Inszenierungen, Bühnenbilder und Kostüme

  • Liebe Forianer


    Selten haben Threads solches Interesse erweckt wie unsere Opern - Inszenierungsthreads - die natürlich auch Bühnenbilder und Kostüme, sowie Beleuchtung mit einschliessen.


    Bis dato wurde immer wieder zwischen "konventionellem" und "Regietheater" unterschieden, wobei ersterem gerne "Wackelkulissen" und mottenzerfrssene kostüme, staubige Perücken, sowie "Singen an der Rampe" unterschoben werden, Zweiterem Alltagskleidung, Nacktauftritte oder unpassende Uniformen, Diktatur- Symbole, linkstendenziöse politische Deutung eines dafür ungeeigneten stücks und las but not least ein karges, spartanisch hässliches Bühnenbild - so überhaupt vorhanden.


    Aber das ist natürlich nicht alles was es gibt, bzw gibt es zahlreiche andere Arten eine Oper auf die Bühne zu bringen.


    Und ohne jetzt darüber zu lamentiern, was hässlich und was schön ist (am Rande kann es gestreift werden- mehr nicht) möchte ich ein paar solcher Möglichkeiten andeuten.


    Selbstverständlich handelt es sich nur um eine kleine Auswahl. Ich werde versuchen darzustellen was der Grund für betimmte Aussattungsformen sein könnte...


    a) Gerne wird vom Lullisten eine bestimmte Form des Operntheaters erwähnt, die wir vereinfachend die "historisierende" nennen könnten,


    Hier werden Bühnenbilder im Stile der Entstehungszeit des Werkes oder sogar solche nach Originalentwürfen, wenn nicht gar Originalbühnenbilder eingesetzt, Beleuchtung kann eventuell mit Kerzen erfolgen, Theaterdonner und Wackelkulissen, sowie historische Kostüme runden das Bild ab.


    Hier wird versucht die AUFFÜHRUNGSZEIT möglichst historisch getreu zu imitieren - NICHT jedoch die "historisch getreue Wiedergabe es INHALTS der Oper.


    b) Dann gibt es die "normale" Inszenierung mit "üblichen" Kulissen, je nach Budget einfacher oder raffiniert, die Kostüme sind aus dem Fundus, die
    Regie beschränkt sich aufs Notwendigste ("geht wutentbrannt nach links ab")


    c) Eine besonder art der "normalen Inszenierung" ist die Luxusinszenierung. Die Bühnenbilder sind in der Regel realitätsnah, teilweise aus Styropor oder anderen Kunststoffen dreidimensional geformt, die Kostüme speziell angefertigt, vorzugsweise nach historischen Vorbildern, die Bühnenarchitektur ist zwar nicht "historisch getrau, sondern oft eher "als ob" gelegentlich auch an Filausstattungen angelehnt. Die Personenführung ist ebenfalls nahe jener in Filmen.


    Hier wurde versucht, die erzählte Geschichte mit den Mitteln des Theaters filmreif zu erzählen. Dem suggestiven Eindruck solcher Aufführungen konnten sich nur wenige entziehen, die sie gesehen hatten. Diese Form des Operntheaters ist auch eine besonders repräsentative, geldverschlingende. Nur erste Opernhäuser der Welt konnten sich sowas leisten.


    d ) Aufführungen mit stilisierten Bühnebildern und Kostümen.
    Es wurde zwar (als Beispiel) ein Bühnenbild gezeigt, das im 16. Jahrhundert angesiedelt war, jedoch aufs Notwendigste beschrünt, Quasi nur angedeutet, desgleichen die Kostüme
    Vermutlich sollte hier gespart werden.



    e )Gespart wurde auch an Aufführungen, die mehr oder weniger mit stilisierten Bühnebildern auskommen musste, die Bühne war vorzugsweise schwarz (oder weiß), einige wenige Bauelemente deuteten die Architektur an. Wie schon bei d angeführt, sollte vermutlich gespart werden. Die Macher solchen Theaters behaupteten jedoch, durch Weglassen störender Ausstattung, den Bick aufs wesentliche zu lenken.



