Immer wieder kann man im Forum - und vermutlich auch anderswo lesen, eine alte - sogenannte "legendäre" Aufnahme eines Werkes sei eher ein Kuriosum, denn ein wertvoller Beitrag zur Interpretationsgeschichte - die damalige Notenausgabe sei nicht korrekt, verstümmelt oder entspräche aus anderen Gründen nicht unserem derzeitigen Wissensstand.
Das ist natürlich betrüblich - wenn eine Aufnahme, die 20 Jahre als "Referenz" gegolten hat, plötzlich als nahezu unbrauchbar - zumindest aber nicht für empfehlenswert gilt - nachdem sie ein selbst und die restliche musikalische Welt in Begeisterung versetzt hat.
Man fragt sich beklommen, ob es denn überhaupt noch legitim ist diese, von heutigen Musikhistorikern gescholtene Aufnahme überhaupt noch anzuhören, vor ammen in der "Öffentlichkeit" - oder ob man als Zeichen, daß man die Zeichen der Zeit erkannt hat und sich dem Zeitgeschmack angepasst hat, die CD als Bierdeckel verwenden soll (allerhöchstens!!)
Vom endgültigen Entsorgen muß allerdings abgeraten werden, denn wer weiß wie der Zeitgeist der Zukunft aussieht. Dementsprechend sollte auch das Urteil ausfallen, wenn man nach seiner Meinung gefragt wird. Ein Ja -aber Standpunkt ist in solchen Fällen immer nützlich, man räume ein, daß die Aufnahme mal wirklich gut war - als man es noch nicht besser wusste, bezeige den Willen zur Toleranz, aber verhehle nicht das leichte Mißfallen das das Abspielen einer solchen Aufnahme bei einem erzeugt......
Vor sowas bleiben auch Wanda Landowska, Karl Richter, Clara Haskil und andere große Interpreten nicht verschont, die gar nicht wussten, daß sie historisch völlig uninformiert waren, und einfach unbeschwert drauflosklimperten, fiedelten oder dirigierten.....
mfg aus Wien
Alfred