Concentus Musicus - ein Wegbereiter der HIP

  • Quasi als Geburtstagsgeschenk an Nikolaus Harnoncourt, aber nicht nur aus diesem Anlass, sondern auch weil „Alte Musik“ in diesem Forum in Zukunft wieder eine stärkere Rolle spielen soll habe ich diesen Thread kreiert, der sich mit einem der prägenden Ensembles in Sachen Alter Musik befasst, nämlich dem Concentus Musicus Wien.
    Das Besondere an dieser Formation war, dass sie auf Originalinstrumenten spielte, zu einer Zeit wo das de facto noch niemand tat, ja nicht einmal in der Lage war dies zu tun.


    Das Ensemble wurde 1953 gegründet, und man probierte in einer Wiener Wohnung verschiedene Spieltechniken aus, lernte quasi die alten Techniken, die in Vergessenheit geraten waren, neu.. Erst 1957 tritt die Truppe, sie besteht aus 12 Musikern, erstmals öffentlich unter dem Namen „Concentus Musicus Wien“ im Palais Schwarzenberg in Wien auf, Es folgt eine Konzertreihe, sowie ab 1960 Gastpielreisen, sowie Schallplattenaufnahmen.
    Es gibt einen Schallplattenvertrag mit Telefunken, bzw Teldec, welcher bis 2003 besteht und
    Zahlreiche Aufnahmen zur Folge hat, wer erinnert sich nicht an die Serie „Das alte Werk“


    Der internationale Durchbruch für das Ensemble kommt, als es Bachs „Brandenburgische Konzerte“ für die Schallplatte einspielt. Zahlreiche halbvergessene Komponisten verdanken ihre „Wiederentdeckung“ dieser Gruppe und ihrem Gründer, der das Orchester vom Cello aus dirigiert.
    Konzertmeister für viele Jahre ist seine Frau Alice Harnoncourt, welche er 1953 geheiratet hat.


    Besonders hervorzuheben ist das zwischen 1970 und 1990 realisierte Projekt, einer Aufnahme aller Bach-Kantaten, die mehr oder weniger parallel zu den Zyklen unter Richter und unter Rilling entsteht, aber den Reiz des originalen Instrumentariums zu bieten hat.


    Aber auch die Einspielung von Monteverdi-Opern findet große Beachtung


    Concentus Musicus Wien deckt das Spektrum von der Renaissance bis hin zur Wiener Klassik ab. Gleichgültig ob man Musik auf Originalinstrumenten nun mag oder nicht, sie ist eine interessante Alternative und hat manche Werke der alten Musik erfolgreich „wiederbelebt.“


    Mit freundlichen Grüßen
    Aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich habe das Concentus und Nikolaus Harnoncourt immer geschätzt!


    Es ist einfach eine Entdeckung, wenn man einerseits auf Originalinstrumente ein Werk zu hören bekommt und andererseits
    auch eine Interpretation, nämlich die Harnoncourts...


    Es ist immer ein Erlebnis eine "Concentus"-CD zu hören und auch wenn es viele Werke gibt, wo es nicht meine Lieblingsaufnahme ist, so ist es dennoch eine sehr bedeutende, die mir immer wieder zeigt, wie weit das Spektrum der Interpretation, das Spektrum der Musik geht...


    Diese Aufnahmen zeigen mir, dass es unmöglich ist zu sagen: "Das ist die beste Aufnahme"...
    Es ist einfach schön..
    Ein tolles Gefühl...


    Ich möchte dem Concentus und Nikolaus Harnoncourt an dieser Stelle danken, für all die großartigen Momente (musikalischer und geistiger Natur), die sie mir mit ihrer Musik geschenkt haben...


    Besonders ans Herz gewachsen ist mir diese Einspielung der "Jahreszeiten" von Joseph Haydn:



    :jubel: :jubel: :jubel:


    Gruß :hello:

    Komponiert ist schon alles - aber geschrieben noch nicht. (W.A. Mozart)

  • Es kann natürlich hauptsächlich an Harnoncourt liegen, aber meinem Eindruck nach hat dieses Ensemble einen außerordentlich charakteristischen Klang (während man die englischen Gruppen, die sich soviel ich weiß auch größtenteils aus einem Pool von Musikern rekrutieren, die Bläser sind häufig die gleichen Musiker, kaum unterscheiden kann). Es liegt vielleicht auch an der oft etwas größeren Besetzung oder aus der Herkunft der Musiker, von denen viele in den 1960ern und 1970ern auch Mitglieder der Wiener Symphoniker waren.


    Schließlich kann man noch erwähnen, dass das weithin beliebte Quatuor Mosaiques seine Wurzeln im Concentus musicus hat und zu etwa 3/4 dort noch mitspielt (Der Cellist Coin hat wohl inzwischen ein eigenes Ensemble in Frankreich).


    Diesen "Sound" würde ich als sehr farbenreich, oft "erdig", zwar durchaus auch schroff, aber deutlich unterschieden vom meist sehr schlanken, drahtigen Klang der meisten anderen Hipisten beschreiben. Sehr differenziert zwischen Schroffheit und Zartheit, vielfältig in der Artikulation; ein Musterbeispiel sind hier die Streicher im 2. Satz von Haydns 82, hier werden mehr Artikulationsvarianten verwendet als mancher Interpret für die gesamte Sinfonie braucht.


