Was soll Musik bei Euch bewirken ?

  • Stellen wir es gleich an die Spitze: Die Rede ist hier natürlich von "klassischer" Musik.


    Ich habe es schon in einem anderen Thread angesprochen, daß ich klassische Musik als depressionsdämpfend empfinde - aber natürlich gibt es hunderte andere Gründe Musik zu hören - auch für mich.


    Man könnte die Frage auch anders formulieren:


    Warum hört ihr (klassische) Musik ?


    oder


    Was erwartet Ihr, wenn Ihr (klassische) Musik hört.


    natürlich wird es einerseits bei jedem andere Erwartungen geben und natürlich wird das auch vom momentan gewählten Programm abhängen.


    Mancher hört Musik um sich zu entspannen - andere um sich aufzuputschen, dritte um ein "erhabenes Gefühl" zu erleben, Fröhlichkeit übertragen zu bekommen, Langeweile zu vertreiben, sich zu bilden.. etc etc.


    Nun sollte man vielleicht auch schreiben bei WELCHER Musik die angestrebte Emotion, der angestrebte Zustand eintritt.


    Gar nicht so einfach......



    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Bei mir ist Musik die Luft zum Atmen. Wenn ich längere Zeit - z.B. im Büro, wo ich keine Gelegenheit dazu habe - keine Musik höre, falle ich in einen durch die Nikotinsucht bekannten komaähnlichen Zustand.


    Erwartungen habe ich da keine, außer das sie da ist.


    :hello:


    Ulli

    Die Oper muss Tränen entlocken, die Menschen schaudern machen und durch Gesang sterben lassen.
    (Vincenzo Geilomato Hundini)


  • Nicht ganz so schlimm, aber in der Form erlebe ich es auch.
    Das erste mal bemerkte ich das, als ich mal merkte dass ich ein Bedürfnis hatte. Ich überlegte, denn ich dachte erst ich habe Hunger. Nein? Dann kann es nur Durst sein. Auch nicht?
    Himmel, was fehlt nur nur?


    Es war tatsächlich die Musik!



    Zu dem Thema werde ich morgen nocha ausführlicher antworten, denn dazu gibts ne Menge zu sagen.



    :hello:



    C.


  • mehr brauche ICH dazu für mein Verhältnis zur Musik nicht sagen. Sie ist für mich eben eine ganz besondere Art von unverzichtbare geistige Nahrung.

    alle Menschen werden Brüder ...

  • Zum Aufputschen verwende ich sie auch gerne, fast eine Art Droge. Sie kann wirklich Erhebender sein als vieles andere. Man fühlt sich in eine gänzlich andere Welt versetzt, Raum und Zeit scheinen auf einmal sekundär. Intensive Werke wie etwa der Finalsatz von Tschaikowskys V. Symphonie können so nervenaufreibend sein, daß man fast schweißgebadet hervorgeht. Es ist irgendwie auch ein erhitzendes Gefühl, das einen da durch Mark und Bein geht. Andere emotionale Werk(steil)e wie das Gebet aus "Rienzi" können noch heute eine solche Rührung auslösen, daß sie sich in Tränen äußert.


    Wie man sieht: sehr vielfältig. Es gibt sicher noch tausend andere mögliche Wirkungen.

    »Und besser ist's: verdienen und nicht haben,

    Als zu besitzen unverdiente Gaben.«

    – Luís de Camões

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  • Weil ich ohne Musik hören verrückt werde, bin ich also emsig damit beschäftigt, meine geistige Gesundheit zu hegen.


    LG, Paul

  • Meine Lieben


    Ihr habt den Thread ein wenig missverstanden - und eine Liebeserklärung für die Musik abgegeben.
    An Eurer Liebe zur Musik habe ich indes nie gezweifelt.


    Die Frage war vielmehr WAS ihr von der von Euch gewählten klassischen Musik erwartet.


    Als Beispiel erwarten sich viele ätere Damen von einem Liederabend "Erbauung" und Entspannung, das "Heideröslein war "zum Weinen " vorgetragen (in diesem Fall POSITIV gemeint....)


    meine Mutter kritisiert meinen Musikgeschmack beispielsweise in der Form, daß ich in letzter Zei Musik höre, welche "nicht entspannend" sei...





    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Schostakowitschs Elfte mit dem aberwitzigen Schlagwerksolo im zweiten Satz schafft es immer wieder mich aufzurütteln. Diese Musik ist Adrenalin pur. Das Motto beschäftigt sich mit der Russischen Revolution, ja sie kann quasi als Soundtrack zu den bewegenden Ereignissen (Sturz des Zaren, bürgerkriegsähnliche blutige Zustände und und und) aufgefasst werden. Und da erwartet man genau das, was diese Musik auch glaubwürdig verkörpert. Eine hervorragende Umsetzung dieses schrecklichen Kapitels der Russischen Geschichte.

    alle Menschen werden Brüder ...

  • Lieber Alfred ,



    die von Dir gewählte Formulierung der Entspannung beim Hören klassicher Musik ist durchaus zutreffend .


    Manchmal putschen mich bestimmte Kompositionen regelrecht auf .


    Musik zwingt ungemein dazu , sehr konzentriert zuzuhören .


    Wir brauchen auch eine innere Ruhe und Ausgeglichheit , um Musik nachempfinden , erleben zu können .


    ( Dies ist ein grosses Problem im übrigen , wenn man nach einem anstrengende Arbeitstag anschliessend direkt in ein Konzert möchte oder in eine Opernaufführung . )


    Eine sich daraus ableitende Frage ist die : wie empfindet jemand Musik , die ers elbst spielt oder singt ?


    Beste Grüsse



    Frank

    Frank Georg Bechyna
    Musik & Medizin

  • Ich persönlich höre gern "majestätische Musik", sei es die "Jupitersinfonie" , das Krönungskonzert oder die Krönungsmesse von Mozart, "titanenhaftes" von Beethoven, egal ob Klaversonate, Sinfonie oder Klavierkonzert. Auch Schubert mit seinen "wienerischen " Einsprenseln vermag mich zu begeistern, und natürlich mittreissendes von Rossini. Verdi im Spannungsfeld zwischen Dramatik und Belcanto ist eine Klasse für sich. Und auch wenn die Bachsche Toccata BWV 565 alle Wahrscheinlichkeit nach gar nicht von Bach sein dürfte- sie begeistert mich immer wieder - und das muß vielen so gehen - fast jeder Organist hat sie für Tonträger eingespielt.
    Ach ja, beinahe hätte ich jene Stelle in Haydns Schöpfung vergessen wo es heißt "UND ES WARD LIIIIICHT !!!"
    Ich bin nicht religiös - aber diese Stelle ist auch für einen Agnostiker beeindruckend.
    Vivaldi und Boccherini sind eine andere Sparte: Leicht und luftig, duftig und (meist) lieblich - das gibt gute Laune. (zumindest isch die schlechte Laune erträglich......)


    mfg aus Wien


    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



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  • wenn ich das DIES IREAE DIES ILLA aus dem Verdie-Requiem höre, dann ist das für mich wirklich eine Empfindung des allergrössten und allerheiligsten Zornes. Ich bewundere Verdi, wie er es immer wieder schafft, solche Emotionen - bei mir - hervorzurufen.


    Andererseits aber auch das innige libera me aus dem gleichen Werk, wunderbar.

  • Und wenn in Mozarts c-moll-Messe KV 427 die Sopranistin "Et incarnatus est" anstimmt, dann geht für mich die Himmelstür auf...


    :angel:

    Freundliche Grüße Siegfried

  • Lieber Alfred, hallo Forum,


    ich habe einen Freund, der sagte mir jüngst, er hätte vermutlich noch nie in seinem Leben Musik bewusst gehört. Ein bisschen gute Laune im Hintergrund wüde ihm genügen.


    Ein legitimes Verhältlnis zur Musik. Für mich undenkbar. Ich setzte Musik egal welcher Richtung ganz bewußt ein um Gefühle zu erzeugen oder bestehende zu verstärken. Selten gelingt es mir jedoch mit Musik besthende Gefühle zu verdrängen.


    Bin ich melancholisch, lege ich sehr gerne eine Musik ein, die dies unterstreicht und suhle mich darin.


    Das "Majestetische" oder das "Erhabene" spielt bei mir auch eine ganz große Rolle. Wenn ich Mahler höre denke ich oft: "JA! Das ist gut! Das ist GROSS! Wenn ich komponieren würde, meine Musik würde genau so klingen." Ins Geheime denke ich manchmal mit einem dicken Augenzwinkern: "Das ist so gut, dass könnte von mir sein. ;)." (An dieser Stelle sei angemerkt, dass ich sehr unmusikalisch bin und zu 100 Prozentern der Fraktion der Hörer angehöre.)


    Im ersten Satz von Dimis Babi Jar fange ich regelmäßig an zu weinen. Danach bin ich stets dankbar, dass ich in der Lage bin Musik so nah an mich herankommen zu lassen. Etwas, was mein Freund wohl nicht kann oder will. Schade für ihn. Aber für ihn passte es vermutlich. Mir würde unendlich etwas fehlen...


    Liebe Grüße
    GalloNero

    ... da wurde mir wieder weit ums Herz ... (G. Mahler)

  • Musik soll bei mir gar nichts bewirken. Ich brauche sie wie die Luft zum Atmen. Wenn ich morgens in's Büro komme (7.15 Uhr!) ist der erste Griff an den CD-Spieler, damit ich mich durch den Kontakt mit einem großen Geist, Komponisten und/oder Interpreten, auf den Tag und seine Widrigkeiten vorbereiten kann. Maximal geht das natürlich eine CD lang, bis zur ersten Besprechung um 8.30 Uhr.


    Wie schlecht es mir einmal, als ich gegen eine Welt von Elend zu kämpfen hatte, wirklich ging, habe ich erst im Nachhinein registriert: ich hatte gar keine Lust mehr, Musik zu hören, und habe in dem Jahr keine einzige CD erworben... Gott sei Dank: tempi passati.


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Musik "soll" auch nicht etwas bewirken; sie tut es einfach, ob man will oder nicht.
    Bewusst eine Musik auflegen, um eine gewisse Stimmung zu erzeugen, das mache ich nicht.
    Anfangs lege ich eine CD ein, die evtl. gerade obendrauf auf dem CD-Ständer liegt und weiss manchmal gar nicht genau, was mich an Musik erwartet. Und dann auf einmal braust es mir um die Ohren, und ich beginne "zuzuhören"------- und zu fühlen.


    Auch ich lebe von und mit der Musik. Aber - ich sagte es schon an anderer Stelle- sie ist eine grosse Trösterin, sie ist fordernd und auch fördernd, sie macht lachen und weinen, ohne dass man es heraufbeschwört. Die Komponisten, die es schaffen,mit ihrer Musik die Herzen zu erreichen, aufzurütteln, nachdenklich zu machen usw., das sind für mich wahre Handwerksmeister, Könner und getrieben von Leidenschaft, die sie mittels ihrer Begabung in Töne gesetzt haben. Ist das nicht wunderbar?


    Ich hatte in meiner Jugend einen Klavierlehrer, der konnte spielen und spielen und sich dabei über alle möglichen Dinge unterhalten und ich hatte den Mut ihn zu fragen, wie das denn geht, musizieren und gleichzeitig reden, denn wenn man redet, kann man doch nicht zuhören, ja so fragte ich ihn damals.
    Und er erwiderte: "Als Klavierlehrer ist es nur die Gewohnheit,die Routine. zu spielen und gleichzeitig zu reden, als Musiker würde ich das niemals tun". Erst Jahre später habe ich diese Antwort verstanden.

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  • Was Musik bewirken soll?


    Das hängt von so vielen Dingen ab!


    Erstens ist es schon nicht mehr ganz egal, ob man allein oder in der Gesellschaft von Freunden usw. Musik hört. Ich kann mich an wunderbare Momente erinnern, wo ich mit FreundINnen (vor sehr vielen Jahren mit einem Freund…) ins Konzert ging und wo wir bei einem erschütternden Piano oder bei einem erhabenen Schlussakkord einander plötzlich angeschaut oder einen schnellen Blick gewechselt haben. Das waren Augenblicke, in denen man die Freude oder die Erschütterung mit den anderen teilen konnte – eine Leistung der Musik, die übrigens, wie wir gut wissen, in weniger harmlosen Form in der Geschichte der Menschheit auch Gefahren in sich bergen konnte.
    Ich gehe bis heute möglichst nie allein ins Konzert, damit ich das Erlebnis des gemeinsamen Betroffenseins auch immer wieder haben kann.


    Dann gibt es auch einen Unterschied zwischen einer Situation, wo man einerseits, aus welchen Gründen auch immer, eine bestimmte CD oder Schallplatte hören will, --- und wo man andererseits plötzlich und unerwartet etwas zum Hören bekommt.


    Im ersten Fall wirkt die Musik, untermauert durch die Absicht, sie und nicht etwas anderes zu hören, immer der jeweiligen Gemütslage entsprechend. Scarlatti – den ich in diesem Augenblick höre, Clara Haskil spielt Scarlatti-Sonaten – vermittelt Harmonie und Ruhe. Telemanns Trompetenkonzert mit Wynton Marsalis oder mit Maurice André kann einem die fehlende Lebenslust wiederbringen. Und wenn ich Bartóks Concerto höre, fühle ich meine ganze Freude und meine ganze Verzweiflung über meine Heimat auflodern (besonders bei dem riesigen Melodiebogen im letzten Satz – das Concerto ist eines meiner Lieblingswerke).


    Der zweite Fall ist aber auch nicht weniger verlockend. Man hört das Radio und plötzlich erklingt eine Melodie, die man kennt, auch wenn man im ersten Augenblick nicht genau weiß, was das ist. Das kann sehr oft eine besondere Freudenquelle sein: dieses Mitschwingen, diese plötzliche, unerwartete Schönheit.


    Musik lässt sich kaum in die „Sprache” übersetzen. Wir können sagen, wie hoch ein Berg ist, aber ob wir sagen können, wie eine Klarinette klingt? (ein halbes Zitat von Ludwig Wittgenstein)


    Allen eine gute Nacht! :hello:
    Und Kristel viele Freunde im und viele Freude am Forum! ;)


    (Mit Entsetzen habe ich gemerkt, dass ich statt Maurice einfach Moritz - wie Max und Moritz - geschrieben habe... Es war offensichtlich viel zu spät in der Nacht ... Wer weiß, welche Fehler da noch stecken...)

    2 Mal editiert, zuletzt von kopiroska ()

  • Musik ist eindeutig ein Stimmungsverstärker - ich erwarte, daß die Musik zur Stimmung paßt, ihr einen Rahmen gibt, sie vertieft, ausbaut, abrundet.


    Im Prinzip höre ich drei Typen klassischer Musik häufiger:


    - unbändige Freude und Kraft: dazu paßt so etwas wie Albinoni, Händel und Teile von Bach.. z.B. Feuerwerksmusik erster Satz, Chandos Anthems, Concerti a cinque, h-moll-Messe, Teile des wohltemperierten Klaviers (insbesondere die Fugen), Coronation Anthems, die großen Orgelwerke, Vivaldis Domine Fili unigenite, das Echo aus BWV 831, aber auch das Vorspiel zu Tannhäuser oder Mussorgskis Großes Tor von Kiew -
    die dazu passende Stimmung ist positiv, energiegeladen, optimistisch (was kostet die Welt?)



    - gedämpft über traurig bis abgrundtief versunken: typische Vertreter sind Requiems verschiedener (lol) Komponisten wie Mozart, Händel (The way zions do mourn) und Fauré, die Goldberg Variationen, insbesondere Gould II, Bach-Transkritionen von Siloti, Farewell to Stromness und der gut von - auch wenn es nicht so zentrale Klassik ist - Por una Cabeza von Carlos Gardel zusammengefaßt wird


    die dazu passende Stimmung ist tendentiell eher nachdenklicher, zögerlicher Natur, man will nichts falsch machen und denkt eher über das vermiedene Chaos als über die verpaßten Chancen nach



    - Musik in der Mitte dieser beiden Richtungen, mal schnell, mal langsam, dennoch möglichst nicht seicht, sondern mit "Tiefgang". Typische Vertreter sind Spiegel im Spiegel (Pärt), Gipsy Kings, Inspiration oder Couperin: Les barricade mysterieuses, das trotz seiner eher langsamen Intonation mit einem starker Optimismus ausgestattet ist, Bachs große a-moll Toccata und Fuge in der Version von Liszt


    die dazu passende Stimmung ist nachdenklich-zupackend, das Ideal der Management-Theorien, Weitsicht mit Bodenhaftung, Optimismus mit Risikobewußstsein, Tiefe und Weite, ein tieferer Sinn in dem, was man gerade tut

  • Liebe Honoria, Musik soll bei dir gar nichts bewirken? - Und doch bewirkt sie sooooooooooooooooooooo viel, damit der Tag gelingt! :yes:


    @ m-mueller, ich finde du hast gut beobachtet! - Gut analysiert! - Interessant!


    Grüße nach Sarajewo und Iserlohn,


    Melisma :hello:

  • Liebe(r) Melisma,


    ich höre Musik jedenfalls meistens nicht sortiert nach Stimmungslagen, sondern versuche, gewissermaßen enzyklopädisch auch das zu hören, was mir vom Komponisten, Titel, Werkcharakter erst einmal gar nichts sagt. Wenn man in der relativen kulturellen Einöde lebt, bekommt man sonst nämlich gar nichts Neues mehr mit, weil die Anregung von außen z.B. durch Konzertprogramme etc. fehlt.
    Allerdings -ich gebe es gerne zu- sind Ursache und Wirkung manchmal nicht ganz auseinanderzuhalten: höre ich gerade instinktiv ausgewählt Tschaikowskis 5., weil ich des Trostes bedarf, oder stellt sich dieser Trost auch ganz unbestellt und unbenötigt als Vorrat ein, weil dieses spezielle Werk eben diesen Charakter hat?


    Und natürlich: im Moment des Triumphes geht auch mir der entsprechende Marsch aus "Aida" über die Lippen... ;)


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon

  • Liebe Honoria,


    so sehr ich auch Deine Beiträge schätze, diesmal hast Du dirselbst wiedersprochen.


    Musik soll gar nichts bewirken - Du brauchst sie wie die Luft zum Atmen !
    Was bewirkt die Atemluft ? Sie füllt unsere Lungen und hält uns am Leben, ist das gar nichts ?


    So wie Du die Luft nicht siehst, höchstens spürst, so ist die Musik, die Dich in den Tag begleitet der Weg, den Tagesanfang zu verschönern und mit besseren Gefühlen in den neuen Tag zu gehen.
    Diese Wirkung hast Du doch verspürt ???


    Liebe Grüße -


    vom Operngernhörer :hello:

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  • Zitat

    Original von Operngernhörer
    so sehr ich auch Deine Beiträge schätze, diesmal hast Du dirselbst wiedersprochen.


    Musik soll gar nichts bewirken - Du brauchst sie wie die Luft zum Atmen !
    Was bewirkt die Atemluft ? Sie füllt unsere Lungen und hält uns am Leben, ist das gar nichts ?


    So wie Du die Luft nicht siehst, höchstens spürst, so ist die Musik, die Dich in den Tag begleitet der Weg, den Tagesanfang zu verschönern und mit besseren Gefühlen in den neuen Tag zu gehen.
    Diese Wirkung hast Du doch verspürt ???


    Lieber Operngernhörer,


    Hat man hier nicht etwas ohne Anfang und ohne Ende?
    Man wählt bestimmte Musik wegen einer Stimmung. Und gerade diese Stimmung ist der Grund, daß genau jene Musik viel tiefere Gefühle erweckt als sonst. Was ist hier Ursache, was Folge.
    Das Resultat bleibt eine Wechselwerkung.


    LG, Paul

  • Na gut. Mißverständlich ausgedrückt, weil wieder 20mal beim Schreiben unterbrochen und daher aus dem Konzept gebracht worden... :boese2:
    Und in dem Sinne, hochwerter Operngernhörer, wie Atemluft uns am Leben erhält, erhält mich auch die Musik, ja. Darauf können wir uns gern einigen, und ich will diese Diskusssion auch nicht monopolisieren....


    Grüße!


    Honoria

    "...and suddenly everybody burst out singing"
    Busman's Honeymoon


  • Allerdings, ich habe schlichtweg keine Ahnung.
    Also bevor ich lange nachdenke, schreibe ich mal drauflos, Operngernhörer kann mich ja dann korrigieren oder ausdeuten.
    :D
    Ich bilde mir ja ein, gefühlsunabhängig Musik auszusuchen aber wer weiß schon, wodurch die Spontanentscheidung, sofern es denn eine ist, zustande kommt. Wenn ich mir längerfristig vorgenommen habe, etwas Bestimmtes anzuhören, fällt das Gefühl als Auswahlhilfe wohl weg.


    Wenn ich abends nach der Arbeit und nach dem Abendessen in müdem Zustand mäßig aufnahmefähig eine CD zum ersten Mal anhöre, gewissermaßen als Vorbereitung eines irgendwann später stattfindenden Zweithörens, stellt sich ganz gern ein (Halb-)Schlaf ein, der durch unangenehmes Hochschrecken beim quicklebendigen Finalsatz finalisiert wird. Das wäre dann Haydn zum Entspannen.
    :faint:
    Am Wochenende höre ich dasselbe dann womöglich elektrisiert an und bemühe mich, formelle und sonstige Zusammenhänge und Extravaganzen etc. mir am Ohrenschmalz zergehen zu lassen.
    :rolleyes:
    Was erwarte ich? Begeisterung, Zufriedenheit, Hochstimmung, eventuell Kathartisches ... also was das Gefühlige betrifft, bin ich dann eher offen, was halt so daher kommt, wobei Haydn natürlich nicht solche Psychoschocker auspackt, wie Nono, aber der Normalfall liegt ja irgendwo dazwischen, und die Emotionen sind bei Haydns Streichquartetten und den 12-tönigen von Schönberg wohl relativ ähnlich, was weiß ich ...


    Also ich höre nicht, wenn ich traurig bin, ein Stück in Moll an - zumindest nicht bewußt absichtlich. Die Atemluft kann bei mir aus diversen Epochen und Gattungen ströhmen, warum ich wann wechsle, habe ich noch nicht analysiert.

  • Frank Georg Bechyna: Seit ich vor ca. 1,5 Jahren mit dem Cellospiel begonnen habe, setze ich mich mit dem Musik hören anders auseinander. Ich achte viel mehr auf die einzelnen Stimmen, Rhythmus-, Lautstärke-, sogar Strichwechsel.
    Außerdem vertiefe ich mich anders in die Musik, weil meine Lehrerin regelmäßig mit der frage kommt, ob ich dies oder jenes kenne, mal die Cellostimme im 3. Satz von ... gehört hätte, etc. Ich bin auch im Konzert deutlich aufmerksamer, weil mich natürlich auch die Technik der Musiker viel mehr interessiert als früher.


    Das eigene Musikspiel ist ganz großartig. Es räumt im Kopf auf. Ich bemerke auch meine eigene An- oder Entspannung, ob ich verkrampft spiele oder leicht, kratze oder zu sehr streichle.
    Das eigene Spiel ist natürlich so eine Sache. Es klingt meist nicht so, wie man es sich im Kopf vorstellt. Aber andererseits freue ich mich, wenn aus den Tönen Tonfolgen und irgendwann eine Melodie wird. Das ist wirklich eine Art Schöpfung, oder ein Heranwachsen.


    Das eigene Musikspiel gleicht aus und ermöglicht auch, wie ich finde, den rascheren Zugang beim Hören von Musik. Das Umschalten dauert nicht mehr so lange. Man plumpst in den Sessel, schaltet den CD-Spieler ein und ist sehr schnell im Musikfluss. Das hat früher länger gedauert.



    Das Problem mit dem prompten Übergang Büro-Konzert kenne ich und das ist auch schwierig. Insbesondere, da das Konzert ja alle Sinne fordert. Mir hilft da das eigene Musizieren jedoch sehr, weil ich insgesamt ausgeglichener bin.



    Ganz allgemein zum Thema:
    Es ist sehr situatonsabhängig, was Musik bewirken soll.
    Da ist zum einen das technische Interesse an Musik. Dann das Interesse, etwas Neues kennen zu lernen.
    Bei bekannten Werken ist es die Freude, sie mal wieder zu hören oder der Wunsch, das "Hörgedächtnis" aufzubessern.
    Viel ist es die Entspannung, manchmal auch eine Art Ritual.
    Und schließlich die Sammlerkrankheit, die neu gekauften CDs einfach mal zu hören, um seinem Kauf auch einen Sinn zu geben.


    Mit Opern habe ich Probleme, weil sie lange dauern. Das ärgert mich, aber was soll man machen?


  • Das ist bei mir ganz ähnlich.
    Opern höre ich von CD meist portionsweise. Erst in den letzten Jahren sind sie annähernd so oft im Player zu finden, wie Orchestrales.
    :hello:

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  • Warum fehlt hier der (m.E.) wichtigste Grund? Das emotional durch Musk ergriffen zu werden. Gerührt zu werden. Sich in Musik versenken zu können.


    Ein Beispiel: mehr als tausend Mal habe ich diese Zeile gehört "Wahrlich, dieser ist Gottes Sohn gewesen". Und dennoch bekomme ich noch immer einen Gänsehaut.


    LG, Paul

  • Zitat

    Original von musicophil
    Warum fehlt hier der (m.E.) wichtigste Grund? Das emotional durch Musk ergriffen zu werden. Gerührt zu werden. Sich in Musik versenken zu können.


    Weil es zu selbstverständlich ist?
    Weil man sich geniert, über etwas Tiefergehendes zu schwatzen?
    Weil man das Reden darüber als banal empfindet?


    Vielleicht.

  • Entschuldigung, aber jetzt muss ich mich natürlich melden.


    Zitat


    Weil es zu selbstverständlich ist?
    Weil man sich geniert, über etwas Tiefergehendes zu schwatzen?
    Weil man das Reden darüber als banal empfindet?


    In der Tat: Das Hörerlebnis an sich habe ich vergessen. Wobei: Auf das Wiederhören eines bekannten Werkes habe ich wenigstens hingewiesen. Und das hört man aus Freude.


    Ich war da zu sehr in Gedanken, um auch noch über Gefühle zu schreiben. Wollte ja der Frage nachgehen, wie das mit dem eigenen Musikmachen ist und da habe ich vor lauter freudiger Gedanken an mein Cello wohl ein bisschen was vergessen.


    Aber man sieht den Wald vor lauter Bäumen nicht. Wenn ich jetzt so nachdenke, gibt es natürlich Sachen, auf die man sich freut. "Jauchzet, frohlocket..." ab dem 1. Advent.


    Aber ich muss zugeben, dass ich vor lauter Sorge, eine CD könnte zu kurz kommen, die meisten Stücke nicht so oft höre. Gestern, vorm Einschlafen habe ich die Rachmaninoff-Sinfonien rausgezogen. War total begeistert. Höre ich viel zu selten. Aber der Tag hat ja nur ein paar freie Stunden :(

  • Bei mir soll Musik bewirken,mich in dem Gefühlszustand zu vertiefen,in dem ich mich gerade befinde.So suche ich mir die CD aus,die zu meinem Gefühlszustand paßt.Wenn ich heiter aufgelegt bin,höre ich kein Requiem und wenn mich trübe Gedanken plagen,höre ich keine fröhliche Musik.
    Gerne höre ich Musik zur Entspannung und Meditation als Ausgleich zum oft stressigen Berufsleben.Musik dient mir also auch zum Stressabbau.
    Aber auch zur Unterhaltung und zum Zeitvertreib.

    mfG
    Michael