Modeströmungen in der Klassischen Musik II

  • In einem anderen Thread wurde soeben die Meinung vertreten, daß HIP ein Ergebnis von wisschenschaftlichen Erkenntnissen sei, und deshalb nicht als "Mode" gesehen werden darf.
    Ich bin in keiner Weise dieser Meinung, möcht hier aber dennoch nicht über HIP und seine Berechtigung reden - das geschieht bereits an anderer Stelle - sondern mich mit der Frage befassen: Gibt es in der "klassischen Musik" überhaupt so etwas wie "Modeströmungen" ?
    Die Oper soll bei diesem Thread tunlichst ausgeklammert werden, sie soll an anderer Stelle dereinst extra erörtert werden.


    Welche "Moden" sind Euch im Laufe Eurer "Sammlerkarriere" oder "Konzertbesucherkarriere" aufgefallen ?
    Was hat sich verändert ? Warum empfinden manche Musikfreunde alte Tonaufnahmen als "interpetatorisch" veraltet bzw "verstaubt" - und warum empfinden das wiederum andere Leute nicht so ?
    Fragen über Fragen. Der Sommer ist lang - und wir haben genug zeit uns mit derlei eingehend zu befassen...


    mfg aus Wien


    Alfred


    Es ist mir im Laufe der Diskussion aufgefallen, daß es bereits einen Thread dieses Namens gibt. Da der Verlauf der beiden Threads ein völlig anderer ist, verbietet sich ein Zusammenlegen geradezu - zudem ist er ein Anschauuungsbeispiel, daß Themen - nach einigen Jahren durchaus einen neuen Thread vertragen. Daher wurden die Threads mit den Kennztiffern I und II unterscheidbar gemacht.
    MOD 001 Alfred


    Modeströmungen in der klassischen Musik I

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Hallo Alfred,



    na klar ist HIP eine Modeströmung - wie jede andere musikalische Interpretation.



    Die Mode (ich meine es jetzt als Generalbegriff, nicht die Klamotten :D ) beeinflusst immer die komplette Kunst, angefangen von der Malerei, über die Architektur, die Literatur bis eben hin zur Musik und deren Interpretation.
    Ich würde "Mode" allerdings durch "Geisteshaltung" ersetzten, das trifft es besser und ist nicht so abwertend.


    Zitat

    Warum empfinden manche Musikfreunde alte Tonaufnahmen als "interpetatorisch" veraltet bzw "verstaubt"


    meistens sind dies Aufnahmen der 50er und 60er Jahre die viele - ich auch - als absolut verstaubt und als altbacken empfinden.
    Aber es ist (bei mir) nicht nur die musikalische Umsetzung, auch die Architektur, die Mode, die gesamte Stilistik dieser Zeit.


    Es gibt nichts albackeneres als die Musikvideos von Pop Gruppen aus dieser zeit - oder ein Großteil der Filme.
    Ganz schlimm auch die Fernsehsendungen a la Kuhlenkampff etc.
    (Mir auch ganz zuwider das selbsgerechte Gehabe der Alternativen und Hippis...)


    Das ganze war eben eine Mode, wie sie in jeder Epoche anzutreffen ist.
    Manche Moden stehen uns dann temporär wieder näher (z.B. 20er Jahre)
    Andere Epochen sind von unserem Empfinden und dem Zeitgeist lichtjahre entfernt.
    Und in den meisten Fällen ist das stets die Zeit der Eltern und Großeltern.



    Ich denke ähnlich hat auch die Generation "Sturm und Drang" auf die Epoche des Barock zurückgeblickt.



    oder anders:



    "Die Jugend liebt heute den Luxus. Sie hat schlechte Manieren, verachtet die Autorität, hat keinen Respekt mehr vor älteren Leuten und diskutiert, wo sie arbeiten sollte. Die Jugend steht nicht mehr auf, wenn Ältere das Zimmer betreten. Sie widersprechen ihren Eltern und tyrannisieren die Lehrer. "



    (Sokrates, gr. Philosoph, 470-399 v.Chr.)



    oder so



    "Unsere Jugend ist heruntergekommen und zuchtlos. Die jungen Leute hören nicht mehr auf ihre Eltern. Das Ende der Welt ist nahe."


    (Keilschrifttext aus Ur um 2000 v. Chr.)



    Es wird immer so sein, das wir die Moden der älteren nicht respektieren und etwas neues versuchen - und genauso wird es uns auch einst ergehen - das ist der Lauf der Welt :D

  • Mir fälllt die "Popstarisierung" der Interpreten auf. Das beginnt mit den CD Covern die bildlich und textlich von den Interpreten dominiert werden. Was sie den spielen, scheint sekundär.


    Bei gewissen Künstlern und Künstlerinnen fragt man sich, würden sie auch so intensiv vermarketet, wenn sie nicht so gut aussehen würdn? Könnnte ein junger Brendel sich noch durchsetzen?


    Regelmäßig tauchen neue Tasten- und Violinwunder aus dem asiatische Raum auf, die jeweils mit einer "Kessel Buntes" Repertoire CD vermarket werden. Und diese sind dann regelmäßig erfolgreich in den Klassik Charts. Klassik Charts das ist auch so ein Thema, dass relativ neu ist.


    Kurzum, es werden unglauchblich viele CDs aufwändig vermarktet, die in 20 Jahren kaum noch jemand interessieren werden.


    Auf der anderen Seite gibt es eine unglaubliche Menge künstlerisch und technisch hochwertige CDs, die sehr preiswert zu haben sind. Das war vor 25 Jahren noch ganz anders.


    HIP hat sicher auch deshalb Erfolg, weil es für den Konsumenten (Hörer) ein vollkommmen neues Klangerlebnis und damit eine Möglichkeit, ein bekanntes Werk völlig neu zu erfahren.


    HIP hat auch dazu geführt, dass viele kleinere und spezialiserte Orchester den HIP Markt dominieren, und die großn traditionellen Sinfonie-Orchester auf das Repertoire später Beethoven und aufwärts zurückwerfen.

    marta

  • Die "Popstarisierung" [schönes Wort!!!] scheint auch mir eine wesentliche Mode der Zeit zu sein.


    Allerdings ist sie nicht eine Mode der letzten Jahre. Ich finde, Karajan hat in diese Richtung ganz schön vorgearbeitet. Er wusste bereits, sich als Person in Szene zu setzen. Oft genug schien und scheint mit die Person Karajan als Hauptverkaufsgrund für eine Platte/CD zu dienen - unabhängig davon, welche Musik darauf zu hören ist. Und auch er wußte bereits seine Optik zu vermarkten. Auch wenn der Markt bzw. das, was man dafür hält, heute natürlich anderers in Sachen Optik erwartet.

  • Zitat

    Ich finde, Karajan hat in diese Richtung ganz schön vorgearbeitet. Er wusste bereits, sich als Person in Szene zu setzen.


    DAS ist einerseits nichts Neues, weil das konnten schon Nicolo Paganini, Franz Liszt,, Anton Rubinstein, sowie diverse Primadonnen und Startenöre.