    Zu den vielleicht auch am besten klingenden CDs des Ensembles gehören die Einspielungen der "Pariser Sinfonien". Wer etwas günstiger einsteigen will, dem sei die CD, die die "Hornsignal"-Sinfonie Nr. 31 enthält, empfohlen.


    Die Brandenburgischen Konzerte sind in der alten Einspielung von 1964 leider noch von einigen spieltechnischen Problemen geprägt; die aus den 1980ern ist mir tendenziell zu "soft". Aber man vgl. die erhellenden Anmerkungen von Glockenton anderswo zu diesen Aufnahmen. Es ist jedenfalls eine Alternative, die sich recht deutlich von den rasant-brillanten Aufnahmen des HIP-Mainstreams unterscheidet und alle die Lügen straft, die Harnoncourt als einen besonders schroffen Interpreten herausstellen.


    Weitere Favoriten, die ich schon zigmal anderswo genannt habe:


    Händel: Orgelkonzerte, Concerti grossi, Cäcilienode (alle Teldec)
    Bach: Matthäuspassion (1970 und ca. 1999), Johannespassion (ca. 1995) (Teldec)
    Haydn s.o., ca. 5 CDs mit Sinfonien, außerdem 7 letzte Worte und späte Messen (Teldec)
    Mozart: Frühe Sinfonien (harmonia mundi), Kirchenmusik, besonders auch die "Krönungsmesse" (Teldec)


    Ungeachtet der Meriten der Aufnahmen ist es etwas schade, dass Harnoncourt Haydns Londoner, Mozarts späte, sowie Beethoven und Schubert nicht mit dem Concentus (es mag einige Mitschnitte geben), sondern mit dem Concertgebouw bzw. COE eingespielt hat.


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)


  • Eine meiner liebsten Aufnahmen - auch wenn sie stark gekürzt ist, wie der Blick in den Klavierauszug (eine japanische Eidtion) zeigt. Ich empfinde die Striche nicht als Manko, eher als Straffung. Und daß die Tatsache eines Mitschnitts vom 6.03.1990 aus dem Konzerthaus in Wien praktisch nicht zu bemerken ist, der Eindruck einer Studio-Produktion mit den entsprechenden Bedingungen entsteht, ist noch bemerkenswerter.


    Ehe ich diese Einspielung erstand, hatte ich eine britische Aufnahme, von Johannes Somary dirigiert, die mir dann überhaupt nicht mehr gefiel - weshalb ich sie verschenkt habe.

    .


    MUSIKWANDERER

  • Halllo,


    bis zu meiner letzten Ausmistaktion hatte ich eine für mich ganz schrecklich klingende Aufnahme von Händels Wassermusik , dem Oboenkonzert 301 und dem Concerto Grosso "Alexanders Festessen" durch Contentus musicus von 1974 (TELDEC). Diese Aufnahme fand ich oberscheußlich: schrille Bläser, schlecht ausgesteuerte Streicher, so dass ich eine ganze Weile die Wassermusik nicht mehr hören wollte.
    Inzwischen habe ich auch andere Aufnahmen von Contentus Musicus bzw. unter dem Dirigat von Harnonccourt, die ich mit großer Freude höre.


    Aber die oben beschriebene CD war für mich eine der größten Reinfälle in meiner Sammlung.


    tukan

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  • Ich habe den Concentus musicus in Wien 1965 selbst gehört und war begeistert, kannte damals aber schon die Capella Coloniensis aus dem Radio. Heute würde ich sagen - und hoffe, dass mich die Wiener und Berufswiener nicht in der Luft zerreißen - , dass sich der Concentus etwas überlebt hat; sein Klang ist mir inzwischen zu trocken, zu unsinnlich, auch überinterpretiert Harnoncourt sehr gerne. Es gibt neue Ensembles, die dem Concentus inzwischen überlegen sind. Ich denke an Anima eterna (Immerseel), Hesperion XXI (Jordi Savall), Academy of Ancient Music (Hogwood) und alle Ensembles von Herreweghe. Auch Harnoncourts Monteverdi-Interpretationen sind heute nicht mehr erste Wahl.
    Aber: alle diese neuen Ensembles stehen auf den Schultern von Riesen, und einer dieser Riesen war - Harnoncourt!!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Meine erste Begegnung mit Harnoncourt waren die Monteverdi-Opern, die dieser 1968 / 1971 eingespielt hat. Die Aufnahmen sind heute ebenso legendär wie ihre Protagonisten, z. Cathy Berberian, Elisabeth Söderström, Max von Egmont, Paul Esswood, Nigel Rogers...
    Das Plattenlabel hieß einfach: "Das Alte Werk".



    Jetzt gibt es alle 3 Opern auf 9 CDs in einer Box zum Sonderpreis. Dafür habe ich damals gerade mal 1 Opernbox bekommen!



    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Ich versäume es nie, bei dieser Einspielung auf die ungeheure Geschmacklosigkeit hinzuweisen, die sich das Label und Harnoncourt beim Orfeo geleistet haben. In dieser Aufnahme singt die berühmte französische Sopranistin Rachel Yakar (wir Düsseldorfer lieben sie alle) die Eurydike; gespielt wird sie von Dietlinde Turban (Schwester von Ingolf Turban und Ehefrau von Lorin Maazel), wahrscheinlich wegen des Aussehens. Rachel Yakar wird überhaupt nicht erwähnt!

