Die französische Barockmusik – warum so unbeliebt ?

  • Leider bin ich hier ja fast ein Einzelkämpfer, was die französische Musik des 17. und 18. Jahrhunderts anbelangt.
    In meinem Bekanntenkreis gibt es recht ambivalente Meinungen zu dieser „Sonderform“ der barocken Musik.


    In jedem Fall führt sie ein Schattendasein hierzulande und wird wohl auch nicht sonderlich geliebt. In alten Lexika, Konzert und Opernführern sind auch nicht gerade objektive Beschreibungen dieser Musik zu finden.
    An ihr klebt ein enormes negatives Image.
    Hinzu kommt wohl auch noch diese Fabel von dem Wettstreit zwischen Louis Marchand und Johann Sebastian Bach, der aber eben nur reine Erfindung ist.
    Dabei hatten sich die Romanciers einen französischen Organisten ausgesucht, der Bach absolut hätte gefährlich werden können. :D
    .. ob sie das überhaupt wussten ?


    Woher kommen diese Vorurteile ? Und warum existieren sie überhaupt ?



    Denn auf der einen Seite wird diese Musik schlecht geredet, als langweilig abgestempelt, auf der anderen Seite basiert aber das was wir als „Barockmusik“ verstehen zum großen Teil eben genau auf dieser Musik.
    Das Orchester ist eine französische Erfindung.


    Oder anders gesagt, die berühmtesten Werke, wie die 4 Orchestersuiten von Bach, oder die Wassermusik und die Musick for the Royal Fireworks von Händel sind ja direkte Adaptionen des französischen Stil.
    Mehr noch, Bach hat die Ouvertüre zu seiner 3. Suite fast 1:1 von Michel Richard Delalande übernommen.
    Ob diese Adaption nun das Original übertrifft, lasse ich mal dahin gestellt sein....
    Händel hat in seinen frühen Opern ebenso stark französisch geprägte Musik geschrieben.



    Wer diese Werke liebt, müsste normalerweise auch von der Musik Lullys, Campras, Delalandes und Rameaus begeistert sein.


    Liegt es am schlichten nicht kennen ?
    Einer gewissen Orientierungslosigkeit ?
    Der französischen Sprache ?


    In anderen Foren ist sogar recht abfälliges über diese Musik zu lesen, was aber nach meiner Beobachtung eher in reiner Borniertheit und teilweise auch purem Unverständnis und Unkenntnis ihre Wurzeln hat.
    Da bin ich doch ganz froh hier zu sein :D , denn solche Flachmännischen (kein Verschreiber) Meinungen brauchen wir hier nicht.


    Ich selbst verstehe die französische Sprache nur schlecht,
    als gebürtiger Hesse ist meine französische Aussprache auch recht exotisch :hahahaha: Aber das hat mich nicht daran gehindert diese Musik jedweder anderen vorzuziehen.


    Das ein unbedingtes Verständnis des Textes da sein muss, kann ich jetzt nicht behaupten, ich bin auch so von dieser Musik begeistert - aber ich gebe zu, dass diese Musik gerade in den sehr expressiven Rezitativen absolut umwerfend ist, wenn man dem Text folgen kann. Mit Übersetzungen die meistens ja mitgeliefert werden, geht das ja so halbwegs.
    Ähnlich extrem ist mir das bisher nur noch bei Gluck aufgefallen.
    Nimmt man die Tragödien von Racine im Original, dann ist das ja auch schon fast Musik.



    Ich habe z.B. lange einen Bogen um die Oper des 19. Jh. gemacht, weil mir diese Ästhetik einfach fremd war. Aber über die Linie „Mozart – Rossini – Meyerbeer“ hab ich irgendwie diese Musik für mich entdecken können.
    Natürlich gehört meinem Herzen immer noch die Musik des 17. und 18. Jahrhunderts, aber ein oder zweimal die Woche höre ich eine Oper von Wagner oder Verdi.
    Eventuell wäre es ja denkbar über eine ähnliche Schiene, sich dieser Musik zu nähern ?


    Ganz zu Anfang hab ich mich mit dem französischem Gesang auch etwas schwer getan, es waren vor allem die Instrumentalstücke, die mich gefesselt haben.


    Mich würde es interessieren, warum die französische Musik so wenige Liebhaber hat.
    Ist das denn wirklich so ?
    Woran liegt das ?
    Welche Werke kennt ihr überhaupt ?



    Falls Interesse besteht könne ich auch mal einen Thread machen, gewissermaßen eine Einführung in die französische Musik des Barock.
    Ein langsames Heranführen an diese faszinierende Welt – denn ich kann nur sagen, euch entgeht echt etwas. :P

  • Ich stamme aus dem ehemaligen Ostteil Deutschlands. In dem damaligen Zeitraum von ca. 15 Jahren, in denen ich mich bis zur Wende mit klassischer Musik beschäftigt habe, war die Musik des französ. Barock kaum präsent: weder in Konzerten noch auf Tonträgern.


    Es gab hier ja nicht einmal eine vollständige Einspielung sämtlicher Bach-Kantaten.


    Ich habe mir über die Romantiker (besonders Weber) musikhistorisch vorwärts und rückwärts informiert. Und diesen Weg konsequent fortzuschreiten heißt, ständig Aug' und vor allem Ohren offen zu halten für Neues.


    Als besonderes Musikereignis nach der Wende gilt für mich die Entdeckung der französischen Barockmusik, hier natürlich insbesondere auch die Oper und hierbei wieder besonders Rameau. Ich bin immer wieder begeistert von seinen musikalischen Einfällen und von seiner abwechslungsreichen Musik. Von langer Weile ist da keine Spur.


    Auch M.-A. Charpentier habe ich schätzen gelernt, der durchaus mehr zu bieten hat als nur die Eurovisions-Fanfare! :D


    Aber natürlich interessiert mich nicht nur die französische Barockmusik. Die barocke Opern-Aufnahme, die mich im letzten Jahr besonders begeistert hat war diese hier:



    Anna Maria Panzarella, Celine Ricci, Sunhae Im, Marivi Blasco, Royal Chamber Opera Company, Juan Bautista Otero
    Label: RCOC , DDD, 2008


    Das Problem ist, so sehe ich das, dass viele doch meistens das reguläre Repertoire interessiert. Das soll nicht heißen, dass sie für die franz. Barockmusik nicht offen sind, aber eine Aufnahme wird eher selten in die Sammlung aufgenommen.