    f)Ausstattungen der heutigen Zeit. Ohne Rücksicht auf Libretto etc werden die Sänger eingekleidet und spartanische Bühnenbilder - oft ohne Bezug zur eigentlichen Handlung - eingesetzt. Viele Effekte werden mit Beleuchtunggemacht, Symbole die nicht zum Stück gehören eingestzt, Opern werden in eine andere Zeit versetzt etc.
    Die Regie versucht das Stück umzudeuten und für die Vermittlung politischer Inhalte nutzbar zu machen.
    Auffallen um jeden Preis ist die Devise.


    Ich neige zur Annahme, daß URSPRÜNGLICH einmal mehr der Spargedanke Vater dieses Typs von Opernaufführungen war.
    keine teuren Kostüme - Alltagskleidung, einfache Bühnenbilder die keine Kosten verursachten...


    Indes - die Kosten für diese Art Theater schnellten hoch, und stellen keine Ersparnis mehr dar.



    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Guten Morgen Alfred,


    eine gute Beschreibung … ich bin mal gespannt, wer sich wo „sieht“. Für mich persönlich wird’s ab „irgendwo zwischen ‚d‘ und ‚e‘“ mühsam; hier läuft eine schmale Grenze von ökonomischer Notwendigkeit und unausgegorener Willkür. Vielleicht kommen wir im Laufe des Threads noch zu mehr Details.


    Deinen Punkt ‚f‘ würde ich sogar nochmal splitten, von mir aus in ‚f-1‘ und ‚f-2‘:
    ‚f-1‘: Hier hat der erste Absatz Deines ‚f‘ volle Gültigkeit. Stücke werden einfach in eine andere Zeit verpflanzt – dadurch vermeintlich modernisiert – mit für mich oft zweifelhaftem Ergebnis. Bestes Beispiel hierfür ist die diesjährige Cosi in Salzburg, die ja auch hier entsprechend diskutiert wurde. Ich erinner mich auch noch an den Beginn der 90er Jahre, wo die damalige Inszenierung samt Bühnenbild von Pendereckis ‚Ubu Rex‘ flux in den menschlichen Dickdarm velegt wurde. Mahlzeit! Wenigstens war’s eine moderne Oper und keine der geliebten alten Stoffe. Für mich noch am nachvollziehbarsten hatte (ich glaube) so Ende der 80er Peter Sellars die Verwandlung vorgenommen. Cosi in einem New Yorker Waschsalon; Don Giovanni in Harlem. ‚Schlüssig‘ war dies m. E. deshalb, weil es damals unerhört neu war und Sellars opulente Bühnenbilder schaffte.


    ‚f-2‘: „Zitat: Die Regie versucht das Stück umzudeuten und für die Vermittlung politischer Inhalte nutzbar zu machen“.
    Hier wird’s für mein Empfinden arg. Ich erinner mich, wie ich vor 3 oder 4 Jahren endlich (nach 12 Jahren) Karten für den Bayreuther Holländer bekommen hab. Gegen meine üblichen Gepflogenheiten hatte ich mich nicht richtig vorbereitet und war ziemlich konsterniert, als ich mich mit Claus Guths tiefenpsychologischer Kammerversion konfrontiert sah (eine Inszenierung, die in der Presse überschwänglich gefeiert wurde). Holländer! DAS romantische Sujet schlechthin … Was kann man mit diesem Stoff alles machen … wieviel Spielraum gibt dieser Stoff her, um auch schlüssige moderne Inszenierungen zu schaffen. Diese Oper lebt (!) von den teilweise gewaltigen Bühnenbildern, von einem virilen Mannbild und der ewigen Geschichte von Liebe, Versprechen und Enttäuschung. Was sah ich: eine Oper, die von vorne bis hinten in einem Raum (einer Kammer) gespielt wurde; in der Daland und Holländer auf der einen, Senta und Mary auf der anderen in identischen Kostümen steckten; in der der Chor der Spinnerinnen von „Synchronschwimmerinnen“ mit Taucherbrillen gesungen wurde; in der permanent Figuren gaaanz langsam rückwärts durch die Bühne liefen (toller Regieeinfall!) und die ganze Geschichte als Vergewaltigungstrauma aus Sentas Mädchenzeit (ihr Vater hat sich an ihr in jungen Jahren vergangen und nun sieht sie im Holländer den jungen Vater) interpretiert wurde….