    Schönheit lässt sich gerne lieben...

    (Andreas Hammerschmidt,1611-1675)

  • Lieber Dr. Pingel,
    Du scheinst hier etwas zu verwechseln:
    Hier ist die Rede von der Schallplattenaufnahme der Monteverdi-Opern mit dem Concentus Musicus Wien von 1968/71.
    Du meinst sicher die Züricher Video-Aufnahmen unter dem gleichen Dirigenten, die viele Jahre später in der Regie von J. Ponelle entstanden sind - anderes Orchester, andere Soloisten!




    LG

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

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  • Selbstkritisch muss ich bemerken, dass dieses Orchester und dieser Thread eine stärkere Beteiligung verdient hätte!


    Doch davon einmal abgesehen:
    Nach Nikolaus Harnoncourts Rückzug aus gesundheitlichen Gründen ( auch seine großartige Frau Alice Harnoncourt legt ihre Wirksamkeit nieder) stellte sich mir die Frage: Was wird nun eigentlich aus dem Concentus musicus Wien?


    Hierauf habe ich eine offizielle Antwort gefunden, die ich den dafür Interessierten nicht vorenthalten will:


    Stellungnahme des Concentus musicus Wien zum Rückzug Nikolaus Harnoncourts von der Bühne (klick)


    Wie sich das Ensemble nun ohne den Dirigenten und ehemaligen cellospielenden Ensembleleiter Nikolaus Harnoncourt und ohne die ehemalige Konzertmeisterin Alice Harnoncourt klingen wird, dass würde mich natürlich sehr interessieren, ebenso auch die Frage, wer denn die künstlerische Leitung übernehmen soll. Wird es Stefan Gottfried machen, oder vielleicht der Konzertmeister Erich Höbarth?


    Ich hoffe, dass wir, die wir nicht in Österreich wohnen, dennoch eine Chance haben werden, neue Aufnahmen des Orchesters in Ohrenschein zu nehmen,,,,


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Danke für den Hinweis, aber sehr viel schlauer bin ich jetzt nicht. Vermutlich muss man sich beim Orchester erst einmal neu sortieren.

  • Nach ca. 60 Jahren mit ausschließlich einem künstlerischen Leiter muss das ganz sicher so sein.
    Ich konnte mir gar nicht vorstellen, dass sie überhaupt weitermachen, aber so wie es aussieht, bestehen ja Verträge, die auch erfüllt werden müssen. Zudem will man wohl auch weitermachen, was ich gut finde.


    Eine Nachricht wie " der neue künstlerische Leiter des Ensembles heisst......" kann zum jetzigen Zeitpunkt niemand herausgeben, da das Orchester es selbst noch nicht weiss. Die Beantwortung dieser Frage scheint mir eine, wenn nicht die schwerste musikalische Personalentscheidung seit je her zu sein.


    Aber ich finde schon, dass es überhaupt eine Nachricht ist, dass man weitermachen will, denn das will ich auch und gerade nach der Lektüre des vor Jahren erschienenen Turkovic-Buches über die "seltsamsten Wiener der Welt" durchaus nicht als selbstverständlich ansehen ( da gab es einige Passagen über dieses Thema....)


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • War denn der Concentus musicus überhaupt ein permanentes Orchester mit hauptamtlichen Musikern? Oder nur ein Projektorchester von Musikern, die auch andere Pflichten und Anstellungen haben?

  • Das zweite ist der Fall - der Concentus war eigentlich immer eine Privatsache. Aber dennoch war es ja eine Institution, mit der auch professionell Geld verdient wurde, auch z.B. vom Wiener Musikverein.


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

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  • Schon allein der Satz: "nach neuen Wegen suchen" klingt bedrohlich und zugleich hilflos.
    In den seltensten Fällen hat ein Orchester, das von seinem Dirigenten oder Gründer über Jahrzehnte gefprägt war, überlebt.
    Und wenn, dannwar es in der Regel bedeutungslos. Kann jemand (OHNE zu GOOGELN) so auf Anruf sagen wer denn der derzeitige Chefdirigent des Kölner Kammerorchesters ist ? Wer ist derzeit bei "The english Concert" federführend nach Pinnock und Manze ? Wer leitet derzeit die "Camerata Salzburg" im Augenblick ? Welchen Stellenwert hat heute das Stuttgarter Kammerorchester, welche sich nicht den Wünschen seines Gründers, Karl Münchinger beugte, sich nach dessen Tod aufzulösen, und wie heisst sein derzeitiger Dirigent. Die London Classical Players, einst Norringtons Orchester, gibt es nach dessen Abgang nicht mehr. Die Liste ließe sich fortsetzen. Interessant auch die Frage wie es bei den Orchetern die weiterbestanden mit den Tonträger-Einspielungen aussieht. Die meisten dieser Orchester waren mit dem Namen ihres langjährigen Chefdirigenten so verbunden, daß dessen Abgang auch zumeist das Ende der Aktivitäten für ein bestimmtes Tonträgerlabel bedeutete...
    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich bin so froh, dass Alfred das ausspricht, was ich auch denke. Mich hätte man bestimmt wieder als Lästermaul beschimpft, wenn ich so etwas geäußert hätte.



