Apollo Granforte "der Bariton der Zwischenkriegszeit"

  • Hallo.
    Heute möchte ich auch bei den Sängern mal was zu gute geben und stelle euch meinen liebsten Bariton bzw. Sänger vor.



    Apollo Granforte wurde am 20.Juli 1886 in Legnano gebohren.
    er emigrierte als junger Mann nach Argentinien wo er bei Guido Capocci in Buenos Aires Gesang studierte.
    Sein Debüt gab er 1913 als Germont in La Traviata von Verdi.
    Nachdem er nach Italien zurückkam sang in an der Oper in Rom bevor er an der Scale in Mailand als Amfortas in Wagners Parsifal gab.
    1932 nahm er Ausschnitte vom Babier von Sevillia auf. Diese Ausschnitte siond 1989 auf einer VHS veröffentlicht worden.
    Granforte sang den Menècrate bei der Uraufführung von Mascagnis Nerone.


    Am 26. Februar 1943 gab er seinen letzten Auftritt in Triest.
    Er starb am 11. Juli in Mailand


    Granforte gehörte zu einer Gruppe unglaublich berühmter Baritone.
    Seinerzeit wurde er vor allem wegen dem voluminösen Klang seiner Stimme geschätzt. Insgesamt gab er etwa 1500 Aufführungen in der ganzen Welt.


    Heute excistieren nach meinen Recherschen 4 Gesamtaufnahmen von Opern ( Il Trovatore, Otello " Verdi", Tosca"Puccini", I Pagliacci "Leoncavallo") , sowie zahlreiche Einzelaufnahmen ( besonders hervorzuhebend sind hier: Inno a Roma "Puccini" ,Si Puo "Leoncavallo" , Zaza, Piccola Zingare " wunderschön! " sowie die bekannte Figaro-arie aus dem Babier von Sevilla.


    Gruß Chrissi


  • Hier ist eine der wenigen Gesamtaufnahmen:


    Manrico: Auriliano Pertile,
    Luna: Apollo Granforte,
    Leonora: Maria Carena,
    Azucena: Irene Mingini-Cattaneo,
    Ferrando:Bruno Carmassi.
    Chor u. Orch. Scala di Milano, Dir. Carlo Sabajno, Aufn. 1930


    (Die Stimme von Granforte macht seinem Namen alle Ehre.
    Er ist kein Sänger für Pianotöne, oder für Ausdrucksfeinheiten.)



    :hello:Herbert.

    Tutto nel mondo è burla.

  • Apollo Granforte ist für mich ein absolut makelloser Sänger - vielleicht der einzige Sänger auf Schallplatten, dem ich dieses Attribut verteilen würde. Ich finde Granforte perfekt, in allem, was er tut. Mir gefällt seine Stimme außerordentlich, sie verfügt über dieses herrliche chiaroscuro der alten italienischen Schule, ist rund und warm. Seine Technik ist über jede Kritik erhaben: volle, perfekt ausbalancierte Töne über fast zwei Oktaven hinweg, und die gelegentliche Schwäche in der Tiefe (seine Aufnahme von "Eri tu" z.B.) verzeihe ich ihm deshalb gerne. Weiße, schlecht gestützte, häßliche Töne sucht man vergebens.


    Ich widerspreche Herbert in seiner Beschreibung von Granfortes Luna. Er singt keinesfalls dauernd laut. Die große Dynamik seiner Stimme kommt z.B. in der Cabaletta seiner großen Arie gut zur Geltung. Für mich ist er mit großem Abstand der beste Luna der Trovatore-Diskographie.


    Ein Meilenstein ist für mich sein Scarpia. Selbst große Interpreten wie Gobbi, Guelfi oder Taddei kommen da meiner Meinung nach nicht mal ansatzweise heran. Jedes Wort, das Granforte singt, macht Sinn, alles ist feinstens durchstudiert und wirkt doch so natürlich. Selbst in einer solch brutalen Rolle wie Scarpia gibt Granforte niemals den Schönklang auf. Er schreit und brüllt nicht und überzeugt doch.


    Die Aufnahme, die Herbert oben genannt hat, ist allerdings insgesamt wirklich spitze. Pertile ist ein kraftvoller, dramatischer und intensiver Manrico. Carena eine ungewöhnlich hell-timbrierte, jugendliche Leonora mit einem schnellen Vibrato und dann... Minghini-Cattaneo, eine Azucena von einer derartigen Stimmschönheit, daß ich mich hinsetzen mußte, als ich sie singen hörte (und das war bei Dussmann, in der CD Abteilung... ich saß da dann verklärt auf dem Fußboden).


    Aber zurück zu Granforte: Hut ab vor diesem Maestro! Schade, daß es nicht mehrere Aufnahmen mit ihm gibt!


