CORELLI Arcangelo - Meister aller Meister

  • Arcangelo Corelli geb. am 17.Februar 1653 in Fusignano, Ravenna, gestorben am 08. Januar 1713 in Rom.




    Schon zu Lebzeiten verlieh man Corelli den Titel "Maestro dei Mastri" oder "Virtuosissimo di Violino e vero Orfeo di nostri Tempi"
    Bei seinem Tode hinterließ der als liebenswürdig, anspruchslos und kunstsinnig geschilderte Meister neben einem beachtlichen Vermögen, viele wertvolle Instrumente, über 136 Gemälde und Zeichnungen sogar Meister wie Breugel, Poussin und Raffael waren darunter.
    Sein Leichnahm ruht ebenfalls neben dem Raffaels.
    Auf der Gedenkplatte steht geschrieben:
    "eius nomen immortalitati commendaturus" (dessen Name der Unsterblichkeit empfohlen wird).


    Corelli stammte aus der Provinz Ravenna und erhielt als vaterloser Halbwaiser seine erste Ausbildung bei einem Dorfgeistlichen.
    Mit 13 wurde nach Bologna geschickt um dort bei Benvenuti und Brugnoli Geige zu studieren.
    Mit 17 wurde er schon Mitglied der "Accademia Filarmonica", Sammelpunkt der berühmtesten Musiker der Zeit - nur Mozart wurde noch jünger aufgenommen (1770 mit 14 Jahren).
    Nach Abschluß seiner Lehrjahre wandte er sich nach Rom und wurde von Matteo Simonelli, den man den "Palestrina des 17. Jahrhunderts" nannte in die Traditionen des römischen Stils eingewiesen.
    Hier gelang es ihm auch zu seinen zukünftigen Gönnern und Mäzene Kontakte zu knüpfen.
    Allen voran die zum Katholizismus konvertierte Christina von Schweden und der Kardinal Ottoboni.
    Seit 1670 dürfte er dann dem Hofstaat der Königin Christina angehört haben.
    Ihr widmete er seine ersten 12 Kirchensonaten Op.1 (1681)
    Corelli hat in diesen Jahren mit einem ungewöhnlich starken Orchester experimentiert, ein Konzert mit 150 Musikern vor der Königin ist dokumentiert. Seit 1684 diente er dann auch dem Kardinal Pampili als Geiger und Konzertorganist - ab 1690 dann bis zu seinem Tode leitete er die musikalischen Aufführungen bei Kardinal Ottoboni.
    Sein Onkel Papst Alexander VIII ernannte Ottoboni sogar zum Vizekanzler der römischen Kirche.
    Seine Residenz war der Palazzo della Cancellari, hier schwang er sich zum wohl größten Schirmherren der Künste in Rom auf.


    Das berühmte Weihnachtskonzert (Op.6 No.8 ) dürfte sogar bei der Weihnachtsfeier im Vatikan erklungen sein.
    Insgesammt gab Corelli 5 Bände mit Kompositionen heraus, der 6. Band erschien erst nach seinem Tod, doch sollten seine Kompositionen die musikalische Welt des Barock revolutionieren. Die Sonaten wurden zu einem Verkaufsschlager - womit sich der Reichtum des Meisters begründet. Die Concerti Grossi, als deren Erfinder er gilt, sollten eine der wichtigsten musikalischen Gattungen des Hoch und Spätbarock werden.
    Corelli hatte natürlich Kontakt zu beiden Scarlattis, zu Antonio Caldara, Francesco Gasparini und machte auch die Bekanntschaft mit dem jungen Georg Friedrich Händel, der auf seiner Italienreise in Rom halt machte um dort einige seiner Werke aufzuführen
    "Il Trionfo del Tempo e del Disinganno" (1707) und "La Resurrezione" (1708 ). Corelli leitete die Aufführungen mit einem äußerst erlesenen Ensemble. Dies dürfte für die spätere berühmtheit des Sachsen nicht unerheblich gewesen sein.


