Christoph Eschenbach – Eine Hommage


  • Er ist einer der Dirigenten, die wenig Aufsehen um ihre Person machen, und doch gehört er mittlerweile fraglos zu den alten Hasen. Die Rede ist von Christoph Eschenbach, der bald seinen 70. Geburtstag feiern kann. Bei Tamino ist er bisher eher verhalten vertreten.


    Kurzer Werdegang:


    1940 Geburt am 20. Februar in Breslau.
    1972 Debüt mit Bruckners III.
    1979–81 GMD der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz in Ludwishafen.
    1982–85 Chefdirigent des Tonhalle Orchesters Zürich.
    1988–1999 Chefdirigent des Houston Symphony Orchestra.
    1995–2002 Music Director des Ravinia Festival.
    1998–2004 Chefdirigent des NDR Sinfonieorchesters.
    Seit 2000 Musikalischer Direktor des Orchestre de Paris.
    2003–2008 Chefdirigent des Philadelphia Orchestra.


    Mir fiel Eschenbach jedenfalls kürzlich als begnadeter Mahler-Dirigent (VIII. auf arte) auf.


    Welche Aufnahmen Eschenbachs sind eures Erachtens besitzenswert? Es gibt ja doch eine ganze Reihe, wie eine kurze Recherche ergab.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Joseph II.


    C. Eschenbach habe ich zunächst in Erinnerung als zumindest zeitweise sehr guten Pianisten.


    Vor rund 30 Jahren noch galt etwa seine Interpretation des Klavierkonzertes Nr. 1 C - Dur von Beethoven als eine der herausragenden Interpretationen (mit H v Karajan, der ein wundervoll unterstützender begleitender Dirigent war). Bis heute kenne ich zu dieser Wiedergabe durch Eschenbach keinen einzigen anderen Kommentar.


    Sollte es diese Aufnahme noch/wieder geben, so ist sie eine Kaufempfehlung .


    N i c h t messen sollte man Eschenabch an seinen Auftritten mit J Frantz und H Schmidt!


    Früh hatte er eine Diriegnentenkarriere angestrebt. Das Ergebnis ist beeindruckender als viele es prognostiziert hatten .


    Je älter und erfahrener er wurde, desto mehr wurde Eschenbach auch international nicht nur wahrgenommen, sondern ist inzwischen schon seit Jahren hoch geachtet .


    Zahlreiche Aufnahmen beweisen seine interpretatorische Klasse .


    Bewusst möchte ich hier keine Hör- und Kaufempfehlungen geben, damit der Leser nicht voreingestimmt an Werke herangeht, die er vielleicht durch einen anderen Interpreten schon kennt .


    Es lohnt sich, Eschenbach auch im Konzertsaal zu erleben !


    Grüsse ,


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Ich schließe mich Franks Ausführungen an und erinnere auch zunächst an den Pianisten Eschenbach. Den habe ich allerdings mit Mozart kennengelernt, eine Platte, die ich bis heute im Schrank stehen habe. 1953 bereits hat Eugen Jochum den Kulturkreis des BDI auf die außergewöhnliche Begabung des damals 13-jährigen Christoph Eschenbach aufmerksam gemacht.


    In dem Zusammenhang möchte ich alle Kulturpessimisten darauf hinweisen, daß neben dem Staat auch private Orginsationen die Entwicklung von Künstlern unterstützen. In Eschenbachs Fall war das in der Tat auch der BDI, später die Studienstiftung des deutschen Volkes und auch die Deutsche Grammophon Gesellschaft. Was die Plattenfirma betrifft: sicherlich tempi passati (aber ich lasse mich gerne eines Besseren belehren). Der Kulturkreis des BDI nahm Eschenbach 1965 in den Kreis seiner Stipendiaten auf. In diesem Jahr entstand eine 25 cm LP mit Mozarts KV 332 und KV 265.


    Ich gebe zu, das Repertoire von Eschenbach, dem Pinaisten nicht weiter verfolgt zu haben; wahrscheinlich ist das ein Fehler. Sein Mozart ist bemerkenswert. Frank fügt nun seinen (mir nicht bekannten) Beethoven an. Das leitet zu der Frage ins Forum, wer denn noch außer uns beiden Eschenbach eher als Pianisten denn als Dirigenten wahrgenommen hat und wahrnimmt.