    :hello: LT

  • Also, ich denke auch, wenn ein Projektorchester als Marke so von einem Dirigenten geprägt ist, wie der Concentus musicus, dann gibt es - außer wirtschaftlichen Gründen - wenig Anlass die Geschichte fortzusetzen. Man kann ja unter neuem Namen ein neues Projekt starten.


    Der derzeitige Chef des Stuttgarter Kammerorchesters heisst übrigens Matthias Foremny. Was vermutlich Alfreds Thesen unterstützt. :D

  • Nahezu *alle* "HIP-Orchester" waren/sind Projektorchester. Wenn man sich die auf vielen CDs der 1980er und 90er abgedruckte Besetzungslisten (besonders die Bläser) anschaut, wird man erhebliche Überschneidungen, insbesondere bei den englischen und niederländisch/belgischen Ensembles entdecken.
    Allerdings vermutlich mit unterschiedlich viel "Projektzeit".


    Gleichwohl ist der Concentus Musicus (gerade auch verglichen mit o.g. Ensembles) schon lange durch einen sehr spezifischen, sehr vollen, dabei farben- und nuancenreichen Klang ausgezeichnet gewesen, der, glaube ich, nicht nur von Harnoncourt abhing. Ich fände das schon erhaltenswert.

    Struck by the sounds before the sun,
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    (Bob Dylan)

  • Mittlerweile gibt es neue Informationen über die Zukunft des Orchesters.
    Ich verlinke einmal hier, hier und hier einige Zeitungsberichte. Auch der interessante Bericht unseres Joseph II soll nicht fehlen.


    Bei diesem Beitrag will ich mein Hauptaugenmerk weniger auf die Würdigung des großen Verstorbenen Künstlers richten, als auf die Frage, was denn nun aus dem Orchester zukünftig werden soll. Die Infos in den Links geben darüber etwas Auskunft. Auch die Seite Harnoncourt.info gibt Auskunft über Dirigate von Diego Fasolis und Karine Canellakis.


    Doch wie klang es nun für mich bei der Vormittagsveranstaltung am letzten Samstag?
    Die Maurerische Trauermusik lasse ich jetzt einmal außen vor und beschäftige mich etwas mit dem zweiten Satz der großen g-moll-Symphonie Mozarts.
    Ich schicke voraus, dass mir bewusst ist, dass es für eine künstlerische Bewertung und Richtungsangabe für die Zukunft höchstwahrscheinlich noch viel zu früh ist.
    Aber loswerden möchte ich es doch, was mir dabei so auffiel.
    Zunächst der Anfang: Die Betonung der Eins mit anschließendem Descresendo bei den Tonrepititionen fiel sehr auf. In Takt 3 sollten nach Willen des Dirigenten die ersten Violinen (mit Auftakt) ca. so spielen: 6/ 1 2 3 4 5 6 spielen.


    Ich verstehe schon die Absicht, den Vorschlag a ( hier wird er im Abgang, der melodisch weitergehend auch ein Fortgang ist, durch Punktierungen verziert) nicht nur harmonisch wie in der Partitur vorgeschrieben, sondern auch dynamisch vorzubereiten. Allerdings ist das derart kleinteilig gedacht und vernachlässigt imho sehr, dass rhetorisch gesehen die Behauptung vom ersten Ton des Satzes an bis zur 5 von Takt 4 geht. Hier käme dann das Komma, und danach die weiterführenden Elemente, wie die zweimal folgenden Figuren, und dann die merkwürdig anmutende 16tel-Figur aus jeweils zwei glucksenden Tönen, schließlich ein chromatisch abwärts gehendes Zwischenfazit ( weil harmonisch nicht wieder auf der Tonika, sondern auf der Dominante schließend).
    Wie gesagt, scheint es mir unausweichlich, dass vom Anfang bis zur 5 von Takt 4 alles aus einem Atem gedacht und gespielt wird. Bis dahin ist es eine einzige Bewegung, bis eben zum Luftholen. Ich meine mich auch zu erinnern, es von Harnoncourt so zu kennen.


    So wie es hier gemacht wurde, klang es sehr gewollt und leider nicht gekonnt.
    Überhaupt meinte ich zu spüren, wie sehr man sich an die selbst entwickelte Aufführungstradition halten wollte. Doch genau das glückte m.E. eben nicht so sehr.
    Es gab bemühte Elemente, aber die Zusammenführung eines dahinterstehenden Geistes fehlte mir doch ziemlich.
    So wusste ich schon, was zwischen Takt 25 und 26 in den 1. Violinen wohl passieren wird, weil ich ja die Harnoncourt-Interpretation kenne.
    Es wird ein leichtes agogisches Nachgeben kommen, dann wieder a tempo.
    Man kann das sehr gut in diesem JPC-Ausschnitt hören:




    Die Streicher spielen dort bis auf die ersten Violinen einen liegenden Akkord, und die ersten Violinen führen die Bewegung in lombardisch wirkenden 32-teln erst hinauf und dann wieder hinunter.
    Den "Agogischen" hier zu machen ist etwas gewagt, aber man kann es machen und auch begründen. Vor allem kann man es machen, wenn ein Harnoncourt es dirigiert, weil es sich dann organisch und gekonnt anhört.
    Wie war es aber nun ohne den großen Orchestergründer? Es klang an der Stelle gewollt, unelegant und für mich auch zu laut.
    Kenner werden gehört haben, dass dies auf keinen Fall eine Aufführung mit Harnoncourt am Pult und mit ihm in der Probenvorbereitung war.


