In Italien entstand im 17. Jahrhundert eine Fülle an Literatur für die vorher wenig beachtete Violine. Schon am Beginn des Jahrhunderts können sich Besetzungen mit einer oder mehreren Violinen und Basso Continuo gegenüber den Gamben durchsetzen und eine Reihe von Komponisten schuf virtuose Musik, deren frischer Charakter in zahlreichen Einspielungen erlebt werden kann.
Es ist sehr interessant, die Entwicklung nachzuvollziehen: Giovanni Gabrieli (1555 - 1612) schuf polyphone Werke für Violinen, die wirken, als seien es Motetten ohne Text, was sich auch über Giovanni Paolo Cima (1570 - 1622) sagen ließe, der um 1610 die ersten Sonaten für solistische Violine und die ersten Triosonanten schuf. Etwa gleichzeitig gelang es allerdings Salomone Rossi (1570 - 1630) spezifischer für die Violine zu schreiben, was sich in mehr kurzen Noten - allerdings dafür in einer Rücknahme der Polyphonie niederschlägt (zumindest in dem einen Werk, das ich von ihm kenne).
Die nächste Generation beherbergt eine ganze Reihe bedeutender Komponisten, die nicht mehr hinter Rossi zurückfallen, was die Gestaltung der Violinstimmen betrifft: Vielleicht der größte ist Dario Castello (1590 - 1630), von dem nichts Biographisches und nur 29 Werke überliefert sind, die aber sehr einfallsreich, individuell und virtuos sind, neben ihm steht Biagio Marini (1594 - 1663), der erstmal Doppel- und Trippelgriffe sowie Skordaturen verwendet, die auch früh bei Marco Uccellini (1603 – 1680) zu finden sind, der die Finger der linken Hand bis auf die sechste Lage hochklettern läßt. Carlo Farina (1600 – 1639) gibt in seinen Partituren Verbalanweisungen, wie man geräuschhafte Spezialeffekte erzeugen soll. Der Auswanderer Antonio Bertali (1605 – 1669) bildet die Brücke zu Schmelzer.
Nach dieser prallen Zeit der Virtuosität und Experimente ist es weniger leicht, die spezifischen Qualitäten der Komponisten der nächsten Generation zu sehen. Der große Meister ist Giovanni Legrenzi (1626 – 1690), mit seinen Sammlungen der 50er und 60er Jahren wird man ihn als Bindeglied zwischen den Genannten und Corelli ansehen.
Arcangelo Corellis (1653 – 1713) musikgeschichtliche Bedeutung steht hier außer Konkurrenz. Der Wandel findet allerdings eher unauffällig statt, keine violinspezifische Virtuosität ist neu, keine melodische Floskel oder harmonische Wendung sondern der Umgang mit der Form. Vor Corelli hatte sich im Grunde nichts geändert, Abschnitt folgt auf Abschnitt, quasi Motetten, deren Teile imitierend beginnen, eine Weile fortgesponnen werden, um dann einem neuen motivischen Material zu weichen, das wieder imitiert und ein wenig ausgesponnen wird. Bei Corelli wird weniger fortgesponnen als mit dem Material gearbeitet und die Folge der Abschnitte weicht einer Folge von in sich abgeschlossenen Sätzen (wenn diese auch selten länger als 2 Minuten sind).
Im Zusammenhang mit Corelli ist Carlo Ambrogio Lonati (1645 – 1710) zu nennen, da ihre Werke aber nicht datiert sind, kann man wohl schwer feststellen, wie die Einflüsse gelaufen sind.