    Die Frage ist nur WIE man sich in Szene setzt, Karajan tat es als Grandseigneur, als Herr als Halbgott der von seinen Anhängern geradezu angebetet wurde. Das Besondere daran war aber, daß unter seinen Anbetern Staatsoberhäupter, Musiker, Sänger, Kritiker, Medienpäpste, ein elitäres erlesenes bürgerliches Publikum mit Opinion-Leader-Funktion waren. Karajan war also keineswegs ein POP-Star,
    sondern ein KLASSIK-Star für die Oberschicht.....
    ..und eigentlich ist er es noch heute.....


    Das war die eine Seite, jene der Vermarktung. Was ich aber mit "Modeströmung" meinte, war der künstlerisch-ästetische Teil.


    Und es gab mit Sicherheit ein künstlerisch-ästetischen Credo in den 50er bis 70 Jahren, welches in den achtigern langsam auszuklingen begann - vielleicht durch die Einführung der CD bedingt.


    Diese "Stilrichtung" war gezeichnet von einer Vorliebe für "schönen Klang" und "schöne Werke" - die Abneigung gegen die Moderne war IMO noch ausgeprägter als heute. Man zelebrierte "wertvolle Musik" für "wertvolle Menschen"


    Das war (vielleicht ?) der ideologische Hintergrund - für den ich mich übrigens damals nicht besonders interessiert habe, der ästetische war ein Hang zur apollinarischen Schönheit, die der Musik eigentlich ihre Berechtiugung verleiht. Von dieser Mode bin ich geprägt - und ich kann und will sie nicht verleugnen - von leichteren Modifizierungen mal abgesehen.


    Es wäre ein Irrglaube, wenn man meinen sollte, die großen Dirigenten der Vergangenheit hätten die "Brüche" und "Dissonanzen" in diversen Partituren übersehen oder nicht wahrgenommen. Sie sahen sie sehr wohl - betrachteten sie aber als handwerkliche Ungeschicklichkeiten der jeweiligen Komponisten und korrigierten sie möglichst unauffällig, um den musikalischen Fluss zu gewährleisten, der ihrer Meinung nach nicht unterbrochen werden durfte.


    Selbstverständlich war hier auch der Blick stets auf das Publikum, bzw die angepeilte Zielgruppe des Klassikpublikums gerichtet, welches sich "unangenehme" Musik nicht gefallen lassen hätte....


    Inzwischen haben sich die Zeiten (mehrmals) gewandelt - andere Schwerpunkte wurden gesetzt - nicht immer zum Vorteil der klassischen Musik - mal euphemistisch gesagt...


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    [...] Karajan war also keineswegs ein POP-Star,
    sondern ein KLASSIK-Star für die Oberschicht.....
    ..und eigentlich ist er es noch heute.....
    [...]


    Na, vielleicht ist er heute ja ein Klassik-Star für die Unterschicht.
    Oder ein Pop-Star für die Oberschicht.
    :untertauch:

  • Zitat

    [...] Karajan war also keineswegs ein POP-Star,
    sondern ein KLASSIK-Star für die Oberschicht.....
    ..und eigentlich ist er es noch heute.....
    [...]
    Na, vielleicht ist er heute ja ein Klassik-Star für die Unterschicht.
    Oder ein Pop-Star für die Oberschicht.


    Darüber möchte ich in diesem Thread nicht diskutieren, weil es einerseits nichts bringt, andrerseits nicht Thema ist. Interessant ist nur, wie sehr Karajan stets als Beispiel genommen wird. Daran kann man seine Bedeutung ermessen. Man darf Karajan in diesem Zusammenhang nicht als "Wunderwuzzi" sehen, dem alle blind folgten, sondern vielmehr als Symbol eines Klassikbewusstseins seiner Zeit, er war also gewissermaßen ein vom Publikum gewähltes Symbol für ihre musikalische Weltanschauung. In dieser Weltanschauung war natürlich auch Platz für andere Dirigenten - wenngleich deren Überpräsenz nicht ganz so ausgeprägt war.


    Wir dürfen aber nicht glauben, da0 es nicht heute ähnliche Betstrebungen - mit anderem - oft konträrem - Hintergrung gibt - nur setzen sie sich eben nicht derart ausgeprägt durch, sind alles in allem bedeutungsloser....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    Na, vielleicht ist er heute ja ein Klassik-Star für die Unterschicht.
    Oder ein Pop-Star für die Oberschicht.


    Da Alfred seit jeher Klassik im Grunde als Popmusik für die "Oberschicht" (egal, ob die jetzt danach abgegrenzt wird, ob man Latinum hat oder mindestens 100kEUR p.a. einsackt) auffaßt, paßt das doch ganz hervorragend... ;)
    (Es ist ja auch nicht völlig verkehrt, nur sehr einseitig)


    Das Problem bei der Diskussion ist, daß die "Modeströmung" ja nicht etwas ist, was "von außen" den Musikbetrieb steuert. Manchmal vielleicht. Aber eine Präferenz für Sportwagen und Flugzeuge hat wohl kaum Karajans Stil beeinflußt. Auch wenn die Stromlinienförmigkeit auf alles zutrifft und eben seinerzeit populär war.
    Wenn man "Mode" so weit auffaßt, daß man sämtliche Kulturäußerungen einer Epoche darunter versteht, dann IST die Musik (oder Interpretation) die (oder ein Teil der) Modeströmung, wobei man sie nur dann so bezeichnet, wenn man sie als "bloße Mode" abwerten will.


    Was wäre denn der Gegensatz zur "Mode"? "Natur" im kulturellen Bereich wohl kaum. Irgendetwas anderes objektives, substantielles, was überzeitlich den eitlen, ephemeren Moden gegenübersteht? Aber was? Eine Tradition? DAS WERK als solches? (Können Werke nicht auch Moden entspringen? Ziemlich sicher) Was ist, wenn die Tradition selber nur eine Abfolge von Moden ist?


    :hello:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

  • Zitat

    Was wäre denn der Gegensatz zur "Mode"?


    "Zeitlosigkeit"


    Interessanterweise wurde mir "Klassische Musik" als "zeitloses Medium" zu vermitteln versucht, oder laxer formuliert, "untergejubelt"...
    Eine Plattensammlung sei nicht von zeitlichen Moden beeinflusst, sie sei ein ewiggültiger Wert.
    In gewisser Weise stimmt das ja auch, nämlich dann, wenn man "musealen Werten" etwas abgewinnen kann.


    Zitat

    Das Problem bei der Diskussion ist, daß die "Modeströmung" ja nicht etwas ist, was "von außen" den Musikbetrieb steuert.


    Ich will an dieser Stelle nicht direkt widersprechen - halte die Aussage dennoch für überzogen und gewagt.


    Zitat

    Da Alfred seit jeher Klassik im Grunde als Popmusik für die "Oberschicht" auffaßt,


    das ist schon ein wenig plakativ ausgedrückt - und zudem möche ich an dieser Stelle festhalten, daß heutzutage IMO in den Vorstandsetagen zgelegentlich Leute sitzen, wo das Wort "Prolo" oder "neureich", Parvenue" etc nicht immer ganz unangebracht ist - sie sind mit meiner Definition der Oberschicht nicht direkt kompatibel :baeh01:


    Klassische Musik unterliegt natürlich Modetrends - wie übrigens die gesamte Welt....