    Für mich liegt der "Fehler" eigentlich nicht darin, dass es anders als unter Harnoncourt klang. Vielmehr liegt er darin, dass man versuchte, es genau in seinem Sinne aber dann irgendwo doch nicht zu machen. Nichts gegen den neuen Dirigenten, der Harnoncourt ja gut kannte und viel von ihm gelernt haben wird.
    Aber gerade bei dem Versuch, es im Harnoncourt-Stil mit dem Harnoncourt-Orchester zu spielen, ist er m.E. gescheitert.
    Angesichts der besonderen Situation der Gedenkveranstaltung etc. will ich davon nicht allzu eindeutige und pessimistische Schlüsse für die Zukunft ziehen.
    Dennoch will ich meiner Hoffnung Ausdruck verleihen, dass man sich von dem Gedanken löst, weiterhin Harnoncourts Interpretationen mehr oder weniger weiterführen zu wollen. Ohne Harnoncourt sind diese Ansätze m.E. zum Scheitern verurteilt.
    Selbstverständlich sollte das Orchester das Erlernte hinsichtlich Klangrede, Artikulation, Dynamik, Ornamentik, Tongebung ( Vibratodosierung als Ausdrucksmittel) etc. nicht über Bord schmeißen.
    Aber es muss zukünftig - ok, nicht gerade im Gedenkkonzert- den Mut aufbringen, auch einmal gänzlich andere Wege zu gehen, wenn es sinnvoll und vollmusikalisch erscheint. Genau das wäre viel mehr in Harnoncourts Sinne, als dass ausgerechnet er nun ein Begründer einer Interpretationstradition wäre. "Wir haben an der Stelle das beim Nikolaus Harnoncourt immer (oder zuletzt noch) so und so gemacht"
    Es wäre fatal, wenn das die Zukunft wäre.
    Warum nicht z.B einmal den ersten Satz der g-moll Symphonie viel langsamer und lyrischer spielen, als es bei Harnoncourt der Fall war?
    Es muss deswegen nicht weniger intensiv sein. So wie der zweite Satz hier erklang, war das für mich überspitzt gesagt ein nicht überzeugendes Harnoncourt-Museum. Besser wäre dann aber, über Lautsprecher eine Harnoncourt-Aufnahme vorzuspielen.
    Ein Dirigent, der vor diesem Orchester steht, ist also in einer schwierigen Lage, vor allem dann, wenn er Werke aufführt, mit denen der verstorbene Orchestergründer wahrhaft Geschichte geschrieben hat.
    Es hat keinen Sinn, es dann ungefähr so und dann doch anders, aber doch so etc....( Krampf....) fortführen zu wollen, weil es eben nur einen Harnoncourt gab ( der Mann vom Musikverein nannte ihn -glaube ich- den "Unersetzlichen")


    Sie sollten also Dirigenten mit Erfahrung und starker Persönlichkeit engagieren, durchaus auch verschiedene. Wer das sein sollte, fällt mir da im Moment nicht ein, da die Alte Musik Leute ja meistens mit ihren Stammensembles arbeiten. Aber gerade das Abenteuer, sich mit einem völlig anderen Musikertypen ( wie z.B. Herreweghe) einzulassen, brächte m.E. zukunftsweisende Fortschritte. Kunst ist immer auch Veränderung, sagte Harnoncourt.
    Meines Erachtens sollte sie nunmehr auch ihren Klang mehr auf Homogenität und Perfektion im Zusammenspiel hinproben. In den letzten Jahren schien es mir so, dass Harnoncourts unbedingter Ausdruckswille so stark war, dass auf diese eher handwerklichen Grundlagen nicht mehr so viel Wert gelegt wurde, wie es noch etwa in den 80-er Jahren ( vielleicht die bisher beste Zeit des Orchester aus meiner Sicht) durchaus der Fall war.
    Ich finde auch, dass sich im Moment weniger mit den großen Krachern wie der 9. von Beethoven abgeben sollte (da gibt es wahrscheinlich aber Verträge....) , als sich wieder einmal auf die Anfänge mit dem Repertoire Frühbarock und Barock in kleineren Besetzungen zu konzentrieren, um von da aus auch musikhistorisch richtig zu einem eigenständigen Ansatz zu finden, der ganz anders als Harnoncourt klingen kann, ohne wichtige und gute von ihm erlernte Grundsätze zu verraten.
    Bach würde ich da öfter spielen, weil man bei ihm musikalisch wie bei keinem anderen Komponisten lernen kann.
    Wie wäre es, Leute wie Herreweghe oder Suzuki dafür einzuladen, und auch bei der Chorbesetzung etwas in Richtung 16-20 Sänger abzuspecken, ggf, auch einmal stilistisch hervorragend versierte Solisten/innen wie Dorothee Mields singen zu lassen?
    Harnoncourt liebte auch für die Barockmusik eher die dramatisch schweren Opernstimmen, was ich - außer bei Holl- nie so ganz verstehen konnte.