    Liebe Grüße vom Thomas :hello:

    Früher ist gottseidank lange vorbei. (TP)
    Wenn ihr werden wollt wie eure Väter waren werdet ihr so wie eure Väter niemals waren.

  • Im nachhinein bedauere ich es, daß ich nicht Ende November in Bruckners IV. unter Eschenbach ins Sinfoniekonzert in die Semperoper gegangen bin. Vielleicht ist er nächste Spielzeit ja mal wieder hier vertreten ...

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Lieber Thomas :



    ergänzend zuDeinen und meinen Ausführungen folgendes :


    Eschenbach hat in dem von Dir erwähnten Jahr 1965 als 25jähriger a l l e Klaviersonaten von W A Mozart bei der DGG eingespielt !


    In demsleben Jahr hat er den Clara-Haskil-Wettbewerb gewonnen und eine Jahr später in London als P i a n i s t internation debütiert .


    32jährig gab er sein Debut als D i r i g e n t . Danach war sein Aufstieg als Dirigent fast kometenhaft ( Zürich , Houston S O , NDR S O Hamburg , Orchestre de Paris , Philadelphia Orchestra )



    Dazu hat er sich in den 1970er Jahren auch einen guten Ruf als Liebbegleiter gemacht ( Aufnahmen aus dieser Zeit ; DGG ) gibt es noch . Seine Aufnahmekarriere auf diesem Gebiet ging bis fast 2000 .


    Als Kammermusiker spielte er mit dem Amadeus Quartett und der Cellistin Natalia Gutman .


    Aufnahmen von ihm gibt es u.a. auch bei der RCA .


    Bezüglich Beethoven wird immer wieder auf seine Aufnahme der Klavierkonzertes Nr. 5 Es - Dur unter Seiji Ozawa mit dem Boston S O hingewiesen .


    Unabhängig davon , wie wir ihn selbst hören mit seinen Aufnahmen , so ist er doch einer vielseitigsten Künstler geblieben !


    Herzliche Glückwünsche an Christoph Eschenbach zum 70. !



    Beste Grüsse Dir nach Köln ,



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Lieber Thomas :


    aufgrund Deiner Anregung oben habe ich mich noch einmal mit Eschenbachs Karriere als Pianist und seinen Aufnahmen befasst .


    Eine wirklich gute Ü b e r s i c h t über sein interpretatorisches Können finden wir auf dem CD-Set der Edition "Great Pisnaist of the Century" ( August 1999 ) . Daruaf ist auch da von mir erwähnte 1. Klavierkonzert von Beethoven . Sowei , von Eschenbach selbst freigegeben, Schuberts Sionate D 959 , eine Haydsonate , Schumanns
    "Abegg"-Variationen un die sehr selten gespielten Intermezzi Opus 4 und Mozart .


    Wer sich näher interessiert , dem seien die erhältlichen Mozartklaviersonaten ( DGG ) ans Herz gelegt , die er 25jährig eingespielt hat . Das lohnt sich schon !


    Und seine Kammermusi ist wirklich hörenswert .


    Beste Grüsse


    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Kennt jemand seine Schumann-Symphonien-Aufnahmen? Die können sich wirklich hören lassen (ich kenne die mit den Bambergern)! Es müßte sogar zwei komplette Zyklen geben:



    Überhaupt scheint er sich heute auf seine Tätigkeit als Dirigent zu konzentrieren.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe Eschenbach mehrfach in seiner Zeit als Chef des Orchestre de Paris erlebt - u.a. durfte ich unter seiner Leitung ein Brahms-Requiem im Chor mitsingen, ich mochte besonders, wie er in den Proben arbeitete. Und gerade hat er sein Debut an der Pariser Oper gegeben, er leitete das Orchester während der Serie der Aufführungen von Mathis der Maler. Anlässlich dieser Aufführungen stellte er sich im Goethe-Institut auch einer Art Podiumsdiskussion (der Journalist Haniman befragte ihn und Matthias Goerne) und ich empfand ihn bei dieser Gelegenheit als sehr reflektiert, sehr angenehm.