    Gerade die Traditionalisten in der Linie Beethoven - Brahms - Bruckner usw. erweitern ihr CD-Repertoire eher mit unterschiedlichen interpretatorischen Ansätzen oder mit neuen interessanten Interpreten. Was natürlich auch völlig legitim ist. Schließlich sind die finanziellen Mittel der Taminos nicht unbegrenzt, ganz zu schweigen von den überfüllten CD-Regalen daheim und die Chance, sich jeder Aufnahme auch mal irgendwie widmen zu können.


    :hello:

  • Zitat

    Original von Liebestraum
    Auch Delalande habe ich schätzen gelernt, der durchaus mehr zu bieten hat als nur die Eurovisions-Fanfare! :D


    Da hast Du Dich aber grob verschätzt :D


    Die stammt nämlich von Mark-Anton Zimmermann :P

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • Gute Frage, und ich kenne die Antwort nicht, ich versuche mich ml an ein paar wüsten Thesen:


    ...natürlich ist Lully schuld, weil er die musikalische Monokultur am Hofe durchsetzt....


    ...und natürlich ist die französische Revolution schuld, weil es danach keinen französischen Hof mehr gab, und damit eben auch niemand mehr der solche Musik beauftragte...


    ...und am Ende ist die französische Barockmusik wirklich musikgeschichtlich relevant, wie es die deutsche, die italienische oder auch die englische ist...ist sie also nicht unbeliebt weil eben unbedeutend, charmant zwar aber unbedeutend?


    Genug provoziert für diesen Post...


    :untertauch:

    marta

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  • Ich bekenne mich schuldig, sehr viel französische Musik gleich welcher Epoche, nicht besonders zu mögen. (Jedenfalls, was später als die franko-flämischen Renaissancemeister ist). Einzelne Ausnahmen widersprechen der allgemeinen Tendenz nicht. Ich weiß nicht genau, warum das so ist.


    Ein Punkt ist sicher, dass mir gesungenes französisch nicht gefällt. Die Nasale und die beim gewöhnlichen Sprechen oft verschluckten Silben klingen für mich gesungen einfach nicht schön (klassisch, ich bin zwar auch kein Liebhaber von Chansons, aber da finde ich es passender). (Selbst wenn ich es nie richtig gelernt habe und daher nicht sprechen und nur wenig verstehen kann, teile ich auch nicht die Begeisterung vieler deutscher für den angeblich so schönen Klang des gesprochenen französisch, zB italienisch und spanisch gefallen mir diesbezüglich viel besser)


    Gluck bereitet mir aufgrunddessen ähnliche Schwierigkeiten wie die franz. Barockmeister. Es ist einfach eine "Einstiegshürde" für mich.


    Das betrifft Instrumentalmusik natürlich nicht. Hier gefällt mir einiges, z.B. Suiten von Rameau, Kammermusik von Couperin und natürlich auch deren Cembalowerke recht gut.
    Warum ich auch damit noch nicht so warm geworden bin wie mit anderer Musik, mag teils einfach daran liegen, dass ich Bach, Händel, teils auch Vivaldis und Purcells Werke schlicht schon viel länger kenne. (Ich finde BTW die 4 Orchestersuiten Bachs auch eher langweilig :untertauch: )


    Ein übliches Vorurteil, wenn auch weniger bzgl. Barock gebracht, ist ja die angebliche "Oberflächlichkeit" französischer Musik. Keine "deutsche Tiefe", italienisches Feuer, russische Seele, sondern gut gemacht, geistreich, aber "glatt" oder jedenfalls emotional distanziert. Auch wenn das so sicher ein krudes Vorurteil (auf Berlioz paßt es nicht gerade...) ist, so meine ich doch, es in einiger französischer Musik des 19. Jhds. ansatzweise nachvollziehen zu können. Man vergleiche etwas Saint-Saens und Fauré mit Schumann, Brahms oder R. Strauss.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Ich kann nicht sagen, dass ich französische Barockmusik nicht möchte.
    Ich habe nur bisher noch keinen rechten Zugang dazu.


    Insgesamt tue ich mich mit Musik vor Haydn eher schwer, Bach ausgenommen.


    Jeder hat ja irgendeine Tonsprache, die ihn oder sie besonders zum 'mitschwingen' bringt. Bei mir ist das vor allem das 19. und 20. Jahrhundert. Deshalb schätze ich französische Barockmusik nicht gering, mich trifft sie nur nicht so persönlich. Ich käme aber nie auf die Idee, jemand anderem deswegen seine bzw. ihre Musik madig machen zu wollen.


    Was kenne ich... nicht viel: Charpentier - das berühmte TeDeum mit etwas 'Beifang' (den ich auch ganz hervorragend finde), Couperin 'Les Nations' mit etwas bei - im Wesentlichen war es das aber auch schon...


    Es gab mal ein Computerspiel, in dem man ein Abenteuer am Hof von Versailles zur Zeit von Ludwig XIV lösen musste. Die Musik, die da im Hintergrund spielte, war ausschliesslich französischer Barock. Fand ich ganz großartig - zum Anlass, habe mich aber nie bemüßigt gefühlt, da tiefer einzusteigen.


    Wenn ich mal des 19./20. Jahrhunderts überdrüssig geworden bin und es dort nichts mehr zu entdecken gibt, stürze ich mich auf Barock...

  • Lieber Lullist !



    Noch aus meiner Schulzeit stammt die Erfahrung, dass selbst im Französischunterricht allenfalls Molière ( und der nur dem "L'avare" ) als berühmter , grosser Schriftstellen vertreten war .


    Wer die italienischen Autoren Goldoni und Gozzi kannte ( es waren zwei Schüler ) , der war soofrt mit der Note "sehr gut" für alle Zeit verewigt .