    Wenn man solche Ideen jedoch lässig in den Wind schriebe und im Stile des Gedenkkonzerts weiter versucht, "wie immer" zu spielen, obwohl jener Geist, der in diesen Stil unglaublich Leben einhauchen konnte nunmehr nicht mehr da ist, dann fürchtete ich, dass Alfreds in Beitrag 16 gemachten Bemerkungen tatsächlich irgendwann so einträfen. Ich hoffe sehr, dass er unrecht behält.
    Damit sie aber nicht wie treue Schafe ohne den Hirten klingen, müssen sie sich in Zukunft ein durchaus merkbares Stück vom großen Übervater lösen.
    Ich sage das als jemand, der von Jugend an den Harnoncourt-Stil sehr genau kennt. Ich habe seine barocken Cello-Parts schon mit 12 in genau seiner Interpretation und seinem Vibrato etc. mitgesungen und ich liebe seine hochexpressive Denkweise nach wie vor, die ja auch in seinen Continuo-Bässen immer wieder zum Durchbruch kam.


    Später habe ich dann einmal um zu lernen eine Suite von Bach auf einem Cembalo simultan zu einer Leonhardt-CD gespielt ( in dem Raum war auch eine Stereo-Anlage).
    Ich hatte Leonhardts-Interpretation irgendwann wirklich bis auf die letzte Millisekunde drauf. Ebensolche Dinge habe ich später auch einmal mit einem Bach-Orgelwerk und Ton Koopman probiert. Man kann diese Imitationen zu Studienzwecken machen und dabei viel lernen, weil man anfängt zu begreifen, wie diese Leute denken. Mir ist aber auch sehr schnell aufgefallen, dass ich irgendwann die Stücke ganz weglegen musste und sie später, nachdem mein Unterbewusstsein sie bearbeitet hatte, wieder hervorzuholen. Dann habe ich sie wieder "aus meiner Seele heraus" geübt und gespielt. Das war dann authentische Musik und auch ein menschlicher Kunstausdruck. Es hat einfach keinen Sinn - auch nicht emotional, aus Musikersicht- eine noch so gute Interpretation eines Vorbilds nachzuspielen. Bei einer guten Aufführung gibt es immer das Element der Komposition, die aber durch das Wissen, Können und Empfinden des Musikers entsprechend wie durch einen Fotofilter gefärbt, aber dadurch auch erst sichtbar, bzw. hörbar gemacht wird. Ohne den sehr individuellen Ausdruck und ohne den Mut, ggf auch einmal gänzlich andere Lösungen als das große Vorbild zu suchen und zu finden, wird man künstlerisch selbst nicht befriedigt sein und das Publikum m.E. auch nicht wirklich überzeugen können.
    Damit meine ich keineswegs, nun krampfhaft anders sein zu wollen. Es bedarf einer viel tieferen Reflektion, vielleicht auch einer Pause und wohl auch die Stimulanz durch völlig anders denkende Persönlichkeiten, wie z.B. diejenigen, die ich oben nannte. Das kann ja auch gegenseitig befruchtend sein.


    Fast fürchte ich, dass es anders kommen wird. Jedenfalls werde ich die Entwicklung jenes Orchesters, dass mir in meiner Jugend so viel wie kein anderes bedeutete, sehr aufmerksam verfolgen.


    Gruß
    Glockenton


    PS.: Da ich vorhin jemanden ganz schnell abholen musste, ist mir in der Eile nicht aufgefallen, dass ich den JPC-Link überhaupt nicht einfügte. Dass ich habe jetzt noch korrigieren können.

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

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  • Ich bin der Meinung, daß bei Kammerorchestern die durch ihren Gründer oder eine andere große Dirigentenpersönlichkeit geprägt sind, man nach deren Abgang (aus welchen Gründen immer) gut beraten wäre die Formation aufzulösen, statt von der Spitzen- in die Mittelklasse und darunter abzurutschen. Beispiele gäbe es viele. Karl Münchinger, Sandor Vegh, Roger Norrington, Helmut Müller-Brühl, sie alle prägten ihre Orchester und soweit mir bekannt sind diese nach deren Tod oder Weggang in die Bedeutungslosigkeit versunken.
    Natüröch kann man weiterhin zusammen bleiben. Man stellt sich neu auf, bringt neue Aspekte und Kollegen ins Spiel und bastelt unbehelligt von Schatten der Vergangenheit an einer neuen Identität, bzw Karierre......
    So kombiniert man seine Routine, bzw. - positiver ausgedrückt - musikalische Erfahrung mit der Möglichkeit einen neuen Sound zu kreieren und sich mit neuem Namen erneut an die Spitze emporzuarbeiten.....


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Man stellt sich neu auf, bringt neue Aspekte und Kollegen ins Spiel und bastelt unbehelligt von Schatten der Vergangenheit an einer neuen Identität.....
    So kombiniert man seine Routine, bzw. - positiver ausgedrückt - musikalische Erfahrung mit der Möglichkeit einen neuen Sound zu kreieren und sich mit neuem Namen erneut an die Spitze emporzuarbeiten.....


    Ich bin mir sicher, dass es dazu kaum eine Alternative geben wird, wenn man oben bleiben will. Ob dazu die Auflösung nötig wäre, glaube ich nicht, bzw. ich würde es sehr schade finden. Bei dem, was sich jetzt anzudeuten scheint, bin ich ehrlich gesagt etwas skeptisch.