    Bitte nicht falsch verstehen: alles war sicher gut gemeint und von mir aus auch gut gemacht. Aber: Was soll das? Und vor allem, was soll das in Bayreuth? Ein Publikum, das weltweit anreist und vielleicht nur einmal eine Chance hat ne Karte hat – also ich hab mich gehörig verarscht gefühlt. In einem Off-Theater, einem „zweiten“ Haus, auf einer Experimentalbühne laß‘ ich mir das alles angehen. Aber bitte nicht auf den Weltbühnen, die die Stücke als Kunstwerke bewahren sollten.


    Aber, wie es im Leben oft so ist: Vielleicht versteh‘ ich auch nur zu wenig davon… Bitte um Nachsicht, dass mein Text nun doch etwas länger geworden ist.

  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Selbstverständlich handelt es sich nur um eine kleine Auswahl. Ich werde versuchen darzustellen was der Grund für betimmte Aussattungsformen sein könnte...


    :hahahaha:
    Womit aber garantiert ist, dass das Thema nicht lange dort bleiben wird, wo es intendiert ist.


    Zitat

    f)Ausstattungen der heutigen Zeit. Ohne Rücksicht auf Libretto etc werden die Sänger eingekleidet und spartanische Bühnenbilder - oft ohne Bezug zur eigentlichen Handlung - eingesetzt. Viele Effekte werden mit Beleuchtunggemacht, Symbole die nicht zum Stück gehören eingestzt, Opern werden in eine andere Zeit versetzt etc.
    Die Regie versucht das Stück umzudeuten und für die Vermittlung politischer Inhalte nutzbar zu machen.
    Auffallen um jeden Preis ist die Devise.


    Ich neige zur Annahme, daß URSPRÜNGLICH einmal mehr der Spargedanke Vater dieses Typs von Opernaufführungen war.
    keine teuren Kostüme - Alltagskleidung, einfache Bühnenbilder die keine Kosten verursachten...


    Deine Spar-Theorie halte ich für falsch.
    Den Zweck der Übung haben wir hier im Forum von berufeneren Stellen oftmals vorgekaut bekommen - also versuche ich eine Nacherzählung:


    Es wird der "Inhalt" als aktuell angenommen, das "Gewand" aber als wandelbar im Laufe der Zeiten - abhängig vom Publikum, respektive auf letzteres zugeschnitten. Das entspricht der Darstellung des biblischen Geschehens zur Zeit und am Ort des erfahrbaren Lebens der Maler und ihrer Kunden, seit Jahrhunderten ist das in in unserer Kultur üblich.


    Sinn ist, wieder auf den "Inhalt" hinzuweisen, der durch "hübsches" Kostümspektakel vom genusssüchtigen Publikum nicht mehr wahrgenommen wird. Gesellschaftskritische und aktuelle politische Statements sind in Opern schließlich nichts Außergewöhnliches. Diese versucht man dem heutigen Publikum wieder erfahrbar zu machen, indem man die heutige Gesellschaft und aktuellere politische Begebenheiten an Stelle der "originalen" setzt.


    Das führt dann natürlich zu anderen Kostümen/Bühnenbildern.


    Eine weitere Variante ist, nicht die gewollte Aussage des Werks rüberzubringen, sondern die Aussage und ihre gesellschaftliche Fragwürdigkeit kritisch zu beleuchten (siehe Konwitschnys Operetteninszenierung).