    In einem Lexikon der Literatur Frankreichs aus dem 1963 habe ich noch vor kurzem entnommen, das Lully wohl der erste und wichtigste komponist war, der sich mit den DRamen von Corneille musikalisch eingehend befasst hatte als er am Hofe in Versaille Karriere gemacht hat . Und Cornelle und Racine sind ....... , aber wem schreibe ich dies ?!


    Dann die Sprache . Auf meinem Gymnasium hatten wir nach Latein ( Sexta ) als erste Fremdsprache Französisch , was einen direkten Zugang zur französischen Literatur und Musik ermöglichte , weil der "Pauker" sogar Französisch fleissend parlieren konnte . Dies war eine grosse Ausnahme gewesen . Also nicht nur Vokabeln und Grammatik lernen , sondern aktive die Sprache verwenden !


    Die damalige Frankreich - Euphorie etwa durch de Gaulle und Adenauer ist dann für viele, viel Jahre nach meinem Abitur eingeschlafen .


    Und als ich ab etwa 1963 oft und regelmässig - vor allem mit meinem Vater - in Frankreich war oder im Rahmen des Schüleraustausches in der französischsprachigen Schweiz ( Lausanne und Genf ) war , da eröffnete sich auch im Alltag eine ganz andere Kultur . Das berühmte Orchestre de la Suisse Romande war damals mit Abstand der berühmteste Klangkörper ind der gesamten Schweiz ! Dies galt auch für die genfwer Oper mit dem Corps de Ballet .


    So enstand auch meine Liebe zur französischen Literatur , die ja direkt mit der französischen Musik verbunden ist ( auch wenn Lulli/y in Florenz geboren ist ) .


    Die Instrumentalmusik aus Frankreich hat mich immer begleitet . Ich höre sie immer noch sehr, sehr gerne . Und es gibt herrliche Interpretationen .


    Bei den Opern ist das Problem aus meiner Erinnerung heraus , dass wir nur sehr aelten in Deutschland französsiche Opern hören können .
    Das Repertoire bestand im Wesentlichen aus Opern von Wagner , den Du ja immer mehr zu schätzen lernst- kein weiterer Kommentar in Richtung Cassel - , Richard Strauss ( in Düsseldorf traditionell sehr viel Jahre sehr mächtig vertreten , Mozart ( bei dem im "Figaro" dann auch mal ein Bühnenbild umfiel ) und Verdi . Und einiges von Ruccini .


    Selbst Opern von Bellini oder Donizetti waren eher eine Rarität . Rossinis "Barbier" war hier sehr bekannt gewesen , weil Fritz Ollendorff immerhin in der EMI - Produktion mit Maria Callas mitsang .


    Aber die von Dir so zu Recht bewunderten französischen Opern spielten praktisch keine Rolle .


    Und auch im ehemals berühmten Düsseldorfer Schauspielhaus unter Gründgens ( ikmerhin hier auf der Graf-Adolf-Strasse geboren ) oder der Nach-Gründgens-Ära gab es nur selten Werke ausser denen von olière ( immer in deutscher Sprache , was die Sachlage nicht erleichterte ! wegen der Übersetungsproblematiken ausser in der Insel-Ausgabe aus den 1950er Jahren mit einer Übersetzung auch von Rudolf Alexander Schröder , was schon als solches höcht beachtet worden war . ) . Corneille , Racine ? Selbst den Lehreren eher so fremd wie einmal nach Frankreich im Sinne eines Sprachurlaubes zu reisen statt nach Rimini oder ..... . So war es .


    W e r sollte gemäss "Lehrplan" denn dann den Weg zu französischen Opern bahnen ? Aus meiner ganzen Gymnsialzeit habe ich nur zwei weitere Schüler in Erinnerung ( es gab auch SchülerINNEN , damals schon ) , die recht gut Französisch konnten : Roman W. , deseen Eltern beide mehrsprachig waren wie ihr Sohn , weil sie aus Israel waren und der Sohn eines Düsseldorfer Internisten , der in der Zuneigung zu seiner Ehefrau sogar Französischkurse belegt hatte , was auf den filius abfärbte .


    Es wäre mehr als sinnvoll und sicherlich sehr hilfreich, wenn es hier nach ud nach eine "Einführung in die französischen Barockopern" gäbe .


    Dafür danke ich Dir schon jetzt sehr !


    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Guten Abend


    ich höre gerne (auch) französische Barockmusik, habe mir gerade vor paar Tagen diese



    CD "Ombre de mon amant "


    gekauft, auf der Anne Sofie von Otter, begleitet vom "Französischenbarockspezialistenensemble"
    Les Arts Florissants französische Barockarien
    aus französischen Barockopern von Charpentier, Lambert und Rameau singt :hahahaha:


    Gruß :hello:


    aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • oh das Spiel hatte ich auch mal: Versailles 1685 oder ?



    :D die Hintergrundmusik war mir aber nicht unbekannt - ich hatte die CD's bereits:



    Lullys Te Deum, da waren die meisten Stücke raus zu hören, teilweise auch aus dem Miserere


    und wenn man die Bombe nicht entschärfen konnte dann gabs das Dies Irae:



    ansonsten wurden noch diese Aufnahmen verwurstet:


    41C7yF+nu3L.jpg


    die Motetten von Couperin waren hier zu hören.


    Das Lautenstück, das man in der Wohnung des Königs zu hören bekam, stammte von Etienne Lemoyne
    und war hier mit dabei:




    es gab auch noch ein zweites PC Spiel, das hab ich mir aber nie gekauft.
    Aber der "Soundtrack" wurde bei Alpha veröffentlicht:



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  • Zitat

    Original von der Lullist
    oh das Spiel hatte ich auch mal: Versailles 1685 oder ?


    Ja, das meinte ich. Hat meine Frau und mich echt fasziniert! Habe ich mal zum Geburtstag bekommen.


    Deine Liste finde ich beeindruckend. Momentan habe ich CD-Kaufsperre :pfeif:, verspreche aber, mir 2010 mal das eine oder andere davon zuzulegen (oder aus der Bücherei zu leihen).