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat

    Original von Alfred_Schmidt


    Ich will an dieser Stelle nicht direkt widersprechen - halte die Aussage dennoch für überzogen und gewagt.


    So lange keiner weiß, was nun mit "Modeströmung" gemeint ist, kann das aber auch nicht gewagt oder überzogen sein.


    Ich versuche mal, was ich als Modeströmungen empfinde, zu verallgemeinern.


    Eine Strömung, die plötzlich eine große Anzahl an Künstlern erfasst und den Betrieb dominiert aber bald wieder abklingt.


    Somit wären fetzige Sturm-und-Drang-Mollsätze eine Modeströmung der 1760/70er-Jahre, gefestigte Sonatenhauptsätze mit "Themendualismus" aber nicht, weil die bis ins 20. Jahrhundert nachwirken.


    Die Jazz- und Tanz-Euphorie der 20er Jahre kommt mir auch eher wie eine Modeströmung vor, während die gleichzeitig aufkommende 12-Ton-Technik erst in den 50ern wirklich epidemisch wird aber in späteren Konstruktions-Methoden Nachfolge findet und daher weniger eine Modeströmung wäre.


    Mal schauen, ob dieser Beitrag als konstruktiv empfunden wird.
    :beatnik:

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  • Zitat

    Was wäre denn der Gegensatz zur "Mode"? "Natur" im kulturellen Bereich wohl kaum. Irgendetwas anderes objektives, substantielles, was überzeitlich den eitlen, ephemeren Moden gegenübersteht? Aber was? Eine Tradition? DAS WERK als solches? (Können Werke nicht auch Moden entspringen? Ziemlich sicher) Was ist, wenn die Tradition selber nur eine Abfolge von Moden ist?


    Gut erkannt :D



    Thema Karajan. (achtung Polemik - aber ich hab gerade Lust zu stänkern :D)


    Klar war auch seine Inszenierung und musikalische Herangehensweise ganz und gar dem damaligen Zeitgeist geschuldet und er hat sich auch hervorragend angebiedert.
    Er verstand es mit einer Profillosigkeit in seiner musikalischen Interpretation und seiner Selbstinszenierung als genialistischer Stardirigent das damaligen Publikum (hauptsächlich Neureiche und Bildungsbürger) zu begeistern.


    Aber genausowenig wie man nach Bayreuth geht um Wagner zu hören, genauso wenig war die Begeisterung für klassische Musik echt.
    Man kannte eben einen bestimmten Teil der klassischen Musik und nutze das um sich von dem ungebildeten Volke abzuheben. Man konnte eben mitreden.
    Karajans Musikstil war natürlich das Optimum - was für ein Wunder - es gab ja keine Konkurrenz - zumindest dürfte die in der aufkeimenden BRD nicht wahrgenommen worden sein.
    Das zeigen ja schon die Plattencover - Karajan riesengroß, der Name des Komponisten..irgendwo auf der Rückseite :wacky:


    Wenn man ganz böswillig sein wollte, dann könnte man fast sagen, Karajan war der André Rieu der (Nach)kriegsgenerationen.....
    Angeblich hat er ja einem breiten Publikum die klassische Musik näher gebracht ... eben wie der Stehfidler nur eben etwas seriöser und dafür ernsthaft bedeutungsschwanger.


    Karajan wurde erst dann interessant, wenn er Musik interpretierte, die nicht auf Schallplatte mondäne Stehpartys der Besserverdienenden begleitete, eben wenn er mal den ewigen Mainstream eben bei Seite ließ.


    Und erst da merkt man - hey der konnte ja wirklich Musik mit Seele erfüllen.



    Aber genau das ist das Problem, das war nicht gefragt - Musik musste auf Hochglanz poliert sein, passend zum Nierentisch.


    :untertauch::D:pfeif:

  • :D



    womit ich noch schwertue ist der zeitliche Rahmen. :wacky:


    Ist es eine Mode, wenn etwas nur 5 Jahre dauert ? Oder auch länger - was ist wenn etwas 100 oder 200 Jahre lang gemacht wird, dann aber verschwindet ?


    (Perücken, die Verwendung des Cembalos etc.)



    Vielleicht ist das "normale Konzert" alle in schwarz, ernst und bedächtig drein schauend auch nur eine Mode - denn solange gibt es dieses Verhalten noch nicht. Vielleicht ist das auch bald wieder passé.
    (Es hat ja schon was von einer Trauerfeier :pfeif: )

  • Zitat

    Original von der Lullist
    womit ich noch schwertue ist der zeitliche Rahmen. :wacky:


    Ist es eine Mode, wenn etwas nur 5 Jahre dauert ? Oder auch länger - was ist wenn etwas 100 oder 200 Jahre lang gemacht wird, dann aber verschwindet ?


    Ich würde einmal vorschlagen, 5 - 20 Jahre für eine Modeströmung anzunehmen.
    :hello:

  • Ich denke, es macht Sinn über die Stimmung der 50iger und 60iger nachzudenken.


    Die 50iger und 60iger Jahre waren gekenzeichnet durch einen restaurativen und autoritären Grundtenor. Es war (klammern wir mal 68ff. aus) eine kritiklose, auf Harmonie und wachsenden materiellen Wohlstand ausgerichtete Zeit.


    Und entsprechend wurde eben auch musiziert und dirigiert. Harmonisch und unkritsch. Der Dirigen und seine Interpretation wurd nicht ernsthaft hinterfragt. Der Dirigent war die Autorität.


    Das hat sich heute geändert. Keine heute noch lebender Dirigent steht heute über einer kritischen Rezeption, die Toten nebenbei bemerkt auch nicht, wie der Lullist in seinem Beitrag deutlich macht.


    Andererseits sind die heutigen Dirigenten freier, in dem, was sie dem Publikum zu muten dürfen. Es muss jetzt nicht mehr alles glatt geschliffen und schön sein, es dar jetzt auch rauh und HIP sein. Ich halte das für einem Gewinn.

    marta

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  • Zitat

    Original von Mawal
    Ich denke, es macht Sinn über die Stimmung der 50iger und 60iger nachzudenken.


    Die 50iger und 60iger Jahre waren gekenzeichnet durch einen restaurativen und autoritären Grundtenor. Es war (klammern wir mal 68ff. aus) eine kritiklose, auf Harmonie und wachsenden materiellen Wohlstand ausgerichtete Zeit.


    Und entsprechend wurde eben auch musiziert und dirigiert. Harmonisch und unkritsch.


    Zwölftonmusik, Serialismus, Aleatorik, Klangflächen, ...


    Die 50er und 60er Jahre waren gekennzeichnet durch Fortschrittsglaube und konstruktive Vorgehensweisen sowie Internationalität (siehe auch den Funktionalismus/internationalen Stil in der Architektur).


    Autoritär eventuell, restaurativ kann ich jetzt ästhetisch nicht nachvollziehen (auch was das Wiederaufbauen zerstörter Gebäude betrifft - da ist man jetzt restaurativer - wie HIP im Grunde auch ...).


    Aber wie man in den 50/60er dirigiert hat im Vergelich zu den 20er bis 40er Jahren weiß ich nicht - keine Ahnung.