  • Ich sehe mich zwischen c und d. Im Zweifelssfall würde ich bei der Regie eher sparen als bei den Sängern und der musikalischen Qualität (Probenzeit etc).
    Mir fällt diesbezüglich und aktuell der Hoffmann aus der Met ein, den ich hier zwischen c und d ansiedeln würde, wenn man das so katalogisieren will. Die Inszenierung hat auf der Leinwand gut "funktioniert", soll aber im Haus nicht ganz so gut angekommen sein. Nicht daß ich finde, daß dort insgesamt bei der musikalischen Umsetzung gespart wurde, aber ich kann mir auch vorstellen, daß zum Beispiel die Sängerin des Niklausse/Muse im Haus nicht so gut hörbar war wie sie es durch die technische Verstärkung in der Übertragung war, dafür war sie was die Darstellung betrifft sehr gut. In einem anderen Forum hat sich einem Zuseher beider Versionen der Gedanke aufgedrängt, daß die Met die Inszenierung eher auf die Leinwand-Version ausgerichtet hätte (auch was die Besetzung betrifft), die eventuell auch als DVD veröffentlicht werden soll. Billig war diese Produktion sicher nicht und nachdem in der Pause der Übertragung berichtet wurde, daß die Met im Schnitt nur die Hälfte der der jeweiligen Produktionskosten mit Kartenverkäufen abdecken kann ist das wahrscheinlich eine recht einträgliche Einnahmequelle. Aber wenn das die Norm wird, dann kann ich die Besucher im Opernhaus verstehen, wenn sie sich ein wenig gefrozzelt fühlen.

  • Soll das jetzt eigentlich eine Abstimmung werden?
    Ich möchte Variante a) bitte.
    Wenn ich ein paar mal a) gesehen habe, will ich auch mal f) sehen.
    e) gehört eigentlich zu a), wenn ich Herzog Blaubarts Burg sehen will, und mich ans Libretto recht erinnere.

  • Mir sagen die Optionen a), b) und c), zuweilen auch d) zu.


    :hello:

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Deine Spar-Theorie halte ich für falsch.
    Den Zweck der Übung haben wir hier im Forum von berufeneren Stellen oftmals vorgekaut bekommen - also versuche ich eine Nacherzählung:


    Es wird der "Inhalt" als aktuell angenommen, das "Gewand" aber als wandelbar im Laufe der Zeiten - abhängig vom Publikum, respektive auf letzteres zugeschnitten


    Über "berufene Stellen" kann man streiten


    Ich habe mich bewusst kurz und - so gut es ging - neutral gehalten, weil ich natürlich auch die Gefahr sehe - einen neuen Regietheaterstreit vom Zaun zu brechen.
    GRUNDSÄTZLICH beharre ich auf meiner Behauptung, URSPRÜNGLICH waren Sparmaßnahmen ein wichtiger Faktor.
    Ich räume jedoch ein, daß das vielleicht auch nur Wunschträume von Intendanten und Operndirektoren gewesen sein mögen - und man ihn Wahrheit völlig ander Ziele verfolgte, ähnlich wie in der EU, wo man den Blauäugigen ein "brüderlich vereintes Europa" vorgegaukelt, und in Wahrheit einen gemeinsamen Markt und (noch schlimmer !) Arbeitsmarkt geplant und instlallliert hat, welcher die Macht der Großkonzerne - auch gegenüber jeglicher Politik drastisch erweitert hat.


    Zitat

    Sinn ist, wieder auf den "Inhalt" hinzuweisen, der durch "hübsches" Kostümspektakel vom genusssüchtigen Publikum nicht mehr wahrgenommen wird. Gesellschaftskritische und aktuelle politische Statements sind in Opern schließlich nichts Außergewöhnliches. Diese versucht man dem heutigen Publikum wieder erfahrbar zu machen, indem man die heutige Gesellschaft und aktuellere politische Begebenheiten an Stelle der "originalen" setzt.