    Was Aufnahmen angeht, ist mir ein Video in Erinnerung, in der er die Mozart-Konzertarie mit obligatem Klavier "Ch`io mi scordi di te?“ (KV 505) einspielt - vielleicht erinnert sich jemand genauer. Ich meine, es war mit Renée Fleming im Theatre du Chatelet - kann mich aber auch täuschen.



    Schöne Grüße sendet Divettina

  • Ich habe von ihm als Pianisten nur eine 4-CD-Box, auf der er mit dem (viel gescholtenen) Justus Frantz in einer Aufnahme von 1978 vierhändige Werke von Franz Schubert spielt:



    Mir gefallen die Aufnahmen, bei deren Entstehen ja beide Pianisten noch in der Blüte ihrer Jahre waren.


    Ansonsten habe ich Christoph Eschenbach bereits zweimal live in der Essener Philharmonie erlebt, beide Male mit dem Orchestre de Paris, 2006 mit Schumanns Cello-Konzert mit dem Solisten Daniel Müller-Schott und der "Symphony fantastique" von Hector Berlioz sowie 2009 mit einer fabelhaften Aufführung von Mahlers 9. Sinfonie, die er zwar langsamer nahm als viele seiner Kollegen, wo er aber doch über beinahe 100 Minuten die Spannung immer hoch hielt und Mahler manchmal fast schroff spielte, was dieser Musik sehr gut zu Gesicht stand.
    Nicht nur ich war von diesen beiden Konzerten begeistert, sondern auch die jeweils beinahe 2000 anderen Konzertbesucher auch.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Er wird es nicht bringen!


    Ich habe ihn oft erlebt. entweder zu hastig, oder zu hektisch.
    Heute gilt er als gut. Warum. Weil er durchgehalten hat!
    Ne, ne, der Mann ist Mittelmaß, mehr nicht. Aber sehr präsent...


    Dennoch freut man sich über jeden, der 70 wird.
    Gruß S.

  • Banner Trailer 2 Gelbe Rose
  • Obwohl ich weissgott kein Fan von Christoph Eschenbach bin, gibt es eine Aufnahme, die ich auf keinen Fall missen möchte, und das ist diese:



    Alexander Zemlinsky: Lyrische Sinfonie in sieben Gesängen op. 18
    Goerne, Schäfer, OdP, Christoph Eschenbach
    Capriccio, 2004


    Eine in ihrer Intensität und Wucht überwältigende Aufnahme, wo keine falsche Zurückhaltung geübt wird. C.E. scheint sich vollkommen mit dem Schmerzens- und Leidensgehalt dieser Sinfonie zu identifizieren. Es ist ja quasi eine Mini-Oper über ein Paar, das sich nach einer intensiven Zeit trennen muss. Der Text von R. Tagore ist ja ohne Musik schon sehr emotional, aber was Zemlinsky daraus gemacht hat, ist nur noch atemberaubend bis hin zum erlösenden Schluss, der mich jedesmal tief bewegt zurücklässt. Anhänger dieses Werks brauchen diese Aufnahme.


    Agon

  • Von Eschenbach gibt es mittlerweile einen kompletten Mahler-Zyklus auf Video, abrufbar in High Quality auf seiner Homepage: http://www.christoph-eschenbach.com/mahler/#movnav


    Er scheint sich die letzte Zeit ziemlich auf Mahler spezialisiert zu haben, aber auch sonst tourt er offenbar ständig durch die halbe Welt. Bei Tamino wird er relativ wenig wahrgenommen.


    Ich habe jetzt in die Aufnahmen der Mahler 1., 2., 3., 5., 6., 7. und 8. reingehört und finde, daß sich das durchaus hören lassen kann. Besonders gut gelingen ihm m. E. große Spannungsbögen. Die Finali der 2., 3. und 8. zögert er gekonnt lange hinaus und erreicht eine beeindruckende Wirkung.


    Es gibt schlechtere Mahler-Dirigenten.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Auch heute bin ich wieder spät dran, weil ich vor einer Dreiviertelstunde von einem Konzert der beiden noch lebenden Geburtstagskinder (Riccardo Chhailly) zurückgekehrt bin.
    Mit dieser noch recht jungen Aufanhme der Oper "Capriccio" von Richard Strauss:


    möchte ich daran erinnern, dass Christoph Eschenbach am 20. Feburar 1940 geboren wurde.