    :hello:
    M.

  • Lieber Mengelberg,


    das ist zwar völlig jetzt o.T.: Du erwähnst in Deinem Beitrag die Altistin Irene Minghini Cattaneo als Azucena - für die Du Dich hinsetzen mußtest!


    Dabei fälllt mir ein, dass die Dame just heute Geburtstag feiern könnte.
    Am 12. April 1892 wurde sie in Lugo di Romagna bei Ravenna geboren.


    Sie wurde leider nicht alt, sie kam am 24.3.1944 in Rimini bei einem Bombenangriff in ihrer dortigen Villa ums Leben.


    LG Harald :hello:

    Harald


    Freundschaft schließt man nicht, einen Freund erkennt man.
    (Vinícius de Moraes)

  • Lieber Harald,


    ein lustiger Zufall. Danke für die Info. Das Duo Pertile-Minghini Cattaneo gab es ja auch noch in der klassischen Aida-Einspielung aus den 1920ern, da war sie als Amneris ebenso hinreißend. Schade nur, daß Granforte bei der Aufnahme nicht mit von der Partie war! Seinen Amonasro hätte ich wirklich gerne gehört.


    Schönen Gruß!
    M.

  • Liebe Taminos,


    rund 6 Jahre ist es her, dass ich als Tamino-Neuling von gerade mal 15 Jahren diesen, noch recht unbedarften Thread über Apollo Granforte eröffnete. Als ich vor einigen Tagen seit langer Zeit mal wieder eine CD mit Arien aus der Reihe "Lebendige Vergangenheit" hörte und mal wieder von dieser voluminösen, ausdrucksstarken, einfach rundum wohlklingen Stimme begeistert war, erinnerte ich mich an diesen Thread, denn ich nun doch mal wieder aus der Versenkung holen möchte.


    Am Anfang des Thread habe ich kurz sein Leben vorgestellt, wobei mir nun noch viele weitere Infos vorliegen, die Euch vielleicht auch Interessieren.


    Apollo (Apollinare) Granforte wurde am 20. Juli 1886 in Veronese bei Legnano geboren. Bereits als Junge verfügte er über eine schöne Stimme, hatte aber kein Geld für ein Gesangsstudium und versuchte sich daher selber neben dem Schuhmachen das Singen im Fach Tenor beizubringen. So gab er 1905 mit 19 Jahren sein Debut als Arturo in Donizettis Lucia di Lammermoor. Obwohl seine Stimme bereits damals gelobt wurde, fiel doch seine nicht vorhandene Gesangtechnik zu sehr auf, als das er als Sänger hätte arbeiten können. Später in diesem Jahr emigrierte er nach Argentinien und setzte seine Arbeit als Schuhmacher fort. Dabei wurde er von einem reichen Opernfreund entdeckt, der dem jungen Talent ein Studium am Konservatorium von Buenos Aires bei G. Capocci und N. Guerrera finanzierte. 1913 (andere Quellen berichten von 1914) gab er sein umjubeltes Debut in Rosario Santa Fé als Germont in Verdis Traviata. Weitere Aufträge folgten schnell: Amorasno (Aida), Barnaba (Gioconda), Enrico (Lucia), Graf Luna (Troubadur), Alfonso (Favorita) allein in Jahr 1915, die er an verschiedenen Amerikanischen Opernhäusern sang. Bei Ausbruch des 1. Weltkrieges kehrte Granforte zurück nach Italien. Hier erhielt er 1919 zum ersten Mal ein Engagent als Scarpia - eine seiner Glanzrollen. Dank seines voluminös, stets kunstvoll eingesetzten Baritons, der auch in den lyrischen und leisen Stellen überzeugen konnte, wurde er schnell in ganz Europa ein gern gesehener Gast auf den Opernbühnen. 1922 gab er dann sein großes Debut als Amfortas an der Mailänder Scala, welches stürmisch aufgenommen wurde. Touren, u.a. mit Nellie Melba führten bis nach Australien. Bis zum Ende seiner aktiven Gesangskarriere im Dezember 1942 sang er alle großen italienischen Baritonpartien, zahlreiche Wagnerpartien (Telramund, Kurwenal, Klingsor, Wotan) aber auch für ihn eher ungewöhnliche Partien wie den Boris, Escamillo, Jochanaan oder Zurga. Insgesamt hatte er mehr als 60 Rollen im Repertoire. Zu seinen Sternstunden gehören die Darstellungen seines Luna, Scarpia und Menecrate (Mascagnis Nerone). Nach der Aufgabe seiner Karriere unterrichtete er in Ankara, Mailand, Berlin und Prag. Zu seinen Schülern gehören u.a. Raffaele Arié und Jesus Ledesma. Er starb am 11. Juni 1975 in Gorgonzola bei Mailand.


