Opernwahn oder "Normalität"?

  • Oftmals trau ich mich nicht meine Empfindung anderen zu erklären; vielleicht kann hier ja der ein oder die andere mir seine/ihre Meinung sagen; es geht um Opern, hohe Noten und Lieblingssänger:


    Ich bin ein Liebhaber der Oper und habe da auch die ein oder andere Lieblingssopranistin, Caballe oder Callas zb. Meine Lieblingsopern sind Norma und auch Werke von Donizetti, die ich auch alle auf meiner homepage aufgelistet habe. Aber ich will jetzt zum Punkt kommen: Ich liebe hohe Noten, vor allem hohe D´s bei Donizetti bzw Bellini. Diese hohen D´s die ich meine kann man so gut in den Finalis von vielen Opern von zb Donizetti einbauen, zb Anna Bolena erster Aktschluss, oder Maria Stuarda zweiter Aktschluss. Wenn alles zuvor ( Sänger, Orchester, Dirigent ) stimmt und die Sopranistin zur Krönung des ganzen ein hohes D singt, schwebe ich im siebten Himmel: Ich kriege Gänsehaut und kriege feuchte Augen. Es berührt mich so sehr... Dieser Punkt stößt aber bei vielen nicht auf Wohlbehagen; so hab ich schon öfters hören müssen, dass es auf hohe Noten nicht ankommt und ich oberflächlich bin... Aber was kann ich für meine Gefühle? Freudetränen oder Gänsehaut sind keine Oberfläche, sondern eine tiefe Empfindung! Und auch wenns so wär, jeder hört was ihm gefällt, stimmts?


    Leider kenne ich kaum weitere Caballe und hohe Noten Fans, daher kann ich bisher niemanden finden, der mir noch die ein oder andere Aufführung von Caballe mit einem hohen D verrät! Umso mehr hoffe ich nun, dass sich hier jemand zu Wort meldet!


    Was haltet ihr von hohen Noten? Und was haltet Ihr von Opernliebhabern, für die ein hohes D in den vorerwähnten Aktschlüssen bzw ähnlichen Aktschlüssen ein Muss ist?


    Gruß!!

    8 Mal editiert, zuletzt von GregorAnton ()

  • Hallo Gregor,
    ich kenne deine Empfindungen ganz genau, an dieser Krankheit leide ich so ungefähr seit sieben Jahren. :pfeif: Wenn du, als Mann, eine Lieblingssopranistin hast, so habe ich mein Lieblingstenor: Juan Diego Florez. Noch nie hat ein Sänger die gleiche Gefühle ausgelöst in mir, wie er. Viele bezeichnen sein Gesang reine Stimmakrobatik, seelenlos, trotzdem ist er für mich der non plus ultra. Kunst ist eben subjektiv, wir können nicht alle den gleichen Geschmack haben! Ich besitze alle seine CD-s und DVD-s (noch bei weitem nicht so viele, wie Caballe) und gehe so oft ich die Möglichkeit habe in Aufführungen, wo er singt. Es kam nicht selten, daß ich bei Opern wie "L´elisir d´amore", oder "L´italiana in Algeri" zu Tränen gerührt wurde von so viel Wonne, Tränen, die ich dann rasch wegwischte, bevor mich jemand sehen konnte. Es reicht, wenn ich weiß, demnächst kommt seine erste Arie, bekomme ich schon Herzklopfen (allerdings nur bei Live-Erlebnisse). Ich habe schon auch daran gedacht, daß ich vielleicht nicht normal bin, offensichtlich ist es doch nichts Schlimmes!
    Genieße die Opern, die dir gefallen! Wie wär´s evtl. mit einer kleinen Erweiterung? Statt Norma, die "La sonnambula", oder "I Puritani"?
    Gruß
    nina

  • Hohes D? Bissl mickrig... :pfeif: :D

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Sind wir nicht alle mehr oder weniger wahnsinnig?


    Jeder, der bestimmte Stimmen liebt, kennt diese Empfindungen. Bei mir müssen es allerdings nicht die hohen Töne sein. Übrigens ist Caballe auch eine meiner Lieblingssopranistinnen und es ist die einzige Sopranistin, die mich bisher bei einem Liederabend vor Jahren in Tränen ausbrechen ließ.


    Von Feunden werde ich auch oft belächelt, weil sie die Begeisterung für einen Sänger absolut nicht nachvollziehen können.
    Irgend jemand meinte allerdings mal, er würde mich beneiden, weil ich mich für jemanden derartig begeistern könne.
    Und das Herzklopfen bei Live-erlebnissen kennen wohl alle, die einen Sänger(in) besonders lieben. Vor dem ersten Ton meines Lieblingssängers bin ich immer wahnsinnig aufgeregt und es ist dann wie eine Erlösung diese so geliebte Stimme dann live zu hören.


    Auf jeden Fall bringt es sehr viel Freude in mein Leben.


