Notung! Notung! Neidliches Schwert! – Wer war der beste Siegfried?

  • Nach ihm ist der dritte Teil der "Ring"-Tetralogie benannt und manchen gilt er als "die" Wagner-Rolle schlechthin: Die Rede ist von Siegfried, dem etwas tumben, aber dafür kraftstrotzenden Sinnbild des "deutschen" Helden.


    Mir fallen sofort Namen wie Set Svanholm, Max Lorenz, Wolfgang Windgassen oder Ludwig Suthaus ein.


    Wer war eurer Meinung nach der beste Siegfried?


    (Natürlich bezieht sich dieser Thread auch auf die "Götterdämmerung".)

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Von den Sängern, die in jüngster Zeit den furchtlosen Jüngling verkörperten, ist mir Jon Frederic West besonders gut in Erinnerung. Seine Schmiedelieder und sein Agieren mit Mime, mit Fafner und später mit Brünnhilde zeugen von nie versiegender Kraft und Spielfreude.


    (Zu sehen im "Stuttgarter Ring" auf DVD)


    :hello:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Neben Svanholm und Lorenz gehört auf jeden Fall Lauritz Melchior in die Liste. Ob man ihn mag oder nicht (ich bin kein Fan von ihm): Die von ihm erhaltenen Aufnahmen von "Nothung, Nothung" und "Schmiede, mein Hammer" halte ich für unerreicht. Nicht zu vergessen ist Rudolf Laubenthal, den man damals in London als einzigen ernstzunehmenden Konkurrenten von Melchior wahrnahm.
    Es gibt von ihm ein paar Ausschnitte als Siegfried I und II - besonders die Szene "Mime hieß ein mürrischer Zwerg" ist großartig und für mich ebenso unerreicht wie die Aufnahmen Melchiors.


    Ich finde allerdings, daß doch ein Unterschied zwischen Siegfried I und Siegfried II ist. Mir gefällt z.B. Max Lorenz als Siegfried I sehr gut, wohingegen ich Svanholm für unerreicht als Siegfried II halte...


    :hello:
    M.

  • Gibt es eigtl. eine Gesamtaufnahme des "Siegfried" und/oder der "Götterdämmerung" mit Max Lorenz? Wohl der Furtwängler-"Ring" von 1950?

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Ich hatte das Gück, viele große Siegfriede auf der Bühne erleben zu
    dürfen´. Ich wage mal eine ganz persönliche Bewertung von 1 -5
    Bernd Aldenhoff - 4
    Karl Liebl - 3
    Ludwig Suthaus -4
    Günter Treptow -4
    Jean Cox - 5
    Wolfgang Windgassen -5 (der intelligenteste und ökonomischste
    Sänger/Darsteller)
    Hans Hopf - 5 +++ (für mich besonders im Bayreuther-Ring
    6o -64 unter Kempe der stimmlich
    strahlendste Siegfried mit fast
    unerschöpflichen vokalen, tonschönen
    Mitteln. Darstellerisch wären sicherlich
    einige Abstriche zu machen. Für mich
    trotzdem der beste Siegfried, den ich je
    erlebte.)
    Herzlichst Operus

    Umfassende Information - gebündelte Erfahrung - lebendige Diskussion- die ganze Welt der klassischen Musik - das ist Tamino!

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  • Was haltet ihr eigtl. von Siegfried Jerusalem?


    Ich sehe jetzt verstörte Gesichter ( :D), aber mal im Ernst: Sein Siegfried (nomen est omen) unter Levine scheint echt nicht übel zu sein, soweit ich das nach Auszügen beurteilen kann (Gesamthöreindruck folgt noch).


    Der beste Siegfried war Siegfried J. wohl nicht, aber ein sehr guter doch in seiner Glanzzeit sehrwohl.


    P.S.: Mir fällt noch einer ein: Jess Thomas. Sehr umstritten, ja. Aber er hat seine Fans, habe ich den Eindruck.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

  • Siegfried Jerusalem fand ich immer fabelhaft als Siegfried; ein hervorragender Darsteller, dessen Stimme ich auch gerne mochte (wenn er Siegfried oder Loge sang). Gesanglich noch besser hat mir zuletzt Stephen Gould gefallen; nicht im vorjährigen Bayreuther Ring unter Thielemann, aber im Wiener Ring unter Welser-Möst.
    Es wäre toll, wenn Kollo an der Aufnahme des Bayreuther Chereau-Ring beteiligt gewesen wäre, aber leider ... (obwohl Manfred Jung da seine Sache recht gut macht).

    Bitte bedenken Sie, dass lautes Husten - auch zwischen den Stücken - die Konzentration der Künstler wie auch den Genuss der Zuhörer beeinträchtigt und sich durch den Filter eines Taschentuchs o. ä. erheblich dämpfen lässt.

  • Ich kenne vom Ring nicht so viele ältere Aufnahmen (17 Stunden mono :kotz:), daher vote ich ganz klar für Rene Kollo als Siegfried.