  • Hallo Frank,


    ich werd mir mal etwas überlegen - wie man diese Musik kennen lernen kann, ohne gleich von der Menge erschlagen zu werden.
    Eine frz. Oper glänzt ja nicht unbedingt durch Kürze :D



    Dass die französische Oper aber generell eher nicht gefragt ist, das ist mir auch schon aufgefallen, ich habe noch nie irgendwo gesehen dass mal Auber, Meyerbeer oder Berlioz gegeben wird.
    Dabei ist gerade Les Troyens" so phantastisch und ich war überrascht wie sehr dieses Werk noch in seiner ganzen Gestalt an Rameau und Gluck hängt.


    Ich würde zugerne mal eine Oper von Meyerbeer erleben - aber auch da sehe ich eher schwarz.



    Zitat

    Ein übliches Vorurteil, wenn auch weniger bzgl. Barock gebracht, ist ja die angebliche "Oberflächlichkeit" französischer Musik. Keine "deutsche Tiefe", italienisches Feuer, russische Seele, sondern gut gemacht, geistreich, aber "glatt" oder jedenfalls emotional distanziert. Auch wenn das so sicher ein krudes Vorurteil (auf Berlioz paßt es nicht gerade...) ist, so meine ich doch, es in einiger französischer Musik des 19. Jhds. ansatzweise nachvollziehen zu können. Man vergleiche etwas Saint-Saens und Fauré mit Schumann, Brahms oder R. Strauss.



    ja eben dieses Vorurteil ist eben völliger Quatsch.
    Das passt auf keinen der großen Vertreter der frz. Musik.
    Wenn diese Opern gut gespielt sind, egal ob Lully, Campra, Rameau oder Gluck, dann ist dass nicht weniger emotional als ihre Zeitgenossen.
    In Glucks Alceste gibt es Momente die sind fast nicht mehr zum Aushalten, weil sie so ergreifend und emotional überwältigend sind.


    Oder bei Lullys Armide, das berühmte "Enfin il est a ma puissance" - das kann einen doch nicht kalt lassen ?!


    Was aber fehlt ist dieses "gelehrte" in der Musik - es ist reine Emotion.


    Travinius - hast Du es lösen können ? :D

  • @Lullist: Das ist jetzt aber die letzte Off-Topic-Antwort...: Wir sind weit gekommen - und hatten dann für den Rest eine Lösung. Ich zeichne mich bei solchen Spielen nicht durch extreme Geduld aus... :no: :D :pfeif: :rolleyes:


    Übrigens: eine französische Oper geben sie andauernd: Carmen... :untertauch:


    Übrigens möchte ich klarstellen, dass ich keine Abneigung gegen französische Musik in irgendeiner Weise habe. Die französische Romantik und Moderne sind in meinem PLattenschrank reichlicher vertreten, da kenne ich mich auch besser aus. Erst heute habe ich was von Milhaud gehabt, gestern Bizet, neulich d'Indy und Chausson... aber eben kaum Barock.

  • also ich möchte den Thread nicht als Rechtfertigungs Thread verstanden wisssen :D


    Mich interessiert es einfach, warum ich auf etwas dermaßen abfahre, bei dem der Großteil der Klassikhörer aber eher mit den Achseln zuck - das war eher die Motivation ;)

  • Der Großteil der Klassikhörer hört kaum Barock, mit den Ausnahmen Bach, ca. drei Werken von Händel und den Vierjahreszeiten. Er hört also Corelli oder Buxtehude ebensowenig wie Lully oder Couperin.
    Die Vorstellung, dass Barockmusik emotional distanziert sei, jedenfalls verglichen mit der Romantik, ist weit verbreitet.


    Gluck ist noch eine Ausnahme (mit wenigen seiner Werke), er wird auch nicht als französischer Komponist gesehen, sondern als Reformer der erstarrten Traditionen sowohl der ital. wie der franz. Oper. Ist ja auch kein Barock mehr.


    Und von den Leuten, die Barock schätzen, sind meinem Eindruck nach ein relativ großer Teil entweder selbst Kantoren/Organisten o.ä. oder schätzen besonders geistliche bzw. Orgelmusik, da sind Schütz oder Scheidt eben interessanter als Lully.


    Ein anderer Teil Barockhörer bevorzugt Instrumentalkonzerte a la Vivaldi, dieser wird höchstens ein paar Suiten der franz. Tradition goutieren, sie aber vielleicht gegenüber dem virtuosen Feuerwerk der Italiener etwas steif oder jedenfalls nicht nach seinem Geschmack finden.


    Schließlich wird selbst die wachsende Zahl der Freunde von Barockopern hauptsächlich von Händels Werken geprägt, die im wesentlichen "italienisch" komponiert sind.


    Nur ein paar Versuche, woran es liegen könnte...


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
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  • Zitat

    Original von Johannes Roehl
    Gluck ist noch eine Ausnahme (mit wenigen seiner Werke), er wird auch nicht als französischer Komponist gesehen, sondern als Reformer der erstarrten Traditionen sowohl der ital. wie der franz. Oper. Ist ja auch kein Barock mehr.


    Aber gerade Gluck wäre ja ein guter 'teaser', wo er quasi die Möglichkeit bietet, ein und dasselbe Werk (was nicht 100%ig stimmt) zunächst in der (oft originären) italienischen Fassung zu hören, um dann auf die französische 'umzusteigen'. So kann man erstens Unterschiede feststellen (positiv wie negativ) und zweitens sich an den französischen Stil (vor allem den Sprachgebrauch zunächst) etwas gewöhnen. Danach kann man dann in der Zeit etwas zurück gehen...


    Anbieten würde sich z.B. auch Cherubinis Medea (Medée), die ebenfalls zweisprachig aufgewachsen ist.


    Wobei natürlich eine Gluck- oder gar Cherubini-Oper mit einer Lully-Oper nicht zu vergleichen ist (stilistisch), aber der 'Kulturschock' dürfte sich minimieren.