    Er feiert heute seinen 75. Geburtstag.


    Herzlichen Glückwunsch, Maestro.


    Willi :jubel::jubel::jubel::jubel::jubel:

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Christoph Eschenbach wird das Konzerthausorchester Berlin als Chefdirigent übernehmen!


    Er wird damit im nächsten Sommer Nachfolger des mit 66 Jahren vergleichsweise noch junge Iván Fischer. Der hört auf, weil er mehr Freiheit zum Dirigieren und vor allem Komponieren haben möchte (und weil er mit dem Budapest Festival Orchester seinen eigenen Klangkörper gegen die dortigen politischen Umstände verteidigen muss). Das ist sicher schade, da das Konzerthausorchester eben erst von der der Deutschen Orchester-Stiftung mit dem Preis für das „Innovativste Orchester 2017“ ausgezeichnet wurde. Nur in Berlin nimmt das keiner so wirklich wahr, weil dort die anderen vier Konzertorchester (wenn man die Staatskapelle als solches mitzählt) viel stärker im Fokus stehen. Das Konzerthausorchester wirkt da irgendwie als Mauer-Blümchen in einem reich bühenden Gartenparadies. Lastet die DDR-Vergangenheit doch noch immer?


    Der 77-jährige Christoph Eschenbach, der seine pianistische Karriere kürzlich beendete, hat das Konzerthausorchester zwar erst einmal dirigiert. Er hat vielmehr enge Bindungen zum Deutschen Symphonie-Orchester und zur Staatskapelle Berlin. Er war trotzdem der Wunschkandidat des Orchesters! Vielleicht hofft man durch ihn wieder mehr Aufmerksamkeit zu finden?


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten!

  • Lieber Caruso,


    Ivan Fischer ist ein sehr guter Dirigent - aber Christoph Eschenbach ist es auch! Hat Ivan Fischer denn seinen Mahler-Zyklus abgeschlossen?


    Das ist eine wirklich sehr hörenswerte Aufnahme von Eschenbach:



    :hello:


    Schöne Grüße
    Holger

  • Christoph Eschenbach wird das Konzerthausorchester Berlin als Chefdirigent übernehmen!


    Er wird damit im nächsten Sommer Nachfolger des mit 66 Jahren vergleichsweise noch junge Iván Fischer. Der hört auf, weil er mehr Freiheit zum Dirigieren und vor allem Komponieren haben möchte (und weil er mit dem Budapest Festival Orchester seinen eigenen Klangkörper gegen die dortigen politischen Umstände verteidigen muss). Das ist sicher schade, da das Konzerthausorchester eben erst von der der Deutschen Orchester-Stiftung mit dem Preis für das „Innovativste Orchester 2017“ ausgezeichnet wurde. Nur in Berlin nimmt das keiner so wirklich wahr, weil dort die anderen vier Konzertorchester (wenn man die Staatskapelle als solches mitzählt) viel stärker im Fokus stehen. Das Konzerthausorchester wirkt da irgendwie als Mauer-Blümchen in einem reich bühenden Gartenparadies. Lastet die DDR-Vergangenheit doch noch immer?


    Lieber Caruso, zunächst freut mich die Nachricht ungemein. Denn ich bin ein Bewunderer von Eschenbach. Jetzt muss er nur noch seinen von Berlioz instrumentierten "Freischütz" an die Stätte der Uraufführung des Oper bringen. Dann wäre mein Glück perfekt. :) Ich weiß nicht, ob dem Konzerthausorchester noch seine DDR-Vergangenheit anlastet. Das müsste dann ja auch für Barenboims Staatskapelle gelten. Inzwischen sind bald dreißig Jahre verstrichen. Der ehemalige Osten gibt sich oft westlicher als der alte Westen, was ich amüsiert sehe. Ich fand die Umbenennung seinerzeit problematisch. Der neue Name hat sich nach meiner Beobachtung nie so richtig eingebürgert. Er ist ziemlich künstlich. Schon die Entscheidung, aus dem Schinkelschen Schauspielhaus das nichtssagenden Konzerthaus zu machen, geht am historischen Empfinden vorbei. Berlin lebt wirklich im orchestralen Überfluss. Auch die Deutsche Oper und die Komische Oper veranstalten regelmäßig Sinfoniekonzerte. Es ist selbst für Berliner schwierig, die Übersicht zu behalten. Ich habe sie nicht.