    Ja das ist es, was man uns oftmals vorgekaut hat


    Passt ausgezeichnet zu meiner Sichtweise, allerdings leicht modifiziert


    I
    Irgendwann muß jemand erkannt jhaben , daß durch eine "Sparausstattung" mit "Allttagsklleidung" und unbemalten Wänden, enorme Geldsummen eingespart würden, die nun für andere Features im Rahmen der Oper zur Verfügung stünden, beispielsweise eine geniale Regie. Somit ist es notwendig Regiekonzepte zu begründen, was mit dieser Erklärung ausreichend logisch gewesen zu sein scheint.
    Zugleich vertreibt man damit den "Klassenfeind" aus den Opernhäusern - etwas das vielen schon lange ein Dorn im Auge gewesen sein muß:
    Die Beherrschung der Opernhäuser durch eine "bürgerliche Elite", die sogar ihre Abonnements vererbte und "Fremden" dadurch den Zugang dazu erschwerte.


    Ich werde das Thema HIER nur dann weiter verfolgen - wenn es sich nicht vermeiden lässt und wäre dankbar, wenn man zumindest zu Threadbeginn auch die anderen Regie-und Ausstattungsmöglichkeiten mit der gleichen Hingabe analysieren würde wie das sogenannte "Regietheater" (das sicher DER Knackpunkt ist, aber die anderen Phänomen waren gewissermaßen Vorboten - oder zumindest Versuche Oper ANDERS zu gestalten als bisher gewohnt.....


    Zitat

    Soll das jetzt eigentlich eine Abstimmung werden?


    Nein.
    Ich habe ja lediglich eine Aufzählung EINIGER Gestaltungsformen von Oper gebracht. Einige davon sind längst überholt, andere haben noch Chancen (?)
    Hier geht es eigentlich darum WARUM sie entstanden sind - und warum wieder verschwunden.


    Zudem gab es sicher weitere Spielarten in dieser Hinsicht.


    Wie verhielt sich das Publikum zu den einzelnen Moden, denn um solche handelt es sich in letzer Konsequenz.


    BTW, es gab natürlich noch eine Zeit, wo in der Tat jede Arie an der Rampe gesungen wurde, und nach da capo Rufen auch ein Zweites oder drittes Mal.
    Eigenartigerweise verbinden diese Vortragsweise mit Enrico Caruso, und eigenartigerweise war gerade er er, der diese Praktiken nicht ausübte, sondern nicht nur sang, sondern auch schauspielerte. Ein Pionier seiner Zeit.....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt
    Ich habe mich bewusst kurz und - so gut es ging - neutral gehalten, weil ich natürlich auch die Gefahr sehe - einen neuen Regietheaterstreit vom Zaun zu brechen.


    Ich denke eher, dass Deine Einsparungs-Theorie diesen Streit provoziert, denn sie ist zwar kurz aber nicht neutral.


    Zitat

    GRUNDSÄTZLICH beharre ich auf meiner Behauptung, URSPRÜNGLICH waren Sparmaßnahmen ein wichtiger Faktor.


    Ich räume jedoch ein, daß das vielleicht auch nur Wunschträume von Intendanten und Operndirektoren gewesen sein mögen - und man ihn Wahrheit völlig ander Ziele verfolgte, ähnlich wie in der EU, wo man den Blauäugigen ein "brüderlich vereintes Europa" vorgegaukelt, und in Wahrheit einen gemeinsamen Markt und (noch schlimmer !) Arbeitsmarkt geplant und instlallliert hat, welcher die Macht der Großkonzerne - auch gegenüber jeglicher Politik drastisch erweitert hat.


    Darf ich daran erinnern, dass eigentlich keine politischen Inhalte erwünscht sind?
    :untertauch:
    Das Aufladen Deiner Spar-These mit Anti-EU-Inhalten wird auch kaum als neutral empfunden werden können.


    Zitat

    I
    Irgendwann muß jemand erkannt jhaben , daß durch eine "Sparausstattung" mit "Allttagsklleidung" und unbemalten Wänden, enorme Geldsummen eingespart würden, die nun für andere Features im Rahmen der Oper zur Verfügung stünden, beispielsweise eine geniale Regie. Somit ist es notwendig Regiekonzepte zu begründen, was mit dieser Erklärung ausreichend logisch gewesen zu sein scheint.