    :hello:

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    (Vincenzo Geilomato Hundini)

  • nicht unbeliebt, wohl eher unbekannt.


    Ich meine, eine ziemlich starke Affinität zu barocker Musik zu haben, auch wenn ich weder Kantor noch Organist bin, ja nicht einmal Noten lesen kann, aber schon das unmittelbar vor der Haustür liegende Werk ist so umfangreich (Bach und Händel), daß es Jahre der Aufmerksamkeit bindet.


    Randbemerkung: Auch vor der Haustür liegende Barock-Komponisten finde ich zum Teil ausgesprochen laaaaaaaaangweilig (Telemann, Buxtehude).


    Danach gerät einem als interessierter Barock-Hörer der italienische Barock ins Visier, die Scarlattis, Vivaldi, Albinoni - es gibt so viel zu entdecken.


    Von den Barock-Franzosen hört man wenig, und sich auf blauen Dunst hin teure CDs zu kaufen, ist auch nicht jedermanns Sache. Es gibt auch keine Promotion wie z.B. Play Lully - Jacques Loussier, ein Franzose, hat sich für Play Bach entschieden.


    Le Forrestier, auch ein Franzose der Jetzt-Zeit, komponiert ein Stück namens Le petite fugue - im Stil von J.S. Bach - es werden mehrere Komponisten besungen, ein Rameau ist nicht dabei.


    Maurane, eine sehr gute französische Pop-Sängerin, entbietet eine Hommage an das "Prelude de Bach", nicht an das "Prelude de Couperin".


    Die früher sehr bekannten Swingle Singers haben - nun, was wohl ??? Bach intoniert.


    Die Supergruppe The Nice hat "Brandenburger" eingespielt, auch eine Reverenz an Bach.


    Aber es gibt auch eine (die einzige mir bekannte) positive Ausnahme, die einen Franzosen stützt: Xhibit, eine amerikanische Rap-Band, hat die Pavane von Fauré thematisiert, endlich taucht ein Franzose mal außerhalb seines eigenen engen Kontexts auf. Allerdings ist er zeitlich weit diesseits des Barock angesiedelt.


    Insofern - man muß schon sehr gezielt nach den französischen Barock-Komponisten suchen, um fündig zu werden, da wäre wohl mal ein etwas besseres Marketing angesagt...

  • Bach ist prädestiniert für Verwurstungen, weil es immer irgendwie toll und tief klingt, da kann man machen, was man will, scheint's.


    Ich kann immerhin zugeben, bei den Italienern und den Deutschen eine größere Anzahl von nicht ganz so zentralen Komponisten gesammelt zu haben (wobei ich jetzt etwa Cesti, Campra oder Rosenmüller als "zentral" ansprechen würde). Das liegt daran, dass meine Lexika und Musikgeschichten mehr italienische und deutsche Meister anführen, was mir etwas merkwürdig vorkommt, da bei den zentralen Figuren doch etwa eine gleich große Menge erahnt werden kann, schauen wir mal:


    Italien: Caccini, Cavalieri, Peri, Monteverdi, S. Rossi, Frescobaldi, Castello, Cavalli, Carissimi, Cesti, Stradella, Corelli, Torelli, A. Scarlatti, Albinoni, Caldara, Vivaldi, D. Scarlatti, Tartini


    Deutschland (und Österreich): Schütz, Schein, Scheidt, Froberger, Rosenmüller, Buxtehude, Biber, Muffat, Pachelbel, Fux, Telemann, Händel, Bach, Weiss


    Frankreich: Chambonnières, Lully, Charpentier, Marais, Delalande, Campra, F. Couperin, Rameau, Leclair


    Hoppla, da ist doch eine Rangfolge herausgekommen.
    :D

  • Zitat

    Frankreich: Chambonnières, Lully, Charpentier, Marais, Delalande, Campra, F. Couperin, Rameau, Leclair


    da fehlen aber einige :D


    Anthoine Boesset, gewissermaßen das Pendant zu Monteverdi, ohne ihn gäbe es wohl gar keinen frz. Stil. Und in der ersten Hälfte des 17. Jh. wohl DER zentrale Komponist.


    Michel Lambert, wird ebenfalls als einer der wichtigsten Komponisten von Vokalmusik angesehen.


    Henri DuMont zusammen mit Pierre Robert stellen die Schöpfer der Grand Motet dar.


    und dann sollte man aus dem 18. Jh. auf keinen Fall Jean Joseph Cassanea de Mondonville und das Duo Francois Francoeur & Francois Rebel übergehen.


    :P


    wenn man allerdings nach England schaut, da wird auch alles von Purcell überstrahlt - fast genauso wie bei uns Bach:
    Wer kennt denn schon Musik von Byrd, Gibbons, Lawes, Jenkins, Locke, Humfrey, Eccles...

  • Zitat

    Original von der Lullist


    da fehlen aber einige :D


    Ja sicher, in Italien und Deutschland natürlich auch.
    Das sollte nur meinen Eindruck wiedergeben, dass mengenmäßig etwa die Reihenfolge Italien - deutschsprachiger Raum - Frankreich - England herauskommt (wenn man deutschsprachige Musikgeschichten und Lexika heranzieht).


    Hast Du vielleicht französische Schmöker dieser Art, die alles international abdecken wollen? Wäre interessant, wie dort die Gewichtungen verschoben sind!


    Etwas verwundert bin ich, dass Spanien so ziemlich komplett flachfällt.

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  • nicht nur Spanien, alle anderen Länder / Regionen, vor allem Russland und Skandinavien.


    Aber dort hat man auch erst in den letzten Jahrzehnten überhaupt erst angefangen zu graben.
    In Russland erst nach 1990.


    In Spanien kommt noch hinzu, dass dort die historisch informierte Aufführungspraxis etwa einen Stellenwert und ein Ansehen genießt wie bei uns in den 60ern.


    Aber die zentralen Komponisten da könnten sein:


    Juan de Hidalgo, als Begründer des spanischen Musiktheaters


    Gaspar Sanz, als größter Virtuose für Laute & Gitarre


    Juan Cabanilles, vor allem Musik für Tasteninstrumente


    Antonio de Literes, Zarzuelas und Opern


    im 18. Jahrhundert sind es vermehrt ausländische Komponisten, vor allem italiener die in Spanien den Ton angeben:


    Giacomo Facco, Antonio Corselli, Gaetano Brunetti und schließlich Boccherini.




    In Russland war es lange verboten überhaupt weltliche Musik zu notieren, daher ist bis etwa 1700 nur geistliche Musik erhalten.
    ABER, das hielt Peter den Großen nicht davon ab, ausländische Musik nach Moskau und St. Petersburg zu holen.
    So ist sogar ein Aufführung der Daphe von Schütz belegt - und ich habe die stille Hoffnung, dass eine Abschrift bei einer Sichtung der Archive auftaucht :D


    Die Musik aus dem kolonialen Amerika ist ja mittlerweile doch recht vielfältig zu bekommen, sowohl aus Nord- wie Südamerika.

  • Zitat

    Original von der Lullist
    Henri DuMont zusammen mit Pierre Robert stellen die Schöpfer der Grand Motet dar.


    Ich glaube, bei Du Mont geht es mir so, wie Dir mit Leclair: Der ist mir zu italienisch.
    :D
    Aber ich mag das schon sehr gern, was er produziert hat. Pierre Robert kenne ich nicht.


    Alles ab Hasse/Sammartini/Mondonville habe ich der Einfachheit halber in die Vorklassik ausgegliedert.
    :hello:

  • Lieber Lullist :



    wenn wir den Sonderfall "Carmen" beiseite lassen , dann gibt es


    berühmte französische Opern mit einem höchsten Anspruch an alle


    Interpreten .


    Du selbst hattest zu Recht "LES TROYENS" erwähnt . Eine Oper , von der es meines Wissens drei herausragende Aufnahmen gibt . Zuletzt die zweite Aufnahme unter Sir Colin Davis , zu der es eine umfassende Vergleichsrezension durch Jürgen Kesting in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" in 2002 gab .


    Und dann gibt es "LA JUIVE" von Halévy . Diese Oper hat Berlioz , Gounod , Bizet , Saint - Saens und den jungen Richard Wagner stark inspiriert.
    Ein Werk von über 4 Stunden Spieldauer .



    Caruso hatte 1924 den Eleazar als seine letzte Rolle an der MET gesungen .
    De Almeide hat für seine Aufnahme die Oper so gekürzt , dass an ihrer Authetizität nichts verloren gegangen ist .


    Von 1924 bis Anfange der 1990er Jahre ( damals in Wien und New York ) war die Oper , die tatsächlich höchste Ansprüche stellt , regelrecht vergessen .


    Der kleine Kreis der "New Yorker Freunde der französischen Oper" hat dann das Magement von Philips bewegen können , einer sehr kostenträchtigen Gesamtaufnahme zuzustimmen .


    Selbst Paris hat die Oper erst 2007 wieder aufgeführt !


    Auf der Philips - GA singt José Carreras den Eleazar mit einer Innigekeit und einer wundervollen Stimme .


    Eine der wichtigsten Opern-Aufnahmen überhaupt .


    Es ist , um bei Deinem Eingangstext zu bleiben , interessant , dass die Kulturliebenden und Kulturschaffenden in den USA und Grossbriatnnien sich dermassen intensiv um französsiche Opern generell bemühen . Und Deutschland ?


    Norman Lebrecht schreibt sehr zutreffend über die Situation in Deutschland nach dem "kalten Krieg" angesichts der Nicht-Unterstützung etwa der Philharmonia Hungarica ( 2007 , 281 ) :" Damit beendete die deutsche Regierung auch ihre Unterstützung , und das Orchester ( = Philh. Hungarica ...eines der angesehensten Ensembles.... ) wurd e aufgelöst .


    Helmut Kohl hatte nicht nur von Wirtschaft und Finanzen keine Ahung , sondern auch von Kultur .


    Du wirst also versuchen müssen , in Paris oder Lyon , vielleicht in Brüssel , oder in London einen Abend zu finden , an dem eine französische Oper mit guter Besetzung gegeben wird .


    Wenig tröstlich aber wahr !


    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Zitat

    Original von Frank Georg Bechyna
    Du wirst also versuchen müssen , in Paris oder Lyon , vielleicht in Brüssel , oder in London einen Abend zu finden , an dem eine französische Oper mit guter Besetzung gegeben wird .


    Ich habe in Wien in den letzten zehn Jahren sowohl einen Meyerbeer als auch einen Auber gesehen. Also es stimmt nicht, dass es nichts gibt ...
    :hello:

  • Es gab aber mal Versuche, Zwielicht hatte vor Monaten mal geschrieben, dass in den 8ßer Jahren in Kassel und Darmstadt Opern von Lully aufgeführt wurden - Initatiator: Herbert Wernicke


    Leider war ich da noch zu klein :D


    In Wiesbaden habe ich eine Aufführung von Rameaus Platée erlebt, die Aufführung war jedesmal ausverkauft und besser gemacht als die Inszenierung aus Paris !!



    Und jetzt im Frühjahr gehts nach Schwetzingen, dort wird Gretrys "Andromaque" gegeben. Und Ulli, der die Karten besorgt hat, meinte, die wären sehr schnell weg gewesen.



    Ich glaube, wenn man einfach mal die Leute die bei den Namen Lully, Campra und Rameau die Nase rümpfen, in eine solche Oper mitnehmen könnte, dann würde das vollkommen genügen.


    Mein Vater war damals in Wiesbaden mit und obwohl noch nicht mal Klassikhörer, war er begeistert.
    Zu Hause hatte ich dann die DVD mit "Les Indes Galantes" ebenfalls Rameau - da hat dann auch meine Freundin mitgeguckt, die sich sonst für meine Leidenschaft wenig erwärmen kann.


    Vielleicht ist es eben auch so, dass diese Musik erst so richtig leben kann, wenn man sie auf der Bühne erlebt, Bilder dazu hat.
    Im Grunde ist das ja bei allen Opern so - so sind sie konzipiert.