    Glücklicherweise sind recht viele Aufnahmen von Granforte bis heute erhalten. Neben zahlreichen Einzelarien, die in der Reihe "Lebendige Vergangenheit" erschienen sind, gibt es insgesamt fünf Gesamtaufnahmen in denen man diesen, heute leider etwas vernachlässigten, Bariton erleben kann. Auch Bizets Carmen soll es mit ihm als GA geben, doch bin ich in dem Fall noch nicht fündig geworden.






    Und wer mal Wagner auf italienischen hören möchte, kann dies gerne mit Granforte tun - youtube hilft mal wieder!



    Herzliche Grüße
    Christian

  • Apollo Granforte, der am 20. Juli 1886 geboren wurde, starb am 11. Juni 1975. Zu diesem Anlass habe ich auch diese CD ausgesucht:



    Heute ist sein 40. Todestag.


    Liebe Grüße


    Willi :)

    1. "Das Notwendigste, das Härteste und die Hauptsache in der Musik ist das Tempo". (Wolfgang Amadeus Mozart).
    2. "Es gibt nur ein Tempo, und das ist das richtige". (Wilhelm Furtwängler).

  • Leider ist diese Preiser-CD nicht mehr erhältlich - wie die meisten der Serie "Lebendige Vergangenheit". jpc listet sie noch als lieferbar, Preiser will nur mehr den Download (um 9.90) verkaufen.
    Ich wüsste nicht, warum ich für Aufnahmen, welche zwischen 1928 und 30 gemacht wurden, deren Rechte also abgelaufen sind, auch nur einen Cent bezahlen soll - es sei denn mir wird eine CD im Jewel-Case mit interessanten Hintergund-Informationen angeboten - was hier nicht (mehr) der Fall ist. Glücklicherweise habe ich mich schon vor Jahren vorausschauend mit CDs dieser Art eingedeckt...


    mfg aus Wien
    Alfred

    Wenn ich schon als Vorbild nicht tauge - lasst mich wenigstens ein schlechtes Beispiel sein !



  • Ich wüsste nicht, warum ich für Aufnahmen , welche zwischen 1928 und 30 gemacht wurden, deren Rechte also abgelaufen sind, auch nur einen Cent bezahlen soll - es sei denn mir wird eine CD im Jewel-Case mit interessanten Hintergund-Informationen angeboten - was hier nicht (mehr) der Fall ist.


    Ein großer Vorzug des Kapitalismus besteht darin, dass man Sachen nicht kaufen muss. :) Ich wollte mir dieser Tages tatsächlich zwei Titel auf der Preiser-Seite herunterladen - und scheiterte. Offenbar wird die Seite gar nicht mehr gepflegt bzw. bedient. Downloads waren jedenfalls nicht möglich! Das finde viel viel ärgerlicher. :( Im Übrigen darf man nicht übersehen, lieber Alfred, dass viele Menschen, die sich für Oper und Musik im weitesten Sinne interessieren, gar keine physischen CDs mehr haben wollen. Prinzipiell zähle ich mich auch dazu. Während ich diese Zeilen schreibe, läuft im Hintergrund Musik. Ich brauche nur in meine Datenbank hineinzugreifen und kann mich bedienen. Egal, in welchem Zimmer ich mich aufhalte. Der Klang ist wunderbar. Nicht mehr im CD-Regal herumwühlen, unendlich suchen - stattdessen alles auf Anhieb finden. Was will ich mehr. So lebe ich viel enger mit Musik. Ich spreche allerdings nur für mich. Aber das Thema hatten wir ja schon.


    Downloads haben nach meiner Überzeugung aber nur dann eine Chance, wenn wenigsten Tracklisten mitgeliefert würden. Oft werden Aufnahmen sehr lieblos angeboten. Gerade von Preiser, wenn die Angebote über Amazon erfolgen, was aber nicht deren Verantwortung ist. Das ist zu wenig.


    Preiser wird gute Gründe haben, auf Neuauflagen der Sänger-Sammlungen zu verzichten. Sie werden offenbar nicht mehr gekauft! Preiser ist kein Einzelfall. Auch andere Labels, die sich auf historische Aufnahmen spezialisiert hatten, gaben diese Sparte inzwischen auf. Warum wohl?

    Es grüßt Rüdiger als Rheingold1876


    "Was mir vorschwebte, waren Schallplatten, an deren hohem Standard öffentliche Aufführungen und zukünftige Künstler gemessen würden." Walter Legge (1906-1979), britischer Musikproduzent

  • Ja, auch ich empfinde diese Entwicklung als sehr traurig. Die Herstellungskosten dürften sich doch bei den Aufnahmen, deren Rechte abgelaufen sind, im Rahmen halten. Wohl dem der wie ich, noch eine große Sammlung an Preiser-LP´s besitzt!

    W.S.

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  • Liebe Taminos,


    seit kurzem ist folgendes Video aus dem Jahr 1932 auf youtube von meinem Lieblingsbariton zu finden, welches ich Euch nicht vorenthalten möchte!


    Herzliche Grüße
    Christian

  • Bei Granforte gilt wirklich: nomen est omen.
    Wobei - er ist nicht immer und überall der Plärrer als den man ihn im Ohr hat (und auch nicht sehr viel weniger differenziert als andere großstimmige Sänger - oder solche, die es vorgeben zu sein). Wenn ich mich da an Terfel (oder das, was von seiner Stimme übrig ist) neulich in Wien erinnere, wie der outriert und übertrieben und geröhrt hat, eintönig, monoton und große Geste - wenig stimmliches Gewicht; dagegen ist Granforte dagegen ein Grandseigneur und Feingeist......
    Ich habe neulich die komplette Tosca mit ihm als Scarpia durchgehört. Respekt: der kompletteste und fesselndste Scarpia, den ich gehört habe. Da ist alles da. Eine plastische Figur, dieser Scarpia ist zwar schon ein Rauhbein, aber eines, das auch weiß, "was sich gehört". Einer der differenzieren und schattieren kann, der trieft vor Zynismus, der sowohl die feine Klinge als auch die Keule schwingen kann.


  • Nach längerer Zeit höre ich mal wieder historische Stimmen. Ein Griff in meine Preiser-Sammlung förderte diesen hervorragenden Bariton zutage. Besonders gefallen mir seine Arien aus "La Gioconda" und "Andrea Chenier"

    W.S.

  • Wenn ich mich da an Terfel (oder das, was von seiner Stimme übrig ist) neulich in Wien erinnere, wie der outriert und übertrieben und geröhrt hat, eintönig, monoton und große Geste - wenig stimmliches Gewicht; dagegen ist Granforte dagegen ein Grandseigneur und Feingeist......

    Liebe "La Gioconda",


    falls du noch hier mitliest: Ich habe deine Ausführugen zu Terfels Scarpia erst jetzt gelesen und dann diesen nach einem Live-Erlebnis Terfels als Scarpia 2013 in Berlin nur voll und ganz zustimmen! :yes: :hello:

    Beste Grüße vom "Stimmenliebhaber"

  • rund 6 Jahre ist es her, dass ich als Tamino-Neuling von gerade mal 15 Jahren diesen, noch recht unbedarften Thread über Apollo Granforte eröffnete. Als ich vor einigen Tagen seit langer Zeit mal wieder eine CD mit Arien aus der Reihe "Lebendige Vergangenheit" hörte und mal wieder von dieser voluminösen, ausdrucksstarken, einfach rundum wohlklingen Stimme begeistert war, erinnerte ich mich an diesen Thread, denn ich nun doch mal wieder aus der Versenkung holen möchte.

    Lieber Christian,


    als alter Radiohörer, der schon in den 50-ern begeistert italienische Opern im Radio hörte (damals waren allerdings einzelne Arien üblich), muß ich schändlicherweise gestehen, den Namen Apollo Granforte noch nie gehört zu haben. Erst durch Deinen Thread eröffnete sich mir eine neue Stimme, und sie hat mich sofort begeistert, auch wenn youtube nicht viel von diesem Bariton zu bieten hat.


    Ich habe mir gestern den Ausschnitt aus dem Andre Chenier und Deinen holden Abendstern gehört. Es ist eine Stimme, der auch den Wolfram bringt, genauso den Gerard, für den er allerdings noch besser geeignet zu sein scheint. Irgendwann werde ich den so gelobten Scarpia hören.


    Ich finde die Stimme in den beiden gehörten Arien weich, biegsam, auch in der Höhe (besonders beim Gerard) durchaus mit Kraft und Glanz, dazu ein wunderschönes Timbre trotz der alten Aufnahmen. Er braucht sich nicht gegenüber Tito Gobbi oder Rolando Panerai zu verstecken. Gegenüber meinem deutschen Favoriten Metternich hat er eine ganz andere Stimmfärbung, sicher durch eine andere Atemtechnik bedingt. Die Fachleute werden mich da sicher aufklären können.


    Ich danke Dir für diese Stimme!!


    Herzlichst La Roche

    Ich streite für die Schönheit und den edlen Anstand des Theaters. Mit dieser Parole im Herzen leb' ich mein Leben für das Theater, und ich werde weiterleben in den Annalen seiner Geschichte!

    Zitat des Theaterdirektors La Roche aus Capriccio von Richard Strauss.