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Aber wie man in den 50/60er dirigiert hat im Vergelich zu den 20er bis 40er Jahren weiß ich nicht - keine Ahnung.


    In den 20ern dirigierte man überraschend flott, zumindest, was Wagner angeht. Kommt mir jedenfalls so vor (es gibt da Ausschnitte vom "Parsifal" 1930).

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Zitat

    Original von Kurzstueckmeister


    So lange keiner weiß, was nun mit "Modeströmung" gemeint ist, kann das aber auch nicht gewagt oder überzogen sein.


    Ich muß erstmal deutlich machen, daß ich nicht provozieren wollte, sondern daß das echte Fragen waren. Mir steht alles, was mit Mode im engeren üblichen Sinn zu tun hat, nämlich so fern, daß ich mich hier auf unsicherem Terrain bewege. Daß die Moden meistens "innermusikalisch" sind, um überhaupt interessant zu sein, halte ich indes überhaupt nicht für gewagt. Daß Zusammenhänge zu anderen Kulturäußerungen bestehen, widerspricht dem freilich nicht. s.u. Exotismus u.ä.


    Zitat


    Ich versuche mal, was ich als Modeströmungen empfinde, zu verallgemeinern.


    Eine Strömung, die plötzlich eine große Anzahl an Künstlern erfasst und den Betrieb dominiert aber bald wieder abklingt.


    Die relativ kurze Dauer ist sicher wesentlich, das scheint mir auch so. Die Kleidermode wechselt ja auch mehr oder minder jede Saison. Daß sie dominant sein muß, scheint mir dagegen nicht notwendig. Es kann mehrere gleichzeitig geben, sie müssen dann allerdings alle eine signifikante Anhängerschar haben, sonst würde man wohl eher von Außenseitern oder Nischen sprechen.
    Und eine Mode muß etwas anderes bedeuten, als die Trivialität, "daß jeder ein Kind seiner Zeit ist". Es muß also, wenn nichts Zeitloses (da gibt es jenseits von Logik und Mathematik nicht so viel ;)) als Gegensatz etwas langfristig Stabileres da sein. Ich finde Deine Beispiele nicht schlecht.


    Zitat


    Somit wären fetzige Sturm-und-Drang-Mollsätze eine Modeströmung der 1760/70er-Jahre, gefestigte Sonatenhauptsätze mit "Themendualismus" aber nicht, weil die bis ins 20. Jahrhundert nachwirken.


    Die Jazz- und Tanz-Euphorie der 20er Jahre kommt mir auch eher wie eine Modeströmung vor, während die gleichzeitig aufkommende 12-Ton-Technik erst in den 50ern wirklich epidemisch wird aber in späteren Konstruktions-Methoden Nachfolge findet und daher weniger eine Modeströmung wäre.


    Das zweite Beispiel halte ich für sehr passend. Etwas ähnliches wäre die Faszination mit "türkischer Musik" Ende des 18. (allerdings weniger tiefgreifenden Folgen)und der Exotismus (bei Rimsky & Co, mit vielleicht ziemlich tiefgreifenden Folgen, wenn das als einen wichtigen Einfluß für die Moderne sieht)


    Bei der Sturm&Drang-Phase um 1760-70 bin ich mir dagegen nicht so sicher. CPE Bach hat auch als alter Mann um 1780 noch so komponiert und man müßte auch versuchen, das Verhältnis von "fetzigen" emotionalen Ausdruck zu den formalen Errungenschaften klar zu kriegen.


    Meinem Eindruck nach waren die 50er teilweise (Politik, viel Populärkultur, auch manche Hochkultur) tendenziell restaurativ, teilweise hat man aber eben auch an die sachlichen, konstruktivistischen Strömungen der 20er wieder angeknüpft. Mal abgesehen davon, daß in der Musik ein Großteil der alten Garde, die noch vor 1914 musikalisch (und sonst) sozialisiert worden war, gab es eine Vielzahl von Dirigenten, die diese klassisch modernen Tugenden aufweisen: Ansermet, Markevitch, Fricsay, Szell, Reiner, Rosbaud, Scherchen, Klemperer usw.


    Auch Karajan war natürlich ein moderner Dirigent, kein Restaurativer. Das wird recht deutlich anhand der negativen Reaktionen eines Teils der Musiker und wohl auch des Publikums, die ihn, nachdem er Furtwänglers Nachfolge angetreten hatte, als eisigen Technokraten ablehnten. Nur war er halt nicht unbedingt im Sinne des Bauhaus modern, sondern im eher Sinn von Mercedes 300 und Jetset an der Cote d'azur :D


    :hello:


    JR

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    I knew the night had gone.
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    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)



  • die Zwölftonmusik würde ich nun in die 20iger Jahre verorten und die Architektur der 50iger Jahre war nun auch eher epigonal bezogen auf das Bauhaus der 20iger und 30iger Jahre...

    marta

  • Zitat

    Original von Joseph II.
    ...
    In den 20ern dirigierte man überraschend flott, zumindest, was Wagner angeht. Kommt mir jedenfalls so vor (es gibt da Ausschnitte vom "Parsifal" 1930).


    Solche Aussagen sind sehr gefährlich, da man dabei nicht berücksichtigt, dass man nur drei bis vier Minuten je Plattenseite zur Verfügung hatte, was bei Klassikaufnahmen sehr oft zu schnellerem Tempo zwang. Toscanini hält aus dieser Zeit noch immer Rekorde für die längsten Tristan und Parsifal-Aufführungen in Bayreuth...


    :hello:

    Ciao


    Von Herzen - Möge es wieder - Zu Herzen gehn!


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  • Zitat


    Original von Mawal
    Könnte ein junger Brendel sich noch durchsetzen?


    Das weiss man nicht, aber ich glaube es eher nicht. Ich halte das für eine bedauerliche Entwicklung, wenngleich ich zugeben muss, dass mich in einem Fall - nur in diesem einen Fall- die geschickt in Szene gesetzten Schönheit der ebenso grossartig singenden M. Kozena auch beeindruckt... :O


    Dem Lullisten gebe ich Recht: Spätere Generationen werden über das, was heute in der Klassik/Barockmusik etc. modern und angesagt ist, nur noch den Kopf schütteln oder lachen.
    Ob immer alles besser wird, bezweifle ich.
    Da neige ich zur "Knödeltheorie" des Herrn Harnoncourt:


    "man hat eine Masse, und wenn man etwas davon verändern will, muss man irgendwo etwas wegnehmen. Also muss auch beim Fortschritt immer etwas an Substanz geopfert werden. Eine reine Verbesserung kann es demnach nicht geben."


    ( aus einem Buch Johanna Fürstauers über NH)


    ...was ja nicht heisst, dass es nicht auch Verbesserungen geben kann, etwa spieltechnisch. Auch interpretatorisch besteht die Chance, dass man nicht immer nur das Alte komplett verwirft ( auch wenn das manchmal notwendig sein mag) sondern das Gute behält und neue Erkenntnisse, sofern die kompatibel sind, hinzufügt.
    Radikale, bilderstürmerische Ansätze haben eine kurze Halbwertzeit, nach meiner Erfahrung.