    Da Kunst immer ein lebendiger Prozess ist, muss man tatsächlich hin und wieder bereit sein, sich neu zu erfinden. Im eigenen Interpretationsmuseum zu landen, und dabei doch die "alten Zeiten" noch nicht einmal erreichend, wäre eine traurige und tragische Sache. Da in dem Orchester ja ganz hervorragende Leute sitzen ( wie z.B. E. Höbarth oder Andrea Bischof, aber auch so viele andere) glaube ich daran, dass das denen auch bewusst ist, bzw. sehr bald sein wird.


    Beim Hören einer an sich sehr schönen Mozart-Interpretation mit Herreweghe kam mir vorhin der Gedanke, dass der wenigstens für Musik nach Bach ggf. doch nicht so eine gute Idee für dieses Orchester wäre. Vielleicht wäre jemand, der hauptsächlich mit modernen Instrumenten arbeitet, viel spannender, da man aus dem selbst geschaffenen "HIP-Dunstkreis" einmal herauskäme. Es müsste eine erfahrene und starke Persönlichkeit mit klarer Vorstellung und Vision sein, der zudem auch handwerklich gut arbeiten kann. Der Selbstverrat ist dadurch keineswegs vorprogrammiert. Immerhin haben in den 80ern auch große Symphonieorchester angefangen, sich auf das Wagnis einzulassen, den aus der Barockmusik bekannten Mann ans Pult zu lassen. Der Rest ist Geschichte.


    Wer könnte das denn sein, mit dieser starken Persönlichkeit, mit diesem Profil?
    Da fielen mir spontan in unserer heutigen Zeit -leider- sehr wenige ein, eigentlich nur zwei. Möglicherweise ist das so ähnlich, wie bei den Politikern. Leute wie Strauss oder Wehner gibt es in der Politik heute ja auch nicht mehr. Bei einem von den beiden Dirigenten (auch ein Nonkonformist) kann ich mir die Zusammenarbeit mit einem Orchester auf historischen Instrumenten leider niemals vorstellen, beim anderen schon eher, denn er hat es schon gemacht. Ich sage aber nicht, wen ich da meine - zu abwegig.
    Doch gerade solche mutigen Schritte wären m.E. eine gute Idee, aus oben genannten Gründen.


    Gruß
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Der Concentus musicus hat/te einen sehr charakteristischen Klang, der m.E. nicht allein von Harnoncourt abhängig gewesen ist. Dass ein Nachfolger die teilweise extremen Manierismen des späten Harnoncourt in Phrasierung, Agogik usw. beibehalten oder nachmachen sollte, hielte ich auch für problematisch. Andererseits ist es auch nachvollziehbar, dass viele Elemente dieses Stils erst einmal erhalten bleiben. Ich habe von diesem Assistenten noch nie gehört, aber es ist natürlich, dass sich so jemand erst einmal "freischwimmen" muss.


    Keine Ahnung, ob z.B. Höbarth schon Orchester geleitet hat. Christophe Coin spielte, glaube ich, vor vielen Jahren auch mal im Concentus musicus, ist aber inzwischen wohl in Frankreich mit seinem Ensemble aktiv.
    Martin Haselböck und evtl. Manfred Huss sind die einzigen mir geläufigen etwas "jüngeren" (um die 60...) österreichischen Musiker, die recht viel Wiener Klassik HIP gemacht haben. (Die vielleicht bekannteren wie Letzbor, Duftschmid u.a. haben sich doch recht stark aufs 17. und frühe 18. Jhd. beschränkt,)

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  • Wer wissen will, wie denn der Concentus musicus Wien heute klingt, der kann das hier noch einige Tage hören (auf den Pfeil im Bild klicken). Es handelt sich um einen Mitschnitt aus der Styriarte 2016 mit der Dirigentin Carina Canellakis.


    Mein Eindruck:


    Es ist richtig schön geworden. Neben den für dieses Orchester seit je her "üblich wichtigen Dingen" wie Rhetorik, Gestik, Ausdruck, Drama der Klangrede und den Zwischentönen ist hier auch hörbar viel Energie in handwerkliche Dinge wie ein -bei aller expressiven Lebendigkeit und klanglichen Transparenz- angenehm homogenes und unforciertes Klangbild geflossen. Auch das Zusammenspiel und die Intonation der Streicher ist richtig gut gelungen und bewegt sich auf jenem Topniveau, dass dem großen Namen des Orchesters auch entspricht.


    Die große Vergangenheit wurde im Grundsätzlichen keineswegs ignoriert, aber dennoch ging es nicht um die Erstellung von wenig zielführenden Interpretationskopien, sondern eindeutig darum, sich Beethoven immer wieder neu zu erarbeiten. So sollte es mit lebendiger Kunst sein. Kompliment an Dirigentin und Orchester. Ich wünsche mir solche neue Concentus-Aufnahmen, auch mit Barockmusik.


