidt und Hermann Prey !


    Gruß Gerlach


    "Nicht weinen, dass es vorüber ist
    sondern lächeln, dass es gewesen ist"


    Waldemar Kmentt (1929-2015)


  • Jetzt sind fast alle berühmten Interpreten aufgezählt worden, die den Wolfram gesungen haben. Das heißt, daß es einen Besten gar nicht gibt, sondern, daß es eine Geschmackssache ist und es deshalb viele Beste gibt.


    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

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  • Zitat

    Original von Herbert Henn
    Jetzt sind fast alle berühmten Interpreten aufgezählt worden, die den Wolfram gesungen haben. Das heißt, daß es einen Besten gar nicht gibt, sondern, daß es eine Geschmackssache ist und es deshalb viele Beste gibt.


    :hello:Herbert.


    Lieber Herbert,


    ich habe bewußt nicht nach einem "besten W." gefragt, weil es DEN BESTEN nicht gibt und weil mich dieser Superlativ schon in früheren Threads gestört hat.

    Die vielfältigen Antworten hier geben Auskunft darüber, welche Sänger bei welchen Hörern nachhaltige Eindrücke bei der Rollengestaltung des Wolfram von Eschenbach hinterlassen haben.


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Na, da hab ich es selbst gefunden:


    Die Brüder Taviani, Die Nacht von San Lorenzo, 1983


    Urs Jenny schrieb damals im SPIEGEL:


    Zwei Schimmel ziehen einen Autobus, der voller Leichen ist, durch die toskanische Landschaft. Ein einsamer Landser trottet danebenher und besingt mitten in der staubigen Mittagshitze mit Wagner den "Holden Abendstern".


    Das ist die mir unvergeßliche Szene.

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Zwei "Vergessene" haben mich in dieser Rolle in den 60-iger Jahren beeindruckt:
    in München Raimund Grumbach (Tannhäuser war Ernst Kozub) und in Berlin (Deutsche Oper) Barry McDaniel (mit Hans Beirer als Tannhäuser).
    Was die beiden wohl heute machen ?
    Viele Grüße
    Santoliquido

    M.B.

  • Raimund Grumbach lebt in München. Hat eine Herzerkrankung, die es ihm nicht ermöglicht Reisen zu machen. Er trägt diese Einschränkung offensichtlich mit Gelassenheit. Bei der Gedenkveranstaltung anlässlich des 100. Geburstags seines Kollegen und Freundes Gottlob Frick beim Opernclub München war er anwesend und sehr gut und äußerst lebendig in Form. Dies ist allerdings auch schon wieder über drei Jahre her.
    Herzlichst
    Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Ich kann mir sehr gut vorstellen, dass McDaniel toll war in der Rolle. Ich habe seine Winterreise von 1972, eine der besten, die ich kenne!

    Der Jugendtraum der Erde ist geträumt
    Grillparzer
    Macht nix!
    grillparzer

  • Ich höre gerade Waechter unter Leitner, 1956.


    Ich muß vorab bekennen, daß ich die Tendenz des Stoffes nicht mag und die Oper ohnehin nicht zu meinen liebsten zähle.


    Leider fehlt mir zum Hörvergleich Dieskaus Version, da ich bloß den LP-Querschnitt vom Konwitschny-Tannhäuser besitze.


    Was mir in dieser Konwitschny-Aufnahme sehr mißfällt, ist die Art, wie Dieskau als Wolfram sich in Passagen wie:


    "Entsetzlicher! Entweihe nicht mein Ohr!"


    gebärdet - er singt den vordergründigen, bigotten Affekt so vollmundig, daß ich das schwer ertrage.


    Der gemessene Ernst, die Melancholie, die Waechter in sein Preislied legt (man hört die Kämpfe, die hinter ihm liegen, den schmerzhaft errungenen Verzicht und damit die Größe der Figur) - das finde ich großartig.


    Ich fürchte, daß Fischer-Dieskau auch hier die Gewichte etwas anders verteilt. Er wird die himmlische Liebe in einer Weise besingen, die mich nicht ergreift - ein beflissener Oratorienstil. Als Liedsänger bleibt Dieskau primär Medium (anstatt Person zu sein); damit treibt er die Selbstlosigkeit Wolframs eine Schraubendrehung zu weit.


    :hello:

    Zerging in Dunst das heilge römsche Reich


    - uns bliebe gleich die heilge deutsche Kunst!

  • Hier in Schwetzingen hat Bernd Weikl einmal überrascht, als er das Lied an den Abendstern nach einem Liederabend als Zugabe wählte, mit Klavierbegleitung war das man was anderes...


    Von den aktuellen Sängern gefällt mir Matthias Goerne sehr gut, aber meines Wissens gibt es davon nur eine Einzelaufnahme.

  • Raimund Grumbach
    Guten Abend,
    habe gestern aus der "Süddeutschen" erfahren,daß Raimund Grumbach am 5.5.2010 verstorben ist.
    Er ist nie zum Star aufgestiegen , war aber als zuverlässiges Ensemblemitglied der Bayerischen Staatsoper nicht wegzudenken.
    Seine Mozart-Rollen wie Papageno (er war mein erster Papageno ,den ich in einer Opernaufführung erlebt habe) oder sein Figaro (in der berühmten Rennert-Inszenierung) sind mir unvergessen.
    Und eben auch sein Wolfram.
    Schade - mit ihm stirbt ein Sängertypus aus,der im heutigen Jetset-Betrieb wohl keinen Platz mehr hat.
    Viele Grüße
    Santoliquido

    M.B.

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