    Es ist ja auch irgendwie normal, dass, wenn man schon den Anachronismus betreibt und immer wieder dieselben Werke aufführt, die eigentlich nur einmalig für eine Aufführung vor x-hundert Jahren gedacht waren, es in der Interpretation immer wiedermodische Veränderungen geben wird.


    Ich stelle auch immer mit Befremden fest, wie anders man in den vergangenen Jahrzehnten des 20. Jahrhunderts doch gesprochen hat ( irgendwie so zackig-militärisch und mit rollendem rrr bei Sachen aus der Nazizeit und auch noch bei alten Nachrichtensendungen aus der Nachkriegszeit )
    Da gibt es dann wohl eine Parallele zur Interpretation klassischer Musik.
    Ich finde, bei sehr alten Aufnahmen klingt selbst die klassische Musik manchmal auch irgendwie militärischer als heute...der Bruch der Tradition des Militarismus kam für die Deutschen ja erst in der Aufarbeitung der Nazizeit. Dabei will ich nicht ausschliessen, dass man durch die schlechte Aufnahmetechnik ggf. hier und da einen falschen Eindruck gewinnt.


    Zitat


    Original von Alfred
    Es wäre ein Irrglaube, wenn man meinen sollte, die großen Dirigenten der Vergangenheit hätten die "Brüche" und "Dissonanzen" in diversen Partituren übersehen oder nicht wahrgenommen. Sie sahen sie sehr wohl - betrachteten sie aber als handwerkliche Ungeschicklichkeiten der jeweiligen Komponisten und korrigierten sie möglichst unauffällig, um den musikalischen Fluss zu gewährleisten, der ihrer Meinung nach nicht unterbrochen werden durfte. Selbstverständlich war hier auch der Blick stets auf das Publikum, bzw die angepeilte Zielgruppe des Klassikpublikums gerichtet, welches sich "unangenehme" Musik nicht gefallen lassen hätte.... Inzwischen haben sich die Zeiten (mehrmals) gewandelt - andere Schwerpunkte wurden gesetzt - nicht immer zum Vorteil der klassischen Musik - mal euphemistisch gesagt...


    Wenn dem Ideal des Aufzeigens von grösseren architektonischen Zusammenhängen die Reichhaltigkeit einer auf der barocken Klangrede basierenden Spielweise mit der vollmusikalischen Darstellung sowohl der lieblichen als auch der abgründigen Affekte hinzugefügt wurde, dann war das m.E. sehr zum Vorteil der klassischen Musik.
    Was daraus aber teilweise gemacht wurde, kann ich nicht immer gutfinden; vor allem dann nicht, wenn es einseitig ist: langweiliges Spiel im Sinne falsch verstandener edler Zurückhaltung, oder auch die einseitig ruppige Spielweise als Markenzeichen irgendeines Ensembles.
    Das dem Mordentmotiv entsprungene Thema des ersten Satzes des 3. Brandenburgischen Konzertes etwa höre ich viel zu oft ziemlich zackig-ruppig, und mit sehr kurzen Akzenten versehen - was ich in der Tat für eine nicht besonders nachhaltige Mode halte.


    Viel schöner und auch dem Affekt angemessener ist es m.E. jedoch, wenn man dieses aus 3 Tönen bestehende Anfangsmotiv in eine weichere, auf den 3ten Ton hin anschwellende kleine Dynamikkurve einbaut.
    Die Akzente sitzen dann zwar teilweise auf den gleichen Stellen, wie bei den ruppigen Versionen, aber statt dass es sich wie Militärmusik anhört swingt es durch dieses runde und gestische Musizieren in eleganter und trotzdem glühend-bedeutungsvoller Art und Weise ( wie so eine Mischung aus Wiener Musik und LA-Swing im Halftime-Feeling...) - doch das nur am Rande.
    Ich kenne nur zwei CD-Interpretationen, bei denen ich das so höre...


    Zu Karajan:


    Zitat


    Original von der Lullist
    Er verstand es mit einer Profillosigkeit in seiner musikalischen Interpretation und seiner Selbstinszenierung als genialistischer Stardirigent das damaligen Publikum (hauptsächlich Neureiche und Bildungsbürger) zu begeistern.


    Profillosigkeit kann man ihm nicht vorwerfen. Er hatte unglaubliche Fähigkeiten in der Darstellung grosser Zusammenhänge, und er hatte ein eigenes Klangbild quasi erschaffen und den Grad der Perfektion seines Orchester sehr nach oben gebracht.
    Zudem hatte er eine magische Fähigkeit, die die dramatischen Ent- und Verwicklungen z.B. einer ihm entgegenkommenden Beethovensymphonie so zu vermitteln, dass auch einem sehr kritischen Hörer wie mir einfach nach dem Anhören so einer gelungen Aufnahme einfach die Worte fehlen. Ich kann dann nur noch " grossartig!" sagen - jede Kritik erledigt sich da.
    Das ist nicht immer so, aber es gibt diese Aufnahmen, z.B. Beethoven Nr. 3, oder Nr. 9.
    Auch wenn es um grossen Klang ( Wagner. Sibelius) oder einen impressionistischen Klangstrom geht ( z.B. Ravel) geht, steht er auch heute noch m.E. nahezu unerreicht da.
    Er hatte auch musikalische ein starkes und auch gutes Profil, wenngleich es natürlich richtig ist, dass es andere Beispiele als diese Highlights gibt.


    Wenn er mich begeistern kann, dann bestimmt nicht, weil ich reich oder ein "Bildungsbürger" bin, der glaubt, etwas Besseres mit seinem Titel oder dergleichen zu sein.


    An dem, was Du polemisch sonst noch über ihn gesagt hast, ist natürlich auch einiges Wahres dran, aber ein Blender wie Rieu war nun wirklich nicht.
    Er hat schon sehr seriös gearbeitet und kannte jeden Ton der Partituren auswendig. Man berichtet, er habe wie ein Bessener auswendig gelernt.
    Das macht nur einer, der mit Leidenschaft und grossem fachlichem Können seinen Beruf ausübt.


    Er hat musikalisch gesehen sicher auch sehr stark dominiert und interpretatorische Modeströmungen ausgelöst, die allerdings in seine Zeit passten.
    Gerade bei den Streicher-Pädagogen der Musikschule, in der ich als Jugendlicher ging, ist mir aufgefallen, wie sehr sie durch seine Ideale beeinflusst waren, die sie dann ja auch an ihre Schüler versucht haben weiterzugeben.


    Wenn etwas wirklich gut ist, dann ist es für sich genommen zeitlos.
    Bachs Goldbergvariationen z.B. in der zweiten Gould-Aufnahme zähle ich dazu, ebenso sehr viel von dem, was Bach komponierte - gerade das Spätwerk.


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Ich danke Glockenton für die Richtigstellung einiger Aussagen zum Thema Karajan.


    Karajan mag vieles gewesen sein, eines war er nicht: "profillos"
    Im Gegenteil, er prägte seinen Interpretationen sein Profil auf, und prägte auf diese Weise Generationen von Klassikfreunden.