    Gruß
    Glockenton


    clck 3197

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Der Concentus musicus hat/te einen sehr charakteristischen Klang, der m.E. nicht allein von Harnoncourt abhängig gewesen ist. Dass ein Nachfolger die teilweise extremen Manierismen des späten Harnoncourt in Phrasierung, Agogik usw. beibehalten oder nachmachen sollte, hielte ich auch für problematisch


    Interessant wird die Sache erst, wenn die ersten Tonaufnahmen unter der neuen Leitung vorliegen - Aber wie es scheint ist davon nicht in Sicht. Das Problem könnte die VERMARKTUNG des Orchesters sein. Live habe ich keine Bedenken, aber welches Label es wagt Aufnahmen mit dem Ensembel unter anderer Leitung als unter Harnoncourt zu machen -das ist die Frage. Die letzen Presserezensionen auf der Website des Orchesters stammen übrigens vom Frühjahr 2016 !!!


    Keine Ahnung, ob z.B. Höbarth schon Orchester geleitet hat.


    Bei der Vita diese Musikers ist er dafür bestens geeignet. Samohyl-Schüler, ebenso von Sandor Vegh in dessen Quartett er von 1978-1980 mitspielte. 1980-85 Konzertmeister der Wiener Symphoniker. 1981 gründete er das Wiener Steichsextet, dessen Primarius er dann war. Das Ensemble existierte bis 2004)
    Im gleichen Jahr wurde Höbart dann auch noch Konzertmeister des Concentus musicus Wien und trat dort auch als Solist auf. 1987 leitete er das von C. Coin gegründete Quatuor Mosaïques, welches ausschliesslich aus Musikern der Concentus Musicus besteht.
    Und zwar:


    Erich Höbarth – Violine
    Andrea Bischof – Violine
    Anita Mitterer – Viola
    Christophe Coin – Violoncello


    2000–09 war Erich Höbart Leiter der 1962 gegründeten Camerata Bern.


    Ich habe mich begnügt EINIGE, der Funktionen, die er je ausgeübt hat hier kurz anzureissen, es waren indes wesentlich mehr.
    So gesehen ist er der ideale Mann, Aber soweit ich sehen konnte ist die künstlerische Leitung jetzt in den Händen von DREI Musikerpersönlichkeiten. Die beiden anderen werde ich - so mir niemand zuvorkommt - bei Gelegenheit hier vorstellen.


    mit freundlichen Grüßen aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Fast drei Jahre sind seit dem letzten Eintrag hier vergangen. Was hat sich getan ?

    Nun - es ist nun klar wer dem Orchester nun künstlerisch vorsteht: Stefan Gottfried

    Ich glaube, daß er eine gute Wahl war, ebenso wie Höbarth eine gute Wahl gewesen wäre.

    Und ich glaub, daß das Orchester durch seinen Namen eine gewisse Stabilität hat. Schon wie allein würde ausreichen dem Orchester ein gutes Auskommen und Reputation zu erhalten. Denn es war ja jedem Klar, daß Nikolaus Harnoncourt nicht ewig leben würde, die Winer Philharmoniker haben ja auch nach Karl Böhms Abgang nicht aufgehört zu existieren. Was mich ein wenig nachdenklich stimmt, ist, daß es eine einzige Neuaufnahme in den letzten drei Jahren gegegen hat - und die ist im Bereich der Frühromantik angesiedelt. Vermutlich nict die Schuld des Orchestersm aber die Schallplattenfirmen sind so auch "Chefdirigenten fixiert, daß sie Orchester eiskalt fallen lassen, wobald die Gallionsfigur fehlt, ich erinnere hier an Thomas Frey, oder an Abbado, dessen Orchester Mozart aus Bologna wie ein Löwe ums Überleben kämüft und von den partizipierenden Plattenfilrmen anscheinen im Stich gelassen wied. Wie sieht es mit dem Kölner Kammerorchester aus ? Es gibt ene Zusammenarbeit mit Christoph Poppen, die aber eher locker zu sein schein - Ist aber ein Thema für einen anderen Thread....

    Die Schallplattemfirmen - so sie im Geschäft bleiben wollen - wären gut beraten, sich loyal zu den alteingesessenen seriösern Orchestern zu verhalten, statt auf zweifelhater Sternschnuppen zu setze, die zwar hell leuchten, aber ebensoschnell verglühen. Letzteres könnte dann Klassikfirmen passieren, die an ihrer Klientel vorbeiproduzieren.

    Dass Majors nciht unsterblich sind haben ja die letzten zwei Jahrzehnte eindrucksvoll bewiesen.....


    mfg aus Wien

    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Einspielungen sind das eine, Live-Auftritte das andere. Auf der Homepage des Concentus Musicus kann man sich unter Termine informieren. Das Management ist in der Verantwortung von Maximilian Harnoncourt.


    https://www.concentusmusicus.com

    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Der Dirigent der Aufnahme Stefan Gottfried ist neben Erich Hobart und Andrea Bischof künstlerischer Leiter. Schaut man auf der Webseite des Orchesters den Konzertkalender an, ist das Programm aus Werken des Barock und der Wiener Klassik zusammengestellt.


    Etwas mehr Sorgfalt beim Einstellen der Cover hätte ich mir vom Werbepartner gewünscht.


    Vor Schuberts Musik stürzt die Träne aus dem Auge, ohne erst die Seele zu befragen:
    so unbildlich und real fällt sie in uns ein. Wir weinen, ohne zu wissen warum; Theodor W. Adorno - 1928




  • Alfred_Schmidt

    Hat den Titel des Themas von „Die Protagonisten der Alten Musik (IV) - Concentus Musicus Wien“ zu „Concentus Musicus - ein Wegbereiter der HIP“ geändert.