    Ähm, also wie meinst Du das jetzt? Erst "Sparausstattung" d) resp. e), dann "geniale Regie", weil nun mehr Geld da ist? Aber dann ist der Schritt zu Konzept f) ja eben keine Sparmaßnahme mehr, sondern das, was ich oben geschildert habe.


    Zitat

    Zugleich vertreibt man damit den "Klassenfeind" aus den Opernhäusern - etwas das vielen schon lange ein Dorn im Auge gewesen sein muß:
    Die Beherrschung der Opernhäuser durch eine "bürgerliche Elite", die sogar ihre Abonnements vererbte und "Fremden" dadurch den Zugang dazu erschwerte.


    Das hältst Du also für den Zweck von Version f)
    Womit sich die Frage stellt, wie viele Regisseure kommunistisch sind.


    Zitat

    Ich werde das Thema HIER nur dann weiter verfolgen - wenn es sich nicht vermeiden lässt und wäre dankbar, wenn man zumindest zu Threadbeginn auch die anderen Regie-und Ausstattungsmöglichkeiten mit der gleichen Hingabe analysieren würde wie das sogenannte "Regietheater" (das sicher DER Knackpunkt ist, aber die anderen Phänomen waren gewissermaßen Vorboten - oder zumindest Versuche Oper ANDERS zu gestalten als bisher gewohnt.....


    Nun, wenn Du zu f) eine Erklärung postest, die nicht der üblichen entspricht, forcierst Du die Diskussion darüber selbst.


    Zitat

    Ich habe ja lediglich eine Aufzählung EINIGER Gestaltungsformen von Oper gebracht. Einige davon sind längst überholt, andere haben noch Chancen (?)
    Hier geht es eigentlich darum WARUM sie entstanden sind - und warum wieder verschwunden.


    Das Problem ist, dass unter f) zu viele verschiedene Spielarten zusammengefasst sind. Wenn auch manche radikalere f)-Varianten momentan auf dem Rückzug zu sein scheinen, ist f) wohl nach wie vor dominierend. Ein "Zurücksteigen" ist kaum zu erwarten, weil es eben als solches empfunden werden würde. Es muss stattdessen etwas Neues her - ein anderes f) eben - oder e). Ob a) jemals in breiter Front kommen kann, ist fraglich.
    :hello:

  • Zitat

    ...und wäre dankbar, wenn man zumindest zu Threadbeginn auch die anderen Regie-und Ausstattungsmöglichkeiten mit der gleichen Hingabe analysieren würde wie das sogenannte "Regietheater"


    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred


    Gerne .. Ein für meine Begriffe sehr schönes Beispiel für stimmungsvolle, dem Werk gerecht werdende und trotzdem moderne Inszenierung durfte ich 2000 in Prag erleben. Nationaltheater - Die verkaufte Braut. Es war damals nach langer Zeit eine Neuinszenierung, die mit sparsamem, über alle Akte gleichem (leicht adjustiertem) Bühnenbild aufwartete. Das für mich absolut faszinierende an dieser sehr stimmungsvollen Ausstattung war, dass die Protagonisten nicht in mehr oder weniger passenden Kostümen agierten, sondern in originalen alten tschechischen Trachten. Das hatte Klasse und Stil. Witzig fand ich, dass der (vermutliche) Sponsor 'Pilsner Urquell" mit seinem Logo in der Tavernenszene "warb" und im Verlaufe des Stückes so einige Flaschen geköpft wurden. Und das war nun überhaupt nicht peinlich oder aufgesetzt, sondern witzig und schlüssig. Eine tolle Inszenierung.