    Liebe (wahnsinnige) Grüße
    :hello: :hello:
    Jolanthe

  • Zitat

    Original von Jolanthe
    [...] in Tränen ausbrechen [...]


    ...kann man durchaus, wenn man das mit dem vergleicht...


    :wacky: :faint:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Diese seltsamen Abänderungen von Gesangspartien zugunsten der jeweiligen Protagonisten waren in den 50ern und 60ern ziemlich in. Verstehen kann ich das durchaus, gutheißen nicht unbedingt. Kommt das jetzt wieder in Mode? Üblicher Weise sind die Rollen in Opern durch die Autoren schon entsprechend komponiert, daß Akzente dort gesetzt werden, wo sie hingehören. Ich kann mir nicht vorstellen, eine Oper nur deswegen zu besuchen, um Interpret XY mit einem nichtkomponierten Ton zu hören...


    :rolleyes:


    Hohen Tönen in ich nicht abgeneigt - aber da höre ich lieber die Neuauflage der Bastardella: Wolfgang Amadè Mozart schreibt seiner Schwester am 24. März 1770 aus Bologna:


    Zu Parma lernten wir eine Sängerin kennen, und hörten sie auch recht schön in ihrem eigenen Hause, nämlich die berühmte Bastardella, welche 1) eine schöne Stimme, 2) eine galante Gurgel, 3) ein unglaubliche Höhe hat. Folgende Töne und Passagen hat sie in meiner Gegenwart gesungen. [...]


    Im Anschluß notiert Mozart Koloraturen, Triller und dergleichen mehr im Stimmbereich von d" bis c"".


    Hier nachzuhören:



    :hello:


    Ulli

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Ulli


    ...kann man durchaus, wenn man das mit dem vergleicht...


    :wacky: :faint:


    Da haben wir sicher eine völlig gegenteilige Meinung. :baeh01:


    :hello:
    Jolanthe

  • Also...ich finde es absolut natürlich und nachvollziehbar, dass bestimmte Töne des Lieblingssängers/der Lieblingssängerin in uns tiefe Emotionen auslösen und dass dann auch Tränen fließen.
    Das ist es doch, was der Alltag nicht gibt und auch gar nicht geben kann, gerade deswegen ist die Oper doch so etwas Besonderes, Kostbares und Wunderschönes!
    Auch für mich sind es nicht die hohen Töne, die tiefe Gefühle auslösen, es ist das Timbre und die Ausdrucks-u. Gestaltungskraft meines Lieblings Plácido Domingo, die mich begeistern und zutiefst glücklich machen.


    Ohne diese Begeisterung, ohne die Oper wäre das Leben nicht erträglich!!!


    LG
    Fides :hello:

    La vita è bella!

  • Zitat

    Original von Jolanthe


    Da haben wir sicher eine völlig gegenteilige Meinung. :baeh01:


    :hello:
    Jolanthe


    Hm, da hoffe ich doch bei aller Verehrung der Caballé auf natürliche Geschmacksgrenzen....


    :hello:

    Die Kunst ist [...] vielleicht das Denken des Herzens.
    (Blaise Pascal, 1623-1662)

  • Zitat

    Original von Fides
    Auch für mich sind es nicht die hohen Töne, die tiefe Gefühle auslösen, es ist das Timbre und die Ausdrucks-u. Gestaltungskraft meines Lieblings Plácido Domingo, die mich begeistern und zutiefst glücklich machen.


    Da kann ich Dir voll zustimmen, er gehört auch zu den Sängern, die diese Emotionen in mir auslösen können.


    :hello: :hello:
    Jolanthe

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  • Finde es ebenfalls völlig normal, daß man bei gewissen Sängern in der und der Rolle die und die hohe Note erwartet.


    So ist's doch heute usus, daß der Calaf in "Turandot" beim Quoten-Hit "Nessun dorma" am Ende ein hohes C herausschmettert, selbst wenn Puccini das nicht explizit forderte. Fehlt das, dann folgt zumeist Enttäuschung und Frust bei den Fans. Im übrigen zurecht, wie ich finde.


    P.S.: Ad Caballés Barock-Experiment: Da hatte sie wohl keinen guten Tag. Das klingt wirklich gruselig (auch wenn ich von Barockoper an sich wenig verstehe).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Wenngleich mich hohe Töne in der Oper auch faszinieren -vor allem aber natürlich, wenn sie mir singend gelingen; es gibt für Mezzos wahrscheinlich kein schöneres Gefühl als bei einem gelungenen hohen b- so jagen mir doch noch eher gelungene Phrasierungen Wonneschauer über den Rücken: z.B. wenn die erwähnte Caballé auf einem wunderbar sanften einzigen Atem "Io son l'umile ancella del genio creatore" (Adriana Lecouvreur) singt, das von den meisten anderen Sopranen nach "ancella" für eine oft auch notwendige Atempause genutzt wird.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon