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Original von ben cohrs
Die Reihenfolge mit dem Scherzo an dritter Stelle gilt heute in der Mahler-Gesamtausgabe als die authentisch-letztgültige
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Original von celloflo
Ich hätte eine Frage bezüglich der Mahlerschen 6. Sinfonie.
Weiß jemand, in welcher stimmung sich mahler befand, als er dieses grandiose werk schrieb?
Dass er nicht zu den glücklichsten menschen gehörte, ist ja bekannt. Aber gab es irgendeinen grund, irgendein ereignis, das ihn inspiriert haben könnte?
Ich denke beim hören dieses werks immer an hoffnungslosigkeit und trauer.
Bei mir kommt gleich zu beginn dieses "schicksalsschlaggefühl" auf, so als ob schon der anfang der symphonie tod und trauer verheißt.
Kann natürlich auch absoluter blödsinn sein, was ich da gerade geschrieben hab.
Aber ungefähr diese gefühle ruft mahler mit diesem werk bei mir wach.
Jemand anderer ähnlicher meinung
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Original von celloflo
Apropos alma mahler - werfel,
bilde mir ein, einmal gehört zu haben, dass auch sie versuchsweise komponiert hat, es dann aber aufgrund des egozentrischen mahlers wieder aufgeben musste.
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Original von petemonova
Fazit: Eine perfekte Aufnahme war für mich noch nicht dabei, aber da ich die Sechste jetzt gerade mal gut 2 Wochen kenne, mache ich mir da auch gar keine Sorgen und schaue mal, was die Zeit so mit sich bringt. Es sind ja noch viele andere interessante Aufnahmen genannt worden. Jansons z.B. interessiert mich sehr, aber auch Iván Fischer soll eine tolle Aufnahme hingelegt haben.
Gruß, Peter.
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Original von Antracis
Hallo Peter,
ein Ohr lohnt auch unbedingt die packende Aufnahme von Boulez mit den Wienern.
Für mich eine der ganz großen Aufnahmen, überflügelt nur noch von zwei Liveeindrücken in Berlin unter Abbado, einmal Mitte der Neunziger Jahre und dann vor einigen Jahren, wo der Mitschnitt auch bei DGG veröffentlicht wurde.
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Original von Dr. Holger Kaletha
Wie problematisch dieser Denkansatz ist, zeigt Janssons Aufnahme der 6. Symphonie von Mahler mit vertauschter Reihenfolge von Scherzo und langsamem Satz. Ein Musikwissenschaftler hat da behauptet, nicht die letztveröffentlichte, sondern die vorherigen Ausgaben mit zum Teil umgekehrter Anordnung seien die >richtigen< und dem sind die Amsterdamer gefolgt! Mahler selbst hat geschwankt, das ist eine Tatsache, aber sich zum Schluß für diese Reihenfolge entschieden! Das Resultat dieser Richtigstellung aus Amsterdam ist für meinen Geschmack eine einzige dramaturgische Katastrophe! Was zeigt: Letztlich entscheidet allein die Interpretation über Sinn oder Unsinn einer solchen Maßnahme - und auch wenn Mahler selbst mit sich nicht völlig im Klaren war, kann ich im Kontext der anderen Symphonien und auch was die Dramatrugie der Satzfolge angeht nur gute Argumente für die >alte<, übliche Reihenfolge finden!
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Dr. Holger Kaletha« (26. April 2008, 00:24)
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Original von Dr. Holger Kaletha
Hallo Bernd,
meine Quelle ist Hans-Peter Jülg "Gustav Mahlers VI. Symphonie". Jülg hat dort diese Problematik und die Rezeptiongeschichte ausführlich dargestellt. Die erste Fassung enthält die Reihenfolge Scherzo-Andante, die zweite die umgekehrte Andante-Scherzo. Bei der Uraufführung hat Mahler die Reihenfolge der ersten Fassung dirigiert, also erst Scherzo, dann Andante!!!
Jülg: "Ob die ursprüngliche Satzfolge Mahlers die endgültige war, ist mit letzter Sicherheit nicht zu beweisen. Doch sprechen einige Indizien dafür, daß Mahler die Satzfolge der ersten Ausgabe als die endgültige ansah." Das betont auch Paul Stefan, der ein persönlicher Vertrauter Mahlers war: "Die von Mahler endgültig bestimmte Reihenfolge der Mittelsätze ist: Scherzo vor dem Andante." In der Wiener Aufführung von 1907 - der letzten, die er dirigiert hat - ließ er diese ursprüngliche Reihenfolge der Mittelsätze spielen!
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Das grundsätzliche Problem der Reihenfolge der Mittelsätze hat sehr treffend Carl Dahlhaus analysiert, daß mit der Verlagerung des Gewichts auf das Finale die Mittelsätze zu im Prinzip vertauschbaren Episoden werden. Mahlers Schwanken hat also seine guten Gründe! Autoren wie Erwin Ratz und Hans-Heinrich Eggebrecht halten die Reihenfolge Scherzo-Andante für die dramaturgisch schlüssigere. Das ist auch meine Meinung. Das Scherzo nimmt (wie in der 1.!) den Schwung aus dem Allgero mit - der Sturz in das Weltgetümmel. Dann folgt der selbstbesinnliche Gang ins Innere mit dem Einschlafen und dann das Erwachen im Traum (Beginn des Finales der 6., die Traumepisode!) Das ist doch eine völlig schlüssige Dramaturgie!
Mit den besten mahlerischen Grüßen
Holger
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Original von Zwielicht
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Original von Dr. Holger Kaletha
Hallo Bernd,
Dass es viele Fürsprecher der Reihenfolge Scherzo-Andante gibt, ist mir klar (zu ihnen zählt auch Michael Gielen). Genausogut kann man aber zahlreiche Befürworter der Reihenfolge Andante-Scherzo aufführen: von Richard Specht über Alexander Zemlinsky und Sjatoslav Richter bis zu Claudio Abbado und Mariss Jansons.
Wie gesagt: Musikphilologisch dürfte die Frage entschieden sein. In der Musizierpraxis plädiere ich nicht für eine endgültige Festlegung, sondern für ein Nebeneinander beider Fassungen.
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Original von Zwielicht
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Original von Dr. Holger Kaletha
Das Buch von Jülg (1986) repräsentiert einen veralteten Forschungsstand. Jülg standen zahlreiche Quellen nicht zur Verfügung bzw. er hat sich nicht um sie bemüht, manche hat er auch falsch interpretiert (z.B. zur Wiener Aufführung). Das ist von den Herausgebern der neuen Mahler-Ausgabe korrigiert worden. Ich kann nur nochmal die Lektüre des oben von mir verlinkten Beitrags von Jerry Bruck empfehlen - hier werden erdrückende Belege für die Reihenfolge Andante-Scherzo dargeboten.
Dieser Beitrag wurde bereits 1 mal editiert, zuletzt von »Dr. Holger Kaletha« (27. April 2008, 20:38)
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Original von Dr. Holger Kaletha
Ich persönlich bleibe skeptisch, ob es in dieser Frage rein philologisch und historisch jemals eine eindeutige Klärung geben wird! Wie kommen Mengelberg oder Ratz zu ihrer Bevorzugung der Folge Scherzo-Andante? Durch Mahler selbst, vermittelt über Dritte? Wer will das frei von Spekulationen jemals mit Sicherheit klären? Auch wenn Mahler selber nie die Reihenfolge Scherzo-Andante selbst dirigiert hat, ist es durchaus denkbar, daß er später (nach 1907), als er die Symphonie selbst nicht mehr dirigierte, seine Meinung sehr wohl geändert haben kann. Fragen über Fragen! Außerdem: Warum hat er denn geschwankt? Was waren seine genauen Gründe? Auch da haben wir wohl nicht mehr als Vermutungen zur Verfügung!
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Ich selbst plädiere deswegen für einen hermeneutischen und weniger historisch-philologischen Zugang!
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Original von Dr. Holger Kaletha
Zwei Aufnahmen möchte ich empfehlen:
Einmal Bernsteins Aufnahme mit dein Wiener Philharmonikern, halte ich für seine beste Mahler-Einspielung. Und dann die wirklich ganz vorzügliche Aufnahme von Vaclav Neumann mit der wunderbaren Tschechischen Philharmonie! In Frankreich und den Beneluxländern wird Neumann hoch geschätzt, in Deutschland und Österreich ist er leider viel zu wenig bekannt.
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Original von a.b.
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Original von Dr. Holger Kaletha
Ich persönlich halte die Aufnahmen Neumanns mit dem Leipziger Gewandhausorchester (BerlinClassics, teils auch Brillinat) - leider wegen der Besetzung Prags durch die Russen und Neumanns rascher Heimkehr nur bis zu den Sinfoniene 5,6,7&9 gediehen - für überzeugender als die Aufnahmen mit der Tschechischen Philharmonie.
Ich kann nur bestätigen: Ganz hervorragend! (...sofern man nicht Gewaltdramatik und Expresivität à la Solti sucht..)
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Dieser Beitrag wurde bereits 2 mal editiert, zuletzt von »Dr. Holger Kaletha« (28. April 2008, 10:20)
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Original von Dr. Holger Kaletha
Von Neumanns Aufnahmen aus Leipzig kenne ich nicht alle, die sind zwiefellos auch ganz hervorragend! Auf Deine eindringliche Empfehlung hin werde ich mir die Brillant-Box auch noch mal anschaffen!
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Original von timmiju
Aber warum sind denn die Orchesternoten nach über einem Jahrhundert nicht geändert?
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Original von georgius1988
Ich habe mir dabei Gedanken darüber gemacht was an diesem Werk "tragisch ist".
Den Kopfsatz und das Scherzo würde ich mit "dämonisch" oder "manisch" titulieren und das Finale wird dem Titel auch nur ganz am Ende gerecht. Ich empfinde es so, als ob der letzte Satz dem Hörer zeigen will was er nicht alles hätte haben können um ihn dann in den letzten 2 Minuten mit der brutalen (oder eben tragischen) Wirklichkeit zu konfrontieren. Die ominösen Hammerschläge sind IMO die Momente wo die Realität bereits durchkommt.
Habe ich Mahler jetzt entweiht oder bin ich nur zu blöd die tiefere Bedeutung der Symphonie zu begreifen.
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Ist es möglich, dass mir seine Symphonien wahnsinnig gut gefallen OBWOHL ich mit den vielfach kolportieren Interpretationsansätzen wenig anfangen kann?