    Liebe Grüße,


    Louis

  • Kollo sollte einer der besten lyrischen Siegfrieds sein, in 1977 Bayreuth z.B. ganz poetische Verkörperung und entdeckt damit eher die neugierige statt nur rebellersicher oder vulgärer Seite dieser Partie.
    bei mir auch einige Siegfried (auch nach der Zusammenfassung aus ca 20 Versionen) besonders erwähnenswert:
    1. Melchior in 1937 Met-Aufnahme (in Sieg und GD), einfach beispiellose Stimmpracht und Darstellungsfähigkeit, unschlagbar.
    2. Jean Cox in 1968 RAI Aufnahme und einige Rundfunksaufnahme aus dem Bayreuther Festspiel anfang der 70ern, für mich eine ausgeglichenes Stimmgewicht zw. lyrischer Kollo und dramatischer Hopf, und er kann die mörderische hohe C am Ende des 2. Aktes in GD (Muuuuth) ohne Problem herausbringen (die hohe C im Satz "Hoiho" am Anfang der 3. Szene im 3. Akt ist nicht selten gut herausgeschmettert, doch die obenerwähnte im 2. Akt sehr schwierig wegen des scheußlichen Vokals), doch zu viel hinausgeglittene Tonproduktion und nicht immer überzeugende Ausdauer, übrigens, laut der Aussage seiner Frau sollte er im Alter von 71 noch Siegfried singen, ich gehe eher davon aus, nur zu Hause und nur in Szenen.
    3. Hopf, insb in der 1962 Leinsdorf Met Aufnahme, gleich so kräftig und voller Explosionskraft wie Melchior, doch bei manchen Episode kann noch etwas vernünftig sein (Schlussgesang in GD und nach dem Austrinken der Betäubungsmittel)
    4. Svanholm in 1951 Stiedry Aufnahme und auch Scala Aufnahme, ein bisschen zu leichte und charaktervolle Stimme, die seinen Siegfried eher mit seinem Loge assoziieren lässt, doch auch eigenartiger Stil und problemlose Tonproduktion.
    Treptow klinge meinetwegen zu rauh und angestrengt bei Noten über dieser "Passagio", sein Siegmund ist bei mir auch ziemlich unbrauchbar, in der jüngeren Zeit zählt natürlich Jerusalem auch zu befriedigenden Siegfried, doch Hohenproblem und Kraftmangel am Ende von GD.
    diesjähriger Siegfried in Bayreuth, C. Franz, aus meiner Sicht hat er für den zu frühen Einstieg in diese Rolle schon schlimmen Zoll gezahlt, (im 2001 hat er schon mit 33 in Bayreuth diese Rolle gesungen, er soll daher der jüngste Siegfried in Festspielgeschichte sein, oder?), J. F. West habe ich 2007 in Nürnberg erlebt, wirklich erstaunlicher Stamina, am Ende des 3. Aktes nach Erwachen Brünnhildes konnte er noch mit riesigen Volumen Irene Theorin überschatten!Doch konnte er nun nur immer lauter und lauter, bei halblautem Gesang und mittlerer sowie tiefer Lage bricht die Stimme sofort weg.Er hat sich als lyrischen Tenor angesehen und hat die Gewohnheit, in der zwischenaktlichen Pause Steaks zu haben.

    Soll er dir noch so viel Atem lassen, als 'en Altweiberfurz, soll ich?

  • Zitat

    Original von Joseph II.
    Gibt es eigtl. eine Gesamtaufnahme des "Siegfried" und/oder der "Götterdämmerung" mit Max Lorenz? Wohl der Furtwängler-"Ring" von 1950?


    Eine GA des Siegfried gibt es meines Wissens nach mit Lorenz nicht, unter Furtwängler hat er die Partei nur 1950 in der Götterdämmerung gesungen, die gibt es mit ihm auch noch 1952 aus Bayreuth unter Keilberth.


    Die Einschätzung Christian Franz von xingwang kann ich nach dem Hamburger Siegfried nur teilen. Franz hat sich sein ansich herrliches Material in doch wenigen Jahren ruiniert. In Hamburg bot er mehr Sprech- als richtigen Gesang.


    Max Lorenz ist sicherlich Geschmackssache, aber ich mag die Siegfried-Ausschnitt, die ich mit ihm habe, sehr gerne.


    Gerne höre ich auch Svanholm als Siegfried I und II.


    Melchior ist für mich eine Klasse für sich. :jubel:


    Jerusalem habe ich immer gerne auf der Bühne gesehen, ich mochte vor allem sein Timbre und seine Erscheinung (gut, das ist sehr subjektiv und letzteres für CD's nicht ganz so entscheidend :D), seinen Siegfreid unter Janowski (oder war es Haitink) fand ich aber auch stimmlich überzeigend.


    :hello: Gustav

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  • Zitat

    Original von Gustav
    Jerusalem habe ich immer gerne auf der Bühne gesehen, ich mochte vor allem sein Timbre und seine Erscheinung (gut, das ist sehr subjektiv und letzteres für CD's nicht ganz so entscheidend :D), seinen Siegfreid unter Janowski (oder war es Haitink) fand ich aber auch stimmlich überzeigend.