    Während nach vielen, die von Mini-Gruppen als große Interpreten gefeiert werden, in Wahrheit kein Hahn mehr kräht, beherrscht Karajans Klangideal bis heuite weitgehend den Klassikmarkt - und ich kann nichts schlechtes daran finden, da die meisten seine Interpretationen von atemberaubender Elegance sind
    (Man hat mir neulich in einer Diskussion bei einer Marketingschulung vorgeworfen, meine Arroganz ginge so weit, mich nicht damit zu begügen, Worte wie Eleganz immer wieder zu verwenden, nein ich spräche sie provokanterweise noch französisch aus :"Elegance" - und noch extrem durch die Nase - diesen Ruf muß ich um jeden Preis wahren :P)


    Vorgeworfen wurde ihm stets, daß sein Beethoven nicht nach Beethoven, und sein Tschaikowsy nicht nach Tschaikowsky klänge, sondern beides nach Karajan. Dieser Vorwurf - er blieb weitgehend unwidersprochen - passt jedoch in keiner Weise zu einem "profillosen" Dirigenten. Karajan hatte nicht nur ein ausgeprägtes Profil, er drückte es ohne Rücksicht auf Verluste seinen Interpretationen auf - und gab seinen Klassik-Zeitgenossen, das wonach sie alle so verlangten: Karajan.


    Heute ist kein einziger Dirigent so prägend wie er, ausser vielleicht - in abgeschwächter Form - Harnoncourt oder Norrington.
    Thielemann hätt eventuell auch das Zeug dazu - aber sein Repertoire ist IMO zu klein oder einseitig ....


    Zitat

    Könnte ein junger Brendel sich noch durchsetzen?


    JEIN !!


    Brendel konnte sich in jungen Jahren auch nicht durchsetzen - er erreichte es über das Publikum. Äussere Schönheit als Verkaufsargument ist ein - wir wissen es alle - im Bereich der klassischen Musik ein kläglicher Versuch. Die "Künstler verschwinden in der Regel schnelle in der Versenkung als sie aufgetaucht sind, während manche "Graue Maus" (man verzeihe mir diesen unhöflichen Ausdruck) urplötzlich als Superstar gefeiert wird - und seine Position dauerhaft behauptet.


    Ach ja - nun zur gegenwärtigen Modeströmung:


    Wenn möglich rhythmisch verfremdend mit Akzenten an den falschen (oder zumindest ungewohnten) Stellen, kratzig, ruppig, verhetzt - das ist der allgemeine gegenwärtige Trend - wobei es natürlich Ausnahmen gibt - dem Himmel sei Dank.


    Prinzipiell habe ich gegen modische Tndenzen in der Klassik aber nichts einzuwenden, sie sind - richtig dosiert - das Salz in der Suppe.


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Zitat


    Original von Alfred
    Vorgeworfen wurde ihm stets, daß sein Beethoven nicht nach Beethoven, und sein Tschaikowsy nicht nach Tschaikowsky klänge, sondern beides nach Karajan. Dieser Vorwurf - er blieb weitgehend unwidersprochen - passt jedoch in keiner Weise zu einem "profillosen" Dirigenten. Karajan hatte nicht nur ein ausgeprägtes Profil, er drückte es ohne Rücksicht auf Verluste seinen Interpretationen auf - und gab seinen Klassik-Zeitgenossen, das wonach sie alle so verlangten: Karajan.


    Auf die Gefahr hin, dass es hier zum reinen Karajan-Thread wird, möchte ich nur kurz und bestätigend anmerken, dass ich im Sommer in einer ausgeliehenen Karajan-Biografie las, dass ihn eigentlich die Aufführungstraditionen der Entstehungszeit von Meisterwerken wenig interessierten- mit anderen Worten, dass genaue Gegenteil des HIP-Gedankens.
    Der Autor ( Name leider jetzt vergessen) meinte herausgefunden zu haben, dass es für Karajan eigentlich nur die eine, zeitübergreifend Musik gab. Während die Pioniere der historischen Aufführungspraxis versuchten, die Werke aus dem Kontext und den Mitteln der Zeit heraus zu verstehen und zu vermitteln, waren die gleichen Werke für Karajan eher eine Grundlage, seinen perfektionierten Stil, der dem Ideal eines edlen, klanglich ausgewogenen und vor allem nicht versiegenden Legato-Klangstroms verpflichtet war, anzuwenden.


    Interessanterweise hatte man in der Renaissance nicht unähnliche Ideen.
    Der Klang sollte auch da möglichst nicht unterbrochen werden.
    Den Bruch mit diesem strömenden Schönklang war ja dann die Monodie, die später dann in die Barockmusik mündetet ( sehr vereinfachend in der Kürze des Beitrags ausgedrückt)


    Bekannterweise hat HvK nun nicht Renaissance-Musik gespielt, aber man kann an vielen Stellen nachvollziehen, dass er Notenwerte bis ans äusserste Ende hat ausspielen lassen, und darüber hinaus.
    Vom Komponisten geschriebene Generalpausen hat er manchmal sogar leicht kaschiert, indem er die Noten davor möglichst lang machte und den Einsatz danach möglichst früh gab.
    Ein Beispiel für seine grundsätzliche Legatoorientierung sind die Repetitionsnoten des zweiten Satzes der 7.Symphonie von Beethoven. Wer es nicht kennt, kann es bei Youtube nachhören und mit anderen vergleichen. Man wird verstehen, was ich meine.


    Nun kann man sich fragen, ob das den aufgeführten Werken immer gutgetan hat. Meine Ansicht ist, dass sein Konzept bei manchen Sachen genial aufging, während es für andere Werke von langweilig bis nahezu indiskutabel ( Bach, Brandenburgische...) klingen konnte.
    Es gibt jedenfalls hervorragende, einzigartige Aufnahmen, die unter seiner Leitung eingespielt wurden.
    Man muss nicht alles mögen, was er gemacht hat, aber ich finde, dass man auch heute noch die Grösse haben sollte, anzuerkennen, wenn es wirklich gut war.
    Harnoncourt als Vorreiter einer sehr anderen Denkrichtung mag vieles von ihm und respektiert ihn sehr, auch wenn eigentlich jede seiner Aufnahmen im Vergleich zu Karajan komplett anders klingt.


    Er ist es auch, der immer wieder betont, dass er das Kopfschütteln
    über manche Dinge von alten Bachaufführungen, die man heute nur noch grotesk finden kann ( z.B. mit Klaviercontinuo und Riesenorchester+ Massenchor) nicht nachvollziehen will, weil ihm klar sei, dass ähnlich über die Aufführungen seiner Generation und späterer Generationen noch später gedacht und geschrieben werden wird.


    Ich schliesse mich seiner Meinung an, wenn er davor warnt zu glauben, dass es hier ähnlich wie beim technischen Fortschritt immer nur besser werden könne. Es wird im besten Fall nur anders, und Zeiten, in denen wieder Verflachungstendenzen auftreten, wird es immer wieder geben.
    So ersetzt eine Gegenbewegung die andere...


    Gruss :hello:
    Glockenton

    "Jede Note muss wissen woher sie kommt und wohin sie geht" ( Nikolaus Harnoncourt)

  • Zitat

    Original von Mawal



    die Zwölftonmusik würde ich nun in die 20iger Jahre verorten und die Architektur der 50iger Jahre war nun auch eher epigonal bezogen auf das Bauhaus der 20iger und 30iger Jahre...


    "Erfunden" 1924, größte Verbreitung in den 50ern, bereits damals das "Folgemodell" Serialismus, Ausstrahlung wohl bis heute (wenn man es weiter fasst).


    "Bauhausstil" ebenso.
    :hello:

  • Zitat

    Original von Glockenton


    Den "Vorwurf" könnte man in ähnlicher oder schärferer Form Klemperer, Furtwängler ("dirigiert alles wie Wagner") Toscanini ("dirigiert alles wie Rossini-Ouverturen", das haben tatsächlich Kollegen boshaft so über die beiden gesagt) oder heute Harnoncourt machen. Das ist nicht schlimm. Das Schlimme ist, daß manche Auswüchse dieses Karajan-Stils zu kaum einer Musik passen :D s.u.



    Zitat


    Auf die Gefahr hin, dass es hier zum reinen Karajan-Thread wird, möchte


    Diese Gefahr sehe ich, aber es gibt erst ungefähr 20 threads zu Karajan, ist also auch egal...



    Zitat


    und zu vermitteln, waren die gleichen Werke für Karajan eher eine Grundlage, seinen perfektionierten Stil, der dem Ideal eines edlen, klanglich ausgewogenen und vor allem nicht versiegenden Legato-Klangstroms verpflichtet war, anzuwenden.


    Zum Glück hat er das nicht immer so gemacht. Aber das ist in der Tat eine der größten Schwächen, weil es nur auf einen winzigen Ausschnitt der Musikgeschichte einigermaßen paßt, auf einige Komponisten der Spätromantik.
    Etwas ähnliches fiel mir am Wochenende bei dem Tempo-Vgl. in Brahms 1. auf. Es gibt zum Ende des "2.Themas" dort eine Stelle, in der das Thema quasi "verebbt". Aber der letzte, ungewöhnlich tiefe Ton im Horn (T. 156) hat, obwohl piano einen > Akzent, was etwas befremdlich klingt, aber durchaus Sinn hat, denn die ruhigere Sphäre des 2. Themas ist jetzt vorbei, einen Takt später beginnt mit dem fahlen Motiv der Bratschen (Ta-ta-ta) die rhythmisch prägnante Schlußgruppe. Bei Wand z.B. sticht dieser Takt in den Hörnern beinahe heraus, der Hörer merkt auf. Karajan ignoriert den Akzent oder liest ihn als decrescendo und dämpft die Hörner so ab, daß es bei dem Verklingen bleibt. Klar, das erfordert außerordentliche Kontrolle über den Orchesterklang. Aber derlei (was U. Schreiber boshaft "Sfumato-Klang" nennt) ist musikalisch oft ziemlich unsinnig und führt zum Klangteppich oder Klangbrei.



    Zitat


    Ein Beispiel für seine grundsätzliche Legatoorientierung sind die Repetitionsnoten des zweiten Satzes der 7.Symphonie von Beethoven. Wer es nicht kennt, kann es bei Youtube nachhören und mit anderen vergleichen. Man wird verstehen, was ich meine.


    Ja, auch hier völlig katastrophal und partiturwidrig: Alle Noten haben non-legato-Punkte und manche Punkte und Bögen. Dieses Thema so legato wie möglich zu spielen ist einfach pervers. :no:


    JR

    Struck by the sounds before the sun,
    I knew the night had gone.
    The morning breeze like a bugle blew
    Against the drums of dawn.
    (Bob Dylan)

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  • Hallo liebe Diskutierende,


    mit dem Begriff Mode wurde wohl in ein Wespennest gegriffen. Und „Modeströmung“ macht das Ganze noch viel verschwommener.


    Vielleicht könnte man, einfach und naiv angefangen, sagen, Mode wird zu einer gegebenen Zeit innerhalb einer bestimmten Gemeinschaft „gemacht“, indem die Gemeinschaftsmitglieder das gleiche tun (wobei sie nicht immer wissen, dass sie das tun). So ist in der Gemeinschaft einiger westeuropäischen Länder, dass man beim Plattenkauf auf Karajan schwört, oder dass man das und das Reiseziel wählt, oder dass man das und das Modewort oder den und den Laut gebraucht (s. oben auch den Beitrag von „Glockenton“) oder in der Gemeinschaft der Komponisten im 18. Jahrhundert, dass man gern „türkische Musik“ nachahmt (wie JR oben geschrieben hat) usw.


    Das Interessante ist – wie bei allen Begriffen und Kategorien – ab wann man von einer Mode sprechen kann und warum gerade diese Mode zustande kommt.


    In Bezug auf die Frage „ab wann“ könnte man versuchen, zwischen Nachahmung und Mode einen approximativen Unterschied zu machen. Zu viel Nachahmung macht eine Mode. In dem Sinn kann ich, unwissend wie ich im Thema bin, nicht sagen, ob Karajan zum Beispiel in der Gemeinschaft der Dirigenten (a) von einigen nachgeahmt wurde (= Epigonen) oder (b) wirklich Mode gemacht hat. Aber auf jeden Fall muss man zwischen der Gemeinschaft der Dirigenten (Karajan mit einbegriffen) und der Gemeinschaft der westeuropäischen Musikliebhaber unterscheiden, in deren Kreisen wohl eine Mode geworden ist, Karajans Platten zu kaufen und in seine Konzerte zu laufen. Dabei ist es eine wieder ganz andere Frage, ob der Gegenstand der Mode einen richtigen Wert produziert oder nicht. Im glücklichen Fall gehen Modisches und Wertvolles Hand in Hand, allerdings ist das nicht notwendig der Fall. Deshalb kann gesagt werden, dass die Mode einer Art Zufall ausgesetzt ist. In der Diskussion scheinen mir diese Unterschiede (Karajan in der Gemeinschaft der Dirigenten, Karajans Aufnahmen/Konzerte und das Publikum, Karajan und seine interpretatorisch-künstlerische Leistung) sehr verzwickt zu sein (was wohl auch kein Wunder ist...).


    Die Warum-Frage ist auch etwas höchst Interessantes, im Fall der Modeströmungen erst recht, denn wenn „Strömungen“, so könnte man sie in größeren historischen und ästhetischen Zusammenhängen sehen (wie oben u. a. auch JR). Für sie dienen die einzelnen „kleinen“ Moden nur als Daten. Das ist genau das, was Ulli so geistreich formuliert hat: von den vielen subjektiven Quellen gewinnt man das Objektive.
    Zitat:
    Ich nutze die Summe der Subjektivitäten zur Erlangung eines objektiven Bildes...
    (Hier zu lesen: Subjektivität im Klassikforum - ein Privileg )


    Wie das im Falle der Musik aussieht, kann ich nicht einmal „approximative“ formulieren…


    Der Gedanke von KSM scheint mir allerdings in dieser Hinsicht diskussionswürdig/wichtig zu sein:
    Zitat:
    Die Jazz- und Tanz-Euphorie der 20er Jahre kommt mir auch eher wie eine Modeströmung vor, während die gleichzeitig aufkommende 12-Ton-Technik erst in den 50ern wirklich epidemisch wird aber in späteren Konstruktions-Methoden Nachfolge findet und daher weniger eine Modeströmung wäre.


    Ich glaube, genau auf diese Art wird eine konkrete Mode zu einer in größeren Zusammenhängen sichtbaren und beurteilbaren/erklärbaren Strömung. Dass die Erklärung durch gesellschaftlich-historische, sozialpsychologische und kulturelle Prozesse möglich sein kann („die Jazz- und Tanz-Euphorie in den 20er Jahren“) oder innerhalb der einmaligen Entwicklungsgeschichte eines Spezialgebiets möglich ist (12-Ton-Technik in der Musik des Jahrhunderts), spielt für den Begriff Modeströmung wohl keine Rolle mehr.


    :hello: KP

  • Da könnten wir so schön über die zunehmende Vermarktung sprechen, über Starkult, über die Neuentdeckung eines städt. Orchesters als Tourismusattraktion, über die Bedeutung der Klassik in einer alternden Bevölkerung etc, etc. Und was passiert? Der alte HvK wird aus der Schublade gezogen und alle stürzen sich auf ihn.


    Karajan war und ist anscheinend immer noch prägend für den Musikbetrieb. Und warum? Weil er es verstand, sich als Marke zu inszenieren. Und das in einer Zeit, als die Bedeutung der Tonträger stetig zunahm. Karajan war nicht der beste Dirigent des Jahrhunderts, aber der visionärste im Hinblick auf das Geschäft. Heutzutage balgen sich die großartigen und begabten Dirigenten um die begehrten Orchesterleitungen. Die herausragende Tonträgerbespielerstellung Karajans haben sie aber nicht, bei allem Talent und aller grandiosen Interpretierkunst.


    Karajan machte tatsächlich die Klassik zu Pop, mit seinen Reisen nach Südfrankreich, Partys, Privatflugzeug. Und heute wird gejammert, dass der Klassikmarkt zusammen schnurrt, gleichzeitig wird alles immer stromlinienförmiger und perfekter.


    Moden im musikalischen Sinne gab und gibt es immer. Alles Neue ist zunächst Mode und das eine oder andere ist anschließend stilbildend. Das gilt für die Komponisten wie für die Interpreten und Inszenierer.


    Von daher ist die Inszenierung der Violin- und Klaviersternchen eben auch Mode, die nur die gesellschaftliche Entwicklung widerspiegelt, optische Schönheit in den Vordergrund zu stellen. Aber selbst das ist nichts Neues, sondern eigentlich nur ein Revival, weil man mit elekrtonischer Bildbearbeitung und all den Modemagazinen und PR-Beratungen eben weiß, wie ein Cover gestaltet werden sollte. Menschen wollten immer schon das Schöne sehen. Nur vorübergehend war Schönheit unseriös. Da war es unschick (unmodisch?), dass ein Solist auch gut aussah. S. die Covers mit der jungen AS Mutter und die Cover 10-15 Jahre später.
    Viel hat es aber auch mit HIP und der damit verbundenen Beschäftigung mit dem Barock zu tun. Plötzlich erkennt man, dass die Werke des Barock eben all das bieten, was man jetzt in Soaps im Fernsehen sehen kann: Liebe, Hass, Verrat, Begierde. Und siehe da: Da beschleunigt sich das Aufführungstempo und die Sänger, besonders die Sängerinnen, werden plötzlich sexy.


    Dann haben wir da noch die Globalisierung. China holt im Klassikbereich auf. Produziert Musikinstrumente en masse und liefert plötzlich Unmengen an Talenten ab. Und wenn von 1000 Studenten einer Lang Lang 2 wird, dann macht der Rest als Ausschußware nichts, weil ja noch Mio andere übrig sind. Und der Konsumentenmarkt wächst. Es gibt auf der Südhalbkugel und in Asien jetzt nicht mehr nur die Sydney-Opera. Überall entdeckt man plötzlich die Klassik. Und "alte" Nationen wie Russland rüsten auf. Die Klassik ist einfach Teil des großen Weltgeschäfts geworden. Mal sehen, wie lange dieser Boom anhält, oder ob die nächste Mode, der nächste Stil aus Fernost kommt. Schaut mal auf das Programm der Carnegie Hall. Chinesischer Wanderzirkus, sage ich nur.

  • Zitat

    Original von Luis.Keuco
    Alles Neue ist zunächst Mode


    Also so ein Modebegriff kommt mir dann doch eher sinnlos vor.


    Insofern bleibe ich dabei, etwas nur als Mode anzuerkennen, wenn eine größere Zahl von Künstlern mitmacht.


    Rébels "Cluster" am Beginn von "Les élements" aus den 1730er Jahren war sicher neu aber keine Mode, Cowells Cluster am Beginn des 20. Jahrhunderts haben wohl genug Komponisten erreicht, dass man das folgende Klavier-Dreschen eventuell als modisch ansehen kann.


    Also: Nicht alles Neue wird zur Mode.

  • Das geht jetzt ein bisschen in die Urknall-Theorie.
    Wenn einer mit etwas anfängt, kann das schon genügen, um eine Mode daraus zu machen.
    Wenn es viele machen, ist es vielleicht nicht mehr Mode, sondern Mainstream.
    Vieles verschwindet einfach so schnell wieder, wie es gekommen ist. Aber deshalb war es evtl. durchaus eine Mode.
    Wenn du Mode als etwas definierst, was einen gewissen Nachahmerkreis beinhaltet, ist vielleicht nicht alles Mode.
    Wenn wir aber davon ausgehen, dass eine Modeströmung etwas ist, was einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat, dann wird diese Mode als etwas neues wahrgenommen. Dabei spielt es fast keine Rolle, ob sie wirklich neu ist oder die Wiederkehr einer früheren Mode. Die Gesellschaft bewegt sich ja eigentlich sehr langsam, hat aber witzigerweise manchmal nur ein kurzes Gedächtnis.

  • Zitat

    Original von Luis.Keuco
    Wenn wir aber davon ausgehen, dass eine Modeströmung etwas ist, was einen gewissen Bekanntheitsgrad erreicht hat, dann wird diese Mode als etwas neues wahrgenommen. Dabei spielt es fast keine Rolle, ob sie wirklich neu ist oder die Wiederkehr einer früheren Mode.


    OK, Beispiel Nancarrow. Der werkte jahrzehntelang weitestgehend ignoriert und isoliert in seinem Wohnzimmer an seinen Stücken für mechanisches Klavier und wurde dann in den 70er oder 80er Jahren als alter Komponist berühmt. Ligeti war begeistert und ist wohl in manchen Spätwerken davon beeinflußt.


    Nancarrow wurde also in den 80ern als etwas Neues wahrgenommen, OK. Aber war sein Werk damals deshalb eine Mode? Ich würde eine Nancarrow-Mode sehen, wenn eine Gruppe von Komponisten mit nancarrow-ähnlichen Stücken kurzfristig international Erfolg gehabt hätten (dafür wären wohl die 80er prädestiniert gewesen) - mir ist aber eine solche "Nancarrow-Welle" nicht bekannt.
    :hello:

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