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ivan Fischer ist ein sehr guter Dirigent - aber Christoph Eschenbach ist es auch!


    Lieber Caruso, zunächst freut mich die Nachricht ungemein. Denn ich bin ein Bewunderer von Eschenbach.


    Lieber Holger, lieber Rheingold!
    Ich bin ganz Eurer Meinung, dass Christoph Eschenbach wirklich ein vorzüglicher Dirigent ist. Ich verfolge seine Karriere als Dirigent schon seit seiner Zeit in Houston. Damals hatte ich viel mit dem "Houston Peace and Justice Center" zusammengearbeitet und war öfter eine ganze Woche in der Stadt. Da habe ich etliche Opern- und Konzertaufführungen unter seiner Leistung gehört. Das waren durchweg eindrückliche Abende. Er hat das Houston Symphony Orchestra enorm entwickelt und damals war es eine echte Herausforderung für den Vorrang der Big Five. Leider hat sein Nachfolger Hans Graf das Niveau nicht halten können. Vielleicht gelingt es jetzt Andrés Orozco-Estrada an die großen Zeiten anzuknüpfen.


    CDs, auf denen Eschenbach dirigiert, habe ich allerdings kaum. Ich will jetzt nicht suchen, aber spontan fallen mir eine hinreißende Aufnahme von Liedern von Richard Strauss mit der ganz jungen und noch unmanierierten Renée Fleming, eine CD mit Opernszenen von Strauss, eine Berlioz CD mit der großartigen Dunja Vejzovic und der Tschechischen Philharmonie Prag und ein von paar Aufnahmen moderner amerkanischer Komponisten ein.
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    Aber ich habe in den letzten Jahren etliche Konzerte von Eschenbach mit dem NDR-SO gehört.
    Da waren einige drunter, die mich voll überzeugt haben, aber auch einige, die ich eher - sagen wir mal - streng fand. Seine Konzentration auf musikalische Binnenstrukturen und die Formenarchitektur ist ja lobenswert, aber darüber kann bisweilen die Seele der Musik verlorengehen. Alles brillant, glänzend poliert und vor allem klug disponiert, aber es lebt nicht! Das ist bei moderner Musik eigentlich kein Problem. Darum sind seine Aufführungen neuerer amerikanischer Komponisten immer eindrücklich. Aber im klassischen und auch romantischen Repertoire war ich nicht immer glücklich. Viel gelobt werden übrigens seine Aufnahmen der Mahler-Sinfonien auf DVD, aber die kenne ich nicht.


    Ob es ihm gelingt, in Berlin mit dem Konzerthausorchester Impulse für das Musikleben der Stadt zu geben, kann ich nicht absehen. Wenn er sich wirklich einlässt auf die neue Umgebung sowie die neue Aufgabe - und an das anknüpft, was er in Houston und beim Schleswig-Holstein-Musikfestival geleistet hat -, dann kann das eine sehr fruchtbare Zeit werden. Aber die Konkurrenz ist groß. Vladimir Jurowski und Robin Ticciati sind erst mal in der Vorhand! Und dann kommt ja auch noch Kirill Petrenko!


    Noch ein Wort zu Ivan Fischer: ich habe ja meine Wertschätzung für einige seiner vorzüglichen Aufnahmen schon ausgedrückt! In dem Thread Adam und Iván - zwei Dirigenten namens Fischer aus Budapest
    Ich besitze ziemlich viele Aufnahmen von ihm, weil sie einfach auf eine sehr uneitle Art gut sind. Natürlich Bartok und Kodaly, aber auch Beethoven, Brahms, Mahler, Dvorak, Rachmaninoff und so weiter! Was ich an ihm in seiner Berliner Zeit aber vor allem geschätzt
    habe, das waren seine durchdachten und anregenden Programmgestaltungen. Und vieles, was er "neben" dem normalen Konzertbetrieb machte, fand ich großartig!

    Hat Ivan Fischer denn seinen Mahler-Zyklus abgeschlossen?


    Das kann ich nicht sagen. Ich denke nicht in Zyklen! Ich habe nacheinander die Mahler-Sinfonien, die ich spannend fand, gekauft: inzwischen die ersten vier, die sechste und die neunte.


    Beste Grüße


    Caruso41

    ;) - ;) - ;)


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  • Herrn Eschenbach hätte ich gerne als Chefdirigent hier in Stuttgart gesehen, ich weiß nicht, ob das je zur Diskussion stand. Tatsache ist, dass er derzeit hier viel dirigiert. Aber die Verpflichtung von Teodor Currentzis war sicher ein medienträchtigeres Ereignis. Ob allerdings Currentzis für das immer noch etwas verunsicherte Fusionsorchester der richtige Mann ist? Die Zeit wird es zeigen.


    Eschenbach kann man jedenfalls kommende Woche in Stuttgart hören.


    SWR Symphonieorchester - Abonnementkonzert


    WOLFGANG AMADEUS MOZART | Klavierkonzert Nr. 23 A-Dur KV 488
    ANTON BRUCKNER | Sinfonie Nr. 7 E-Dur WAB 107


    Christopher Park, Klavier
    SWR Symphonieorchester
    Dirigent: Christoph Eschenbach

  • Hallo!


    Ich habe Eschenbach in diesem Jahr zwei mal in der Stuttgarter Liederhalle erlebt. Jeweils mit dem SWR SO.




    Das Mahler-Konzert war eines der absolut herausragenden Musikerlebnisse, auf die ich bislang zurück blicken kann. Wer möchte, kann sich das Mahler-Konzert auf SWR2 classic anschauen.
    Eschenbach Mahler 2


    Gruß
    WoKa


    PS: Schön, dass die Formulierung "ehemaliges Mitglied" lutgra nicht mehr zutrifft.

    "Die Musik drückt das aus, was nicht gesagt werden kann und worüber Schweigen unmöglich ist."


    Victor Hugo

  • C. Eschenbach wird ab der Spielzeit 2019/20 für zunächst drei Jahre das Konzerthausorchester Berlin übernehmen,
    das ähnlich wie die Philharmoniker, damit nach dem Abgang von Ivan Fischer ein Jahr ohne Chefdirigent dastehen wird.


    Persönlich mag ich die Idee, auch wenn man vielleicht keine "Äre Eschenbach" erwarten kann, schon altersbedingt.
    Insgesamt muss man aber ein wenig suchen, bis man zu dieser Entscheidung positive Stimmen im Netz findet.
    Das Orchester ist recht jung, hat mWn erst einmal unter Eschenbach gespielt (2015).


    Das Konzerthausorchester, von der Deutschen Orchesterstiftung zum "Innovativen Orchester des Jahres 2017" gewählt, hat in den letzten Jahren wirklich einiges getan um Musik Menschen näher zu bringen.


    Die "Mittendrin"-Konzerte zB., wo man neben einem Musiker sitzt oder auch die Reihen "2mal Hören" (gibt es klassisch und zeitgenössisch), wo kürzere kammermusikalische Werke zweimal gespielt werden, unterbrochen von einem Künstlergespräch, Espresso-Konzerte, Familienfrühstücke, öffentliche Proben oder Nachgespräche mit Interpreten/Dirigenten kurz nach dem Konzert usw.


    Mal gespannt, wie sich Eschenbach in diese Dynamik einfügt, was er mitbringt, was er prägt.

  • Das Konzerthausorchester hat einen kurzen Film dazu produziert:



    Eschenbach ist alles andere als unumstritten, wie gerade auch dieser Thread zeigt. Am meisten wurde er während seiner Zeit in Houston gelobt (1988-1999). Dass irgendwas an ihm dran sein muss, zeigen seine Verpflichtung als Musikdirektor des Ravinia Festival, der Sommerspielstätte des Chicago Symphony Orchestra (1995-2003), und als Chef des Philadelphia Orchestra (2003-2008). Andererseits wurde ihm weder dort verlängert noch beim NDR Sinfonieorchester (1998-2004). Daneben leitete er noch das Orchestre de Paris (2000-2010) und das National Symphony Orchestra in Washington, D.C. (2010-2017).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich habe irgendwie das starke Gefühl, daß viele Orchester ein großes Bedürfnis nach solidem Mittelmaß haben. Denn genau dafür steht Christoph Eschenbach. Er kann offensichtlich gut mit Musikern umgehen, ist allseits beliebt, sorgt für gut verkaufte Konzerte und stellt keine allzu hohen künstlerischen Ansprüche. Solche Leute braucht man offensichtlich heutzutage.
    Und mal im Ernst: gegenüber dem bisherigen Konzerthausorchesterchef Ivan Fischer ist Christoph Eschenbach ein künstlerischer Rückschritt.

  • Mich wundert, dass ein dann fast 80-Jähriger noch einen festen Posten als Chefdirigent annimmt. Das kommt selten vor. Die meisten Dirigenten in diesem Alter betätigen sich ja nur noch als Gastdirigenten (z. B. Blomstedt, Haitink oder Previn).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Mich wundert, dass ein dann fast 80-Jähriger noch einen festen Posten als Chefdirigent annimmt. Das kommt selten vor.


    Vielleicht mag er nicht mehr herumreisen. War es nicht Pierre Monteux, der 86-jährig noch einen 10-jährigen Vertrag in London abschloß. :D


  • Vielleicht mag er nicht mehr herumreisen. War es nicht Pierre Monteux, der 86-jährig noch einen 10-jährigen Vertrag in London abschloß. :D


    Ich meine, er bestand sogar auf einem 25-jährigen Vertrag, mit Option zur Verlängerung ... ;)


    Das wäre nun wirklich ein Beispiel dafür, dass das auch künstlerisch sehr fruchtbar sein kann. Ein anderes wäre Stokowski, der 1962 mit 80 das American Symphony Orchestra gründete und ihm ein Jahrzehnt vorstand, bevor er nur mehr Gastdirigate annahm.

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    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Das Orchester ist recht jung, hat mWn erst einmal unter Eschenbach gespielt (2015).


    Das Konzerthausorchester, von der Deutschen Orchesterstiftung zum "Innovativen Orchester des Jahres 2017" gewählt, hat in den letzten Jahren wirklich einiges getan um Musik Menschen näher zu bringen.


    Was, bitte, verstehst Du unter "recht jung"? Das Orchester ist aus dem 1952 gegründeten Berliner Sinfonieorchester hervorgeangen. Die Umbennennung erfolgte 2006. Unter seinem ursprünglichen Namen sind zahlrtreiche Aufnahmen entstanden, die noch heute im Handel sind bzw. neu aufgelgt werden. Ich denke mal, dass fünfundsechzig Jahre kein so zartes Alter für ein Orchester sind. Oder irre ich mich da?


    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent


  • Ich meine, er bestand sogar auf einem 25-jährigen Vertrag, mit Option zur Verlängerung ... ;)


    So ist es.
    Die Legende besagt, er hatte damals einen 25-Jahres-Vertrag unterschrieben mit der Option der Verlängerung um weitere 25 Jahre...


    Sehr viele CDs mit Christoph Eschenbach als Dirigent besitze ich nicht.


    Zuerst ist die von Agon vor fast sieben Jahre vorgestellte CD "Alexander Zemlinsky: Lyrische Sinfonie in sieben Gesängen op. 18" zu nennen, die ich als meine persönliche Referenz dieses Werkes betrachte.


    Dann zweimal Bruckner:


    Die von mir sehr geschätzte 6. Sinfonie habe ich in dieser Interpretation als recht durchschnittlich in Erinnerung und lange nicht mehr gehört.
    Bruckners 2. Sinfonie, die ebenfalls einen sehr hohen Stellenwert bei mir genießt, habe ich mir neu gekauft, erst einmal gehört, aber das mit Begeisterung. Eschenbach animierte "sein" damaliges Orchester zu Höchstform, zu einem intensiven, engagierten Orchesterspiel. Die relativ gemessenen Tempi stehen der Sinfonie ausgezeichnet.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


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