    Haitink war es. Bei Janowski hat René Kollo den Siegfried gesungen.

    Grüße aus der Nähe von Hamburg


    Norbert


    Das Beste in der Musik steht nicht in den Noten.

    Gustav Mahler


  • Zitat

    Original von Gustav


    Melchior ist für mich eine Klasse für sich. :jubel:


    :hello: Gustav


    Diese Ansicht teile ich voll und ganz zu.


    Doch ein umfassbares Fakt für mich ist, dass Melchior nicht eine Aufnahme von Walter von Stolzing uns ieß, es wurde irgendwie gesagt, dass er wegen mehrmaligen fehlgeschlagenen Versuchs einfach diese Rolle aufgab, da er jedesmal im dritten Akt überhaupt keine Kraft mehr zum Vorankommen hatte...


    Früher halte ich immer Siegfried als die anspruchsvollste Tenorpartie in Wagners Werken, bis ich solche Behauptung sehe...


    Wie siehst du, allerdings?

    Soll er dir noch so viel Atem lassen, als 'en Altweiberfurz, soll ich?

  • Danke Norbert für die Korrektur! Beide Ring-Aufnahmen besitze ich nicht und nach kurzem Hineinhören muss das wohl auch nicht sein.


    Zitat

    von xingwang: Doch ein umfassbares Fakt für mich ist, dass Melchior nicht eine Aufnahme von Walter von Stolzing uns ieß, es wurde irgendwie gesagt, dass er wegen mehrmaligen fehlgeschlagenen Versuchs einfach diese Rolle aufgab, da er jedesmal im dritten Akt überhaupt keine Kraft mehr zum Vorankommen hatte...


    Früher halte ich immer Siegfried als die anspruchsvollste Tenorpartie in Wagners Werken, bis ich solche Behauptung sehe...


    Das Melchior den Stolzing nie gesungen hat, wusste ich gar nicht. Vielleicht war im die Tessitura insgesamt zu hoch. Das ist aber eine reine Vermutung.


    :hello: Gustav

  • Zitat

    von xingwang:


    Doch ein umfassbares Fakt für mich ist, dass Melchior nicht eine Aufnahme von Walter von Stolzing uns ieß, es wurde irgendwie gesagt, dass er wegen mehrmaligen fehlgeschlagenen Versuchs einfach diese Rolle aufgab, da er jedesmal im dritten Akt überhaupt keine Kraft mehr zum Vorankommen hatte...


    Früher halte ich immer Siegfried als die anspruchsvollste Tenorpartie in Wagners Werken, bis ich solche Behauptung sehe...


    Melchior hat den Stolzing nie live auf einer Bühne gesungen. Einige Ausschnitte hat er im Studio eingespielt:


    1923: "Morgenlich leuchtend" (3.Akt), Unbek. Orchester (Berlin?), Leo Blech
    1926: "Morgenlich leuchtend" (3. Akt), Unbek. Orchester und Dirigent (Chicago)
    1931: "Am stillen Herd" (1. Akt), London Symphony Orchestra, Lawrence Collingwood (London)
    1931: "Abendlich glühend" (2. Akt, mit Friedrich Schorr), London Symphony Orchestra, Robert Heger (London)
    1931: "Selig wie die Sonne" (2. Akt, mit Schorr, Schumann, Parr, Williams), London Symphony Orchestra, John Barbirolli (London)
    1931: "Morgenlich leuchtend" (3.Akt), London Symphony Orchestra, John Barbirolli (London).


    Die Gründe, weswegen er die Rolle nie auf der Bühne gesungen hat, hat er gegenüber dem amerikanischer Kritiker Harold C. Schonberg so zusammengefasst:


    I studied the role with Mme. Bahr-Mildenburg in Munich. We both agreed that it was not right for my voice. Too much of the part lies in the high register. The Heldentenor goes from low to high, then downhill, then up again. I can go high but I cannot sit there for a long time without coming down every now and then. In "Meistersinger" there are no real mountains and valleys. so a Heldentenor gets tired. When we walk on the same height all the time we lose strength. Even if I could manage the first part, I must then sing "Das Preislied" in a tired condition. I am a "schwerer Held", not a "jugendlicher Held". I am tired when I finish Stolzing, more tired than after a Siegfried or Tristan. A singer must know his own voice.


    (Shirlee Emmons: Tristanissimo - The Authorized Biography of Heroic Tenor Lauritz Melchior, Schirmer Books 1990, S. 96 f.)


    :hello:


    GiselherHH

    "Mache es besser! (...) soll ein bloßes Stichblatt sein, die Stöße des Kunstrichters abglitschen zu lassen."


    (Gotthold Ephraim Lessing: Der Rezensent braucht nicht besser machen zu können, was er tadelt)

  • Lieber Giselher!


    Schönen Dank für die Infos und v. a. auch für den Textauszug.
    Ich habe gleich mal meine Aufnahmen verglichen und festgestellt, dass ich alle Melchior-Ausschnitte besitze. Na, wenigstens etwas. :yes:


    :hello: Gustav

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