    Ein anderes wunderschönes Stück Oper ist die nun nahezu 35 Jahre alte Inszenierung von Hänsel und Gretel; gerade jetzt in der Vorweihnachtsszeit wieder sehr aktuell. Ein mittlerweile herrlich angestaubtes Bühnenbild mit tausend kleinen Details. Am überwältigesten ist aber die Szene des Abendgebetes und des anschließenden Orchesterstückes: Aus der nahezu vollkommen dunklen Waldbühne mit Nebel kommen langsam, von hinten und kaum erkennbar, die 14 Engel hervor, um dann beim Bläserchoral majestätisch und von "himmlischen Licht" beleuchtet, um die beiden Geschwister herum ein mehr als eindrucksvolles Bild zu hinterlassen. Jeder von Euch kennt sicher noch die schönen alten Schutzengelbilder, die bei Oma und Opa über dem Bett hingen; solche Engel, mit dieser Musik und einem sensationellen Licht zauberten für mich eine der ergreifendsten Szenen, die ich je in einer Oper gesehen hab. Sogar hier beim Schreiben krieg ich ne Gänsehaut. Sorry für die Schwärmerei; ich geb zu, dass ich hier der vollkommene Romantiker bin.


    Oder: Vor einem Jahr in Dresden: La Bayadere.... zwar "nur" ein Balett, aber die haben ja mit der gleichen Problematik zu kämpfen. Was für eine zauberhafte Angelegenheit.


    Oder: Der Freischütz im Gärtnerplatztheater München. Herrlichstes Jägeridyll. Leider nach über dreißig Jahren vom Spielplan genommen.


    Oder: Der fliegende Holländer und Die Entführung aus dem Serail aus dem Münchner Marionettentheater.... Aber ich verliere mich....


    Vermutlich ist vielen von Euch mittlerweile das große :kotz: gekommen. Macht nix; ich geniesse solche Sachen....


    Grüße aus dem verschneiten München
    Thomas

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  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Das hältst Du also für den Zweck von Version f)
    Womit sich die Frage stellt, wie viele Regisseure kommunistisch sind.


    Ich erinnere mich, dass wir das schon hatten:

    Zitat

    Original von martello
    Sie wollen linke Regisseure benannt?
    Konwitschny, Mielitz, Chereau, Pountney, Kusej
    (links ist aber nicht immer marxistisch im engeren Sinn)


    Bondy, Loy, Pelly, Sellars sind für mich "liberal"


    - letztlich bestimmt hier aber der ideologische Standpunkt die Einstufung des Künstlers.


    Das spricht gegen Alfreds These mit dem "Klassenfeind".

  • Zitat

    Ähm, also wie meinst Du das jetzt? Erst "Sparausstattung" d) resp. e), dann "geniale Regie", weil nun mehr Geld da ist? Aber dann ist der Schritt zu Konzept f) ja eben keine Sparmaßnahme mehr, sondern das, was ich oben geschildert habe.


    Zum einen war "geniale Regie" spöttisch gemeint, zum andern habe ich versucht (bin aber durch meine unzureichende Geschicklichkeit in Sachen deutsche Sprache offensichtlich gescheitert) den Wandel von "Sparkonzept" zu "absichtlich hässlich und spartanisch" zu begründen, und somit zu erklären daß BEIDE Erklärungen, Deine und meine nicht unbedingt in Widerspruch zueinander stehen müssen- Selbstverständlich braucht es eine ideologische Erklärung, wenn etwas hässliches verkauft werden soll . "Luxuriöse Ausstattung ist uns zu teuer"
    ist kein gutes Argument.
    Es sind ja auch immer die mickrigsten Äpfel, die als "biologisch" zum Horropreis angeboten werden, anders liesen sie sich nämlich nicht verkaufen....


    Thomas Knöchel


    Das war ja geradezu eine Liebeserklärung an "traditionelle" Inszenierungen. So feine Anspielungen wie , die in der Bierschenke beschriebenen sind meiner Meinung nach nicht nur zulässig , sondern äusserst belebend und manchmal sogar lustig. Sowas wurde zumindest schon so lange gemacht, als ich mich zurückerinnern kann.


    Bei den alten Originaltrachten handelt es sich vermutlich wieder um ein "Sparprojekt" - diesmal mit anderen - geeigneteren - Mitteln...