    Es gibt auch bestimmt Opern, die sich ganz sicher für unsere Bühnen eigenen würden:


    Neben den beiden Rameau Opern die ganz sicher funktionieren, kann man bedenkenlos auch Lullys Armide oder die Alceste auf die Bühne bringen.



    Aber es gibt eben auch genau gegenteilige Erfahrungen, so musste William Christie bei den Bach Festwochen in Leipzig mit seinem Lully Programm vor einem fast leeren Haus spielen !


    Dabei ist dieses Programm, das bei Erato auf CD erschien fast schon prädestiniert um diese Opernwelt kennen zulernen, weil eben recht leicht zugängliche Szenen aus verschiedenen Werken dargeboten werden:



    das es sich hierbei auch um eine wirklich herausragende Interpretation handelt, muss ich wohl kaum dazu sagen.


    Aber es gibt ja auch noch andere Versuche: der Film.


    Der Film "der König tanzt" war in Deutschland auch in unabhängigen Kinos zu sehen und da auch eher kaum besucht - ein absoluter Flopp.
    Kaum jemand wusste auch davon, die Reklame dafür musste man suchen.
    Dabei ist der Film gar nicht mal übel und wäre bestimmt auch ein guter Türenöffner - aber wie in Deutschland üblich:


    kulturell wertvolle Filme , bzw. Filme aus Frankreich bekommt man hier nicht auf DVD - jeder Mist, von der dämlichsten Sorte wird als DVD herausgebracht, aber so tolle Filme, wie eben "der König tanzt", "Farinelli" oder "die siebente Saite" da sucht man vergebens.


    Ich denke, sobald es mir möglich ist, wandere ich aus :D


    An Halevys "Juvie" werde ich mich übrigens am Wochenende mal heranwagen, denn die frz. Grand Opera im allgemeinen ist genau mein Fall :D - im Grunde ist sie ja nur das Pendant zu den Opern Lullys aus dem 17. Jh.

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  • Lieber Lullist :


    diese grandiose Oper im Original oder als LPs oder CDs ?


    Empfehle inder Reihenfolge die Aufnahme mit Carreras , Furlanetto u.a ( Philips ) oder die mit Richard Tucker .


    Und bitte berichte uns über Deine Höreindrücke ! Danke .


    Eine rein technische Frage : Liest Du Dir immer erst das Libretto durch und dann die Musikhören ?


    Einen schönen Abend


    Frank



    PS.: Also zwei französische Opern in 10 ( Licht ) - Jahren in Wien ? Und dagegen dermassen (zu ) viel von Richard Strauss .......


    Mon Dieu ! Und dabie hatte M. Jacques Chirac, Présindet de la République Francaise , doch dem damaligen österreichischen Bundespräsidenten doch geradezu gönnerhaft versichert gehabt , dass es von innen kein schöneres Gebäude gebe als die Wiener Hofburg .

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • mein Erstkontakt wird ein Radiomitschnitt sein, die musikalische Leitung hatte Carlo Rizzi.


    Bei Gefallen, werd ich mir dann eine reguläre Aufnahme anschaffen.


    Ich lese das Libretto selten mit, mir reicht eine Inhaltsangabe, wenn ich eine DVD einlege, dann mit Untertitel.
    Bei der CD lasse ich einfach die Musik auf mich einströmen, dabei mitlesen lenkt mich nur ab.

  • von Mawal:


    Zitat

    ...und natürlich ist die französische Revolution schuld


    Vielleicht liegt es tatsächlich an der Geschichte. Barockmusik war sicher feudalistische Musik – in Frankreich mehr als in Deutschland.
    Vielleicht hatten die Franzosen nach der Revolution einfach keine Lust mehr auf die Musik ihrer Despoten und die Tradition, „alte Musik“ zu spielen, brach ab.
    (Ich traf im Sommer einen Franzosen, der Mozart und Schubert kannte, aber noch nie was von Rameau oder Lully gehört hatte.) 8o


    Was spielen denn die französischen oder französisch-sprachigen Musiker selber?
    Hier der Versuch einer kleinen Statistik:


    Zum Beispiel Bruno Cocset / Les Basse Réunies:
    eine CD mit Musik von Jean Barriére

    tolle CD !!!!
    und sonst: 5 CDs mit Musik von Frescobaldi, Vivaldi, Bach, Geminiani, Boccherini


    Les Plaisirs du Parnasse/David Plantier (Schweiz): (3 x) Westhoff, Walther, Biber (0 x Frankreich),


    Ricercar Consort/ Philippe Pierlot (Belgien): bei Amazon > 25 CDs mit deutscher, italienischer und englischer Musik …
    u. a. mit Musik von Hammerschmidt, Schein, Scheidt, Tunder, Walther, Hasse, Schmelzer, Schneck, Schütz …..
    Nur 4 CDs mit Musik von Franzosen.


    Café Zimmermann (Paris): 7 x Bach(s), 1 x Avison, 2 x Franzosen (auf der Internetseite des Orchesters)


    Gegenbeispiel: Les Arts Florissants: etwa 40 CDs mit französicher Musik
    und etwa 25 CDs mit Musik aus dem Rest Europas (bei Amazon)


    Hat jemand mehr Beispiele ? bzw.: Hat das was zu bedeuten ?

  • Die Symphonie du Marais unter Hugo Reyne (mein bevorzugtes Ensemble) spielt fast ausschließlich französische Musik.
    Ich glaube es gibt ein oder zwei Aufnahmen mit Sonaten von Händel und eine ganz neue CD mit Musik aus Wien um 1830.


    Les Talens Lyriques unter Christopher Rousset spielt ebenso fast nur frz. Musik, wenn was anderes dann auch eher absolutes Randrepertoire wie Jommelli, unbekannte Opern von Händel, Martin y Soler etc.


    Jordi Savall hat in Sachen Barockmusik auch wesentlich mehr französische Musik aufgenommen, als anderes Repertoire der Zeit.


    Le Concert Spirituel unter Niquet kenne ich fast nur mit frz. Musik mal abgesehen von der mißglückten Feuerwerksmusik und Purcells King Arthur.




    Ich denke, dass gerade diese ganz neuen Esembles wie Café Zimmermann oder Les Plaisrs du Parnasse eher auf internationales Repertoire setzen, weil dadurch die Chancen größer sind, wahrgenommen zu werden.
    (In vielen Fällen müssen sie sich ja auch danach richten, wofür es eine Finanzierung gibt)


    Außerdem ist der Markt an frz. Kammermusik für mein Empfinden übersättigt.
    In Frankreich waren es vor allem die großformatigen Opern und Ballette - solche Aufführungen zu finanzieren ist ja auch nicht so leicht.


    E. Haim sagte, sie würde gerne frz. Opern und Ballette machen, aber sie bekommt es nicht finanziert.
    Letztes Jahr durfte sie dann doch: Lullys Thesée
    Und ihre Interpretation steht der aus Boston in nichts nach.
    Angeblich soll das ja auch auf CD erscheinen - mal abwarten.


    die Armide unter Christie ist auch noch nicht veröffentlicht.
    Ebenso ist ein Amadis unter Rousset in der Plaung
    und Vincent Dumestre (der mit seinem Ensemble auch meist frz. Barockmusik aufnimmt) bereitet Lullys Bellerophon vor.



    Zitat

    Vielleicht liegt es tatsächlich an der Geschichte. Barockmusik war sicher feudalistische Musik – in Frankreich mehr als in Deutschland.
    Vielleicht hatten die Franzosen nach der Revolution einfach keine Lust mehr auf die Musik ihrer Despoten und die Tradition, „alte Musik“ zu spielen, brach ab.


    Tja ein Irrtum.


    Lully und Rameau waren bereits ab 1780 passé. Gluck, Gretry, Sacchini, Piccinni und andere haben die Spielpläne dominiert.
    Lully hat man noch sporadisch gespielt, auch im 19. Jahrhundert - aber Rameau verschwand komplett.
    Aber die Opern von Sacchini z.B. blieben sowohl wärend als auch nach der Revolution im Programm.
    Vieles hielt sich auch noch bis ins 19. Jahrhundert und ging dann fast übergangslos in die Grand Opera auf.


    Seitdem ich Opern von Meyerbeer, Berlioz, Spontini und gestern doch noch Halevy gehört habe bin ich davon absolut überzeugt.


    Die Grand Opera ist nichts anderes als die Weiterführung der Tragèdie Lyrique, nicht nur durch den Pomp, auch von der musikalischen Seite.
    Ganz extrem hört man das bei "Les Troyens" von Berlioz !
    Ich hatte immer angenommen der Bruch durch die Revolution sei so extrem, das ist er aber nicht - die Entwicklung geht nahtlos weiter.



    Zitat

    (Ich traf im Sommer einen Franzosen, der Mozart und Schubert kannte, aber noch nie was von Rameau oder Lully gehört hatte.) 8o


    ich glaube das bedeutet nichts :D ich hab mal jemanden getroffen, der sich zwar als großer Kenner der Musik ausab, aber sein Denken reichte nicht aus, dass er sich vorstellen konnte, das es vor J.S. Bach schon Musik gab :wacky:
    Monteverdi ? Schütz ? Purcell ? nie gehört...


    Oder einen anderen, der den Wert von Musik nur daran gemessen hat, ob darin Fugen vorkamen und möglichst viel in moll..... :rolleyes:

  • Guten Morgen !



    Wieso sollte es gar zu einem extremen Bruch in der Musikentwicklung ( Kompositionsstil , nicht Musikhören ! )
    durch die Französische Revolution gekommen sein ?


    Dies wäre doch nur dann möglich gewesen , wenn praktisch
    alle Komponisten im engeren Sinne sowie die Musikschulen vernichtet worden wären .


    Dies ist nicht geschehen .


    Die Französische Revolution war historisch notwendig , aber für die Masse der Bevölkerung folgte doch nach einer feudalistischen Diktatur des Adels eine blutige Diktatur sehr verschiedener Revolutionäre , die dann wieder durch ein neues System einer Dikatatur abgelöst worden ist .
    gibt es doch in fast allen Bereichen .
    Egon Friedell hat dies in seiner "Kulturgeschichte der Neuzeit" schon vor bald 100 Jahren subtil beschreiben .


    Menschen haben sich in dieser Zeit nicht geändert .


    Und dass verschiedene Komponisten wie deren Werke von den Spielplänen , der öffentlichen breiteren Wahrnehmung "verschwinden" .


    Wohl kein Land rühmt sich seiner musikalischen Vergangenheit so sehr wie das offizielle Frankreich ( man sehe sich nur den Pomp in der Pariser Oper "Palais Garnier" an ! ) ; keine Regierung einer bedeutenden Kulturnation geht dagegen so nachlässig mit diesen grossen Meistern um wie auch gereade das offizielle Frankreich ( ich denke hier vor allem daran, wer "offiziell" durch den jeweiligen Präsidenten als "berühmt" erklärt wird und ins Panthéon umgebettet wird : Kein Musiker bis heute ! Selbst Berlioz nicht - und dieser Streit geht nun schon seit Jahrzehnten ) .


    Du hast also Recht : Die französische Operntradition ist weitergegangen unabhängig davon , ob jemand Rameau , Lully und andere Meister kennt oder nicht .


    Und dies gilt übrigens auch für die kontinuierliche Weiterentwicklung i n den bedeutenden Konservatorien .


    Beste Grüsse



    Frank


    PS.: Weil es keinen "deutschen Berlioz" gibt sehnt man sich hierzulande


    doch sosehr nach einem Komponisten dieser Klangfülle ( man stelle sich nur vor es gäbe eine Bearbeitung der deutschen Nationalhymne wie dies Berlioz mit der französischen gemacht hat ! Daraus wurde ja schon fast ein Einakter - zu hören in der Wiedergabe durch Daniel Barenboim und das Chicago Symphony Orchsetra ; DECCA - .

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

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