    Corelli zog sich ab 1710 aus dem Musikleben zurück.
    Seine revolutionären Kompositionen machen nicht allein seinen Ruhm und seine Bedeutung aus, er revolutionierte im gleichen Maße auch die Spieltechnik der Violine und galt zu Lebzeiten als der größte Violinvirtuose Europas.
    Die Bewunderung der europäischen Musiker findet nicht nur in der Nachahmung seiner Kompositionen ihren Niederschlag sondern es finden sich auch direkte musikalsiche Huldigungen an den römischen Meister, wie z.B. Couperins Aphoteosen die er sowohl Corelli als auch Lully widmete um den größten Musikern der Epoche seinen Respekt zu zollen.


    Aufnahmen gibt es viele, besonders von den Concerti Grossi.
    Viele sind der historischen Aufführungspraxis entsprechend interpretiert, man denke nur an die wunderbaren Aufnahmen von Banchini mit dem Ensemble 415, LÈurope Galante unter Fabio Biondi oder Les Arts Florissants unter Christie.
    Ich habe mich hier mal für eine solide Aufnahme entschieden, die vielleicht dem was Corelli in Rom praktizierte am nächsten kommt:


    B0000041N9.03.LZZZZZZZ.gif
    Concert Grossi Op.6
    I Musici


    Zwar nicht unbedingt eine meisterhafte Einspielung, aber leider sind die Originalklangensembles hier etwas zu klein besetzt - Es gibt ettliche Berichte von Konzerten mit wahren Streicherheeren. I Musici sind wesentlich stärker besetzt, als z.B. die etwas sehr magere Einspielung unter Biondi.


    Die Sonaten hingegen sind in diesen Interpretationen alle hervorragend, hier zwei Aufnahmen zur Auswahl, es gibt derer noch weiter.


    B00005B6RM.01.LZZZZZZZ.jpg
    Sonate da Chiesa Op.1 & 3


    B00004TVGP.03.LZZZZZZZ.gif
    Sonata da Camera Op. 5

  • Von allen Aufnahmen auf historischen Instrumenten beeindruckt jene Trevor Pinnocks mit "The English Concert" aus dem Jahr 1987 immer noch am meisten. Klangfülle paart sich mit Transparenz und schöner Durchhörbarkeit der streng gearbeiteten polyphonen Satz-Strukturen. Wahre "Heerscharen" an Streichern dürften diesen Eindruck kaum vermittelt haben.
    Alle mir bislang bekannten Einspielungen auf "modernen" Streichern erinnern mich eher an ein zu schweres Essen
    und die Folgeerscheinungen desselben: Sodbrennen und Blähungen :D


    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Die Aufnahme mit Trevor Pinnock hat mir auch sehr gut gefallen, aber noch ein Wort zu I Musici: Ich habe sie vor wenigen Monaten in einem Konzert erlebt, bei dem auch ein Stück von Corelli auf dem Programm stand, und da haben sie wirklich meisterhaft gespielt. Ich hatte befürchtet, dass sie möglicherweise nach so vielen Jahrzehnten aktiver Praxis etwas müde geworden sein könnten, aber das war ein spannender Abend, wo der Bogen geschlagen wurde von Corelli über Bach, Vivaldi, Rossini, Paganini bis zu Castelnuovo-Tedesco.


    Viele Grüße,


    Walter

  • Hallo!


    Da passt es, auf diese aktuelle Neuaufnahme hinzuweisen:




    Arcangelo Corelli (1653 - 1713):
    Concerti grossi op.6, version for two recorders, violoncello obligato and basso continuo, published in 1725 by Walsh & Hare, London


    Il Dolcimelo: Katja Beisch und Han Tol, Blockflöten; Doris Runge, Barockcello; Thomas Boysen, Laute;Robert Sagasser, Violone; Christoph Lehmann / Cembalo, Orgel
    DDD/DSD; Booklet: 32 Seiten (deutsch, english, français), 11 Abbildungen; Gesamtspieldauer: 65 min 58 s


    AEOLUS-Super Audio CD Hybrid mit der Best.-Nr. AE-10116
    EAN: 4026798101169


    Siehe auch:


    https://www.aeolus-music.com/A…Arcangelo-Concerti-grossi


    Hat da schon jemand reingehört?


    Gruss
    Karsten



    TaminoThreadrevision vom 29.12.2018:

    Bilder wieder hergestellt,CD bei JPC gestrichen, beim Hersteller scheinbar noch verfügbar

    MOD 001 Alfred

  • Asche auf mein Haupt,


    ich revidiere mein Urteil.
    Heute habe ich mir die komplette Einspielung der Concerti Grossi mit dem Ensemble 415 unter Chiara Banchini zugelegt:



    Die Interpretation ist fanstastisch! :jubel:


    Es wird ein gesunder Mittelweg gesucht, Orchesterpracht und kammermusikalische Rafinesse.
    Allein die Orchesterbesetzung machte mich schon neugierig und ich konnte es kaum erwarten sie zu besitzen.
    Für die Concerti da Chiesa werden 16 Violinen, 5 Bratschen, 6 Violoncelli, 5 Kontrabässe bis zu 5(!) Erzlauten mit Chitaronne und 2 Cembali bzw. Cembali und Orgel verwendet.
    Für die Concerti da Camera, 8 Violinen, 3 Bratschen, 3 Violoncelli, 2 Kontrabässe, 2 Erzlauten und 2 Cembali.


    So ein reich besetztes Continuo habe ich selten erlebt :jubel:
    Ich krieg mich gar nicht mehr ein :wacky: - einfach nur himmlisch!

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  • Die Aufnahme mit Trevor Pinnock habe ich auch bereits seit sehr langer Zeit, sie war damals noch richtig teuer - aber dafür ist sie im Cover auch wunderschön gestaltet. Ein Bedürfnis nach einer Alternative war bei mir bis heute noch nicht entstanden. Also Pinnock kann ich ebenfalls ohne jeden Vorbehalt empfehlen.


    Aber da ich die Concerti wirklich gern mag und auch nicht selten höre, ist eine Ergänzung vielleicht noch sinnvoll. Bei der Beschreibung hier!


    Mit besten Grüßen


    Matthias

    Tobe Welt, und springe,
    Ich steh hier und singe.

  • Diese Aufnahme ist auch recht günstig, nur 9,99 Euro im Normalfall, bei mir im Laden um die Ecke habe ich aber 14,99 gezahlt X( - aber ich wollte sie unbeding! :D

  • Da fällt mir ein, mich würde auch mal - falls feststellbar - die Besetzung anderer Aufnahmen, wie z.B. die von Pinnock interessieren.


    I Musici haben "ausgespielt" :D, die komplette Besetzung ist leider nicht fesstellbar, aber im Continuo haben sie nur ein Cembalo bzw. eine Orgel.
    Aber gegen Banchinis Ensemble haben sie keine Chance.
    Noch ein Wort zu Chiara Banchini, sie ist ja eine der wenigen Frauen am Dirigentenpult, sie ist spezialisiert auf italienische Barockmusik, sei es Vivaldi, Boccherini, Albicastro, Sammartini etc. die Aufnahmen sind immer atemberaubend.


    Dennoch finde ich I Musici weitaus angenehmer als z.B. solche Kammerorchester wie die "Capella Istropolitana" um mal ein besonders schlimmes Beispiel zu nennen.
    Für Barockmusik sind sie nicht wirklich geeignet, da trieft es nur so und jede Note wird mit breitem Vibrato zugekleistert *schüttel*

  • Hatte denn schon jemand Gelegenheit, in diese neue (einzige?) Corelli-Gesamtaufnahme herienzuhören:



    Corelli - Complete Works
    Concerti grossi op. 6 Nr. 1-12
    Sonata a Quattro WoO 2 & WoO 4
    Sinfonia WoO 1
    Sonaten für Violine & Bc op. 5 Nr. 1-11
    Follia
    Triosonaten op. 2 Nr. 1-12
    Triosonaten WoO 5-10
    Triosonaten Op. 1 Nr. 1-12
    Triosonaten op. 4 Nr. 1-12
    Triosonaten op. 3 Nr. 1-12


    Ensemble Musica Amphion, Belder
    Brilliant Classics
    10 CDs. DDD


    Die Aufnahme hat in eine hervorragende Kritik im Rondo-Magazin bekommen...


    Gruß
    Karsten

  • Hallo!


    Meine erste Berührung mit Corelli war eine Aufnahme des Concerto grosso g-moll op.6 Nr.8 "Weihnachtskonzert" mit Karajan und den Berliner Philharmonikern, aus der Bücherei ausgeliehen.
    Derzeit habe ich diese CD wieder aus der Bücherei ausgeliehen. Die Interpretation ist dermaßen "unbarock"! Inzwischen kann ich ja mit einer eigenen Aufnahme vergleichen, nämlich dieser hier:

    (Philharmonia Baroque Orchestra; Nicholas McGegan)
    Mit dieser Aufnahme bin ich zufrieden - mit einer Ausnahme: Den letzten Satz, die Pastorale, finde ich viel zu schnell und zäsurenhaft gespielt! Ein Nachlesen ergab: Die Tempoangabe des Satzes ist: "Pastorale ad libitum: Largo".
    "Ad libitum" heißt wohl so viel wie: "beliebiges Tempo", insofern ist McGegan kein Vorwurf zu machen. Aber diese Vorgabe "beißt" sich doch mit der Angabe "Largo" direkt danach, oder?
    Karajan kostet das Largo natürlich genüßlich mit dem gleichen romantisierenden Stil aus, der in den anderen Sätzen recht anachronistisch klingt. Zumindest der letzte Satz ist bei Karajan IMO besser getroffen, wenn auch nicht optimal.


    Mir fiel auf, daß die Concerti grossi von Corelli eigentlich halbe Orchestersuiten sind (etliche Tänze darin). Das schnell-langsam-schnell-Modell gabs wohl erst ab Vivaldi und Albinoni, oder?


    Viele Grüße,
    Pius.

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  • Zitat

    Original von Karsten


    Die Aufnahme hat in eine hervorragende Kritik im Rondo-Magazin bekommen...


    Ebenso in einer der letzten Ausgaben von FonoForum. Habe die Box danach auf meine imaginäre Wunschkiste gesetzt.


    Herzliche Grüße,


    Christian

    Beherrsche die Sache, die Worte werden folgen! (Cato der Ältere)

  • Hallo Pius,


    müsste es dann bei


    Zitat

    Pastorale ad libitum: Largo


    nicht heißen, dass es eine Pastorale nach Belieben ist. Also wie eine Pastorale gespielt werden kann oder nicht und das Tempo dann Largo wäre?



    Gruß, Peter.

  • Über die genaue entwicklung des Concerto Grossi bin ich auch nicht ganz im Bilde.
    Jedenfalls entwickelten sich die Concerti aus den Sonaten.
    Italienische Sonaten des 17. Jahrhunderts waren allerdings meist einsätzig, bzw. die diversen Teile der Sonate gingen ineinander über.


    Beispielsweise bei Biber sind die Sonaten zwar auch nicht direkt unterteilt, aber haben durchaus mehrere Sätze.


    Dann kommt noch die Unterteilung, der Sonata da chiesa "Kirchensoate" und Sonata da Camera "Kammersonate" dazu. In der Chiesa sind Tanzsätze eher unüblich.


    Die Concerti Grossi op.6 sind ja ebenfalls so eingerichtet, dass ein Teil für die Kirche, der andere für die Kammer bestimmt ist.


    Auch bei Rosenmüllers Sonaten ist das schon zu beobachten.


    Was leider nicht of berücksichtigt wird, die Concerti Grossi wurden schon für eine größere Besetzung geschrieben, Augenzeugenberichte zufolge sollen es ware Streicherheere gewesen sein die solche Concerti in Rom aufführten.



    Viele Ensembles neigen dazu Corelli viel zu schnell zu spielen, ich denke da besonders an "L'Europe Galante" unter Biondi, (er spielt zwar die Pastorale sehr genüßlich) seine Spielweise ist ziemlich ruppig und nimmt der Sinnlichkeit der Musik einen beträchtlichen Teil.


    Bei Vivaldi funktioniert das allerdings ganz gut...

  • Hallo Karsten,


    Du fragst wegen der Corelli-Box von Brilliant-Classics an.



    Ich habe die Box mit 10 CDs (Textheft vergleichsweise dünn, aber mit Grundinfo über Corellis Werke und die Interpreten in englischer Sprache) vor ein paar Tagen von einem Versandhaus, dessen Name die vor fünf Jahren gültige Jahreszahl bedeutet, für 17,99 Euro (also wesentlich billiger als bei Amazon) bekommen. Wunderbare Aufnahmen! Die Musiker/innen spielen in bedeutenden Ensembles und Orchestern wie z.B. Amsterdamer Barockorchester, Academy of Ancient Music usw.


    In den Kritiken wird diese Aufnahme gelobt. Hier ist ein Auszug aus der Kritik von Guido Fischer bei Rondo:


    "Vielleicht müssen es solche Mammut-Projekte sein, um Komponisten wie eben Arcangelo Corelli endgültig aus der musikhistorischen Ecke herauszuholen. (...) Das Ensemble Musica Amphion, das sich aus lauter Alte-Musik-Spezialisten aus Ensembles wie Les Musiciens du Louvre und der Academy of Ancient Music zusammensetzt, rückt in der Gesamteinspielung der Werke Corellis nicht nur vieles wieder gerade. Mit der maßvoll eingesetzten, aber nie ins Konfektionierte umschlagenden Originalklang-Rhetorik entpuppt sich Corellis schmales Œuvre mit seiner improvisatorischen Leichtigkeit und durchdachten Form-Veredelung als erstaunlich facettenreich..."


    Mir gefallen diese Einspielungen sehr gut, und ich kann sie nur wärmstens weiterempfehlen!


    Mit freundlichen Grüßen von der Nordseeküste, Andrew

    „Nichts auf Erden ist kräftiger, die Traurigen fröhlich, die Ausgelassenen nachdenklich, die Verzagten herzhaft, die Verwegenen bedachtsam zu machen, die Hochmütigen zur Demut zu reizen, und Neid und Hass zu mindern, als die Musik.“

  • Ich habe vor ein paar Monaten beschlossen, alle opp. (also 1 - 6) von Corelli sorgfältig durchzuhören, muss mich aber insofern noch (hörend) einarbeiten, als es mir noch nicht gelingt, die Änderungen des Stils von op. 1 zu op. 3 (also innerhalb der Kirchensonaten) und von op. 2 zu op. 4 (also den Kammersonaten) mitzukriegen. Das heißt, dass es wohl noch eine Weile dauert, bis ich endlich op. 5 (die Violinsonaten) hören werde. (Ganz zu schweigen von op. 6 den Concerti).


    Jedenfalls gefällt mir die Aufnahme mit London Baroque erwarteterweise sehr gut, weshalb ich wohl auch nie eine andere kennenlernen werde ...


    :hello:

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  • Zitat

    Original von der Lullist
    Die Concerti Grossi, als deren Erfinder er gilt, sollten eine der wichtigsten musikalischen Gattungen des Hoch und Spätbarock werden.
    [...]
    Seine revolutionären Kompositionen machen nicht allein seinen Ruhm und seine Bedeutung aus, er revolutionierte im gleichen Maße auch die Spieltechnik der Violine und galt zu Lebzeiten als der größte Violinvirtuose Europas.


    Ich habe schon bezüglich frühe Concerti grossi PNs mit dem Lullisten gewechselt. Dennoch möchte ich auch hier etwas richtigstellen:
    1) Corelli gilt nicht als Erfinder sondern als Vollender des Concerto grosso.
    2) Seine Werke gelten nicht als revolutionär sondern als mustergültige Zusammenfassung der Errungenschaften der Violinmusik (in verschiedenen Besetzungen) des 17. Jahrhunderts.


    Die revolutionären Neuerer der Violinmusik waren zu Beginn des 17. Jh. Salomone Rossi und Dario Castello, etwas später wurde die Violintechnik von Marco Uccellini auf einen Gipfelpunkt geführt.


    Im Allgemeinen kann man nach der anfänglichen Emanzipation von der Vokalmusik, die dahingehend stattgefunden hat, als die Stücke nicht mehr wie bei Gian Paolo Cima (dem Schöpfer der ersten Triosonaten, glaube ich) genausogut für andere Ausführende sein könnten, nun spezifisch geigerisch sind. Bei Uccellini habe ich das Gefühl einer manieristischen Übersteigerung, nachdem Rossi die "klassischen" Werke vorgelegt hatte.


    Corelli synthetisiert nun die alten Violinmeister mit französischen Einflüssen und etabliert einen quasi allgemeingültigen Stil, der dennoch für die Folgegenerationen der typisch italienische sein wird, der abermals mit dem französischem Stil (vor allem in Nachfolge Lullys, der ja seinerseits nicht frei von italienischen Einflüssen ist) synthetisiert werden soll, wie es beispielhaft bei Telemann zu hören ist.


    Worin Corellis besondere Leistung liegt, scheint mir besonders schwer festzumachen. Ich würde ja gern sagen, dass seine Instrumentalwerke mehr Zusammenhang erreichen, als die Violinmusik vorher hatte, das ist aber sehr ungefähr formuliert ...


    Bleibt noch die Frage offen, woher denn das Concerto grosso kommt. Stradella verarbeitet bereits Concerto grosso-Elemente in den 1670er Jahren in den Arien seines "San Giovanni Battista", zu einer Zeit, als von Corelli noch keine Rede war. Woher Stradella diese Schreibart nimmt, die laut Booklet damals gerade sehr in Mode war, ist mir (und dem Lullisten) unbekannt.

  • Es mag ja nicht die richtige Jahreszeit dafür sein aber trotzdem: Was haltet ihr für die derzeit beste erhältliche Aufnhamen des Weihnachtskonzerts von Corelli. Und warum gerade diese?


    Danke!

    Gruß ab


    ---
    Und ich meine, man kann häufig mehr aus den unerwarteten Fragen eines Kindes lernen als aus Gesprächen mit Männern, die drauflosreden nach Begriffen, die sie geborgt haben, und nach den Vorurteilen ihrer Erziehung.
    J. Locke

  • Ich kann nur zu einer Aufnahme etwas sagen, dafür aber begründen, warum ich sie empfehle:
    Die vom Lullysten empfohlene mit Banchini und Ensemble 415
    weil
    1) die Besetzungsgröße den Konzerten unter der Leitung Corellis entspricht
    2) die Tempi anhand Muffats Beobachtungen bei seinen Besuchen der Corelli-Konzerte und von sich damit in Einklang bringen lassenden Metronomangaben aus dem späten 18. Jh. gewählt sind
    3) die Verziehrungen, deren Notwendigkeit sich aus den Tempi ergibt, anhand der Beispiele aus op. 5, die wahrscheinlich von Corelli selbst stammen, gewählt wurden
    4) es wunderbar klingt und
    5) es wunderbar musiziert ist
    :D

  • Ich höre mir gerade zum ersten Mal die in der Tat großartige Aufnahme der Concerti Grossi, op. 6, des English Concert mit Trevor Pinnock an - für mich ist dies das erste "bewusste" Kennenlernen dieser Werke. Nach dem Durchlese des beigefügten Booklets (das in meinem Falle exklusiv auf Englisch verfasst ist, da es sich um eine Sonderausgabe in der Reihe "Gramophone Awards Collection handelt) ist in der Liste der Instrumentalisten als letzte die Kathegorie "organ", also auf Deutsch doch wohl "Orgel", genannt.


    Aber auch bei genauestem Hinhören kann ich nun wirklich nichts entdecken, was sich für mich auch nur entfernt wie eine Orgel anhört. Nicht einmal wie eine kleinere transportable Orgel (wie auch immer man die nennt - falls es die überhaupt im Barock schon gab), geschweige denn wie eine ausgewachsene Kirchenorgel (eine in einem Concerto Grosso wohl auch recht absurde Vorstellung). Weiß also jemand, worum es sich bei dem hier verwendeten Instrument (in meiner Aufnahme gespielt alternativ von Ivor Bolton und John Toll, falls das weiterhilft) handelt?


    Auf Eure (wie immer) unerschöpflichen Kenntnisse hoffend :jubel: :jubel: :jubel:


    Grüße


    katlow

  • Hallo Katlow, hirbei handelt es sich um eine sogenannet Thruhenorgel, wie sie schon in bildlichen Darstellungen des 12./13. Jahrhunderts anzutreffen ist.



    Im Fall der Pinnock-Einspielung der Corellischen Concerti dient sie der DEZENTEN Unterstützung des Streicherapparats und wenn sie für das Publikum dann (fast) nicht zu hören ist, ist dieses ganz im "Sinne des Erfinders" !

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

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  • Hallo Paul, eine Kabinett-,oder auch Hausorgel ist meistens doch schon ein etwas grösseres Instument.Besonders in Holland und in der Schweiz waren diese Instrumente verbreitet und wurden erst im 19. Jahrhundert durch Klaviere und das Harmonium abgelöst. Im Italien zur Zeit Corellis waren derartige Instrumente nicht gebräuchlich.

    Das geht über das Sagbare hinaus. Das läßt sich nicht deuten und bedarf keiner Deutung. Es kann nur gehört werden. Es ist Musik. (H.H.Jahnn)

  • Merci vielmals, BigBerlinBear!


    Wirklich erstaunlich - das heißt dann also zur Klangerzeugung werden hier in der Tat, wenn auch kleinere, Orgelpfeifen verwendet! Ich hätte schwören können, dass ich auch bei genauestem Hinhören kein derartiges Instrument wahrnehmen könnte. Wobei ich, wenn überhaupt, dann das eine bemerkt hatte, dass der Klang der Streicher zum Teil "satter" war, als ich es bei dieser Besetzung erwartet hätte, was genau Deiner Beschreibung entspricht..


    Vielen herzlichen Dank für die Aufklärung - und auch für die Nachfrage Pauls (samt Antwort), durch die ich noch ein wenig mehr erfahren habe.


    Grüße :hello:


    katlow

  • Bei Corelli und seinen Zeitgenossen spielt der Basso continuo eine größere Rolle, als ihm in den meisten Aufnahmen bisher zugestanden wird. Die einzige Truppe, die sich da vorblidlich verhält, ist das Ensemble 415 unter Chiara Banchini. Allerdings haben sie mit Jesper Christensen den wohl kundigsten Generalbassspezialisten überhaupt.


    In Italien war es üblich, den B. c. mit mehreren Cembali, Orgeln (organo di legno, also so etwas wie Positive oder Truhenorgeln, ausschließlich mit Holzpfeifen bestückt), Lauten, Erzlauten, Theorben u. Ä., Harfen, Violone, Celli und Fagott gleichzeitig zu besetzen.
    Die Ausführung bestand ebenfalls aus ausgesprochen kunstvollen kontrapunktischen Zusätzen, rhtymischen Pointierungen sowie harmonischen Füllungen und Ergänzungen.
    Das alles gibt es nur in der Banchini-Einspielung.


    Bleibt folglich nur, der Liste von KSM hinzuzufügen:


    6. Weil es die einzige Aufnahme mit vorbildlicher Continuo-Bestzung und -Ausführung weit und breit ist


    und sich dem allgemeinen Lob anzuschließen.



    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

  • Dem Lob für die Aufnahme mit Chiara Banchini und Jesper Christensen kann ich mich nur anschließen, stimme in allen Punkten zu. Gleich drei italienische HIP-Ensembles mussten sie für die Aufnahme zusammenholen:
    Ensemble 415 - Chiara Banchini
    Ensemble Aurora - Enrico Gatti
    Ensemble Teatro Armonico - Alessandro de Marchi


    Die anderen Aufnahmen dieser Ensembles sind ebenfalls empfehlenswert, sie arbeiten daran, dem Hörer ein repräsentatives Bild dieser Epoche des Musizierens in Rom zu vermitteln.


    Natürlich kann man die Concerti Grossi auch in kleineren Besetzungen spielen, aber diese hingebungsvolle Pracht ..... das wird auch in Rom nich talltäglich gewesen sein.
    Hinzu kommt, dass Corelli für seine Notendrucke wohl sozusagen das Beste aus all seinen Kompositionen in optimaler Form zusammengestellt hat - es dürfte wesentlichmehr gegeben haben, von dem aber nur selten ein Manuskript auftaucht. Michael Schneider hat mal eine solche Sonate der Weihnachtskantate von Alessandro Scarlatti vorangestellt.
    Corelli ist sozusagen ein Klassizist im besten Sinne.


    Die Werausgabe von Belder ist hervorragend, aber diverse Einzelaufnahmen würde ich dafür nicht hergeben: neben der o.a. der Concerti die der Sonaten op. 3 mit Enrico Gatti z.B.:



    Das klingt hier doch wesentlich mehr nach religiöser Meditation als bei Herrn Belder - der, schätze ich, wird mal der oberste Mainstream-HIP-Musiker sein, wie früher Leonhardt, aber ohne dessen stilles Charisma.

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  • Guten Abend


    Zitat

    Original von Kurzstueckmeister
    Ich habe vor ein paar Monaten beschlossen, alle opp. (also 1 - 6) von Corelli sorgfältig durchzuhören,



    bis ich endlich op. 5 (die Violinsonaten) hören werde.
    :hello:


    Corellis (er wurde vom Kurfürsten Johann Wilhelm von der Pfalz zum Marchione de Ladenburg -einem kleinen reizvollen Städtchen am Neckar- geadelt)
    Op. 5 liegt in einer güstigen und nicht schlechten Einspielung von Naxos vor:




    (wobei mir die Aufnahme mit F. Fernandez u. Gl. Wilson mehr zusagt).


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Morgen



    Auch die "American Bach Solists" haben eine Einspielung einer Bearbeitung für Blockflöte von sechs Konzerten aus Op. 6 (Nr. 1, 3, 4, 7, 8 +12) kürzlich eingespielt.



    Diese Einspielung basiert auf der o.g. Veröffentlichung bei J. Walsh 1725 in London als "the first of this Kind yet Publish´d", Walsh scheint das Plazet Corellis dafür gehabt zu haben, jedenfalls fand sich ein Brief Corellis, in dem gegen eine Veröffentlichung durch Walsh seinerseits keine Einwände erhoben wurde.
    Kennt wer diese Einspielung ?
    Erweitert sie Corellis Schaffen ?


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Guten Morgen,


    zu Corellis Leben (er war Halbwaise und wurde zusammen mit vier Geschwistern von seiner alleinerziehenden Mutter großgezogen) ist noch anzumerken, dass er frei von den zeitüblichen Daseinsvorsorgen und Dienstverpflichtungen, ausgeglichen-souverän seiner Kunst nach leben konnte. Eine ihn schützende Aristogratie und Schülerschaft ermöglichte ihn ein geradewegs sorgenfreies Leben; für einen Musiker seiner Zeit eine nicht gerade übliche Vita.


    Gruß aus der Kurpfalz


    Bernhard

  • Zitat

    Original von Bernhard
    Op. 5 liegt in einer güstigen und nicht schlechten Einspielung von Naxos vor:


    In einer womöglich besseren – die Naxos-Aufnahmen habe ich nicht gehört – und nur 1 Cent teureren Einspielung gibts das hier:



    Über Monica Huggett muss man nichts sagen, die beiden anderen Damen sind ebenfalls wohlbekannt und Spitzenklasse.
    Zum Continuo haben sie sich Nigel North – auch kein Kleinmeister auf seinen Instrumenten – hinzuengagiert, der abwechselnd Erzlaute, Theorbe und Barockgitarre zupft. Auch hier ist also der B. c. eine hübsch bunte, anhörenswerte Angelegenheit.


    :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel:

  • Den :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: :jubel: von Hildebrandt über Sonneries Einspielung kann ich mich ebenfalls nur anschließen - hatte ganz vergessen, daß ich mir die extra via United Kingdom zugelegt hatte, weil sie in der BRD gerade nicht lieferbar war.


    Huggett ist so konsistent wie kaum jemand in der HIP, dazu ohne Mätzchen etc. - ich schätze sie sehr.

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