    BTW Es können selbstverständlich weiitere Konzepte zu denen von mir aufgezählten hinzugefügt werden...



    LG Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    [i]BTW, es gab natürlich noch eine Zeit, wo in der Tat jede Arie an der Rampe gesungen wurde, und nach da capo Rufen auch ein Zweites oder drittes Mal.
    Eigenartigerweise verbinden diese Vortragsweise mit Enrico Caruso, und eigenartigerweise war gerade er er, der diese Praktiken nicht ausübte, sondern nicht nur sang, sondern auch schauspielerte. Ein Pionier seiner Zeit.....
    Mit freundlichen Grüßen aus Wien


    Alfred


    Also Caruso war zu seiner Zeit weder der erste "Schauspieler" unter den Opernsängern, noch ist es wahr, daß es Rampensingen heute nicht mehr gibt. Im Gegenteil, so mancher Regisseur, der sich um aktuelle Werk-Deutungen bemüht, weiß mit der Personenführung von Sängern erschreckend wenig anzufangen. Und nur weil sich jemand ständig verzweifelt über die Bühne schleppt und stolpert (bei Shicoff hat mich das immer besonders gestört) und nicht nur an der Rampe steht und mit seinen Händen nichts anzufangen weiß, ist das für mich nicht unbedingt eine Verbesserung.
    Aber wenn man zur Zeit Carusos von einem Sängern als großem Schauspieler und Darsteller gesprochen hat, so hat man darunter damals etwas anderes verstanden als heute. Also nicht etwas anderes, aber die Relationen waren anders. Man muß diese Dinge aus der Zeit heraus sehen und kann das nur bedingt eins zu eins mit heutigen Anforderungen und Standards gleichsetzen.
    Wenn man konkret Carusos Karriere näher betrachten will. Seine großen konkurrenten waren Fernando De Lucia (mehr sein Vorgänger, aber an dem wurde er anfangs gemessen) und etwa zeitgleich Alessandro Bonci. Caruso war der "moderne" Tenor, die anderen beiden verkörperten die alte Schule. De Lucia war für seine Zeit vielleicht kein großer Schauspieler im heutigen Sinne, aber ein überzeugender Darsteller, Bonci war eher Rampensänger, aber ein vollendeter belcantist. Caruso war in seinem ersten Karriere-Jahrzehnt alles andere als ein großer Darsteller, an der Met galt vor ihm der elegante Jean de Reszke als vollendeter Interpret. Carusos Darstellungen (auch sein Gesang) wurden vor allem von den Engländern und Amerikanern als vulgär empfunden. Erst in den letzten Jahren sind einige seiner Interpretationen (vor allem sein Eleazar) in die Legende eingegangen. Aber da hat er sich auch erst hinentwickelt.
    Es geht mir jetzt gar nicht so sehr um Caruso, aber wie gesagt, Vieles muß man in den Relationen der jeweiligen Zeit sehen, finde ich.

  • Hallo, Thomas Knöchel,
    dieser Aussage schließe ich mich vollinhaltlich an; ganz genau so empfinde ich das auch.


    Wer das nicht mag, sollte die Werke konzertant aufführen!


    Bei dem aktuellen Ideenreichtum unserer Regisseure wird man ohnehin nicht mit Kategorien von a bis f auskommen, sondern das ganze Alphabet benötigen...


    Mein Votum: a / b - aber auch d, wenn damit in etwa Neu-Bayreuth gemeint ist; einfach grandios, was Wieland Wagner damals gemacht hat!

  • Wieland Wagner war aus heutiger Sicht m. E. einer der ganz wenigen, die den Spagat zwischen Tradition und Moderne meisterten. Seine Inszenierungen waren keine Verfremdungen, lediglich Reduzierungen auf das Wesentliche. Daß er seinerzeit damit nicht nur auf Gegenliebe stieß, ist bekannt (Karajan etwa kam damit nicht zurecht, wie er in einem Interview 1983 sagte, daher blieb es bei zwei Jahren in Bayreuth 1951/52).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões